Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5457/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 83/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine eventuell durch eine Latex-Allergie ausgelöste psychische Fehlverarbeitung mit der Ausbildung allergieähnlicher, aber nicht durch die Allergie selbst ausgelöster erheblicher Symptomatik, die eine Rückkehr in den Beruf nicht zulässt, begründet keinen Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit i.S. der Nr.5101 der Anlage zur BKV. Denn der Aufgabezwang muss durch die Hauterkrankung verursacht sein, hier steht aber eine psychische Erkrankung im Vordergrund.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Umstritten ist, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vorliegt.
Die am 1955 geborene Klägerin arbeitete ab 1974 mit Unterbrechungen bei verschiedenen Arbeitgebern als Arzthelferin, wobei sie mit Latexhandschuhen in Kontakt kam. Sie selbst benutzte ab 1992 nach eigenen Angaben (so am 9. Oktober 1997 und bei einer Untersuchung am 20. Dezember 2004) konsequent Vinyl-Handschuhe. Nach 1992 arbeitete sie als Arzthelferin (wobei es nach ihren Angaben auch zu Kontakt mit Latex-Handschuhen kam) von Dezember 1993 bis April 1995 bei Dr. B. (Abrechnungs- und Laborarbeiten in Allgemeinpraxis), von Juli 1995 bis Dezember 1996 bei Dr. H. (Telefondienst, Patienten-Annahme, Labortätigkeit, EKG usw.; gewisse Allergieneigung, aber ansonsten keine Erkrankung bekannt geworden) und von Januar bis Dezember 1997 befristet bei Dr. A. (Patientenannahme, Ausstellen von Rezepten, Telefondienst, EKG, Injektionen, Labor sowie Blutdruckmessung wobei nach Angaben der Klägerin auch durch das Blutdruckmessgerät Kontakt zu Latex bestand und sie nach Angaben des Arbeitgebers maximal 15 Minuten pro Woche bei Desinfektionsarbeiten mit Latex-Handschuhen arbeitete, die wie der Gummiball am Blutdruckmessgerät durch latexfreie Produkte ersetzbar seien und - laut Angaben im Verfahren wegen Atemproblemen - vorhanden waren). Von Juli bis November 1998 arbeitete sie bei einem Diabetesservice im Bürobereich (Sachbearbeitung), wobei sie nach eigenen Angaben Belastungen durch Pflanzen (Ficus Benjamini, Gummibaum) ausgesetzt war. Wiederum als Arzthelferin an der Rezeption arbeitete sie von November 1998 bis Januar 1999 bei Dr. B. (Anmeldung, Organisation) und hatte nach eigenen Angaben Kontakt zu Latex infolge Übertragung durch die Klimaanlage. Von April 1999 bis August 2000 arbeitete sie als Arzthelferin bei Dr. B. (Anmeldung, Archivarbeiten, nuklearmedizinische Untersuchungen; 13. bis 16. April, 9. bis 13. Juli und 15. Oktober bis 31. Dezember 1999 sowie ab 13. Januar 2000 arbeitsunfähig) und war nach ihren Angaben Belastungen durch Latexhandschuhe, Gummiwalzen im Drucker, den Abrieb des Gummiballs in der Computermaus und am Mauspad sowie durch eine Pflanze (Ficus Benjamini) ausgesetzt. Danach war die Klägerin arbeitslos. Vom 2. bis 25. April 2002 arbeitete sie in einer Augenarztpraxis, wobei trotz weitgehender Allergenfreiheit (keine Latexhandschuhe, kein Ficus Benjamini, latexfreie Radiergummis, latexfreie Computermaus) Juckreiz, Bronchitis und Herzrhythmusstörungen auftraten und eine Fortsetzung nur noch unter einer Cortisontherapie möglich gewesen wäre (Bescheinigung der Arbeitgeberin Dr. Setzer).
Die Klägerin, die vom 9. September bis 7. Oktober 1993 u. a. wegen depressivem Syndrom und psychovegetativer Erschöpfung sowie vom 9. bis 13. Juli 1999 u. a. wegen psychischer Dekompensation und psychophysischer Erschöpfung arbeitsunfähig war, leidet im Wesentlichen unter einer Allergie vom Soforttyp gegen Naturlatex und Typ IV-Sensibilisierungen gegen verschiedene Stoffe. Auf Grund der Latex-Allergie kam es zur Hauterscheinungen. Im Dezember 1999 gab sie dann an, sie leide auf Grund der Allergie inzwischen auch zunehmend unter Atembeschwerden sowie Herzrasen, Rhythmusstörungen und erhöhtem Blutdruck.
Durch einen Hautarztbericht des Dr. B. vom August 1997 erlangte die Beklagte Kenntnis, dass die Klägerin unter einer erstmals 1987 an der Hand aufgetretenen Hauterkrankung leide, die durch Latexhandschuhe verursacht sei. Sie empfahl die Verwendung latexfreier Schutzhandschuhe sowie weitere Hautschutzmaßnahmen und führte zunächst weitere Ermittlungen wegen einer gleichfalls als BK nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV geltend gemachten Atemwegserkrankung (abgelehnt mit Bescheid vom 23. Juli 1998 und Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2001, Rücknahme der Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG), S 9 U 3453/01, am 22. Oktober 2003) durch.
Nach Mitteilung der Internistin Dr. F. , die Hauterkrankung habe sich verschlimmert, holte die Beklagte Berichte behandelnder Ärzte ein und veranlasste die Erstellung eines hautärztlichen Gutachtens durch Dr. F ... Der Gutachter, dem auch ein hautärztliches Gutachten des Dr. S. und ein internistisches Gutachten des Dr. B. vorlagen, kam im Wesentlichen zum Ergebnis, es bestünden ein dyshidrosiformes Handekzem bei möglicher Atopie, eine möglicherweise berufsbedingte Kontaktallergie gegen Cyclohexylthiophtalimid und eine wahrscheinlich beruflich bedingte Allergie vom Soforttyp gegen Latexproteine mit Kontakturticaria Stadium I bei schwach positivem Hauttest und negativer serologischer Testung. Weitere vorliegende Kontaktallergien erachtete er als nicht beruflich verursacht. Bis etwa 1992 habe die Klägerin gepuderte Latexhandschuhe getragen, danach bis 1997 wahrscheinlich nur gelegentlich und kurz andauernd und sie seit 1997 gemieden. Bis Mai 1999 habe eine aerogene Latexexpositionen durch gepuderte Latexhandschuhe, getragen von Mitarbeitern und Arbeitgeber, vorgelegen. Gelegentlich sei es auch zu irritativen Hautbelastungen durch Händewaschen und -desinfektion gekommen. Ein konkreter Anhalt für ein akutes oder chronisches allergisches Kontaktekzem der Hände habe sich nicht ergeben, sei in der Vergangenheit aber nicht auszuschließen. Nach den Angaben, dem klinischen Befund, dem Verlauf und den Untersuchungsergebnissen sei es wahrscheinlich zu einer geringgradigen, aber nicht wesentlichen Verschlimmerung des Handekzems durch die berufliche Tätigkeit gekommen, wobei dies eher auf irritativen Einflüssen beruhe. Die Hauterkrankung sei nicht schwer, auch wenn sie seit 1987 bestehe, da sie immer nur zeitweise und meist in geringer Ausprägung aufgetreten sei, allerdings sei sie wiederholt rückfällig. Ein Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeiten bestehe nicht bzw. habe nicht bestanden. Der direkte Hautkontakt mit Latex und Gummiprodukten sei bei der Tätigkeit als Arzthelferin vermeidbar, insbesondere durch Benutzung von Schutzhandschuhen aus synthetischen Materialien, z.B. Vinyl oder Polyethylen. Zu meiden sei auch die Verwendung gepuderter Latexhandschuhe in der Umgebung, nicht erforderlich sei aber ein Verzicht auf ungepuderte Latexhandschuhe im Umfeld. Es sei nicht erforderlich, eine komplett latexfreie Arbeitsumgebung zu schaffen. In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme schlug Dr. E. vor, die Hauterkrankung nicht als BK anzuerkennen, da die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben sei und ein Zwang zur Aufgabe nach den vorgelegten Ermittlungsergebnissen nicht begründet werden könne.
