Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 9102/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 1138/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2006 (S 37 AS 9102/06 ER) aufgehoben. Außergerichtliche Kosten sind dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller befindet sich seit 21. März 2006 zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in Strafhaft. Seit dem 23. August 2006 ist er im offenen Vollzug. Im Jahr 2007 soll eine Freigangsprüfung erfolgen.
In der Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin vom 23. Januar 2006 ist eine Weiterbildungsmaßnahme mit dem Ziel der Fortbildung zum Fitnessfachmann in der Zeit vom 16. Februar 2006 bis 15. Februar 2007 bei der BSA Akademie vorgesehen. Es handelt sich um ein Fernstudium mit Präsenzphasen wie z.B. bei Prüfungen. In einer Bescheinigung vom 26. Oktober 2006 wird ihm die Teilnahme an der Präsenzphase zum Fernlehrgang Ernährungstrainer bestätigt.
Durch Bescheid vom 28. September 2006 hat die Antragsgegnerin einen Antrag des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Bezug nehmend auf § 7 Abs. 4 SGB II abgelehnt, da er sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinde. Dagegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt.
Am 06. Oktober 2006 hat er beim Sozialgericht (SG) beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, umgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01. Oktober 2006 zu bewilligen und zu zahlen. In der Begründung seines Antrags hat er auf seine Unterbringung im offenen Vollzug hingewiesen.
Durch Beschluss vom 06. Oktober 2006 hat das SG Berlin zum Geschäftszeichen S 37 AS 9102/06 ER den Antragsgegner gemäß § 86 b Abs.2 SGG verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007 Leistungen nach dem SGB II, insbesondere die Weiterförderung der Bildungsmaßnahme, zu erbringen. In den Gründen der Entscheidung wurde zugrunde gelegt, der Antragsteller befinde sich als Freigänger im offenen Strafvollzug. Mit dem am 24. Oktober 2006 beim SG Berlin eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller darauf hingewiesen, es liege ein Missverständnis vor. Er sei momentan noch kein Freigänger.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 hat das SG den Beschluss vom 06. Oktober 2006 aufgehoben und den Antrag auf einstweilige Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch im Rahmen eines Vornahmebeschlusses nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) habe das Gericht die Befugnis, seine Entscheidung einer geänderten Sachlage analog § 86 b Abs. 1 Satz 4 SGG anzupassen. Eine solche Situation liege hier vor. Ansprüche nach dem SGB II bestünden derzeit nicht. Ausweislich einer Mitteilung der Anstaltsleitung befinde sich der Antragsteller noch in der Vollzugsplanung. Bislang sei lediglich die Eignung für einzelne strukturierte Ausgänge festgestellt worden. Gemessen an den Voraussetzungen des § 119 SGB III sei ihm der Zugang zum Arbeitsmarkt aktuell versperrt. Solange keine Vollzugslockerung zur ungehinderten Teilnahme bzw. Fortsetzung der Ausbildung bestehe, greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II ein.
Gegen den dem Antragsteller am 28. Oktober 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22. November 2006 beim SG Berlin eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, nach dem Gesetzeswortlaut hänge sein Anspruch davon ab, ob tatsächlich mindestens 15 Stunden wöchentlich gearbeitet würden. Insoweit sei sein Anspruch begründet, da er sich in einer Vollzeitmaßnahme des Jobcenters befunden habe. Die erfolgreiche Beendigung seiner Ausbildung stünde jetzt ernsthaft auf dem Spiel. Die Anstaltsleitung habe die Zulassung zum Freigang durch die ungeklärte Rechts- bzw. Finanzierungssituation seines Lebensunterhaltes auf Mitte Januar 2007 zurückgestellt.
Dem Vorbringen des Antragstellers ist der Antrag zu entnehmen,
den Beschluss vom 23. Oktober 2006 aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtenen Bescheide.
Das SG holte eine Auskunft von der JVA Heiligensee ein, wonach der Vollzugsplan vom 26. Oktober 2006 verändert gelte. Die Prüfung des Freigangs erfolge erst Mitte Januar 2007.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten, die dem Senat vorgelegen haben.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung vom 23. Oktober 2006 ist aufzuheben.
