Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2575/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5013/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11.10.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Nach dem Zuzug nach Deutschland im Jahr 1966 war er als Bandarbeiter und zuletzt als Qualitätskontrolleur im Bereich der Behälterglasherstellung versicherungspflichtig beschäftigt. Hierzu teilte der Arbeitgeber (Fa. S.-G. O. AG, Bad W.) in der Auskunft vom 30.3.2004 (Verwaltungsakte – VA – S. 15). mit, es habe sich um eine angelernte Tätigkeit (Qualitätsüberwachung an den Linien, Führung der Prüfprotokolle, Überwachung der Sortieraggregate) mit einer Anlernzeit von maximal 2 Jahren gehandelt, die in vollkontinuierlicher Schicht und unter Einwirkung von Hitze und starkem Lärm, nicht von Nässe oder Zugluft, vorwiegend auf den Beinen an Maschinen stehend zu verrichten gewesen sei und angestrengtes Sehen erfordert habe; Heben und Tragen von Lasten über 7 kg sei nicht notwendig, eben so wenig das Arbeiten in oft gebückter Haltung oder kniend, hockend u.ä. Der Kläger sei in Lohngruppe III.B.3.Z des einschlägigen Tarifvertrags der Glasindustrie eingestuft gewesen. Seit 31.3.2003 ist der Kläger arbeitslos.
Am 11.11. 2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung; wegen Leiden an Stütz- und Handgelenken und einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom könne er allenfalls noch 2 bis 3 Stunden täglich leichte Arbeit verrichten. Die Beklagte erhob das Gutachten der Frau MedDir. Dr. W. (Ärztlicher Dienst der LVA Baden-Württemberg) vom 16.3.2004. Diese diagnostizierte Belastungsschmerzen beider Handgelenke, intraossäres Ganglion, Os lunatum links, Lunatumzyste rechts, Belastungsschmerzen des linken Kniegelenks, beginnend auch rechts, beginnende mediale Arthrose beider Kniegelenke, beginnende Retropatellararthrose rechts, reizlose Flankennarbe rechts bei Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere 1976 wegen Steinleiden, grenzwertige Erhöhung des Keratinwertes im Serum, leichte Hyperuricämie, leichte linksseitige Rückenschmerzen (Lumbalsakralregion) bei leichter Wirbelsäulenfehlstatik, chronische Nasennebenhöhlenentzündung (rechte Keilbeinhöhle), medikamentös behandelt, sowie Übergewicht. Der Kläger befinde sich in gutem altersentsprechendem Zustand; bei kräftiger Statur bestehe deutliches Übergewicht. Leichte körperliche Arbeiten könne er vollschichtig (Tages-, Früh-/Spätschicht) verrichten, wobei häufiges Klettern und Steigen, Arbeiten in kniender Haltung und besondere Belastungen der Handgelenke zu vermeiden seien. Als Glassortierer könne er unter 3 Stunden täglich arbeiten.
Mit Bescheid vom 18.3.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, seit 1966 leiste er Schichtarbeit. Jeden Tag habe er irgendwo Schmerzen; er denke, dass sein Körper durcheinander sei. Bei seiner Familie und seinen Landsleuten betrage die Lebenserwartung 60 bis 65 Jahre; er wolle seinen Ruhestand wenigstens ein paar Jahre genießen und nicht in einem Rollstuhl verbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 25.10.2004 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhob; wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne er Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr leisten.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte des Klägers. Der (seit 1998 behandelnde) Orthopäde Dr. M. teilte mit, Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung sowie schweres Heben und Arbeiten in Nässe und Zugluft sollten so gut als möglich vermieden werden. Mit diesen Einschränkungen könne der Kläger 6 Stunden täglich und mehr arbeiten (Bericht vom 16.3.2005). Dr. M. legte Arztberichte (u.a.) der Handchirurgin Prof. Dr. W.-H. vom 22.5.2003 vor, wonach eine Lunatumnekrose ausgeschlossen worden sei; der Kläger habe seit 2 Monaten keine Schmerzen mehr und sei deshalb zu einer Operation (eines interossären Ganglions am Os lunatum) nicht bereit. Der HNO-Arzt Dr. K. konnte keine die Arbeitsfähigkeit anhaltend behindernde Erkrankung finden (Bericht vom 11.3.2005). Die Urologische Klinik B. teilte mit, aus urologischer Sicht sei gegen die vollschichtige Verrichtung körperlich leichter Tätigkeiten nichts einzuwenden (Bericht vom 15.4.2005).