Mit Bescheid vom 24. April 2001 entschied die Beklagte u.a., die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Arzthelferin habe eine geringfügige Verschlimmerung eines anlagebedingten Handekzems und eine Latexallergie verursacht. Die beruflich verschlimmerte Hauterkrankung stelle indes keine BK dar. Ihre Tätigkeit könne die Klägerin bei Tragen latexfreier Handschuhe weiter ausüben, womit der erforderliche Aufgabezwang nicht vorliege. Zur Vorbeugung seien allgemeine Maßnahmen des Hautschutzes und der Hautpflege ausreichend.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2001 zurück. Eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV liege nicht vor, da unabhängig davon, ob die Hauterkrankung schwer oder wiederholt rückfällig gewesen sei, jedenfalls kein objektiver medizinischer Zwang zur Aufgabe der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arzthelferin bestehe.
Deswegen hat die Klägerin am 25. Oktober 2001 Klage beim SG erhoben. Neben umfassender Darlegung ihrer Beschwerden hat sie geltend gemacht, sie sei gezwungen gewesen, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben. Nahezu in allen Tätigkeitsbereichen der Arztpraxen würden latex- bzw. gummihaltige Produkte verwendet, beispielsweise in den Walzen von Druckern, in den Patronen von Laser- und Tintenstrahldruckern und deren Walzen, sowie in der PC-Maus (Gummiball) und im Mauspad, das aus aufgeschäumtem Gummi bestehe. Ebenso enthielten die Tasten an den Telefonen, Zuleitungen zu den Geräten oder Verbindungskabel latex- oder gummihaltige Produkte. Entsprechende Partikel seien auch in Briefumschlägen, Briefmarken, Klebeetiketten, Klebstoff, Radiergummis und Gummibändern enthalten. Diagnostische Apparate enthielten gleichfalls Gummiprodukte, ebenso Blutdruckmessgeräte, Stethoskope u.a. Die Arbeitsmaterialien seien nicht alle durch gummi- und latexfreie Produkte austauschbar. Beeinträchtigt sei sie auch durch in der Luft enthaltene gummi- bzw. latexhaltige Stoffe.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. P. und - nach Vorlage einer kritischen Stellungnahme des Prof. Dr. Dr. Sch. hierzu - eine ergänzende Stellungnahmeeingeholt. Prof. Dr. Dr. P. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden eine Sensibilisierung gegen Naturlatex und Kontaktsensibilisierungen gegen Nickel(II)-Sulfat, Neomyzinsulfat, Glyoxal-Trimer, Amerchol L-101, Cyclohexylthiophtalmid, Perubalsam, Tolubalsam, Kobaltsulfat, PPD-Mix und Quecksilberverbindungen sowie eine Kontakturticaria und ein dyshidrosiformes Kontaktekzem, die mit Wahrscheinlichkeit beruflich erworben seien. Es liege eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Die Handekzeme bestünden seit 1987, die rezidivierende Kontakturticaria seit 1992 und die erforderliche Aufgabe der Tätigkeit sei im April 2002 erfolgt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 v.H. zu bewerten.
Prof. Dr. Dr. Sch. hat ausgeführt, es bestehe eine berufsbedingte Latexsensibilisierung. Gemäß den anamnestischen Angaben sei hier eine klinische Relevanz sowohl für die Atemwege als auch für die Haut prinzipiell denkbar. Die Typ-I-Sensibilisierung gegen Naturgummilatex sei mit Wahrscheinlichkeit berufsbedingt erworben, wobei der genaue Zeitpunkt der Sensibilisierung retrospektiv nicht mehr zu eruieren sei. Gesichert sei nur ein Latex-Kontakturticaria-Syndrom Stadium I im Sinne lokalisierter Kontakturticaria im Kontaktareal. Zwar könne die von der Klägerin geschilderte komplexe Symptomatik auch auf ein höhergradiges Latex-Kontakturticaria-Syndrom hindeuten, doch sei ein solches in der Akte nicht ärztlich dokumentiert und stünden dem ärztliche Untersuchungsbefunde entgegen, z.B. fehlende Reaktion auf Latex bei der pulmonologischen Untersuchung und kein Nachweis von spezifischem IgE. Nach Aktenlage fehle es an Befunden, die eine schwere Hauterkrankung rechtfertigten. Selbst wenn von einer schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung im versicherungsrechtlichen Sinne auszugehen wäre, bestehe kein Unterlassungszwang. Im Hinblick auf die Latexallergie gebe es eine Reihe von Maßnahmen der primären und sekundären Prävention, die sich als sehr effektiv erwiesen hätten, weswegen eine berufsbedingte Latex-Allergie heute im Gesundheitswesen in der Regel objektiv nicht mehr zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit zwinge. Zwar sei es prinzipiell denkbar sei, dass eine besonders hochgradige Latexsensibilisierung dennoch einen Aufgabezwang bedinge, allerdings sei hier von einer solchen nicht auszugehen. Hinweise in der Akte auf eine komplexe Symptomatik, z.B. die psychische Überlagerung, sprächen nicht für ein höhergradiges Latex-Kontakturticaria-Syndrom. Die ekzematösen Hautveränderungen der Hände, primär mit Bläschenbildung im Bereich der vier Seitenkanten und schubweisem Verlauf, seien nicht auf die Latex-Allergie zurückzuführen. Retrospektiv seien sie nicht mit letzter Sicherheit abschließend diagnostisch einzuordnen. Am ehesten sei von einem atopischen Handekzem auszugehen. Maßgeblich hierfür sei, dass das atopische Handekzem typischerweise mit subkornealer Bläschenbildung primär im Bereich der Fingerseitenkanten und schubweisem Verlauf einhergehe, wie dies in der Akte dokumentiert sei. Auch der Bewertung der Latexallergie mit einer MdE um 20 v.H. durch Prof. Dr. Dr. P. sei nicht zu folgen. Nach den jüngsten Empfehlungen zur Beurteilung der Auswirkungen von Allergien bei der BK Nr. 5101 der Anlage zur BKV, die die aktuellen Arbeitsmarktzahlen und Publikationen im Hinblick auf das Auftreten etwaiger berufsbedingter Allergien berücksichtigten, und auch nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, L 17 U 289/99, vom 28.03.2001 komme man bei Anerkennung einer BK nach 5101 der Anlage zur BKV im Falle der Latexallergie zu keiner MdE.
