S 29 AS 7/07 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 7/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 45/07 AS ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.Für das Gericht spricht viel dafür, dass es bei § 7 Abs. 3 a Nr. 1 um eine Haushaltsgemeinschaft von zwei Personen gehen muss, die gleich- oder verschiedengeschlechtliche Partner einer Beziehung sind, mit anderen Worten: um ein zusammenwohnendes „Paar“.
2.Entsprechend der Absicht des Gesetzgebers bei Erlass des Fortentwicklungsgesetzes ist davon auszugehen, dass § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II sog. eheähnliche Gemeinschaften und auch „lebenspartnerschaftsähnliche“ Gemeinschaften umfassen soll. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen vor, wenn eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von zwei Personen vorliegt, die daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt und sich – im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft – durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen füreinander erwarten lassen, d.h. über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
3.Im Übrigen Einzelfall einer im Einstweiligen Anordnungsverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommenen Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft.
Der Antrag wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe:

Der am 05.01.2007 gestellte Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufige Leistungen nach dem Zweitem Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für die Zeit von Dezember 2006 bis zum Ende des Monats, in dem das Gericht entscheidet, in gesetzlicher Höhe ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Frau U1 zu gewähren,

hat keinen Erfolg.

Das Gericht kann zur Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen treffen, wenn die Regelung - etwa um wesentliche Nachteile abzuwenden - nötig erscheint, § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dabei sind die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen des zu sichernden Rechtes (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die einstweilige Anordnung dient ausschließlich dazu, unzumutbare künftige Nachteile abzuwenden, die dem Antragsteller drohen, wenn seinem Begehren nicht stattgegeben wird. Sie ist hingegen nicht dafür gedacht, dem Betreffenden schneller, als dies in einem Klageverfahren möglich ist, zu seinem (vermeintlichen) Recht zu verhelfen, sofern nicht eine besondere Dringlichkeit gegeben ist, die es unzumutbar erscheinen lässt, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten.

In Bezug auf die geforderte Glaubhaftmachung ist der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich; trotz der Möglichkeit des Gegenteils dürfen Zweifel nicht überwiegen.

Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, III. Kapitel, Rdn. 157.

Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln,

vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschlüsse vom 19.01.2006 – L 1 B 17/05 AS ER –, vom 29.11.2005 – L 19 B 84/05 AS ER – und vom 26.07.2005 – L 9 B 44/05 AS ER –.

Bei der Beurteilung des Anordnungsanspruchs hat sich das Gericht an den Grundsätzen zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) aufgestellt hat. Danach dürfen sich die Gerichte bei einer Ablehnung von existenzsichernden Sozialleistungen nicht auf eine bloße summarische Prüfung der Erfolgsaussichten beschränken und die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller nicht überspannen; ist eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich, hat eine Folgenabwägung stattzufinden.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 –; ebenso LSG NRW, Beschlüsse vom 06.01.2006 – L 1 B 13/05 AS ER – und vom 28.02.2006 – L 9 B 99/05 AS ER –.

Dabei gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur, wenn der Leistungsberechtigte eine existenzielle Notlage glaubhaft macht, die ein sofortiges Handeln erfordert, beispielsweise, wenn die Führung eines menschenwürdigen Lebens in Frage steht. Es muss zur Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen für den betreffenden Antragsteller notwendig sein, dass das Gericht die begehrte einstweilige Anordnung erlässt.

LSG NRW, Beschlüsse vom 01.12.2005 – L 9 B 22/05 SO ER –, vom 02.05.2005 – L 19 B 7/05 SO ER –, und vom 20.04.2005 – L 19 B 2/05 AS ER –.

Nach diesen Grundsätzen konnte der Antrag keinen Erfolg haben.

In Bezug auf die Unterkunftskosten für die Wohnung V Straße 00, für die der Antragsteller einen hälftigen Mietanteil geltend macht, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Der unzumutbare Nachteil, der eine einstweilige Anordnung in Bezug auf die Kosten der Unterkunft rechtfertigt, ist der drohende Verlust der Unterkunft, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden muss. Bei Mietverhältnissen ist dabei zunächst auf die mietrechtlichen Voraussetzungen einer Kündigung wegen rückständiger Mieten abzustellen. Abgesehen davon, dass für eine stattgebende Entscheidung zu klären wäre, was der Antragsteller der mit ihm wohnenden Zeugin U im Innenverhältnis zwischen ihnen monatlich schuldet (die Hälfte der nach dem Mietvertrag geschuldeten Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten und Heizkosten von insgesamt 740 EUR, also 370 EUR, oder den von der Zeugin U1 in der Beweisaufnahme genannten Betrag von 350 EUR), ist ein drohender Verlust der Unterkunft nicht ersichtlich. Der Antragsteller und die Zeugin U1 sind gemeinsam Mieter der Wohnung. Sie schulden deshalb die Miete als Gesamtschuldner. In Zeiten der hinreichenden finanziellen Ausstattung des Antragstellers überwies Frau U1 stets die vollen Kosten und erhielt vom Antragsteller in bar seinen Mietanteil. Diese Praxis ist für die Zeit ab dem Monat August 2006 bis einschließlich November 2006 durch von der Zeugin U1 ausgestellte Quittungen (jeweils über einen Betrag von 370 EUR) glaubhaft gemacht. Die Kontoauszüge des Antragstellers zu seinem Girokonto bei der Sparkasse E1 Nr. 000 000 0000 weisen in diesen Monaten auch Barabhebungen am Monatsanfang bzw. kurz zuvor in einem Umfang aus, der eine solche Barzahlung ermöglichte. Seitdem die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 05.12.2006 die Fortzahlung und damit Weiterbewilligung des ihm zuvor bis einschließlich November 2006 gewährten Arbeitslosengeld II (ALG II) abgelehnt hatte und demgemäß in den Monaten von Dezember 2006 bis Februar 2007 keine laufenden Leistungen mehr ausgezahlt wurden, hat der Antragsteller unstreitig in den Monaten Dezember 2006 und Januar 2007 überhaupt keine Zahlungen für die Wohnung an die Zeugin U1 erbracht. Anfang Februar 2007 hat er eine Teilzahlung von 300 EUR geleistet. Gleichwohl hat die Zeugin an die Vermieterin die geschuldeten Zahlungen vollständig erbracht, weshalb der Antragsteller der Zeugin gegenüber mit einem Betrag von mindestens 750 EUR im Rückstand ist, wenn man von geschuldeten 350 EUR monatlich ausgeht (2 x 350 EUR für Dezember 2006 und Januar 2007, sowie 50 EUR Rest für Februar 2007). Der Vermieterin gegenüber besteht deshalb überhaupt kein Rückstand von aus dem Mietverhältnis geschuldeten Beträgen. Seitens der Vermieterin ist aktuell deshalb überhaupt keine Kündigung denkbar. Die Zeugin U1 hingegen, gegenüber der der Antragsteller sich im Rückstand befindet, hat ihm gegenüber unmittelbar keine rechtliche Handhabe, die einen alsbald zu erwartenden Verlust der Unterkunft ermöglichen würde. Ihre Aufforderung in ihrem an ihn gerichteten Schreiben vom 03.01.2007 zur Zahlung von für Dezember 2006 und Januar 2007 rückständigen 740 EUR ist dementsprechend auch nur mit der Ankündigung versehen, die offene Summe gegebenenfalls einklagen zu müssen und sich gegebenenfalls eine kleinere Wohnung suchen zu müssen. Eine reine Zahlungsklage ist hingegen kein eine einstweilige Anordnung rechtfertigender Nachteil, auch wenn es für den Antragsteller zweifelsohne zwischenmenschlich sehr unangenehm sein mag, der ihm nahestehenden Zeugin diese Beträge schuldig zu bleiben. Da beide Mieter des Mietvertrages sind, ist die Zeugin gegenüber der Vermieterin auch zur Zahlung der vollen Miete verpflichtet und hat keine Möglichkeit, den Antragsteller angesichts seiner ausbleibenden - im Innenverhältnis zwischen den beiden geschuldeten - Beteiligung an den Kosten der Wohnung zu verweisen oder auch nur mit einer Kündigung des Mietverhältnisses von ihrer Seite zu drohen. Bei zwei gleichrangigen Mietern kann nämlich eine Kündigung wirksam nur von beiden gemeinsam erklärt werden. Der Zeugin U1 bleibt insofern allein die Möglichkeit, künftig nur ihren Mietanteil zu überwiesen und darauf zu warten, dass die Vermieterin beim Eintreten der Kündigungsvoraussetzungen nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht. So kann sie mittelbar die Beendigung des Mietverhältnisses herbeiführen, das sie allein nicht durch Kündigung ohne Mitwirkung des Antragstellers beenden kann. Da aktuell überhaupt keine Rückstände gegenüber der Vermieterin bestehen und zudem das weitere Verhalten der Zeugin U1 unklar ist, droht aktuell kein Verlust der Unterkunft und diesem vorgeschaltet auch keine fristlose Kündigung mit der eine einstweilige Anordnung rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit.