Der Kläger legte noch den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 11.4.2005 (keine Gesichtspunkte, die einen Einsatz mit leichten körperlichen Arbeiten ausschließen würden) sowie das MDK-Gutachten des Dr. S. vom 18.4.2005 vor. Darin ist ausgeführt, der Kläger habe vielfältige Beschwerden angegeben; es falle eine deutliche Diskrepanz zwischen der Beschwerdeintensität und der Bewegungsmöglichkeit auf, weshalb eine Somatisierungsstörung nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Eine stationäre Rehabilitationsbehandlung erscheine indiziert. Während der Reha-Maßnahme könnte eine Belastungserprobung durchgeführt werden mit nachfolgender Beurteilung des Leistungsvermögens. Von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei im Hinblick auf die multiple Beschwerdesymptomatik auszugehen.
Eine Rehabilitationsbehandlung wurde nicht durchgeführt, der Reha-Antrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 8.8.2005 (Widerspruchsbescheid vom 6.12.2005) abgelehnt; das dagegen eingeleitete Klageverfahren (Sozialgericht Konstanz, S 8 41/06) ruht im Hinblick auf das vorliegende Berufungsverfahren.
Die Beklagte legte die Stellungnahme des Chirurgen Dr. Sta. vom 14.6.2005 vor. Dieser führte aus, angesichts der Arztberichte und Leistungseinschätzungen der Dres. M., K. und St. sei die Auffassung des MDK-Gutachters, wonach Arbeitsunfähigkeit vorliege, in keinster Weise logisch erklärbar, zumal auch im MDK-Gutachten festgehalten sei, dass die Muskulatur des Rückens nicht schmerzreflektorisch verspannt und die Beweglichkeit der Wirbelsäule nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Der MDK-Gutachter habe auch keine Druckempfindlichkeit über den Handgelenken und frei bewegliche Kniegelenke gefunden, das Ankleiden sei problemlos möglich gewesen. Der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten (ohne Hantieren mit schweren Gewichten oder häufiges Steigen auf Leitern) bei Vermeidung von Zwangshaltungen und extremen Witterungsbedingungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Wie aus den vorliegenden Arztberichten und dem Gutachten der Dr. W. hervorgehe, könne er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig verrichten. Auch im MDK-Gutachten vom 18.4.2005 sei nur eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, jedoch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden. Auch Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) liege nicht vor, da der der Kläger angesichts der von Dr. W. festgestellten qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Qualitätskontrolleurs weiterhin verrichten könne.
Auf den ihm am 18.10.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung beruft er sich auf das MDK-Gutachten vom 18.4.2005, in dem eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden sei. Die in diesem Gutachten empfohlene Belastungserprobung habe nicht stattgefunden. Das Sozialgericht hätte seine Klage deshalb nicht abweisen dürfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 18.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2004 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, die Arbeitgeberauskunft vom 30.3.2004 sei nicht gänzlich widerspruchsfrei. Danach habe der Kläger die Qualität der Behälter und die Sortieraggregate überwacht und Prüfprotokolle geführt; hierfür sei er in die Lohngruppe III.B.3.Z des einschlägigen Tarifvertrags eingestuft gewesen. Im Tarifvertrag sei diese Lohngruppenbezeichnung indessen nicht vorhanden, es gebe nur die Lohngruppen III.B.3 für Obersortierer und III.B.4 für Qualitätskontrolleure und Linienführer. Danach wären letztere als Angelernte im unteren Bereich anzusehen. Der Kläger selbst habe eine Beschäftigung als Glassortierer angegeben. Davon abgesehen wäre er jedenfalls verweisbar auf Tätigkeiten als Pförtner, Bürohilfskraft, Museumsaufsicht, Telefonist oder Registrator.