Das SG hat mit Urteil vom 22. Oktober 2003 die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 08. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08. Januar 2004 Berufung eingelegt.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. mit einer ergänzenden Stellungnahme eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter einer beruflich bedingten Latexallergie. Die nachgewiesene Typ-IV-Sensibilisierung gegen Glyoxal-Trimer und Cyclohexylthiophtalimid sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch beruflich akquiriert. Die polyvalenten Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Nickel- und Kobaltsulfat seien nicht beruflich relevant. Die Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Venylquecksilberazetat, Quecksilberamidchlorid, Perubalsam, Amerchol L 101, Thiomersal und Tolubalsam könnten sowohl beruflich als auch außerberuflich akquiriert sein. Eine genauere Zuordnung dieser Sensibilisierungen sei nicht möglich. Generalisierte Symptome der Latex-Allergie seien durch Provokationstestungen nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin schildere zwar Kreislaufreaktionen, wie, sie habe sich schlecht und grippig gefühlt, von ärztlicher Seite sei dies jedoch nicht objektiviert worden. Sämtliche Provokationstestungen seien ohne pathologischen Befund geblieben. Eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für ihre Entstehung, Verschlimmerung oder ihren Wiederaufleben ursächlich gewesen seien oder sein könnten, liege nicht vor. Die geschilderten Beschwerden und Erklärungsversuche seien problematisch und in mehrfachen Untersuchungen nicht nachweisbar gewesen und nicht bewiesen. Wäre theoretischerweise das identifizierte Allergen Latex zu isolieren, könnte die Klägerin als Arzthelferin arbeiten. Indes sei die Klägerin sicherlich nicht in der Verfassung, weiter als Arzthelferin zu arbeiten. Offensichtlich liege eine Fixierung auf durch Latex und andere Stoffe ausgelöste Symptome vor. Über die Ursache könne keine definitive Aussage getroffen werden. Die betriebene Medikation mit Cortison stelle keine adäquate Therapie dar, zumal die Klägerin selbst zu Hause in einer nahezu latexfreien Umgebung ohne systemische Steroide nicht beschwerdefrei sei. Gepuderte Latexhanschuhe seien seit Ende der Neunziger Jahre, insbesondere auch durch die Vorgaben der Technischen Regel Gefahrstoffe (TRGS) 540 verboten. Rein theoretisch wäre deshalb ein Arbeitsversuch möglich. Bei der Klägerin scheine jedoch eine komplexere Störung in ihrer Krankheitsverarbeitung vorzuliegen. Bezüglich des Handekzems finde sich in der gesamten Akte kein Hinweis für eine schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankung. In der gesamten Akte fänden sich keinerlei Aufzeichnungen über einen pathologischen Hautbefund der Hände oder eine behandlungsbedürftige Hauterkrankung. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen des Handekzems habe es nicht gegeben. Somit liege auch soweit keine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Nach dem Eindruck der ambulanten Untersuchung liege bei der Klägerin ganz offensichtlich eine pathologische Krankheitsverarbeitung vor, die sich in einer intensiven unbegründeten Fixierung auf die bestehende Latexallergie äußere und zu erheblichen Einbußen bezüglich Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit führen. Diese Fixierung habe im Verlauf der Krankheit vermutlich stetig zugenommen. Aus der erlebten Symptomatik resultiere eine starke psychische Verunsicherung. Die psychische Verfassung sei zumindest teilweise durch die beruflich aquirierte Latexallergie mit verursacht. Es sei jedoch nicht von einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV auszugehen. Die allermeisten geschilderten generalisierten Symptome seien eher nicht im Rahmen einer Latexallergie zu sehen. Die Klägerin sei jedoch schwer krank bei ausgesprochener Fixierung auf die Latexallergie, die beinahe wahnhafte Zustände annehme. Aufgrund dessen sei dringend zu einer psychiatrischen Untersuchung und Abklärung zu raten.
Die Klägerin trägt vor, das SG habe die Schwere der Erkrankung zu gering bewertet und zu Unrecht einen Aufgabezwang verneint. In einer Vielzahl von - näher aufgelisteten - Gegenständen in Arztpraxen sei Latex enthalten. Außerdem komme es zu Belastungen durch Pflanzen, wie Gummibäume. Bei Testungen seien die Beschwerden auch nicht immer unverzüglich aufgetreten, sondern in der Regel erst nach Stunden, was die begutachtenden Ärzte nicht berücksichtigt hätten. Es liege keine psychische Überlagerung als Auslöser der genannten Beschwerden vor. Bei allen Tätigkeiten in Arztpraxen sei es unmöglich, Kontakt mit Latex auszuschließen. Nach dem letzten Arbeitsversuch im April 2002 sei sie bis Februar 2003 erkrankt gewesen. Schon vor der Aufgabe der Tätigkeit sei die Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert gewesen. Hierzu hat sie Gutachten des Internisten und Allergologen Dr. M. (die Klägerin könne als Arzthelferin unter den üblichen Gegebenheiten moderner Arztpraxen arbeiten, eine bezüglich Latex weitgehende Allergiefreiheit sei in der Regel durchaus zu erreichen), der Hautärztin Dr. K. (es bestünden eine Latex- und verschiedene Kontaktallergien, die Klägerin könne in einer latexfreien Umgebung ihren Beruf als Arzthelferin ausüben, wie von Prof. Dr. Dr. Sch. dargelegt, zwinge eine berufsbedingte Latexallergie heute im Gesundheitswesen in der Regel objektiv nicht mehr zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit, die vorgetragenen Beschwerden könnten bei hochgradiger Latexallergie vorkommen, dann seien aber auch Hauttests und Blutbefunde hochsignifikant, möglicherweise habe sich eine psychovegetative Eigendynamik entwickelt, weswegen sie die Einholung eines psychologisch-psychiatrischen Gutachtens anrege) sowie des Nervenarztes Dr. T. (Anpassungsstörung (depressive Reaktion), psychiatrisch leichte funktionelle Einschränkung) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2003 und den Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2001 aufzuheben sowie festzustellen, dass ihre Hauterkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die berufsbedingte Latexsensibilisierung habe weder eine schwere bzw. wiederholt rückfällige Hauterkrankung zur Folge, noch bestehe ein objektiver Zwang, die berufliche Tätigkeit als Arzthelferin aufzugeben. Der direkte Kontakt zu Latexhandschuhen sei vermeidbar. Dies sei ausreichend und damit eine Weiterbeschäftigung möglich. Sämtliche Gutachter seien von einer Atopie ausgegangen, insbesondere Dr. S. habe eine atopische Hautdiathese aufgrund des Atopiescorers diagnostiziert. Mit Ausnahme von Prof. Dr. Dr. P. stimmten die Gutachter auch darin überein, dass ein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Arzthelferin objektiv nicht bestehe. Die entfernte Möglichkeit eines anaphylaktischen Schocks reiche nicht aus. Sowohl Dr. S. als auch Prof. Dr. Dr. Sch. habe die Erkrankung als nicht schwer erachtet. Außerdem bestehe keine MdE um mindestens 20 v.H. und seien auch die Voraussetzungen für eine Stützrente nicht erfüllt. Zwar bewerte Prof. Dr. Dr. P. die MdE mit 20 v.H., doch sei sein Gutachten nicht schlüssig. Er beschreibe lediglich leichte sowie abgeheilte Hauterscheinungen. Dies rechtfertige keine MdE um 20 v.H., weswegen Prof. Dr. Dr. Sch. die MdE folgerichtig mit 0 bewerte.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Zulässiger und alleiniger Streitgegenstand ist vorliegend die Frage, ob eine Hauterkrankung i. S. v. Nr. 5101 der Anlage zur BKV vorliegt. Nicht (zulässiger) Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob eine Atemwegserkrankung der Klägerin nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV vorliegt. Denn der dies ablehnende Bescheid vom 23. Juli 1998 ist nach der Klagerücknahme gemäß § 77 SGG bindend geworden. Allerdings sind bei einer allergischen Erkrankung - soweit eine mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch berufliche Einwirkungen verursachte Hauterkrankung im Sinne der Nr. 5101 der Anlage zur BKV vorliegt - bei der Bewertung der Folgen auch Auswirkungen in anderen Organen, z. B. der Atemwege, zu berücksichtigen, sofern sie gleichfalls wahrscheinlich beruflich und durch die Allergie bedingt sind (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. März 2001, L 17 U 289/99 in Juris).
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann Klägerin eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 45/03 R- in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dies hat die Klägerin bezüglich einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV auch getan. Ihre Leistungsbegehren hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 5101 der Anlage zur BKV schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung sowie der Aufgabezwang erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die vorstehenden Voraussetzungen einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV sind nicht erfüllt.
Die Klägerin, die nach ihren Angaben vom 9. Oktober 1997 und auch zuletzt bei der Untersuchung für das Gutachten von Prof. Dr. R. seit 1992 kontinuierlich Vinyl-Handschuhe benutzte, leidet zur Überzeugung des Senats unter einer mit Wahrscheinlichkeit durch ihre berufliche Tätigkeit als Arzthelferin seit 1972 in verschiedenen Arztpraxen, insbesondere wegen im Laufe ihres Berufslebens erfolgtem Kontakt mit Latex-Produkten, verursachten Allergie vom Soforttyp gegen Naturlatex. Dies ergibt sich aus den Berichten der Hautärzte Dr. B. und Dr. Z. , den Gutachten des Dr. F. , des Dr. S. und des Prof. Dr. Dr. Sch. sowie den Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Dr. P. und Prof. Dr. R ... Zwar ließen sich bei der Klägerin serologisch wiederholt keine IgE-Antikörper gegenüber Latex nachweisen (Berichte des Lungenfacharztes und Allergologen K. vom 29. März 1999 und des Dr. F. vom 1. September 199, Gutachten Prof. Dr. Dr. P. , Untersuchung für Gutachten Prof. Dr. R. ) und es waren auch keine spezifischen IgE-Serum-Antikörper gegen Naturlatex assoziierte Allergene (Ficus, Banane, Avocado, Esskastanien und Kiwi) feststellbar. Dies spricht jedoch - so Prof. Dr. R. - nicht gegen eine Latex-Allergie, da auch seronegative Verläufe bekannt sind.