Zum Anordnungsgrund in Bezug auf Unterkunftskosten: Zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG): Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 16.03.2000 - 16 B 308/00 -, NJW 2000, 2523; Beschluss vom 27.12.2004 – 16 B 2354/04 -; Beschluss vom 25.01.2005 - 16 B 2700/04 -; zum SGB II ebenso Landessozialgericht (LSG) NRW, Beschluss vom 02.11.2006 - L 20 B 209/06 AS ER -; ferner Sozialgericht (SG) Düsseldorf, Beschluss vom 08.05.2006 - S 24 AS 80/06 ER -; Beschluss vom 31.10.2006 - S 43 AS 67/06 ER -; Beschluss vom 20.11.2006 – S 43 AS 129/06 ER -; Beschluss vom 23.11.2006 - S 44 AS 100/06 ER -; in der Tendenz ähnlich Beschluss vom 23.08.2006 – S 28 AS 202/06 ER -, bestätigt durch LSG NRW, Beschluss vom 15.11.2006 - L 12 B 144/06 AS ER -.

Weiterhin ist ein Anordnungsgrund auch in Bezug auf den Regelbedarf des Antragstellers und die Sicherstellung seines Krankenversicherungsschutzes für die Zeit von Anfang Dezember 2006 bis zum 04.01.2007 (dem Tag vor der Antragstellung bei Gericht) nicht gegeben, da nicht erkennbar ist, dass der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zur Abwendung unzumutbarer Nachteile geboten ist. Für den Zeitraum vor der Antragstellung folgt dies schon daraus, dass einstweilige Anordnungen auf Bewilligung von ALG II regelmäßig nicht für in der Vergangenheit liegende Zeiträume ergehen können, da sie nur zur Abwendung gegenwärtiger Notlagen ergehen sollen.

Vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 25.01.2006 – L 10 B 11/06 AS ER –; Beschluss vom 12.01.2006 – L 11 B 598/05 AS ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.12.2005 – L 10 B 1264/05 AS ER -.

Dies gilt hier in besonderem Maße, da der Antragsteller nach seinem Vortrag im Dezember 2006 und im Januar 2007 seinen von der Regelleistung erfassten Bedarf für die Deckung des Existenzminimums aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus der Hausmeistertätigkeit und aus Darlehen, die ihm von Bekannten und Freunden gewährt wurden, bestritten hat. Kosten, die von einer Krankenversicherung erfasst würden, sind ihm in diesem Zeitraum nicht entstanden, weil er wegen des fehlenden Krankenversicherungsschutzes auf solche verursachende Arztbesuche usw. verzichtet hat. Da diese im Falle einer nunmehr erfolgenden rückwirkenden Pflichtversicherung für die Vergangenheit nicht nachgeholt werden können, ist ein Anordnungsgrund insofern ausgeschlossen.

Für die Zeit ab der Antragstellung ist ein Anordnungsgrund in Bezug auf die Regelleistung und die Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes jedoch gegeben, da die Mittel mit ca. 160 EUR aus der Hausmeistertätigkeit für den Hauseigentümer U2 sowie den erstmals Anfang Februar gezahlten Betrag von 404 EUR aus der Hausmeistertätigkeit für das Objekt V Str. 00 überschaubar waren, von letzterem Betrag 300 EUR nach Zahlung an die Zeugin U1 nicht mehr zur Verfügung stehen und die von den Auftraggebern gezahlten Beträge noch um Steuern und Betriebsausgaben zu verringern waren (vgl. für Einkommen aus selbständiger Tätigkeit § 2 a der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – ALG II-V). Was von diesen Einnahmen überhaupt nach der genannten Bestimmung als Einkommen anzurechnen wäre, ist fraglich. Dies bedarf hier letztlich keiner Entscheidung, da sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch insofern nicht glaubhaft gemacht hat. Für künftige Zeiträume weist das Gericht den Antragsteller darauf hin, dass es ihm zumutbar ist, aus seinen Mitteln zunächst sein tägliches Existenzminimum sicherzustellen und Zahlungen an die Zeugin U1 nur zu erbringen, wenn sein laufender Bedarf und auch die Krankenversicherung im jeweiligen Monat sichergestellt ist.

In Bezug auf die Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes ist eine besondere Dringlichkeit und das Drohen unzumutbarer Nachteile jedenfalls glaubhaft gemacht, da der Antragsteller wohl eine behandlungsbedürftige Lungenerkrankung aufweist und von seinem Hausarzt zudem eine Überweisung in psychologische Behandlung erhalten hat. Letztere begründet der Antragsteller damit, dass er aufgrund der Belastungen durch das Verwaltungsverfahren sowie dieses gerichtliche Verfahren an akuten Schlafproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten, allgemeinem Unwohlsein, Lebensunlust sowie einer empfundenen Rückfallgefahr in den Alkoholismus leide.

Unabhängig von den Ausführungen zum Anordnungsgrund kann der Antrag – insbesondere in Bezug auf die Zeit vom 05.01.2007 bis zum 28.02.2007 – keinen Erfolg haben, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist. Es kann nicht mit der in diesem Verfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Antragsteller hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II ist. Dem stehen seine Lebensumstände in Bezug auf die Zeugin U1 entgegen.

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers neben ihm selbst als erwerbsfähigem Hilfebedürftigen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) als Partner eine Person, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (sog. Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft). Dieser Wille wird nach Abs. 3 a der Vorschrift vermutet, wenn Partner 1.länger als ein Jahr zusammenleben, 2.mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3.Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4.befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

Das Gericht kommt unter möglichst weitgehender Ausnutzung der in einem Einstweiligen Anordnungsverfahren zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten zu dem Ergebnis, dass deutlich Überwiegendes dafür spricht, das der Antragsteller mit der Zeugin U1 aktuell in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Deshalb ist ihr Einkommen und Vermögen anzurechnen, was bei einem nach seinen Angaben bestehenden Netto-Einkommen der Zeugin U1 von über 1500 EUR – neben seinem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit - dazu führen dürfte, dass bei ihm keine Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II besteht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Einkommen und Vermögen der Zeugin bisher nicht im Einzelnen ermittelt werden konnten, da sie sich darauf berief, nicht mit dem Antragsteller in Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu leben, und deshalb Angaben zu Einkommen und Vermögen sowie die Vorlage von Unterlagen ablehnte. Deshalb hat der Antragsteller entweder im Hinblick auf angenommenes Einkommen der Zeugin U1 von mindestens 1500 EUR netto oder im Hinblick auf seine nicht feststellbare Hilfebedürftigkeit wegen verweigerter Auskunft keinen Anspruch auf ALG II nach § 19 SGB II. Er trägt das rechtliche Risiko, dass entgegen seiner Angabe doch eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit der Zeugin U1 vorliegt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.09.2004 –1 BvR 1962/04 -; LSG NRW, Beschluss vom 21.04.2005 – L 9 B 4/05 SO ER -, Juris.