Der Kläger hat abschließend Arztberichte vorgelegt, die das Sozialgericht im später (ruhenden) Klageverfahren S 8 R 41/06 eingeholt hat. Der Allgemeinarzt Dr. K. hat (jeweils ohne Begründung) angegeben, als Qualitätskontrolleur könne der Kläger nicht mehr arbeiten bzw. insoweit sei die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet. Es sei wahrscheinlich, dass dieser Zustand durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert bzw. die Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden könne. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet (Bericht vom 16.5.2006). Der HNO-Arzt Dr. K. hat mitgeteilt, auf seinem Fachgebiet gebe es keine die Erwerbsfähigkeit mindernde Erkrankungen (Bericht vom 11.4.2006). Der Orthopäde Dr. M. hat ausgeführt, sollte die Tätigkeit als Qualitätskontrolleur kein schweres Heben oder Wirbelsäulenzwangshaltungen beinhalten und auch keine Arbeiten in Nässe oder Zugluft erforderlich machen, sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht signifikant gemindert; in diesem Fall wäre ein ambulantes Heilverfahren am Heimatort ausreichend (Bericht vom 11.4.2006).
Die Beklagte hat zu diesen Arztberichten abschließend die Stellungnahme des Allgemeinarztes und Sozialmediziners Dr. G. vom 28.8.2006 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften (§§ 43 und 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist, und weshalb der Kläger danach Rente nicht beanspruchen kann. Der Senat verweist daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen anzumerken:
Auch nach Auffassung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen (kein schweres Heben, keine Wirbelsäulenzwangshaltungen, keine Arbeiten in Nässe oder Zugluft) noch mindestens 6 Stunden täglich zu leisten. Mit diesem Restleistungsvermögen kann er auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Glassortierer bzw. Qualitätskontrolleur weiterhin vollschichtig verrichten. Damit liegt weder volle oder teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI) noch Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2 SGB VI) vor, ohne dass es auf die von der Beklagten angesprochene Verweisbarkeitsfrage ankäme (zur Verweisbarkeit von Versicherten mit dem Berufsschutz des Facharbeiters jüngst Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 R 4635/05 -). Davon abgesehen wäre nach Lage der Dinge, insbesondere im Hinblick auf die Angaben des Klägers selbst bei der Begutachtung durch MedDir Dr. W. (Flaschensortierer mit der Aufgabe, Flaschen auf dem Band aufzustellen oder vom Band auszusortieren) von einer Anlerntätigkeit des unteren Bereichs als Glassortierer auszugehen mit der Folge breiter Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Wie dargelegt, kommt es hierauf aber entscheidungserheblich nicht an.
Dass der Kläger leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich leisten kann, geht schon aus dem Gutachten der MedDir. Dr. W. vom 16.3.2004 hervor. Diese hatte bei der Untersuchung des Klägers einen altersentsprechend guten Zustand vorgefunden mit (altersentsprechend) beginnenden degenerativen Leiden, etwa Schmerzen bei Belastung der Kniegelenke oder eine beginnende Retropatellararthrose rechts und leichte linksseitige Rückenschmerzen bei leichter Wirbelsäulenfehlstatik. All das stellt ein Hindernis für das vollschichtige Verrichten leichter Tätigkeiten nicht dar. Zu diesen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet treten weitere Erkrankungen (wie eine medikamentös behandelte chronische Nasennebenhöhlenentzündung oder leichte Hyperuricämie bei Übergewicht) hinzu, die keine ins Gewicht fallenden Auswirkungen auf das Leistungsvermögen haben. Die Schlussfolgerung der Gutachterin, der Kläger könne unter qualitativen Einschränkungen leichte Arbeiten vollschichtig verrichten, ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend.