Daneben bestehen Typ IV-Sensibilisierungen gegen Glyoxal-Trimer und Cyclohexalthiophtalimid, die - so Prof. Dr. R. überzeugend - ebenfalls mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit berufsbedingt erworben sind.
Dagegen sind die weiteren vorliegenden Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Nickel- und Kobaltsulfat nicht beruflich bedingt und die gegenüber Phenylquecksilberacetat, Quecksilberamidchlorid, Perubalsam, Amerchol L 101, Thiomersal und Tolubalsam jedenfalls nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch berufliche Belastungen entstanden. Insofern schließt sich der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. an. Soweit hiervon abweichend Prof. Dr. Dr. P. die Auffassung vertritt, diese Erkrankungen seien durch berufliche Einwirkungen bedingt, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung. Prof. Dr. Dr. P. hat einerseits berufliche Kontakte mit entsprechenden Stoffen unterstellt und andererseits in seinem Gutachten auf mögliche vielfältige außerberufliche Kontakte zu diesen Stoffen, insbesondere durch Kontakte mit Gegenständen des täglichen Lebens, hingewiesen. Schon auf Grund der außerberuflichen Kontakte spricht aus Sicht des Senats nicht mehr dafür als dagegen, dass diese Allergien berufsbedingt erworben wurden. Deswegen ist der Einschätzung von Prof. Dr. R. , die insofern auch im wesentlichen in Übereinstimmung steht mit der von Prof. Dr. Dr. Sch. , für den Senat überzeugend.
Auch die Klägerin begründet das Vorliegen der streitigen BK nicht mit diesen Allergien oder Sensibilisierungen, sondern ausschließlich mit der vorhandenen Latex-Allergie.
Wegen der Allergie auf Latex sind indes die Voraussetzungen einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV, insbesondere der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Arzthelferin, die mit dem Ende der Beschäftigung bei der Augenärztin Dr. Setzer erfolgte (bis zu diesem Zeitpunkt wollte die Klägerin auch nach eigenem Bekunden - so auch die Widerspruchsbegründung vom 1. August 2001 - wieder als Arzthelferin arbeiten), nicht erfüllt. Bei Beachtung der erforderlichen und möglichen Schutzmaßnahmen war bzw. wäre die Klägerin nicht gezwungen gewesen, ihre Tätigkeit als Arzthelferin aufzugeben und auf Dauer zu unterlassen. Zwar zeigte sich - wie schon von Dr. B. am 13. August 1997 bescheinigt - dass bei Kontaktexposition der Haut mit latexhaltigen Handschuhen es nach fünf Minuten zu einem Pruritus (Hautjucken) an der rechten Hand sowie beginnender Urtica (Nesselsucht) am Handrücken D III und urticariellen Eryhemen kam und zeigten sich auch bei Pricktestungen bei der Untersuchung für das Gutachten von Prof. Dr. Dr. P. (allerdings nur schwach) positive Reaktionen auf mehrere Naturlatex-Testlösungen. Auch ein Latex-Prick-Test vom 31. August 1999 zeigte - allerdings nur schwache - positive Sofortreaktionen und ein Prick-Test auf Ficus war negativ (Bericht Dr. F. vom 1. September 1999). Diese objektiven Befunde stehen in erheblichem Widerspruch zu den Angaben der Klägerin, weswegen Dr. Z. im Bericht vom 23. Juli 1999 sich auch "an Teilaspekte eines Münchhausen-Syndroms" erinnert sah.
Diese im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Latex aufgetretenen und damit objektivierten Erscheinungen sind durch die Vermeidung von unmittelbarem Kontakt der Haut mit Latex zu verhindern. Ein solcher unmittelbarer Hautkontakt zu Latex kann durch Verwendung von latexfreiem Arbeitsmaterial, insbesondere latexfreien Handschuhe aus Vinyl, wie sie die Klägerin schon 1992 verwendete, und Blutdruckmessgeräten mit latexfreiem Gummiball, latexfreier Computermaus, latexfreiem Mauspad sowie Tragen latexfreier Handschuhe, wenn im Einzelfall das Anfassen von latexhaltigen Stoffen unabwendbar sein sollte, vermieden werden. Dies räumt auch die Klägerin ein.
Ein Kontakt zu Latex über die Luft wäre zwar bei Verwendung von gepuderten Latex-Handschuhen durch Kolleginnen nicht gänzlich zu vermeiden, doch sind solche Handschuhe seit Ende der Neunziger Jahren verboten, insbesondere seit 1997 durch die Vorgabe in der TRGS (Technische Regel Gefahrstoffe) 540 (so auch Prof. Dr. Dr. P. und Prof. Dr. R. ), sodass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitsschutzbestimmungen eine aerogene Gefährdung nicht besteht.
Eine weiter gehende, von der Klägerin selbst als allein maßgeblich für die Berufsaufgabe angesehene Symptomatik ist nicht auf die Latex-Allergie zurückzuführen.