Das Gericht stützt seine Entscheidung nicht auf § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II, dessen Voraussetzungen es nicht für gegeben erachtet. Es reicht insofern nach derzeitiger Auffassung des Gerichts nicht aus, dass der Antragsteller und die Zeugin unstreitig seit mehr als einem Jahr zusammenwohnen (nämlich etwa seit Ende des Jahres 2002 bzw. Anfang 2003). Denn der Gesetzgeber bedient sich in der Vorschrift des Begriffs "Zusammenleben" und nicht schlicht des "Zusammenwohnens". Dies ergibt sich daraus, dass die Vermutung bei genereller Betrachtung mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu geeignet sein muss, den Schluss auf das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II zu begründen. Andernfalls würde bei jeder (z. B. studentischen) Wohngemeinschaft ohne weiteres nach einem Jahr die Vermutungsregelung eingreifen und den Bewohnern die Pflicht auferlegt, nachzuweisen, dass es sich nicht um eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft handele. Deshalb wird teilweise davon ausgegangen, es müsse für die Anwendung des § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft,

vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.08.2006 - L 9 AS 349/06 ER-, info also 2006, 266 ff.,

bzw. zumindest eine Haushaltsgemeinschaft vorliegen,

vgl. LSG NRW, Beschluss vom 07.02.2007 - L 1 B 45/06 AS ER -, www.sozialgerichtsbarkeit.de.

Für das Gericht spricht bei dieser recht jungen Vorschrift und bisher noch recht divergenter Rechtsprechung hierzu viel dafür, dass es um eine Haushaltsgemeinschaft von zwei Personen gehen muss, die gleich- oder verschiedengeschlechtliche Partner einer Beziehung sind, mit anderen Worten: um ein zusammenwohnendes "Paar".

Denn die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Fortentwicklungsgesetz) zum 01.08.2006 novellierte Gesetzesfassung in § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II einschließlich der neuen Ziffer c) dient nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, nunmehr auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften in die Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II einzubeziehen, die eine vergleichbar enge Verbindung aufweisen, wie die bis zur Neuregelung in § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. b SGB II geregelten sog. eheähnlichen Gemeinschaften. Einbezogen werden sollten also gewissermaßen die der homosexuellen eingetragenen Lebenspartnerschaft ähnlichen – "lebenspartnerschaftsähnlichen" – Lebensgemeinschaften.

Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vom 09.05.2006, BTDr. 16/1410, S. 19, Zu Nummer 7, Zu Buchstabe a.

Um Beweisschwierigkeiten in der Praxis für die Behörden, die für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft (und deshalb auch vergleichbarer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaften) nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung die Beweislast tragen, zu vermindern, wurde der neue Abs. 3 a in § 7 Abs. 3 SGB II eingefügt, der die Beweislast zum Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft ändern sollte und dazu u.a. die Vermutung bei einjährigem Zusammenleben der Partner einfügte,

vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, a. a. O., Zu Buchstabe b.

Diesen Umständen entnimmt das Gericht, dass es nur um das Zusammenleben von Partnern geht, also den an einer gleichgeschlechtlichen oder verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft beteiligten Personen. Das Gericht geht insofern davon aus, dass der Gesetzgeber nicht die unverbindliche Wohngemeinschaft unter Darlegungs- und Beweiszwang setzen, sondern das (Liebes-)Paar erfassen wollte, das unstreitig eine Paarbeziehung führt und in derselben Wohnung wohnt, sich jedoch gegenüber dem Sozialleistungsträger darauf beruft, man sei nicht derart eng verbunden, dass man füreinander in den Not- und Wechselfällen des Lebens einzustehen bereit sei. Langjährige Wohngemeinschaften, deren Bewohner keine Paarbeziehung führen, fallen demnach nicht unter § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II. Wenn man dies dem Tatbestandsmerkmal "Partner" in § 7 Abs. 3 a SGB II entnehmen wollte, wozu das Gericht neigt, würde sich dies auch auf die übrigen Ziffern des Absatz 3 a beziehen. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

Zugleich muss jedoch ein gemeinsamer Haushalt vorliegen, weil nach § 7 Abs. 3 a SGB II allein der Wille im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II vermutet wird, füreinander Verantwortung zu übernehmen und füreinander einzustehen.

Vgl. LSG NRW, Beschlüsse vom 07.02.2007 – L 1 B 45/06 AS ER – und vom 27.12.2006 – L 1 B 36/06 AS ER -.

Das vorstehend dargestellte Verständnis zugrunde gelegt ist die Vermutung des § 7 Abs. 3 a Nr. 1 SGB II nicht anwendbar. Die Vermutungen des Abs. III a greifen nur ein, wenn der Vermutungstatbestand feststeht und vom Hilfebedürftigen nicht durch konkreten Vortrag erschüttert wird. Der Antragsteller und Frau U1 haben jedoch – von der Antragsgegnerin insofern grundsätzlich unwidersprochen – ausgesagt, dass zwischen ihnen keine Paarbeziehung bestehe, insbesondere niemals eine Liebes- oder Geschlechtsbeziehung bestanden habe. Dann ist die Anwendung der Vermutung ausgeschlossen.

Das Gericht geht jedoch auf der Grundlage von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II davon aus, dass zwischen dem Antragsteller und der Zeugin U1 eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift besteht.

Auch wenn es darum geht, die dort niedergelegten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale auszufüllen, so ist nach dem oben Ausgeführten nicht zu vernachlässigen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung die "lebenspartnerschaftsähnliche" Lebensgemeinschaft in die Bedarfsgemeinschaft einbeziehen wollte. Da § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a SGB II die ungetrennte Ehe regelt und lit. b bei identischem Wortlaut wie zuvor § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung die ungetrennte gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaft behandelt, ist in systematischer Hinsicht davon auszugehen, dass lit. c der neuen Fassung auch die eheähnliche Gemeinschaft von Mann und Frau umfasst. Dies legt auch die Formulierung von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II nahe, die ersichtlich an die in der Rechtsprechung entwickelte Definition einer eheähnlichen Gemeinschaft angelehnt ist: Eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft (von Mann und Frau), die daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt und sich – im Sinne einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft – durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen füreinander erwarten lassen, d.h. über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen,

Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 -, BVerfGE 87, 234 (264); BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 - 5 C 16/93 -, NJW 1995, 2802; OVG NRW, Beschluss vom 22.09.2000 - 22 B 261/00 -; LSG NRW, z. B. Beschluss vom 05.08.2005 – L 12 B 26/05 AS ER -, in seitdem ständiger Rechtsprechung.

Dementsprechend sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II jedenfalls dann erfüllt, wenn eine der obigen Definition unter Verzicht auf die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner entsprechende Lebensgemeinschaft besteht.

Ob eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft in dem Sinne vorliegt, lässt sich naturgemäß nicht direkt feststellen. Auf bestehende innere Bindungen kann vielmehr nur auf Grund von äußeren Anhaltspunkten (Indizien) geschlossen werden. Da bei nicht getrennt lebenden Ehegatten gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a SGB II i. V. m. § 9 Abs. 2 SGB II das Einkommen und Vermögen des anderen Ehegatten berücksichtigt wird, bedeutet dies, dass bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des einen Ehepartners der Anspruch des an sich hilfebedürftigen anderen Ehepartners schon bei Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft entfällt. Da Ehepaare bei Leistungsbezug nicht schlechter gestellt werden dürfen als andere Lebensgemeinschaften (vgl. Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG), muss auch bei der Anwendung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II das wichtigste äußere Kriterium das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sein.