Die Auffassung der Gutachterin, der Kläger könne als Glassortierer nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten, ist demgegenüber mit den erhobenen Befunden und funktionalen Einschränkungen nicht zu vereinbaren. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 30.3.2004 handelte es sich um eine Tätigkeit unter Einwirkung von Hitze und starkem Lärm, nicht von Nässe oder Zugluft, die vorwiegend auf den Beinen an Maschinen stehend (aber nach Angaben des Klägers etwa im Gutachten der MedDir Dr. W. auch gehend) zu verrichten war, angestrengtes Sehen erforderte, aber weder schwere noch mittelschwere Arbeiten umfasste; Heben und Tragen von Lasten über 7 kg war nicht notwendig, eben so wenig das Arbeiten in Zwangshaltungen (gebückt oder kniend, hockend u.ä). Damit geht es aber im Kern (auch hier) um eine körperlich leichte Arbeit, die dem festgestellten Restleistungsvermögen des Klägers gerecht wird und vollschichtig erbracht werden kann. Eine Begründung für ihre davon abweichende Einschätzung hat die Gutachterin nicht gegeben. Demgegenüber hat der den Kläger langjährig (seit 1998) behandelnde Orthopäden Dr. M., der als solcher die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers (auf orthopädischem Fachgebiet) in besonderem Maße kennt und fundiert beurteilen kann, bereits in seiner vom Sozialgericht erhobenen sachverständigen Zeugenaussage vom 16.3.2005 mitgeteilt, der Kläger könne noch 6 Stunden täglich und mehr arbeiten und solle (nur) Wirbelsäulenzwangshaltungen, schweres Heben und Arbeiten in Nässe und Zugluft so gut als möglich vermeiden. Diese Leistungseinschätzung hat Dr. M. im während des Berufungsverfahrens vorgelegten Arztbericht vom 11.4.2006 (zur Frage der Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung) gerade hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bekräftigt; wenn bei der Tätigkeit als Qualitätskontrolleur schweres Heben oder Wirbelsäulenzwangshaltungen und Arbeiten in Nässe oder Zugluft nicht anfielen, sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht signifikant gemindert. Was schließlich den Gebrauch der Hände angeht, hat Dr. M. Einschränkungen nicht vorgenommen, was auch überzeugt, da insoweit relevante Erkrankungen nicht festgestellt wurden und der Kläger dem im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Bericht der Handchirurgin Prof. Dr. W.-H. vom 22.5.2003 zufolge keine Schmerzen mehr hatte (und sich deshalb auch nicht operieren lassen wollte).
Angesichts dessen kann der Kläger aus dem MDK-Gutachten des Dr. S. vom 18.4.2005 für sein Rentenbegehren nichts herleiten. Mit Recht hat Dr. Stark in seiner hierzu von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 14.6.2005 ausgeführt, die Einschätzung des Dr. Sorge sei im Hinblick - insbesondere auf die Mitteilung des behandelnden Orthopäden Dr. M. - in keiner Weise nachvollziehbar, zumal er keine auf Schmerzen hinweisende Verspannungen der Rückenmuskulatur und keine Druckempfindlichkeit über den Handgelenken finden konnte und die Wirbelsäule und die Kniegelenke sich im Wesentlichen als frei beweglich erwiesen und auch das Ankleiden problemlos möglich war. Wenn Dr. S. bei diesen Befunden selbst eine auffallende Diskrepanz zwischen der Beschwerdeintensität und der Bewegungsmöglichkeit feststellt, gibt das nicht nur Anlass dazu, "eine Somatisierungsstörung nicht sicher auszuschließen zu können" (so Dr. Sorge im MDK-Gutachten). Dies legt vielmehr in besonderem Maße nahe, den Beschwerdeschilderungen des Klägers mit kritischer Distanz gegenüberzutreten und näher zu prüfen, ob sie tatsächlich zutreffen oder die geschilderten Beschwerden in Wahrheit gar nicht oder jedenfalls nicht im geklagten Maß vorhanden sind. Schon deshalb kann das MDK-Gutachten nicht überzeugen. Schließlich hat Dr. S. - wiederum anders als der behandelnde Orthopäde Dr. M. im Bericht vom 11.4.2006 - nur eine stationäre Rehabilitationsbehandlung angeraten, eine abschließende Leistungsbeurteilung aber gerade nicht abgegeben, diese vielmehr einer während der Rehabilitationsbehandlung möglichen Belastungserprobung überlassen wollen. Einer solchen bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob die Leistungsfähigkeit des Klägers in rentenberechtigendem Maße gemindert ist, indessen nicht. Vielmehr geht aus den vorliegenden Gutachten und Arztberichten überzeugend das Gegenteil hervor.