Durchgeführte Provokationstestungen zur Klärung, ob generalisierte Symptome im Rahmen der Latex-Allergie auslösbar waren, waren - so Prof. Dr. R. - negativ (so Bericht des Lungenfacharztes K. ( Normalbefund der Lungenfunktionswerte im unspezifischen bronchialen Provokationstest mit Histamin keine bronchiale Hyperreagibilität, subjektiv Atemnot bei der Klägerin nach verlassen der Praxis, die jedoch angesichts normaler Lungenfunktion bei der Nachmessung nicht objektivierbar war), Gutachten Dr. S. (kein pathologischer Befund in der Rhinometrie, von Klägerin vorgegebene Symptome waren bei Provokationstest nicht reproduzierbar), Dr. B. (bei inhalativer Provokationstestung in der Rhinometrie bei Latex kein positive Befund), keine Beschwerden durch einen verdeckt im Raum stehenden Ficus während mehrstündiger Begutachtung in der Hautklinik Bad Cannstatt). Dies zeigt - wie von verschiedenen Gutachtern dargelegt - eine erhebliche Diskrepanz zwischen subjektivem Empfinden der Klägerin und objektiv erhobenen Befunden sowohl hinsichtlich der Auslöseschwelle als auch des Ausmaßes der auf die Latex-Allergie als Hauterkrankung rückführbaren Beschwerden. Sowohl Prof. Dr. R. , als auch Dr. S. und Dr. K. sehen deshalb psychogene Beschwerden im Vordergrund. Die von der Klägerin - zu Recht - als Begründung für den Zwang zur Aufgabe ihrer Tätigkeit in den Vordergrund gestellte Symptomatik ist somit jedenfalls nicht durch die Latex-Allergie als Hauterkrankung, sondern möglicherweise oder wahrscheinlich durch eine pathologische Krankheitsverarbeitung verursacht. Aus hautärztlicher Sicht - so Prof. Dr. R. - ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin bei konsequenter Durchführung der Arbeitsschutzbestimmungen und Verzicht auf das Aufstellen von bestimmten Pflanzen wie Gummibaum und Ficus (deren Auslösen von Reaktionen jedenfalls ohne direkten Kontakt im Übrigen fraglich bleibt) gezwungen ist, eine Tätigkeit als Arzthelferin zu unterlassen. Insbesondere ist es nicht nachgewiesen, dass bei der Klägerin allein durch in verschiedenen Arbeitsgeräten ggf. enthaltene Latex-Anteile, ohne dass sie selbst in unmittelbaren Hautkontakt zu Latex kommt, Krankheitserscheinungen im Sinne der BK Nr. 5101 der Anlage zur BKV ausgelöst werden. Dass auch dann, wenn die Klägerin oder Kolleginnen mit Computermäusen mit Latexball arbeiten oder zum Beispiel Druckerwalzen mit Latexanteilen betrieben werden, Krankheitszeichen und Beschwerden dermatologisch verursacht auftreten, ist nicht nachgewiesen. Ohnehin kann die Klägerin - wie von ihr selbst eingeräumt - eine Computermaus ohne Latexball verwenden. Vorliegend ist lediglich ein Latex-Kontakt-Urtikaria-Syndrom Stadium I gesichert. Wenn auch die von der Klägerin behauptete und geschilderte komplexe Symptomatik auf ein höhergradiges Latex-Kontakt-Urtikaria-Syndrom hindeuten kann, ist ein solches durch die in den Akten enthaltenen Befunde nicht belegt. Im Gegenteil stehen ärztliche Untersuchungsbefunde einem solchen entgegen, wie z. B. fehlende Reaktion auf Latex bei der pulmonologischen Untersuchung und Fehlen eines Nachweises von unspezifischem IgE (Prof. Dr. Dr. Sch. ). Zwar kann es auch in Fällen einer extremen Sensibilisierung im Einzelfall durch solche aerogene Kontakte zu Hauterscheinungen kommen, doch müsste dann auch serologisch eine Sensibilisierung nachweisbar sein, was hier nicht der Fall ist (vgl. Dr. K. und Prof. Dr. Dr. Sch. ). Soweit die Klägerin in vielen Schilderungen erhebliche und schwerwiegende Symptome als allergische Reaktionen schildert, sind sie durch objektive Befunde nicht hinreichend gesichert. Auch die zuletzt vorgelegte Bescheinigung von Dr. Schmidt, den die Klägerin nach der gutachterlichen Untersuchung von Dr. M. aufsuchte, belegt keine Krankheitssymptome, die nachvollziehbar und mit Wahrscheinlichkeit als allergische Reaktion im Zusammenhang mit der Untersuchung für das Gutachten von Dr. M. gesehen werden könnte. Dies umso mehr, als dieser einen Normalbefund erhob und die entsprechende schwerwiegende Reaktionen auch bei anderen Testungen und Untersuchungen nicht festzustellen waren.
Mit Prof. Dr. R. , der insoweit in Übereinstimmung steht mit der Einschätzung weiter Ärzte und Gutachter (Dr. F. , Prof. Dr. Dr. Sch. , Dr. K. ), ist der Senat der Überzeugung, dass eine Hauterkrankung, insbesondere eine Allergie, für die dargelegten massiven Beschwerden der Klägerin nicht ursächlich ist. Bei Beachtung der vorgeschriebenen Arbeitsschutzmaßnahmen besteht kein Zwang, nicht mehr als Arzthelferin zu arbeiten. Der gegenteiligen Beurteilung von Prof. Dr. Dr. P. folgt der Senat nicht. Dieser Sachverständige hat die Beschwerdeangaben der Klägerin als allergiebedingt seiner Beurteilung zu Grunde gelegt. Gerade davon ist der Senat aber nicht überzeugt.
Ob die von der Klägerin zur Begründung des Zwangs zur Aufgabe ihrer Tätigkeit beschriebenen Symptome tatsächlich auf eine psychische Fehlverarbeitung der Latex-Allergie zurückzuführen sind (so insbesondere Prof. Dr. R. im Gutachten vom 11.11.2004), braucht nicht geklärt zu werden. Zum einen bestreitet die Klägerin eine psychische Störung, was durch das von ihr vorgelegte nervenärztliche Gutachten des Dr. T. vom 09.08.2003 bestätigt wird, der eine Anpassungsstörung in Form einer depressiven Reaktion diagnostiziert und als pathologisch nicht erheblich bewertet hat. Bei dieser Sachlage bliebe ungeklärt, worauf die zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit führenden Beschwerden zurückzuführen sind, was nach den dargestellten Beweisgrundsätzen zulasten der Klägerin geht.
Zum anderen könnte eine erhebliche psychische Störung (selbst wenn wesentlich durch die Latex-Allergie verursacht) mit den von der Klägerin beschriebenen allergieähnlichen Symptomen nicht den von der BK Nr. 5101 vorausgesetzten Aufgabezwang begründen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung muss eine Hauterkrankung zur Unterlassung der Tätigkeit gezwungen haben. Unter Hauterkrankung i.S. der BK Nr. 5101 sind alle beruflich bedingten Erkrankungen im Bereich der Haut zu verstehen (BSG, Urteil vom 28.04.2004, B 2 U 21/03 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 2). Hier liegt aber - wie dargelegt - lediglich eine vergleichsweise leichte Hauterkrankung vor, die eine Aufgabe der Tätigkeit als Arzthelferin keinesfalls rechtfertigt. Eine mit der beschriebenen massiven Symptomatik einhergehende psychische Erkrankung ist keine Hauterkrankung und wird deshalb von der streitigen BK nicht umfasst. Auch dann, wenn die psychische Erkrankung durch die Hauterkrankung ausgelöst worden wäre (Prof. Dr. R.: psychische Fehlverarbeitung der Latex-Allergie), würde eine psychische Erkrankung und nicht eine Hauterkrankung im Vordergrund stehen.
Auch die Typ IV-Sensibilisierungen auf Glyoxal-Trimer und Cyclohexalthiophtalimid zwingt gleichfalls nicht zur Aufgabe und zum Unterlassen einer Tätigkeit als Arzthelferin. Die entsprechenden Stoffe sind austauschbar bzw. vermeidbar. Außerdem handelt es sich hierbei nicht um eine schwere unterwiederholt rückfällige Hauterkrankungen (Prof. Dr. Dr. Sch. ).
Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV.
Da das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Umstritten ist, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vorliegt.
Die am 1955 geborene Klägerin arbeitete ab 1974 mit Unterbrechungen bei verschiedenen Arbeitgebern als Arzthelferin, wobei sie mit Latexhandschuhen in Kontakt kam. Sie selbst benutzte ab 1992 nach eigenen Angaben (so am 9. Oktober 1997 und bei einer Untersuchung am 20. Dezember 2004) konsequent Vinyl-Handschuhe. Nach 1992 arbeitete sie als Arzthelferin (wobei es nach ihren Angaben auch zu Kontakt mit Latex-Handschuhen kam) von Dezember 1993 bis April 1995 bei Dr. B. (Abrechnungs- und Laborarbeiten in Allgemeinpraxis), von Juli 1995 bis Dezember 1996 bei Dr. H. (Telefondienst, Patienten-Annahme, Labortätigkeit, EKG usw.; gewisse Allergieneigung, aber ansonsten keine Erkrankung bekannt geworden) und von Januar bis Dezember 1997 befristet bei Dr. A. (Patientenannahme, Ausstellen von Rezepten, Telefondienst, EKG, Injektionen, Labor sowie Blutdruckmessung wobei nach Angaben der Klägerin auch durch das Blutdruckmessgerät Kontakt zu Latex bestand und sie nach Angaben des Arbeitgebers maximal 15 Minuten pro Woche bei Desinfektionsarbeiten mit Latex-Handschuhen arbeitete, die wie der Gummiball am Blutdruckmessgerät durch latexfreie Produkte ersetzbar seien und - laut Angaben im Verfahren wegen Atemproblemen - vorhanden waren). Von Juli bis November 1998 arbeitete sie bei einem Diabetesservice im Bürobereich (Sachbearbeitung), wobei sie nach eigenen Angaben Belastungen durch Pflanzen (Ficus Benjamini, Gummibaum) ausgesetzt war. Wiederum als Arzthelferin an der Rezeption arbeitete sie von November 1998 bis Januar 1999 bei Dr. B. (Anmeldung, Organisation) und hatte nach eigenen Angaben Kontakt zu Latex infolge Übertragung durch die Klimaanlage. Von April 1999 bis August 2000 arbeitete sie als Arzthelferin bei Dr. B. (Anmeldung, Archivarbeiten, nuklearmedizinische Untersuchungen; 13. bis 16. April, 9. bis 13. Juli und 15. Oktober bis 31. Dezember 1999 sowie ab 13. Januar 2000 arbeitsunfähig) und war nach ihren Angaben Belastungen durch Latexhandschuhe, Gummiwalzen im Drucker, den Abrieb des Gummiballs in der Computermaus und am Mauspad sowie durch eine Pflanze (Ficus Benjamini) ausgesetzt. Danach war die Klägerin arbeitslos. Vom 2. bis 25. April 2002 arbeitete sie in einer Augenarztpraxis, wobei trotz weitgehender Allergenfreiheit (keine Latexhandschuhe, kein Ficus Benjamini, latexfreie Radiergummis, latexfreie Computermaus) Juckreiz, Bronchitis und Herzrhythmusstörungen auftraten und eine Fortsetzung nur noch unter einer Cortisontherapie möglich gewesen wäre (Bescheinigung der Arbeitgeberin Dr. Setzer).