Vgl. zu § 122 BSHG: Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.1997 - 7 S 1816/95 -, FEVS 48, 29.

Weitere wichtige äußere Indizien, anhand derer der innere Wille, füreinander Verantwortung zu übernehmen und füreinander einzutreten, nach außen tritt, sind die Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Beziehung, gemeinsame Kinder, die gemeinsame Versorgung von Angehörigen im eigenen Haushalt sowie die Befugnis zur Verfügung über Einkommen oder Vermögen des Partners.

Vgl. BVerfG, a. a. O.; Begründung zum Gesetzentwurf, a. a. O., Zu Buchstabe a.

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach den Besonderheiten des Einzelfalles unter Berücksichtigung allgemeiner Lebenserfahrung und nach den Gesichtspunkten bewertet werden, die für eine gemeinsame Haushalts-, Wirtschafts- und Lebensführung von Ehepaaren kennzeichnend sind. Dabei ist es Sache der Behörde, das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II im Hauptsacheverfahren nachzuweisen und dementsprechend in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Die Beweislast der Behörde für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II zwingt allerdings nicht dazu, nur dann vom Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft in diesem Sinne auszugehen, wenn dies von den Betroffenen zugestanden wird. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv erkennbaren Umständen. Entgegenstehenden Erklärungen der Partner kommt in der Regel keine durchgreifende Bedeutung zu. Insofern ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Erklärungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für eine eheähnliche Gemeinschaft auszuschließen, immer weniger glaubhaft werden.

Vgl. zu § 122 BSHG: OVG Lüneburg, Beschluss vom 26.01.1998 - 12 M 345/98 -, FEVS 48, 545 m.w.N.

Nach diesen Maßstäben geht das Gericht aufgrund des Vortrags des Antragstellers, des gesamten Akteninhalts sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Erörterungstermin am 13.02.2007 von einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau U1 aus.

Zunächst führen sie einen gemeinsamen Haushalt, wie es § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II voraussetzt. Sie bewohnen die Wohnung V Straße 00 in E1. Auch wenn jeder nach ihrem Vortrag ein nur ihm zugeordnetes Zimmer hat, das jeder für sich unter Ausschluss des anderen einrichtet, nutzt und auch putzt, so nutzen Sie die übrigen Zimmer (Wohnzimmer, Küche, Bad, Diele) unstreitig gemeinsam. In den gemeinsamen Räumen, die den überwiegenden Teil der Wohnung ausmachen, werden auch fast sämtliche Einrichtungsgegenstände, Möbel, Haushalts- und Elektrogeräte sowie die Küchenausstattung gemeinsam genutzt. Ausnahmen bilden insofern nach ihrem Vortrag lediglich der im Wohnzimmer befindliche PC der Zeugin U1, die ebenfalls dort aufgebaute Musikanlage nebst CD- und Schallplattensammlung des Antragstellers, die jeder nur für sich nutzt, sowie die beiden Gefrierschränke, die jeweils einem von ihnen gehören und auch nur von diesem genutzt werden. Unabhängig von der Frage, ob man diesen Vortrag für glaubhaft hält, was nur eingeschränkt der Fall sein dürfte, steht dieser der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen.

Auf die Frage, ob auch eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt, was nach dem Vortrag des Antragstellers und den Aussagen der Zeugin fraglich ist, kommt es nicht an. Die Feststellung einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft ist zwar sehr wichtig, um auf das Vorliegen des Willens zu schließen, füreinander Verantwortung zu übernehmen und einzustehen. Kann man diesen Willen jedoch durch andere äußere Kriterien hinreichend sicher feststellen, so ist der Aspekt der Wirtschaftsgemeinschaft durchaus verzichtbar. Dass der Antragsteller und die Zeugin U1 vorgetragen haben, sie würden keine gemeinsame Haushaltskasse führen, nur gelegentlich zusammen kochen oder Mahlzeiten einnehmen, nur gelegentlich zusammen einkaufen, wenn größere Einkäufe anstünden, sowie getrennt Wäsche waschen, steht der Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft deshalb nicht entscheidend entgegen. Genauso wenig bedeutet es, dass sie nach ihrem Vortrag die ihnen jeweils ausschließlich zugeordneten Räume auch jeder für sich – und die übrigen Räume abwechselnd - putzen. Weiter schließt es eine Wirtschaftsgemeinschaft nicht aus, dass sich alle im Haushalt befindlichen Gegenstände dem Eigentum nach einem der Bewohner zuordnen lassen und kein Miteigentum besteht. Denn auch in nicht getrennt lebenden Ehen ist in Zeiten des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft, bei dem die Vermögensmassen der Eheleute vom Grundsatz her getrennt bleiben, an sehr vielen Haushaltsgegenständen kein gemeinsames Eigentum gegeben. Auch dass der Antragsteller und die Zeugin unstreitig über getrennte Girokonten verfügen, über die sie sich gegenseitig auch keine Zugriffsrechte eingeräumt haben, steht wegen dieser auch im Bereich der Ehe verbreiteten Gestaltung der Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht entgegen.

Zugleich bestehen aber auch gewichtige objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft, die entweder für sich genommen deren Vorliegen wahrscheinlich machen, wenn man dem vorstehend dargestellten Vortrag des Antragstellers und der Zeugin U1 nur eingeschränkte Glaubhaftigkeit zuspricht, oder jedenfalls bei der Gesamtbetrachtung aller Umstände für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft sprechen:

Nach der Aussage der Zeugin U1 zahlt sie für die Wohnung 775 EUR monatlich einschließlich eines Stellplatzes und erhält dafür vom Antragsteller nur 350 EUR, also 37,50 EUR weniger als die rechnerische Hälfte dieses Betrages, obwohl er mit der Stellplatznutzung in weitergehendem Umfang als sie vom Mietobjekt profitiert. Diesem Gesichtspunkt kann hier im Ergebnis kein Gewicht zukommen, weil die Höhe der geschuldeten Miete und des Mietanteils des Antragstellers – wie oben bereits angesprochen – zu klären wäre. Verhält es sich aber tatsächlich so, so wäre dies eine Rücksichtnahme auf die schlechteren Einkommensverhältnisse des Antragstellers bei der Verteilung der Mietkosten, die für Paarbeziehungen typisch, bei reinen Wohngemeinschaften hingegen eher selten sein dürfte. Der Aspekt, dass der Antragsteller von der Stellplatznutzung allein profitiert, würde jedoch dann seine Bedeutung verlieren, wenn man davon ausginge, dass die Zeugin U1 den PKW E2-FZ 000 des Antragstellers letztlich als ihr gemeinsames Auto ansehen würde, von dem sie bei gemeinsamen Großeinkäufen u.ä. auch profitiert. Auf diese Umstände stellt das Gericht wegen der verbleibenden Unklarheiten jedoch nicht ab.

Eine jedenfalls feststehende verschiedene Belastung durch - im Weiteren Sinne – Kosten des gemeinsamen Wohnens liegt darin, dass der Antragsteller die Telefonkosten (Flatrate bei dem Anbieter B1 für Telefon und DSL-Internetnutzung für 57 EUR monatlich zuzüglich Verbindungsgebühren für Sondernummern, Ausland und Mobilfunknetze, regelmäßig insgesamt 60 – 65 EUR monatlich) trägt, die Zeugin U1 hingegen die Vorauszahlung an die Stadtwerke E1 in Höhe von 130 EUR monatlich übernimmt. Für diese kostenmäßige "Großzügigkeit" ist neben der inneren Verbindung zwischen ihnen kein Grund ersichtlich, insbesondere da beide als Grund für das gemeinsame Wohnen zentral neben der gemeinsamen Alkoholerkrankung die Kostenersparnis anführen. Bedenkt man, dass die frühere Miete der Zeugin nach Angabe des Antragstellers zwischen 400 und 450 EUR lag und sie jetzt nach ihrer Aussage 425 EUR zahlt (775 EUR abzüglich 350 EUR vom Antragsteller), so liegt die daraus folgende Mietersparnis bereits unter dem Betrag, auf den die Zeugin durch die Übernahme der Strom-Vorauszahlung und Ausgleich durch die Begleichung der Telefonkosten durch den Antragsteller letztlich verzichtet. Ein solches Verhalten zieht natürlich nicht zwingend den Schluss auf eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nach sich und mag auch in Wohngemeinschaften vorkommen, spricht jedoch für eine Wirtschaftsgemeinschaft, die nicht genau nach- und aufrechnet.