Das Gericht war nicht befugt, von Amts wegen den Beschluss vom 06. Oktober 2006 aufzuheben. Eine Änderung von Amts wegen ist nicht statthaft. Für die erfolgte Änderung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Nachdem der Beschluss vom 06. Oktober 2006 den Beteiligten zugestellt worden war, konnte das SG ihn nicht mehr frei ändern. Der Beschluss konnte grundsätzlich nur im Rahmen des vorgesehenen Rechtsmittels - hier aufgrund einer Beschwerde - geändert werden.
Die Änderung eines nach § 86 b Abs.2 SGG ergangenen Beschlusses außerhalb des Beschwerdeverfahrens ist nur bei Eintritt einer Änderung in den Umständen auf Antrag diskutierbar.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 4 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Eine Änderung von Beschlüssen nach Maßgabe dieser Vorschrift von Amts wegen wird dann diskutiert, wenn die Rechtslage nunmehr anders beurteilt wird oder die Interessenabwägung korrekturbedürftig sei (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rz. 20).
Die Änderung eines Beschlusses, der - wie im vorliegenden Fall- unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 SGG ergangen ist, wird ohne Eintritt von veränderten Umständen nicht für zulässig erachtet (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rz. 45). Auch bedarf die darauf gegründete Änderung eines Antrags (Lüdtke/Binder , SGG, Handkommentar, 2.Auflage § 86 b Rdz.50).
Hier liegt weder ein Änderungsantrag noch eine Änderung von Umständen vor: Das SG hat zwar seiner Entscheidung vom 06. Oktober 2006 zugrunde gelegt, der Antragsteller sei Freigänger, aber der Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Freigänger, auch hatte er dies nicht vorgetragen. Er hatte lediglich in seiner Antragsbegründung auf den offenen Vollzug hingewiesen.
Soweit das SG Berlin im Beschluss vom 23. Oktober 2006 eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen hat, ergibt sich hieraus keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Änderung durch das SG. Auch das LSG Berlin hat im Beschluss vom 10. Juli 2002 L 15 B 39/02 KR ER – abgedruckt in NZS 2002, S. 670 f. ausgeführt, dass das Gericht ohne Vorliegen eines Änderungsantrags von Amts wegen eine Überprüfung einer vorangegangenen rechtskräftigen Entscheidung nicht vorzunehmen habe.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Der Antragsteller befindet sich seit 21. März 2006 zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in Strafhaft. Seit dem 23. August 2006 ist er im offenen Vollzug. Im Jahr 2007 soll eine Freigangsprüfung erfolgen.
In der Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin vom 23. Januar 2006 ist eine Weiterbildungsmaßnahme mit dem Ziel der Fortbildung zum Fitnessfachmann in der Zeit vom 16. Februar 2006 bis 15. Februar 2007 bei der BSA Akademie vorgesehen. Es handelt sich um ein Fernstudium mit Präsenzphasen wie z.B. bei Prüfungen. In einer Bescheinigung vom 26. Oktober 2006 wird ihm die Teilnahme an der Präsenzphase zum Fernlehrgang Ernährungstrainer bestätigt.
Durch Bescheid vom 28. September 2006 hat die Antragsgegnerin einen Antrag des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Bezug nehmend auf § 7 Abs. 4 SGB II abgelehnt, da er sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinde. Dagegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt.
Am 06. Oktober 2006 hat er beim Sozialgericht (SG) beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, umgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01. Oktober 2006 zu bewilligen und zu zahlen. In der Begründung seines Antrags hat er auf seine Unterbringung im offenen Vollzug hingewiesen.
Durch Beschluss vom 06. Oktober 2006 hat das SG Berlin zum Geschäftszeichen S 37 AS 9102/06 ER den Antragsgegner gemäß § 86 b Abs.2 SGG verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007 Leistungen nach dem SGB II, insbesondere die Weiterförderung der Bildungsmaßnahme, zu erbringen. In den Gründen der Entscheidung wurde zugrunde gelegt, der Antragsteller befinde sich als Freigänger im offenen Strafvollzug. Mit dem am 24. Oktober 2006 beim SG Berlin eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller darauf hingewiesen, es liege ein Missverständnis vor. Er sei momentan noch kein Freigänger.
Mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 hat das SG den Beschluss vom 06. Oktober 2006 aufgehoben und den Antrag auf einstweilige Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch im Rahmen eines Vornahmebeschlusses nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) habe das Gericht die Befugnis, seine Entscheidung einer geänderten Sachlage analog § 86 b Abs. 1 Satz 4 SGG anzupassen. Eine solche Situation liege hier vor. Ansprüche nach dem SGB II bestünden derzeit nicht. Ausweislich einer Mitteilung der Anstaltsleitung befinde sich der Antragsteller noch in der Vollzugsplanung. Bislang sei lediglich die Eignung für einzelne strukturierte Ausgänge festgestellt worden. Gemessen an den Voraussetzungen des § 119 SGB III sei ihm der Zugang zum Arbeitsmarkt aktuell versperrt. Solange keine Vollzugslockerung zur ungehinderten Teilnahme bzw. Fortsetzung der Ausbildung bestehe, greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II ein.
Gegen den dem Antragsteller am 28. Oktober 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22. November 2006 beim SG Berlin eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, nach dem Gesetzeswortlaut hänge sein Anspruch davon ab, ob tatsächlich mindestens 15 Stunden wöchentlich gearbeitet würden. Insoweit sei sein Anspruch begründet, da er sich in einer Vollzeitmaßnahme des Jobcenters befunden habe. Die erfolgreiche Beendigung seiner Ausbildung stünde jetzt ernsthaft auf dem Spiel. Die Anstaltsleitung habe die Zulassung zum Freigang durch die ungeklärte Rechts- bzw. Finanzierungssituation seines Lebensunterhaltes auf Mitte Januar 2007 zurückgestellt.
Dem Vorbringen des Antragstellers ist der Antrag zu entnehmen,
den Beschluss vom 23. Oktober 2006 aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtenen Bescheide.
Das SG holte eine Auskunft von der JVA Heiligensee ein, wonach der Vollzugsplan vom 26. Oktober 2006 verändert gelte. Die Prüfung des Freigangs erfolge erst Mitte Januar 2007.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten, die dem Senat vorgelegen haben.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung vom 23. Oktober 2006 ist aufzuheben.
Das Gericht war nicht befugt, von Amts wegen den Beschluss vom 06. Oktober 2006 aufzuheben. Eine Änderung von Amts wegen ist nicht statthaft. Für die erfolgte Änderung fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Nachdem der Beschluss vom 06. Oktober 2006 den Beteiligten zugestellt worden war, konnte das SG ihn nicht mehr frei ändern. Der Beschluss konnte grundsätzlich nur im Rahmen des vorgesehenen Rechtsmittels - hier aufgrund einer Beschwerde - geändert werden.
Die Änderung eines nach § 86 b Abs.2 SGG ergangenen Beschlusses außerhalb des Beschwerdeverfahrens ist nur bei Eintritt einer Änderung in den Umständen auf Antrag diskutierbar.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 4 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Eine Änderung von Beschlüssen nach Maßgabe dieser Vorschrift von Amts wegen wird dann diskutiert, wenn die Rechtslage nunmehr anders beurteilt wird oder die Interessenabwägung korrekturbedürftig sei (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rz. 20).
Die Änderung eines Beschlusses, der - wie im vorliegenden Fall- unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 SGG ergangen ist, wird ohne Eintritt von veränderten Umständen nicht für zulässig erachtet (Meyer-Ladewig, a. a. O., Rz. 45). Auch bedarf die darauf gegründete Änderung eines Antrags (Lüdtke/Binder , SGG, Handkommentar, 2.Auflage § 86 b Rdz.50).
Hier liegt weder ein Änderungsantrag noch eine Änderung von Umständen vor: Das SG hat zwar seiner Entscheidung vom 06. Oktober 2006 zugrunde gelegt, der Antragsteller sei Freigänger, aber der Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Freigänger, auch hatte er dies nicht vorgetragen. Er hatte lediglich in seiner Antragsbegründung auf den offenen Vollzug hingewiesen.
Soweit das SG Berlin im Beschluss vom 23. Oktober 2006 eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen hat, ergibt sich hieraus keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Änderung durch das SG. Auch das LSG Berlin hat im Beschluss vom 10. Juli 2002 L 15 B 39/02 KR ER – abgedruckt in NZS 2002, S. 670 f. ausgeführt, dass das Gericht ohne Vorliegen eines Änderungsantrags von Amts wegen eine Überprüfung einer vorangegangenen rechtskräftigen Entscheidung nicht vorzunehmen habe.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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