Die Klägerin, die vom 9. September bis 7. Oktober 1993 u. a. wegen depressivem Syndrom und psychovegetativer Erschöpfung sowie vom 9. bis 13. Juli 1999 u. a. wegen psychischer Dekompensation und psychophysischer Erschöpfung arbeitsunfähig war, leidet im Wesentlichen unter einer Allergie vom Soforttyp gegen Naturlatex und Typ IV-Sensibilisierungen gegen verschiedene Stoffe. Auf Grund der Latex-Allergie kam es zur Hauterscheinungen. Im Dezember 1999 gab sie dann an, sie leide auf Grund der Allergie inzwischen auch zunehmend unter Atembeschwerden sowie Herzrasen, Rhythmusstörungen und erhöhtem Blutdruck.
Durch einen Hautarztbericht des Dr. B. vom August 1997 erlangte die Beklagte Kenntnis, dass die Klägerin unter einer erstmals 1987 an der Hand aufgetretenen Hauterkrankung leide, die durch Latexhandschuhe verursacht sei. Sie empfahl die Verwendung latexfreier Schutzhandschuhe sowie weitere Hautschutzmaßnahmen und führte zunächst weitere Ermittlungen wegen einer gleichfalls als BK nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV geltend gemachten Atemwegserkrankung (abgelehnt mit Bescheid vom 23. Juli 1998 und Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2001, Rücknahme der Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG), S 9 U 3453/01, am 22. Oktober 2003) durch.
Nach Mitteilung der Internistin Dr. F. , die Hauterkrankung habe sich verschlimmert, holte die Beklagte Berichte behandelnder Ärzte ein und veranlasste die Erstellung eines hautärztlichen Gutachtens durch Dr. F ... Der Gutachter, dem auch ein hautärztliches Gutachten des Dr. S. und ein internistisches Gutachten des Dr. B. vorlagen, kam im Wesentlichen zum Ergebnis, es bestünden ein dyshidrosiformes Handekzem bei möglicher Atopie, eine möglicherweise berufsbedingte Kontaktallergie gegen Cyclohexylthiophtalimid und eine wahrscheinlich beruflich bedingte Allergie vom Soforttyp gegen Latexproteine mit Kontakturticaria Stadium I bei schwach positivem Hauttest und negativer serologischer Testung. Weitere vorliegende Kontaktallergien erachtete er als nicht beruflich verursacht. Bis etwa 1992 habe die Klägerin gepuderte Latexhandschuhe getragen, danach bis 1997 wahrscheinlich nur gelegentlich und kurz andauernd und sie seit 1997 gemieden. Bis Mai 1999 habe eine aerogene Latexexpositionen durch gepuderte Latexhandschuhe, getragen von Mitarbeitern und Arbeitgeber, vorgelegen. Gelegentlich sei es auch zu irritativen Hautbelastungen durch Händewaschen und -desinfektion gekommen. Ein konkreter Anhalt für ein akutes oder chronisches allergisches Kontaktekzem der Hände habe sich nicht ergeben, sei in der Vergangenheit aber nicht auszuschließen. Nach den Angaben, dem klinischen Befund, dem Verlauf und den Untersuchungsergebnissen sei es wahrscheinlich zu einer geringgradigen, aber nicht wesentlichen Verschlimmerung des Handekzems durch die berufliche Tätigkeit gekommen, wobei dies eher auf irritativen Einflüssen beruhe. Die Hauterkrankung sei nicht schwer, auch wenn sie seit 1987 bestehe, da sie immer nur zeitweise und meist in geringer Ausprägung aufgetreten sei, allerdings sei sie wiederholt rückfällig. Ein Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeiten bestehe nicht bzw. habe nicht bestanden. Der direkte Hautkontakt mit Latex und Gummiprodukten sei bei der Tätigkeit als Arzthelferin vermeidbar, insbesondere durch Benutzung von Schutzhandschuhen aus synthetischen Materialien, z.B. Vinyl oder Polyethylen. Zu meiden sei auch die Verwendung gepuderter Latexhandschuhe in der Umgebung, nicht erforderlich sei aber ein Verzicht auf ungepuderte Latexhandschuhe im Umfeld. Es sei nicht erforderlich, eine komplett latexfreie Arbeitsumgebung zu schaffen. In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme schlug Dr. E. vor, die Hauterkrankung nicht als BK anzuerkennen, da die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben sei und ein Zwang zur Aufgabe nach den vorgelegten Ermittlungsergebnissen nicht begründet werden könne.
Mit Bescheid vom 24. April 2001 entschied die Beklagte u.a., die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Arzthelferin habe eine geringfügige Verschlimmerung eines anlagebedingten Handekzems und eine Latexallergie verursacht. Die beruflich verschlimmerte Hauterkrankung stelle indes keine BK dar. Ihre Tätigkeit könne die Klägerin bei Tragen latexfreier Handschuhe weiter ausüben, womit der erforderliche Aufgabezwang nicht vorliege. Zur Vorbeugung seien allgemeine Maßnahmen des Hautschutzes und der Hautpflege ausreichend.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2001 zurück. Eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV liege nicht vor, da unabhängig davon, ob die Hauterkrankung schwer oder wiederholt rückfällig gewesen sei, jedenfalls kein objektiver medizinischer Zwang zur Aufgabe der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Arzthelferin bestehe.
Deswegen hat die Klägerin am 25. Oktober 2001 Klage beim SG erhoben. Neben umfassender Darlegung ihrer Beschwerden hat sie geltend gemacht, sie sei gezwungen gewesen, ihre berufliche Tätigkeit aufzugeben. Nahezu in allen Tätigkeitsbereichen der Arztpraxen würden latex- bzw. gummihaltige Produkte verwendet, beispielsweise in den Walzen von Druckern, in den Patronen von Laser- und Tintenstrahldruckern und deren Walzen, sowie in der PC-Maus (Gummiball) und im Mauspad, das aus aufgeschäumtem Gummi bestehe. Ebenso enthielten die Tasten an den Telefonen, Zuleitungen zu den Geräten oder Verbindungskabel latex- oder gummihaltige Produkte. Entsprechende Partikel seien auch in Briefumschlägen, Briefmarken, Klebeetiketten, Klebstoff, Radiergummis und Gummibändern enthalten. Diagnostische Apparate enthielten gleichfalls Gummiprodukte, ebenso Blutdruckmessgeräte, Stethoskope u.a. Die Arbeitsmaterialien seien nicht alle durch gummi- und latexfreie Produkte austauschbar. Beeinträchtigt sei sie auch durch in der Luft enthaltene gummi- bzw. latexhaltige Stoffe.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. P. und - nach Vorlage einer kritischen Stellungnahme des Prof. Dr. Dr. Sch. hierzu - eine ergänzende Stellungnahmeeingeholt. Prof. Dr. Dr. P. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden eine Sensibilisierung gegen Naturlatex und Kontaktsensibilisierungen gegen Nickel(II)-Sulfat, Neomyzinsulfat, Glyoxal-Trimer, Amerchol L-101, Cyclohexylthiophtalmid, Perubalsam, Tolubalsam, Kobaltsulfat, PPD-Mix und Quecksilberverbindungen sowie eine Kontakturticaria und ein dyshidrosiformes Kontaktekzem, die mit Wahrscheinlichkeit beruflich erworben seien. Es liege eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Die Handekzeme bestünden seit 1987, die rezidivierende Kontakturticaria seit 1992 und die erforderliche Aufgabe der Tätigkeit sei im April 2002 erfolgt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 20 v.H. zu bewerten.