Jedenfalls haben der Antragsteller und die Zeugin mit der gemeinsamen Anmietung der Wohnung V Straße 00 eine gemeinsame Schuldverpflichtung übernommen, die wegen ihrer Stellung als Gesamtschuldner für alle aus dem Mietvertrag folgenden Verpflichtungen eine wirtschaftliche Verflechtung der beiden begründet und Vertrauen zueinander voraussetzt. Jeder von ihnen haftet insofern hinsichtlich dieses Mietverhältnisses für die finanzielle Leistungsfähigkeit sowie auch für andere Vertragsverletzungen des jeweils anderen. Es ist dem Antragsteller zuzugeben, dass Vermieter die Aufnahme beider Bewohner aus Gründen höherer Sicherheit für den Vermieter wünschen oder verlangen und deshalb auch bei unstreitig "lockeren" Wohngemeinschaften ohne innere Bindungen diese Vertragsgestaltung gewählt werden mag. Liegt sie jedoch vor, so stellt sie ein Indiz für eine Wirtschaftsgemeinschaft dar, die – nicht allein, sondern nur in Zusammenschau mit vielen anderen Gesichtspunkten – auch für eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft sprechen kann.

Weiter verfügten der Antragsteller und die Zeugin U1 nach ihren übereinstimmenden Angaben bei Bezug der ersten gemeinsamen Wohnung Gstraße 0 in E1 noch jeder für sich über eine eigene Haftpflichtversicherung. Die Haftpflichtversicherung des Antragstellers hat dieser dann jedoch auf Vorschlag des sie nunmehr beide betreuenden Versicherungsvertreters der W Versicherungs-AG bei einem Beratungstermin sowohl mit dem Antragsteller als auch mit der Zeugin in der gemeinsamen Wohnung gekündigt und wurde sowohl in den Schutz der von der Zeugin U1 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung und auch in den denjenigen ihrer Hausratversicherung bei der W Versicherung aufgenommen. Abgesehen davon, dass diese Form der Erstreckung des Versicherungsschutzes auf eine weitere erwachsene Person nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf – untechnisch gesprochen – "Lebensgefährten", die zusammen wohnen, beschränkt sein dürfte, haben die beiden auch insofern eine rechtliche und wirtschaftliche Verbindung begründet, die natürlich jederzeit aufzulösen ist, aber dann für beide neue Dispositionen nach einer Auflösung der Wohngemeinschaft bedeutet, gegebenenfalls zusätzliche Kosten nach sich zieht und die Hürde für eine Trennung der Wohngemeinschaft erhöht. Zugleich dürfte es nach Einschätzung des Gerichts unter Bewohnern einer Wohngemeinschaft sehr selten sein, dass die jeweiligen Versicherungen "zusammengelegt" oder anderweitig abgestimmt werden.

Im Zusammenhang mit diesen bei der W Versicherung bestehenden Verträgen steht weiterhin, dass der Antragsteller und die Zeugin übereinstimmend angegeben haben, sich gegenseitig – angeblich auf Vorschlag des sie gemeinsam beratenden Versicherungsvertreters – als Begünstigte im Todesfall bei ihren jeweiligen bei der W Versicherung abgeschlossenen privaten Rentenversicherungen (für den Antragsteller "SingleRente" mit Altersrentenversicherung sowie Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, Versicherungsschein-Nr. S 0000000.0, vgl. Beiakte 1, Bl. 47 ff.). Im Todesfall des Antragstellers nach dem Rentenbeginn (01.02.2031) erhielte die Zeugin z. B. eine einmalige Kapitalabfindung von 12.338,52 EUR und im Todesfall vor Rentenbeginn die Summe der gezahlten Beiträge ausgezahlt. Hiermit haben der Antragsteller und die Zeugin füreinander gegenseitig Verantwortung übernommen, indem sie sich gegenseitige Absicherung für den Fall des Ablebens verschafft haben. Eine solche Vorgehensweise ist auch unter Eheleuten verbreitet und ist letztlich – auf andere Weise – eine Weitergabe von Vermögen an eine nahestehende Person. Dass dies nach den Angaben des Antragstellers und der Zeugin U1 dazu dient, den überlebenden Bewohner ihrer Wohngemeinschaft abzusichern, von den Kosten der Abwicklung des Todesfalls in Bezug auf die gemeinsame Wohnung und auch des Umzugs des Überlebenden in eine andere Wohnung freizustellen und wohl auch die Kosten der Bestattung des Verstorbenen zu tragen, steht dem nicht entgegen. Denn diese und ähnliche Zwecke sind es auch, die Eheleute in gleicher Weise dazu bewegen, sich bei kapitalbildenden Versicherungen (Lebens-, Rentenversicherungen u.ä.) als Todesfallbegünstigte einzusetzen oder sich anderweitig Vermögen (durch Testament oder Vermächtnis) zu übertragen. Im Bereich typischer Wohngemeinschaften dürfte eine solche Vorgehensweise kaum anzutreffen sein. Dieser Aspekt zeigt zugleich, dass nicht nur die Zeugin U1 bereit ist, für den Antragsteller Verantwortung zu übernehmen und für ihn einzustehen, sondern dass es sich um eine beidseitige Bindung handelt, auch wenn der Antragsteller tatsächlich seit einiger Zeit der wirtschaftlich schwächere Teil ist, der (wirtschaftlich) mehr empfängt als er zu geben in der Lage ist.

Ein weiterer Aspekt der gemeinsamen Übernahme von Verpflichtungen, der sowohl Indiz für eine Wirtschaftsgemeinschaft als damit mittelbar auch für eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ist, zeigt sich darin, dass in Bezug auf die gemeinsamen Wohnungen nach Aussage des Antragstellers die Zeugin U1 allein die geforderten Mietsicherheiten sichergestellt hat. In Bezug auf die Wohnung Gstraße 0 hat sie die Mietkaution von zwei Monatsmieten allein aufgebracht (und bis heute wegen eines anhängigen Prozesses wohl nicht zurück erhalten) und in Bezug auf die aktuelle Wohnung hat sie dies durch eine Bankbürgschaft ihres Arbeitsgebers, des Bankhauses I U3 & C1, über einen Betrag von 1650 EUR sichergestellt. Sie hat somit allein eine Verpflichtung erfüllt, die nach dem typischen Innenverhältnis von Mitgliedern einer Wohngemeinschaft anteilig geschuldet sein dürfte. Der Grund lag wohl darin, dass der Antragsteller über die entsprechenden Mittel nicht verfügte. Sie ist demnach für ihn eingestanden, wo er es aus eigenen Kräften nicht vermochte, und hat ihm so zu einer Wohnung verholfen.

Weiter hat sie ihm – wenn auch nach den Angaben der Zeugin mit eher kleineren Beträgen – ausgeholfen, als er im Jahr 2003 bei der Gesellschaft für B2 (H1) seinen Arbeitsplatz als Lagerarbeiter verloren hatte, als wegen einer Verzögerung bei der Bewilligung und Auszahlung von Arbeitslosengeld durch das Arbeitsamt ein Zwischenzeitraum zu überbrücken war. Auch hierdurch ist sie ihm in einer Notlage beigesprungen.