Dass auf HNO-ärtzlichem und auf urologischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht vorliegen, belegen die Arztberichte des HNO-Arztes Dr. K. vom 11.3.2005, der Urologischen Klinik B. vom 15.4.2005 und des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 11.4.2005. Der (zur Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung) abgegebene Bericht des Allgemeinarztes Dr. K. (Hausarzt des Klägers) vom 16.5.2006, wonach der Kläger als Qualitätskontrolleur nicht mehr solle arbeiten können, ist unbrauchbar. Dr. K. gibt für seine Antworten keinerlei Begründung, führt vielmehr aus, das für die berufliche Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet. Hierzu hat aber (u.a.) der behandelnde Orthopäde Dr. M. eine kompetente Einschätzung abgegeben, vor der die Auffassung des Dr. K. keinen Bestand haben kann.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Nach dem Zuzug nach Deutschland im Jahr 1966 war er als Bandarbeiter und zuletzt als Qualitätskontrolleur im Bereich der Behälterglasherstellung versicherungspflichtig beschäftigt. Hierzu teilte der Arbeitgeber (Fa. S.-G. O. AG, Bad W.) in der Auskunft vom 30.3.2004 (Verwaltungsakte – VA – S. 15). mit, es habe sich um eine angelernte Tätigkeit (Qualitätsüberwachung an den Linien, Führung der Prüfprotokolle, Überwachung der Sortieraggregate) mit einer Anlernzeit von maximal 2 Jahren gehandelt, die in vollkontinuierlicher Schicht und unter Einwirkung von Hitze und starkem Lärm, nicht von Nässe oder Zugluft, vorwiegend auf den Beinen an Maschinen stehend zu verrichten gewesen sei und angestrengtes Sehen erfordert habe; Heben und Tragen von Lasten über 7 kg sei nicht notwendig, eben so wenig das Arbeiten in oft gebückter Haltung oder kniend, hockend u.ä. Der Kläger sei in Lohngruppe III.B.3.Z des einschlägigen Tarifvertrags der Glasindustrie eingestuft gewesen. Seit 31.3.2003 ist der Kläger arbeitslos.
Am 11.11. 2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung; wegen Leiden an Stütz- und Handgelenken und einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom könne er allenfalls noch 2 bis 3 Stunden täglich leichte Arbeit verrichten. Die Beklagte erhob das Gutachten der Frau MedDir. Dr. W. (Ärztlicher Dienst der LVA Baden-Württemberg) vom 16.3.2004. Diese diagnostizierte Belastungsschmerzen beider Handgelenke, intraossäres Ganglion, Os lunatum links, Lunatumzyste rechts, Belastungsschmerzen des linken Kniegelenks, beginnend auch rechts, beginnende mediale Arthrose beider Kniegelenke, beginnende Retropatellararthrose rechts, reizlose Flankennarbe rechts bei Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere 1976 wegen Steinleiden, grenzwertige Erhöhung des Keratinwertes im Serum, leichte Hyperuricämie, leichte linksseitige Rückenschmerzen (Lumbalsakralregion) bei leichter Wirbelsäulenfehlstatik, chronische Nasennebenhöhlenentzündung (rechte Keilbeinhöhle), medikamentös behandelt, sowie Übergewicht. Der Kläger befinde sich in gutem altersentsprechendem Zustand; bei kräftiger Statur bestehe deutliches Übergewicht. Leichte körperliche Arbeiten könne er vollschichtig (Tages-, Früh-/Spätschicht) verrichten, wobei häufiges Klettern und Steigen, Arbeiten in kniender Haltung und besondere Belastungen der Handgelenke zu vermeiden seien. Als Glassortierer könne er unter 3 Stunden täglich arbeiten.
Mit Bescheid vom 18.3.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, seit 1966 leiste er Schichtarbeit. Jeden Tag habe er irgendwo Schmerzen; er denke, dass sein Körper durcheinander sei. Bei seiner Familie und seinen Landsleuten betrage die Lebenserwartung 60 bis 65 Jahre; er wolle seinen Ruhestand wenigstens ein paar Jahre genießen und nicht in einem Rollstuhl verbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 25.10.2004 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhob; wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne er Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr leisten.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte des Klägers. Der (seit 1998 behandelnde) Orthopäde Dr. M. teilte mit, Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung sowie schweres Heben und Arbeiten in Nässe und Zugluft sollten so gut als möglich vermieden werden. Mit diesen Einschränkungen könne der Kläger 6 Stunden täglich und mehr arbeiten (Bericht vom 16.3.2005). Dr. M. legte Arztberichte (u.a.) der Handchirurgin Prof. Dr. W.-H. vom 22.5.2003 vor, wonach eine Lunatumnekrose ausgeschlossen worden sei; der Kläger habe seit 2 Monaten keine Schmerzen mehr und sei deshalb zu einer Operation (eines interossären Ganglions am Os lunatum) nicht bereit. Der HNO-Arzt Dr. K. konnte keine die Arbeitsfähigkeit anhaltend behindernde Erkrankung finden (Bericht vom 11.3.2005). Die Urologische Klinik B. teilte mit, aus urologischer Sicht sei gegen die vollschichtige Verrichtung körperlich leichter Tätigkeiten nichts einzuwenden (Bericht vom 15.4.2005).