Prof. Dr. Dr. Sch. hat ausgeführt, es bestehe eine berufsbedingte Latexsensibilisierung. Gemäß den anamnestischen Angaben sei hier eine klinische Relevanz sowohl für die Atemwege als auch für die Haut prinzipiell denkbar. Die Typ-I-Sensibilisierung gegen Naturgummilatex sei mit Wahrscheinlichkeit berufsbedingt erworben, wobei der genaue Zeitpunkt der Sensibilisierung retrospektiv nicht mehr zu eruieren sei. Gesichert sei nur ein Latex-Kontakturticaria-Syndrom Stadium I im Sinne lokalisierter Kontakturticaria im Kontaktareal. Zwar könne die von der Klägerin geschilderte komplexe Symptomatik auch auf ein höhergradiges Latex-Kontakturticaria-Syndrom hindeuten, doch sei ein solches in der Akte nicht ärztlich dokumentiert und stünden dem ärztliche Untersuchungsbefunde entgegen, z.B. fehlende Reaktion auf Latex bei der pulmonologischen Untersuchung und kein Nachweis von spezifischem IgE. Nach Aktenlage fehle es an Befunden, die eine schwere Hauterkrankung rechtfertigten. Selbst wenn von einer schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung im versicherungsrechtlichen Sinne auszugehen wäre, bestehe kein Unterlassungszwang. Im Hinblick auf die Latexallergie gebe es eine Reihe von Maßnahmen der primären und sekundären Prävention, die sich als sehr effektiv erwiesen hätten, weswegen eine berufsbedingte Latex-Allergie heute im Gesundheitswesen in der Regel objektiv nicht mehr zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit zwinge. Zwar sei es prinzipiell denkbar sei, dass eine besonders hochgradige Latexsensibilisierung dennoch einen Aufgabezwang bedinge, allerdings sei hier von einer solchen nicht auszugehen. Hinweise in der Akte auf eine komplexe Symptomatik, z.B. die psychische Überlagerung, sprächen nicht für ein höhergradiges Latex-Kontakturticaria-Syndrom. Die ekzematösen Hautveränderungen der Hände, primär mit Bläschenbildung im Bereich der vier Seitenkanten und schubweisem Verlauf, seien nicht auf die Latex-Allergie zurückzuführen. Retrospektiv seien sie nicht mit letzter Sicherheit abschließend diagnostisch einzuordnen. Am ehesten sei von einem atopischen Handekzem auszugehen. Maßgeblich hierfür sei, dass das atopische Handekzem typischerweise mit subkornealer Bläschenbildung primär im Bereich der Fingerseitenkanten und schubweisem Verlauf einhergehe, wie dies in der Akte dokumentiert sei. Auch der Bewertung der Latexallergie mit einer MdE um 20 v.H. durch Prof. Dr. Dr. P. sei nicht zu folgen. Nach den jüngsten Empfehlungen zur Beurteilung der Auswirkungen von Allergien bei der BK Nr. 5101 der Anlage zur BKV, die die aktuellen Arbeitsmarktzahlen und Publikationen im Hinblick auf das Auftreten etwaiger berufsbedingter Allergien berücksichtigten, und auch nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, L 17 U 289/99, vom 28.03.2001 komme man bei Anerkennung einer BK nach 5101 der Anlage zur BKV im Falle der Latexallergie zu keiner MdE.
Das SG hat mit Urteil vom 22. Oktober 2003 die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 08. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08. Januar 2004 Berufung eingelegt.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. mit einer ergänzenden Stellungnahme eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter einer beruflich bedingten Latexallergie. Die nachgewiesene Typ-IV-Sensibilisierung gegen Glyoxal-Trimer und Cyclohexylthiophtalimid sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch beruflich akquiriert. Die polyvalenten Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Nickel- und Kobaltsulfat seien nicht beruflich relevant. Die Typ-IV-Sensibilisierungen gegenüber Venylquecksilberazetat, Quecksilberamidchlorid, Perubalsam, Amerchol L 101, Thiomersal und Tolubalsam könnten sowohl beruflich als auch außerberuflich akquiriert sein. Eine genauere Zuordnung dieser Sensibilisierungen sei nicht möglich. Generalisierte Symptome der Latex-Allergie seien durch Provokationstestungen nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin schildere zwar Kreislaufreaktionen, wie, sie habe sich schlecht und grippig gefühlt, von ärztlicher Seite sei dies jedoch nicht objektiviert worden. Sämtliche Provokationstestungen seien ohne pathologischen Befund geblieben. Eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für ihre Entstehung, Verschlimmerung oder ihren Wiederaufleben ursächlich gewesen seien oder sein könnten, liege nicht vor. Die geschilderten Beschwerden und Erklärungsversuche seien problematisch und in mehrfachen Untersuchungen nicht nachweisbar gewesen und nicht bewiesen. Wäre theoretischerweise das identifizierte Allergen Latex zu isolieren, könnte die Klägerin als Arzthelferin arbeiten. Indes sei die Klägerin sicherlich nicht in der Verfassung, weiter als Arzthelferin zu arbeiten. Offensichtlich liege eine Fixierung auf durch Latex und andere Stoffe ausgelöste Symptome vor. Über die Ursache könne keine definitive Aussage getroffen werden. Die betriebene Medikation mit Cortison stelle keine adäquate Therapie dar, zumal die Klägerin selbst zu Hause in einer nahezu latexfreien Umgebung ohne systemische Steroide nicht beschwerdefrei sei. Gepuderte Latexhanschuhe seien seit Ende der Neunziger Jahre, insbesondere auch durch die Vorgaben der Technischen Regel Gefahrstoffe (TRGS) 540 verboten. Rein theoretisch wäre deshalb ein Arbeitsversuch möglich. Bei der Klägerin scheine jedoch eine komplexere Störung in ihrer Krankheitsverarbeitung vorzuliegen. Bezüglich des Handekzems finde sich in der gesamten Akte kein Hinweis für eine schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankung. In der gesamten Akte fänden sich keinerlei Aufzeichnungen über einen pathologischen Hautbefund der Hände oder eine behandlungsbedürftige Hauterkrankung. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen des Handekzems habe es nicht gegeben. Somit liege auch soweit keine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Nach dem Eindruck der ambulanten Untersuchung liege bei der Klägerin ganz offensichtlich eine pathologische Krankheitsverarbeitung vor, die sich in einer intensiven unbegründeten Fixierung auf die bestehende Latexallergie äußere und zu erheblichen Einbußen bezüglich Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit führen. Diese Fixierung habe im Verlauf der Krankheit vermutlich stetig zugenommen. Aus der erlebten Symptomatik resultiere eine starke psychische Verunsicherung. Die psychische Verfassung sei zumindest teilweise durch die beruflich aquirierte Latexallergie mit verursacht. Es sei jedoch nicht von einer BK der Nr. 5101 der Anlage zur BKV auszugehen. Die allermeisten geschilderten generalisierten Symptome seien eher nicht im Rahmen einer Latexallergie zu sehen. Die Klägerin sei jedoch schwer krank bei ausgesprochener Fixierung auf die Latexallergie, die beinahe wahnhafte Zustände annehme. Aufgrund dessen sei dringend zu einer psychiatrischen Untersuchung und Abklärung zu raten.