Im Jahr 2004 hat sie ihm dann zu einem Zeitpunkt, als sein Girokonto überzogen gewesen sein soll und er Schulden im Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut hatte, mit einem Darlehen von 2000 EUR geholfen. Hierfür hat er ihr mit Erklärung vom 12.04.2004 sein Motorrad Yamaha DragStar mit dem polizeilichen Kennzeichen E2-DK 00 sicherungsübereignet, darf es jedoch auf eigene Kosten bis auf Weiteres nutzen. Dass für das Darlehen als solches hier eine schriftliche Vereinbarung anscheinend nicht getroffen wurde, mag unter engen Freunden oder Verwandten im privaten Bereich nicht unüblich sein. Es verdeutlicht jedoch die enge Beziehung und das Vertrauen, das hier zwischen dem Antragsteller und der Zeugin U1 schon im Jahr 2004 bestand. Sie hat ihm schon damals mit erheblichen finanziellen Mitteln in einem finanziellen Engpass geholfen, wobei im Hinblick auf die Schulden im privaten Umfeld die Notlage, die dies erforderlich machte, nicht nachvollzogen werden kann. Auch wenn solche Schulden natürlich unangenehm sind und die persönlichen Beziehungen belasten mögen, so ist nicht ersichtlich, wieso es besser ist, der Frau, mit der man die Wohnung teilt, Geld zu schulden.

Unter diesem Gesichtspunkt war das Darlehen, das sie ihm im Frühjahr 2006 für die Ablösung des Dispositionskredits auf seinem Girokonto bei der Mbank Nr. 00 00 000 000 gegeben hat, welches mit 3898,59 EUR im Soll stand, dringlicher, weil er hier nachvollziehbar eine Kontenpfändung seines Girokontos bei der Sparkasse E1, das er seit einiger Zeit unterhielt, vermeiden wollte, um seine Chancen bei Bewerbungen auf Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Auch zu diesem angeblichen Darlehen existiert keine schriftliche Vereinbarung, sodass sich die Annahme, dass tatsächlich eine Rückzahlungsverpflichtung besteht, nur auf die Angaben des Antragstellers und der Zeugin stützt.

Ihr Einsatz ihrer eigenen Mittel für diese Darlehen von 2000 EUR und knapp 4000 EUR ist hier vom Grad des Einstehens für den Antragsteller recht hoch zu bewerten, weil sie anscheinend zum einen nach der Aussage des Antragstellers grundsätzlich eigentlich kein Geld an Freunde oder Bekannte verleiht und er sie deshalb insbesondere mit dem Angebot der Sicherungsübereignung seines Motorrades dazu überreden musste, und sie zum anderen anscheinend nicht ohne weiteres über die liquiden Mittel verfügte, um Hilfen in diesem Umfang zu geben. Dies zeigt sich daran, dass die Zeugin angegeben hat, die für die Ablösung des Girokontos des Antragstellers erforderliche Summe als Darlehen aufgenommen zu haben, welches sie aktuell noch mit 157 EUR monatlich abzahle. Es ist kein Grund hierfür ersichtlich, als dass sie selbst nicht mehr über diesen Betrag aus ihrem Vermögen verfügen konnte. Die Begründung einer eigenen Darlehensverpflichtung, um die Schuld einer anderen Person abzulösen, erreicht bereits einen ausgesprochen hohen Grad an Einsatzbereitschaft, die sich das Gericht bei Eheleuten vorstellen kann und ansonsten nur bei Personen erwarten würde, die sich in einer Eheleuten vergleichbaren Weise verbunden fühlen.

Auch gegenwärtig zeigt die Zeugin, indem sie die volle Miete an die Vermieterin überweist, obwohl der Antragsteller ihr seinen Anteil nicht oder nicht vollständig zahlt, dass sie bereit ist, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Antragsteller in den Not- und Wechselfällen des Lebens einzuspringen, wobei auch hier eine schriftliche Vereinbarung über die Schuld nicht vorliegt.

Bei all diesen – angeblichen - Darlehen der Zeugin U1 ist, wenn man den Charakter als Darlehen im Grundsatz annehmen wollte, in keiner Weise vorgetragen, dass ein regelmäßiger Modus der Rückzahlung bestünde. Dies dürfte selbst unter Freunden, die aufgrund bestehenden Vertrauens und nicht-förmlicher persönlicher Prägung auf schriftliche Abreden verzichten, ein wesentlicher Punkt sein. Auch wenn die Zeugin ausgesagt hat, die Schulden aus 2003 und 2004 (2000 EUR + X) seien vom Antragsteller vollständig zurückgezahlt worden, so hat das Gericht hieran starke Zweifel. Die durchgängigen und von keinem Zweifel getragenen Aussagen des Antragstellers im Gerichtsverfahren gehen dahin, dass auf die Beträge von 2000 EUR und fast 4000 EUR noch überhaupt nichts zurückgezahlt worden sei. Dies steht auch in Übereinstimmung mit den vorliegenden Kontoauszügen des Antragstellers, denen sich keine Zahlungen an die Zeugin entnehmen lassen. Den hiervon abweichenden Aussagen der Zeugin wird in diesem Punkt geringere Überzeugungskraft beigemessen, weil sie zum einen aufgrund ihrer stark nervösen und hoch angespannten Verfassung in der Aussagesituation der Beweisaufnahme ("sehr aufgeregt bin und ziemlich neben mir stehe. Ich könnte mich eigentlich in die Ecke setzen und heulen.") eventuell von der Auffassungsgabe und ihrem Erinnerungsvermögen her eingeschränkt war. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie ihre Aussage dem angepasst hat, was aus ihrer Sicht einen Leistungsanspruch des Antragstellers möglich machen sollte. So hat sie ihre finanzielle Unterstützung für den Antragsteller zunächst heruntergespielt ("nur kleinere Beträge für Lebensmittel oder mal Eier oder mal hier 100 EUR oder mal da 100 EUR") und erst auf Vorhalt das Darlehen von 2000 EUR im Jahr 2004 eingeräumt. Obwohl sie bei dieser Gelegenheit sehr nachdrücklich gefragt wurde, ob es weitere Hilfen über die genannten und die aktuellen Mietzahlungen gebe, die sie bisher nicht erwähnt hatte, hat sie solche zu diesem Zeitpunkt vehement abgestritten. Erst zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf ihrer Aussage hat sie auf eindeutigen Vorhalt zugegeben, dass weitere fast 4000 EUR im Mai 2006 geliehen wurden. Sie suchte es mit ihrer psychischen Verfassung zu erklären, dass sie dies zuvor nicht sagte. Dass sie selbst ein Darlehen zur Rückzahlung dieses Betrages aufnehmen musste, berichtete sie in diesem Aussagezusammenhang nicht, sondern erwähnte dies erst beiläufig am Ende ihrer Aussage. Dieses Aussageverhalten vermag das Gericht kaum auf Nervosität, Anspannung und sonstige Aufgeregtheit zurückzuführen. Es spricht vielmehr mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für eine ergebnisorientierte Aussage, die dem Antragsteller und damit mittelbar auch der Zeugin zu Sozialleistungen verhelfen sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller im Umgang mit modernen Recherchemöglichkeiten im Internet vertraut ist und im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren regelmäßig einschlägige Rechtsprechung (relativ zutreffend) zitiert und zu den Akten gereicht hat. Deshalb ist davon auszugehen, dass er über die Voraussetzungen der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft hinreichend informiert in den Erörterungstermin ging und auch die Zeugin darüber in Kenntnis setzte. Dies ist bei der Würdigung sämtlicher Aussagen des Antragstellers und der Zeugin U1 zu berücksichtigen, wenn es auf die Glaubhaftigkeit ankommt. Weil der Antragsteller die Umstände in Zusammenhang mit den Darlehen jedenfalls letztlich ohne die in Bezug auf die Zeugin beschriebenen Umstände angegeben hat, ist seiner Aussage, es sei im Wesentlichen noch nichts zurückgezahlt, mehr Glauben zu schenken.