Der Kläger legte noch den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 11.4.2005 (keine Gesichtspunkte, die einen Einsatz mit leichten körperlichen Arbeiten ausschließen würden) sowie das MDK-Gutachten des Dr. S. vom 18.4.2005 vor. Darin ist ausgeführt, der Kläger habe vielfältige Beschwerden angegeben; es falle eine deutliche Diskrepanz zwischen der Beschwerdeintensität und der Bewegungsmöglichkeit auf, weshalb eine Somatisierungsstörung nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Eine stationäre Rehabilitationsbehandlung erscheine indiziert. Während der Reha-Maßnahme könnte eine Belastungserprobung durchgeführt werden mit nachfolgender Beurteilung des Leistungsvermögens. Von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei im Hinblick auf die multiple Beschwerdesymptomatik auszugehen.
Eine Rehabilitationsbehandlung wurde nicht durchgeführt, der Reha-Antrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 8.8.2005 (Widerspruchsbescheid vom 6.12.2005) abgelehnt; das dagegen eingeleitete Klageverfahren (Sozialgericht Konstanz, S 8 41/06) ruht im Hinblick auf das vorliegende Berufungsverfahren.
Die Beklagte legte die Stellungnahme des Chirurgen Dr. Sta. vom 14.6.2005 vor. Dieser führte aus, angesichts der Arztberichte und Leistungseinschätzungen der Dres. M., K. und St. sei die Auffassung des MDK-Gutachters, wonach Arbeitsunfähigkeit vorliege, in keinster Weise logisch erklärbar, zumal auch im MDK-Gutachten festgehalten sei, dass die Muskulatur des Rückens nicht schmerzreflektorisch verspannt und die Beweglichkeit der Wirbelsäule nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Der MDK-Gutachter habe auch keine Druckempfindlichkeit über den Handgelenken und frei bewegliche Kniegelenke gefunden, das Ankleiden sei problemlos möglich gewesen. Der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten (ohne Hantieren mit schweren Gewichten oder häufiges Steigen auf Leitern) bei Vermeidung von Zwangshaltungen und extremen Witterungsbedingungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Wie aus den vorliegenden Arztberichten und dem Gutachten der Dr. W. hervorgehe, könne er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig verrichten. Auch im MDK-Gutachten vom 18.4.2005 sei nur eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, jedoch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden. Auch Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) liege nicht vor, da der der Kläger angesichts der von Dr. W. festgestellten qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Qualitätskontrolleurs weiterhin verrichten könne.
Auf den ihm am 18.10.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung beruft er sich auf das MDK-Gutachten vom 18.4.2005, in dem eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden sei. Die in diesem Gutachten empfohlene Belastungserprobung habe nicht stattgefunden. Das Sozialgericht hätte seine Klage deshalb nicht abweisen dürfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 18.3.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2004 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, die Arbeitgeberauskunft vom 30.3.2004 sei nicht gänzlich widerspruchsfrei. Danach habe der Kläger die Qualität der Behälter und die Sortieraggregate überwacht und Prüfprotokolle geführt; hierfür sei er in die Lohngruppe III.B.3.Z des einschlägigen Tarifvertrags eingestuft gewesen. Im Tarifvertrag sei diese Lohngruppenbezeichnung indessen nicht vorhanden, es gebe nur die Lohngruppen III.B.3 für Obersortierer und III.B.4 für Qualitätskontrolleure und Linienführer. Danach wären letztere als Angelernte im unteren Bereich anzusehen. Der Kläger selbst habe eine Beschäftigung als Glassortierer angegeben. Davon abgesehen wäre er jedenfalls verweisbar auf Tätigkeiten als Pförtner, Bürohilfskraft, Museumsaufsicht, Telefonist oder Registrator.
Der Kläger hat abschließend Arztberichte vorgelegt, die das Sozialgericht im später (ruhenden) Klageverfahren S 8 R 41/06 eingeholt hat. Der Allgemeinarzt Dr. K. hat (jeweils ohne Begründung) angegeben, als Qualitätskontrolleur könne der Kläger nicht mehr arbeiten bzw. insoweit sei die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet. Es sei wahrscheinlich, dass dieser Zustand durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert bzw. die Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden könne. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet (Bericht vom 16.5.2006). Der HNO-Arzt Dr. K. hat mitgeteilt, auf seinem Fachgebiet gebe es keine die Erwerbsfähigkeit mindernde Erkrankungen (Bericht vom 11.4.2006). Der Orthopäde Dr. M. hat ausgeführt, sollte die Tätigkeit als Qualitätskontrolleur kein schweres Heben oder Wirbelsäulenzwangshaltungen beinhalten und auch keine Arbeiten in Nässe oder Zugluft erforderlich machen, sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht signifikant gemindert; in diesem Fall wäre ein ambulantes Heilverfahren am Heimatort ausreichend (Bericht vom 11.4.2006).
Die Beklagte hat zu diesen Arztberichten abschließend die Stellungnahme des Allgemeinarztes und Sozialmediziners Dr. G. vom 28.8.2006 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften (§§ 43 und 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist, und weshalb der Kläger danach Rente nicht beanspruchen kann. Der Senat verweist daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen anzumerken:
Auch nach Auffassung des Senats ist der Kläger noch in der Lage, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen (kein schweres Heben, keine Wirbelsäulenzwangshaltungen, keine Arbeiten in Nässe oder Zugluft) noch mindestens 6 Stunden täglich zu leisten. Mit diesem Restleistungsvermögen kann er auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Glassortierer bzw. Qualitätskontrolleur weiterhin vollschichtig verrichten. Damit liegt weder volle oder teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI) noch Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2 SGB VI) vor, ohne dass es auf die von der Beklagten angesprochene Verweisbarkeitsfrage ankäme (zur Verweisbarkeit von Versicherten mit dem Berufsschutz des Facharbeiters jüngst Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 R 4635/05 -). Davon abgesehen wäre nach Lage der Dinge, insbesondere im Hinblick auf die Angaben des Klägers selbst bei der Begutachtung durch MedDir Dr. W. (Flaschensortierer mit der Aufgabe, Flaschen auf dem Band aufzustellen oder vom Band auszusortieren) von einer Anlerntätigkeit des unteren Bereichs als Glassortierer auszugehen mit der Folge breiter Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Wie dargelegt, kommt es hierauf aber entscheidungserheblich nicht an.
Dass der Kläger leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich leisten kann, geht schon aus dem Gutachten der MedDir. Dr. W. vom 16.3.2004 hervor. Diese hatte bei der Untersuchung des Klägers einen altersentsprechend guten Zustand vorgefunden mit (altersentsprechend) beginnenden degenerativen Leiden, etwa Schmerzen bei Belastung der Kniegelenke oder eine beginnende Retropatellararthrose rechts und leichte linksseitige Rückenschmerzen bei leichter Wirbelsäulenfehlstatik. All das stellt ein Hindernis für das vollschichtige Verrichten leichter Tätigkeiten nicht dar. Zu diesen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet treten weitere Erkrankungen (wie eine medikamentös behandelte chronische Nasennebenhöhlenentzündung oder leichte Hyperuricämie bei Übergewicht) hinzu, die keine ins Gewicht fallenden Auswirkungen auf das Leistungsvermögen haben. Die Schlussfolgerung der Gutachterin, der Kläger könne unter qualitativen Einschränkungen leichte Arbeiten vollschichtig verrichten, ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend.