Wenn man aber davon ausgeht, dass der Antragsteller der Zeugin diese Beträge von knapp 6000 EUR immer noch schuldet, so stellt es ein großes Entgegenkommen von ihrer Seite dar, dass sie seit langer Zeit anscheinend nicht auf Rückzahlung drängt. Es ist in diesem Zusammenhang wieder so, wie oben schon in Bezug das Darlehen von 2000 EUR beschrieben, dass der Antragsteller Geld von der Zeugin als angebliches Darlehen erhält und nicht zurückzahlt, weil anscheinend andere Verpflichtungen wichtiger erscheinen. Dass die Zeugin hier ihm gegenüber nicht nachdrücklicher die Rückführung der Schulden verlangt, weist auf eine hohe innere Verbundenheit hin, gegebenenfalls darauf, dass tatsächlich überhaupt keine Rückzahlung geschuldet wird. Jedenfalls ist die Zeugin U1 anscheinend damit einverstanden, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung ihr gegenüber die geringste Priorität bei den Verpflichtungen des Antragstellers aufweist. Denn immerhin bediente der Antragsteller bis in das Frühjahr 2006 hinein den Kredit bei der Obank mit einer Rate von etwa 400 EUR monatlich, die dann nach Kündigung des Kredits auf etwa 200 EUR monatlich umgestellt wurde, die er immerhin bis November 2006 gezahlt hat. Sodann tilgt er Gerichtskosten bei der H E1 mit 50 EUR monatlich, unterhält neben seinem PKW noch das Motorrad Yamaha DragStar E2-DK 00 mit den entsprechenden Kosten für Kfz-Versicherung und Steuer und zahlt weiter auf die W-Rentenversicherung sowie dort auch auf eine Unfallversicherung ein (neben einer Vielzahl von den Kontoauszügen zum Sparkassen-Girokonto zu entnehmenden Ebay-Käufen im Jahr 2006). Alldem ist nur zu entnehmen, dass die Zeugin U1 sich anscheinend damit abgefunden zu haben scheint bzw. damit einverstanden ist, dass sie ihr Geld vom Antragsteller in absehbarer Zeit nicht zurückerhalten wird.

Den dargestellten Umständen lässt sich eindrücklich entnehmen, dass die Zeugin U1 dem Antragsteller in den letzten Jahren – und auch jetzt in Bezug auf die Miete - bei finanziellen Schwierigkeiten beigesprungen ist. Dies verdeutlicht einen ziemlich hohen Grad des Für-den-Partner-Einstehens, wie er sich mangels objektiver Anhaltspunkte hierfür in Verfahren der vorliegenden Art relativ selten feststellen lässt.

Zu der Beziehung der beiden im Übrigen ist nach der Gesamtheit ihrer Aussagen festzustellen, dass sie sich unstreitig seit etwa acht Jahren kennen, sich in der gemeinsamen Zeit in der Selbsthilfegruppe beim L1 e.V., Ortsverband E1, von Anfang durch die Natur dieser Alkoholiker-Selbsthilfegruppe, in der mit großer Offenheit von sehr persönlichen Dingen gesprochen wird, schnell sehr nahe gekommen sind. Aus Sicht der Zeugin U1 hat sie besonderes Vertrauen zum Antragsteller entwickelt, weil damals in kurzer Folge ihre Eltern gestorben sind und er ihr mehr noch als die übrigen Gruppenmitglieder mit seelischer Unterstützung zur Seite gestanden hat. Die gemeinsame Erfahrung der Alkoholerkrankung stellte von Anfang an eine Verbindung zwischen den beiden her, die sich derart vertiefte, dass sie sich entschlossen, auf der Grundlage dieser Freundschaft gemeinsam eine Wohnung zu beziehen, um Kosten zu sparen, eine alkoholfreie Zone zu schaffen und sich gegenseitig im Kampf gegen einen Rückfall ins Trinken zu unterstützen. Sie wohnen seit ca. vier Jahren zusammen, wobei sie von der Wohnung Gstraße 0 innerhalb von E1 in die Wohnung V Straße 00 umzogen. Diese Dauer des gemeinsamen Wohnens ist zwar noch nicht besonders lang, als kurz ist sie jedoch auch nicht mehr zu bezeichnen. Der Umstand, dass ein gemeinsamer Umzug erfolgte, zeigt auf jeden Fall eine recht hohe Stabilität der jedenfalls freundschaftlichen Beziehung der beiden, da die psychologische Hürde für eine Auflösung der gemeinsamen Wohnung wegen der damit typischerweise verbundenen Unannehmlichkeiten und Kosten in diesem Moment entfällt. Wenn das gemeinsame Wohnen nicht weiter reizvoll erschienen wäre, wäre dies ein geeigneter Moment gewesen, sich unproblematisch aus der Wohngemeinschaft zu verabschieden. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Anscheinend und in Übereinstimmung mit ihren Angaben klappt das Zusammenwohnen ohne größere Auseinandersetzungen.

Auch wenn der Antragsteller und die Zeugin U1 eine geschlechtliche oder eine Liebesbeziehung nie gehabt haben wollen, so besteht zwischen ihnen eine sehr enge persönliche Bindung. Für beide gehört der jeweils andere zu den zwei wichtigsten und ihnen nahestehendsten Personen. Der Antragsteller hat daneben noch seinen "alten Freund aus den gemeinsamen wilden Jahren" in L2 und die Zeugin hat noch eine sehr enge Freundin. Diese anderen sehr engen Freunde sind jedoch in der Gegenwart nicht so nah und präsent, wie die enge Beziehung zwischen dem Antragsteller und der Zeugin. Den Antragsteller verbindet mit seinem Freund in L2 mehr die Vergangenheit, wobei in der Gegenwart die geführten Lebensstile verschieden sind (der Freund "mit Familie und Kindern"). Bei der engen Freundin der Zeugin U1 ist es so, dass die Freundin jetzt nicht immer Zeit für sie hat, da sie "ihren Mann und eigene Sorgen" hat. Letztlich spricht viel dafür, dass angesichts fehlender enger Bindungen im familiären Bereich und der beschriebenen Beziehungen zu jeweils einem engen Freund/Freundin der Antragsteller und die Zeugin U1 füreinander die engsten Bezugs- und Vertrauenspersonen sind, da sie immerhin jetzt schon seit vier Jahren zusammenwohnen und dies jede Beziehung – ob freundschaftlich oder wie auch immer geartet – stark beeinflusst und intensiviert (wenn es nicht zu Auseinandersetzungen und Auflösung der Gemeinschaft kommt). Zugleich legen beide sehr viel Wert auf die Hilfe und Unterstützung, die der andere ihnen mit seiner Kenntnis der Alkoholkrankheit und seiner freundschaftlichen Verbundenheit sowie dem gemeinsamen Bestreben um langfristige Alkoholabstinenz bietet. Sie geben sich gegenseitig Sicherheit, hören sich zu und können immer beieinander "anklopfen". Alle diese Umstände sind solche, die bei einer Paarbeziehung auch zum Tragen kommen: Einander zuhören, gemeinsame Erfahrungen und Erinnerungen, gemeinsame Interessen, einander Sicherheit, Hilfe und Halt geben, füreinander da sein und einander verstehen. Insofern leben der Antragsteller und die Zeugin U1 wie ein Ehepaar, das die Lust am Geschlechtlichen verloren hat und gegebenenfalls verschiedene Interessen hat ("der eine schaut fern und löst Kreuzworträtsel, der andere sitzt am Computer und hört Musik"). Eine solche Situation soll in ehelichen Gemeinschaften nicht selten sein. Viele langjährige Partnerschaftsbeziehungen entwickeln sich in diese Richtung, so dass das sich bietende Bild nicht untypisch erscheint.

Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die Wohngemeinschaft, als die die Antragsteller einmal begonnen haben mögen, sich jedenfalls zu einer Lebensgemeinschaft entwickelt hat, in der der Antragsteller und die Zeugin U1 füreinander die wichtigsten Bezugspersonen darstellen. Dies schlägt sich dann darin nieder, dass sie sich gegenseitig als Begünstigte für den Todesfall in ihren Versicherungen aufnehmen, dass nur noch jeweils eine gemeinsame Haftpflicht- und Hausratversicherung besteht, dass sie gegenüber der Vermieterin ihrer Wohnung, bzw. dem Makler ohne weiteres als Paar auftreten und selbstverständlich gemeinsam den Mietvertrag unterzeichnen. In dieses Bild fügt es sich weiter nahtlos ein, dass ein Versicherungsvertreter für beide zusammen zuständig ist und mit ihnen in ihrer Wohnung gemeinsame Beratungsgespräche führt, wie es auch mit Eheleuten häufig der Fall ist. Dass die Zeugin ihre finanziellen Möglichkeiten für den Antragsteller einsetzt, wie sie es vermag, passt ebenfalls in dieses Bild. Die Nähe geht so weit, dass sie gegenseitig davon ausgehen, der andere werde im Fall des eigenen Ablebens für alles Erforderliche sorgen und dies schon richtig machen.

Diese Umstände werden ergänzt durch den Umstand, dass nach ihren Aussagen sowohl der Antragsteller als auch die Zeugin U1 in der Zeit ihres gemeinsamen Wohnens keine nennenswerten geschlechtlichen oder sonstigen partnerschaftlichen Beziehungen geführt haben. Dies mag mit mangelnder Gelegenheit, mangelnder Lust, schlechten Erfahrungen oder Enttäuschungen zusammenhängen; es kann auch darauf hinweisen, dass die enge Beziehung zwischen ihnen so etwas nicht zulässt, bzw. dafür keinen Raum oder auch kein Bedürfnis mehr lässt. Es ist insofern schon bezeichnend, wenn die Zeugin auf die Frage, was wäre, wenn der Antragsteller eine feste Freundin hätte, aussagte, auch wenn diese nicht bei ihnen in der Wohnung einziehen sondern nur regelmäßig zu Besuch kommen würde, wäre ihr das bei genauer Überlegung auch nicht recht, und hinzufügte, sie ginge davon aus, dass dann, wenn sie oder der Antragsteller jemand neues kennenlernen würden, die Wohnung aufgelöst werden müsste.

Die Bedeutung des gemeinsamen Wohnens und der gegenseitigen Unterstützung im Sinne des hier gefundenen Ergebnisses hat der Antragsteller in einem Telefonat mit dem Vorsitzenden am 22.02.2007 noch einmal verdeutlicht, indem er die Frage, ob ein Auseinanderziehen nicht konkret ins Auge gefasst werden solle, wenn eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft wie vorgetragen tatsächlich nicht vorliege, verneint hat. Dies hat er damit begründet, dass auch die Zeugin U1, obwohl sie schon einmal nach Wohnungen für sich allein geschaut habe, die Wohngemeinschaft aufrecht erhalten wolle, wenn aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung wieder Leistungen bewilligt würden; er selbst habe Zukunftsängste, wenn er sich vorstelle, er müsse ohne die Unterstützung von Frau U1 leben.

Alldem entnimmt das Gericht letztlich mit hoher und deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II. Ob an den Aussagen des Antragstellers und der Zeugin zu ihren Wohnverhältnissen, der Nutzung der Räume, gemeinsamem Kochen, Essen und Einkaufen ernsthafte Zweifel bestehen, kann im Hinblick hierauf im Ergebnis dahinstehen.

Es sei gleichwohl erwähnt, dass das Gericht nicht nachvollziehen kann, dass der Antragsteller in einer Wohnung, die neben Küche, Diele und Bad über drei Wohnräume verfügt, nur das kleinste (mit ca. 9 qm) zu seiner persönlichen Verfügung hat, obwohl er das etwas 25 qm große Wohnzimmer nach seiner eigenen Aussage kaum nutzt. Würden er und die Zeugin jeweils die beiden größten Wohnräume unter sich zur ausschließlichen Nutzung aufteilen, hätte er wohl auch sein selbst gebautes Hochbett aus der alten Wohnung mitnehmen können und könnte eventuell auch seinen großen Fernseher und seine große Musikanlage im eigenen Zimmer unterbringen. Wieso er nach seinem Vortrag dauerhaft auf einem Feldbett mit Stoffbespannung ohne Matratze schläft, kann das Gericht sich nicht erklären. Bisher ungeklärt sind auch den Kontoauszügen des Girokontos des Antragstellers bei der Sparkasse zu entnehmende Kontobelastungen, die eventuell für Heilbehandlungen der Katzen der Zeugin erfolgt sein könnten (am 21.06.2006 Kartenzahlung von 95,77 EUR an die Tierklinik L3, und am 05.07.2006 Lastschrifteinzug von 80,11 EUR an "C2", eventuell ein Tierarzt).

Bei alledem verbleiben in der Natur einer streitigen Entscheidung über das Vorliegen einer von den betroffenen Personen in Abrede gestellten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft liegende Zweifel. Diese erreichen jedoch nicht das Maß, aufgrund dessen zugunsten des Antragstellers eine vorläufige Leistungsgewährung auf der Grundlage einer Folgenabwägung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich oder geboten wäre. Hierbei hat das Gericht diese Möglichkeit eingehend erwogen und dabei auch die Alkoholerkrankung des Antragstellers und der Zeugin U1 berücksichtigt. Die Gefährdung ihrer Alkoholabstinenz durch die Belastungen durch das Verfahren, diese Entscheidung und die Konsequenzen, die sich für sie daraus ergeben, ist dem Gericht wohl bewusst. Es hofft jedoch, dass der Antragsteller und die Zeugin diese Herausforderung meistern.

Wenn der Antragsteller und Frau U1 diese Entscheidung akzeptieren, sollten sie bei der Antragsgegnerin klären lassen, ob ihnen auch bei Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen der Zeugin U1 ein Anspruch – gegebenenfalls nur für die Krankenversicherung des Antragstellers – zusteht. Bleiben sie bei ihrem Standpunkt, ihre Beziehung sei nicht so geartet, dass von der Zeugin ein finanzielles Einstehen für den Antragsteller auf Dauer erwartet werden könne, so haben sie es – neben der Überprüfung dieser Entscheidung durch die 2. Instanz – in der Hand, eine Klärung der Verhältnisse herbeizuführen, die jedenfalls in der Auflösung der Haushaltsgemeinschaft liegen kann. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, wie schon zuvor vom Gericht angeregt, für die Zeit eines eventuellen Beschwerdeverfahrens oder einer Auflösung der vermeintlichen Gemeinschaft einen gemeinsamen Antrag bei der Antragsgegnerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen, der nicht als Eingeständnis einer solchen Gemeinschaft und auch nicht als entsprechendes Indiz gewertet werden darf. Wollen der Antragsteller und Frau U1 ohne eine Auflösung der gemeinsamen Wohnung versuchen, gegenüber der Antragsgegnerin darzulegen, dass sie nicht in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft leben, sollten sie mit der Antragsgegnerin abstimmen, welche Nachweise oder Vorkehrungen diese insofern als Indizien eines "Getrenntlebens in derselben Wohnung", welches im Familienrecht für Eheleute möglich ist, zu akzeptieren bereit ist. Die klarste Lösung liegt insofern jedoch ohne Zweifel in einer Auflösung der gemeinsamen Wohnung.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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