Die Auffassung der Gutachterin, der Kläger könne als Glassortierer nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten, ist demgegenüber mit den erhobenen Befunden und funktionalen Einschränkungen nicht zu vereinbaren. Nach der Arbeitgeberauskunft vom 30.3.2004 handelte es sich um eine Tätigkeit unter Einwirkung von Hitze und starkem Lärm, nicht von Nässe oder Zugluft, die vorwiegend auf den Beinen an Maschinen stehend (aber nach Angaben des Klägers etwa im Gutachten der MedDir Dr. W. auch gehend) zu verrichten war, angestrengtes Sehen erforderte, aber weder schwere noch mittelschwere Arbeiten umfasste; Heben und Tragen von Lasten über 7 kg war nicht notwendig, eben so wenig das Arbeiten in Zwangshaltungen (gebückt oder kniend, hockend u.ä). Damit geht es aber im Kern (auch hier) um eine körperlich leichte Arbeit, die dem festgestellten Restleistungsvermögen des Klägers gerecht wird und vollschichtig erbracht werden kann. Eine Begründung für ihre davon abweichende Einschätzung hat die Gutachterin nicht gegeben. Demgegenüber hat der den Kläger langjährig (seit 1998) behandelnde Orthopäden Dr. M., der als solcher die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers (auf orthopädischem Fachgebiet) in besonderem Maße kennt und fundiert beurteilen kann, bereits in seiner vom Sozialgericht erhobenen sachverständigen Zeugenaussage vom 16.3.2005 mitgeteilt, der Kläger könne noch 6 Stunden täglich und mehr arbeiten und solle (nur) Wirbelsäulenzwangshaltungen, schweres Heben und Arbeiten in Nässe und Zugluft so gut als möglich vermeiden. Diese Leistungseinschätzung hat Dr. M. im während des Berufungsverfahrens vorgelegten Arztbericht vom 11.4.2006 (zur Frage der Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung) gerade hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bekräftigt; wenn bei der Tätigkeit als Qualitätskontrolleur schweres Heben oder Wirbelsäulenzwangshaltungen und Arbeiten in Nässe oder Zugluft nicht anfielen, sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht signifikant gemindert. Was schließlich den Gebrauch der Hände angeht, hat Dr. M. Einschränkungen nicht vorgenommen, was auch überzeugt, da insoweit relevante Erkrankungen nicht festgestellt wurden und der Kläger dem im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Bericht der Handchirurgin Prof. Dr. W.-H. vom 22.5.2003 zufolge keine Schmerzen mehr hatte (und sich deshalb auch nicht operieren lassen wollte).
Angesichts dessen kann der Kläger aus dem MDK-Gutachten des Dr. S. vom 18.4.2005 für sein Rentenbegehren nichts herleiten. Mit Recht hat Dr. Stark in seiner hierzu von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 14.6.2005 ausgeführt, die Einschätzung des Dr. Sorge sei im Hinblick - insbesondere auf die Mitteilung des behandelnden Orthopäden Dr. M. - in keiner Weise nachvollziehbar, zumal er keine auf Schmerzen hinweisende Verspannungen der Rückenmuskulatur und keine Druckempfindlichkeit über den Handgelenken finden konnte und die Wirbelsäule und die Kniegelenke sich im Wesentlichen als frei beweglich erwiesen und auch das Ankleiden problemlos möglich war. Wenn Dr. S. bei diesen Befunden selbst eine auffallende Diskrepanz zwischen der Beschwerdeintensität und der Bewegungsmöglichkeit feststellt, gibt das nicht nur Anlass dazu, "eine Somatisierungsstörung nicht sicher auszuschließen zu können" (so Dr. Sorge im MDK-Gutachten). Dies legt vielmehr in besonderem Maße nahe, den Beschwerdeschilderungen des Klägers mit kritischer Distanz gegenüberzutreten und näher zu prüfen, ob sie tatsächlich zutreffen oder die geschilderten Beschwerden in Wahrheit gar nicht oder jedenfalls nicht im geklagten Maß vorhanden sind. Schon deshalb kann das MDK-Gutachten nicht überzeugen. Schließlich hat Dr. S. - wiederum anders als der behandelnde Orthopäde Dr. M. im Bericht vom 11.4.2006 - nur eine stationäre Rehabilitationsbehandlung angeraten, eine abschließende Leistungsbeurteilung aber gerade nicht abgegeben, diese vielmehr einer während der Rehabilitationsbehandlung möglichen Belastungserprobung überlassen wollen. Einer solchen bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob die Leistungsfähigkeit des Klägers in rentenberechtigendem Maße gemindert ist, indessen nicht. Vielmehr geht aus den vorliegenden Gutachten und Arztberichten überzeugend das Gegenteil hervor.
Dass auf HNO-ärtzlichem und auf urologischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht vorliegen, belegen die Arztberichte des HNO-Arztes Dr. K. vom 11.3.2005, der Urologischen Klinik B. vom 15.4.2005 und des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 11.4.2005. Der (zur Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung) abgegebene Bericht des Allgemeinarztes Dr. K. (Hausarzt des Klägers) vom 16.5.2006, wonach der Kläger als Qualitätskontrolleur nicht mehr solle arbeiten können, ist unbrauchbar. Dr. K. gibt für seine Antworten keinerlei Begründung, führt vielmehr aus, das für die berufliche Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet. Hierzu hat aber (u.a.) der behandelnde Orthopäde Dr. M. eine kompetente Einschätzung abgegeben, vor der die Auffassung des Dr. K. keinen Bestand haben kann.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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