Die Klägerin trägt vor, das SG habe die Schwere der Erkrankung zu gering bewertet und zu Unrecht einen Aufgabezwang verneint. In einer Vielzahl von - näher aufgelisteten - Gegenständen in Arztpraxen sei Latex enthalten. Außerdem komme es zu Belastungen durch Pflanzen, wie Gummibäume. Bei Testungen seien die Beschwerden auch nicht immer unverzüglich aufgetreten, sondern in der Regel erst nach Stunden, was die begutachtenden Ärzte nicht berücksichtigt hätten. Es liege keine psychische Überlagerung als Auslöser der genannten Beschwerden vor. Bei allen Tätigkeiten in Arztpraxen sei es unmöglich, Kontakt mit Latex auszuschließen. Nach dem letzten Arbeitsversuch im April 2002 sei sie bis Februar 2003 erkrankt gewesen. Schon vor der Aufgabe der Tätigkeit sei die Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert gewesen. Hierzu hat sie Gutachten des Internisten und Allergologen Dr. M. (die Klägerin könne als Arzthelferin unter den üblichen Gegebenheiten moderner Arztpraxen arbeiten, eine bezüglich Latex weitgehende Allergiefreiheit sei in der Regel durchaus zu erreichen), der Hautärztin Dr. K. (es bestünden eine Latex- und verschiedene Kontaktallergien, die Klägerin könne in einer latexfreien Umgebung ihren Beruf als Arzthelferin ausüben, wie von Prof. Dr. Dr. Sch. dargelegt, zwinge eine berufsbedingte Latexallergie heute im Gesundheitswesen in der Regel objektiv nicht mehr zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit, die vorgetragenen Beschwerden könnten bei hochgradiger Latexallergie vorkommen, dann seien aber auch Hauttests und Blutbefunde hochsignifikant, möglicherweise habe sich eine psychovegetative Eigendynamik entwickelt, weswegen sie die Einholung eines psychologisch-psychiatrischen Gutachtens anrege) sowie des Nervenarztes Dr. T. (Anpassungsstörung (depressive Reaktion), psychiatrisch leichte funktionelle Einschränkung) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2003 und den Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2001 aufzuheben sowie festzustellen, dass ihre Hauterkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die berufsbedingte Latexsensibilisierung habe weder eine schwere bzw. wiederholt rückfällige Hauterkrankung zur Folge, noch bestehe ein objektiver Zwang, die berufliche Tätigkeit als Arzthelferin aufzugeben. Der direkte Kontakt zu Latexhandschuhen sei vermeidbar. Dies sei ausreichend und damit eine Weiterbeschäftigung möglich. Sämtliche Gutachter seien von einer Atopie ausgegangen, insbesondere Dr. S. habe eine atopische Hautdiathese aufgrund des Atopiescorers diagnostiziert. Mit Ausnahme von Prof. Dr. Dr. P. stimmten die Gutachter auch darin überein, dass ein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Arzthelferin objektiv nicht bestehe. Die entfernte Möglichkeit eines anaphylaktischen Schocks reiche nicht aus. Sowohl Dr. S. als auch Prof. Dr. Dr. Sch. habe die Erkrankung als nicht schwer erachtet. Außerdem bestehe keine MdE um mindestens 20 v.H. und seien auch die Voraussetzungen für eine Stützrente nicht erfüllt. Zwar bewerte Prof. Dr. Dr. P. die MdE mit 20 v.H., doch sei sein Gutachten nicht schlüssig. Er beschreibe lediglich leichte sowie abgeheilte Hauterscheinungen. Dies rechtfertige keine MdE um 20 v.H., weswegen Prof. Dr. Dr. Sch. die MdE folgerichtig mit 0 bewerte.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Zulässiger und alleiniger Streitgegenstand ist vorliegend die Frage, ob eine Hauterkrankung i. S. v. Nr. 5101 der Anlage zur BKV vorliegt. Nicht (zulässiger) Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob eine Atemwegserkrankung der Klägerin nach Nrn. 4301 und 4302 der Anlage zur BKV vorliegt. Denn der dies ablehnende Bescheid vom 23. Juli 1998 ist nach der Klagerücknahme gemäß § 77 SGG bindend geworden. Allerdings sind bei einer allergischen Erkrankung - soweit eine mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch berufliche Einwirkungen verursachte Hauterkrankung im Sinne der Nr. 5101 der Anlage zur BKV vorliegt - bei der Bewertung der Folgen auch Auswirkungen in anderen Organen, z. B. der Atemwege, zu berücksichtigen, sofern sie gleichfalls wahrscheinlich beruflich und durch die Allergie bedingt sind (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. März 2001, L 17 U 289/99 in Juris).
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann Klägerin eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 45/03 R- in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dies hat die Klägerin bezüglich einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV auch getan. Ihre Leistungsbegehren hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 5101 der Anlage zur BKV schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung sowie der Aufgabezwang erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die vorstehenden Voraussetzungen einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV sind nicht erfüllt.
Die Klägerin, die nach ihren Angaben vom 9. Oktober 1997 und auch zuletzt bei der Untersuchung für das Gutachten von Prof. Dr. R. seit 1992 kontinuierlich Vinyl-Handschuhe benutzte, leidet zur Überzeugung des Senats unter einer mit Wahrscheinlichkeit durch ihre berufliche Tätigkeit als Arzthelferin seit 1972 in verschiedenen Arztpraxen, insbesondere wegen im Laufe ihres Berufslebens erfolgtem Kontakt mit Latex-Produkten, verursachten Allergie vom Soforttyp gegen Naturlatex. Dies ergibt sich aus den Berichten der Hautärzte Dr. B. und Dr. Z. , den Gutachten des Dr. F. , des Dr. S. und des Prof. Dr. Dr. Sch. sowie den Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Dr. P. und Prof. Dr. R ... Zwar ließen sich bei der Klägerin serologisch wiederholt keine IgE-Antikörper gegenüber Latex nachweisen (Berichte des Lungenfacharztes und Allergologen K. vom 29. März 1999 und des Dr. F. vom 1. September 199, Gutachten Prof. Dr. Dr. P. , Untersuchung für Gutachten Prof. Dr. R. ) und es waren auch keine spezifischen IgE-Serum-Antikörper gegen Naturlatex assoziierte Allergene (Ficus, Banane, Avocado, Esskastanien und Kiwi) feststellbar. Dies spricht jedoch - so Prof. Dr. R. - nicht gegen eine Latex-Allergie, da auch seronegative Verläufe bekannt sind.
Daneben bestehen Typ IV-Sensibilisierungen gegen Glyoxal-Trimer und Cyclohexalthiophtalimid, die - so Prof. Dr. R. überzeugend - ebenfalls mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit berufsbedingt erworben sind.
Dagegen sind die weiteren vorliegenden Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Nickel- und Kobaltsulfat nicht beruflich bedingt und die gegenüber Phenylquecksilberacetat, Quecksilberamidchlorid, Perubalsam, Amerchol L 101, Thiomersal und Tolubalsam jedenfalls nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch berufliche Belastungen entstanden. Insofern schließt sich der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. R. an. Soweit hiervon abweichend Prof. Dr. Dr. P. die Auffassung vertritt, diese Erkrankungen seien durch berufliche Einwirkungen bedingt, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung. Prof. Dr. Dr. P. hat einerseits berufliche Kontakte mit entsprechenden Stoffen unterstellt und andererseits in seinem Gutachten auf mögliche vielfältige außerberufliche Kontakte zu diesen Stoffen, insbesondere durch Kontakte mit Gegenständen des täglichen Lebens, hingewiesen. Schon auf Grund der außerberuflichen Kontakte spricht aus Sicht des Senats nicht mehr dafür als dagegen, dass diese Allergien berufsbedingt erworben wurden. Deswegen ist der Einschätzung von Prof. Dr. R. , die insofern auch im wesentlichen in Übereinstimmung steht mit der von Prof. Dr. Dr. Sch. , für den Senat überzeugend.
Auch die Klägerin begründet das Vorliegen der streitigen BK nicht mit diesen Allergien oder Sensibilisierungen, sondern ausschließlich mit der vorhandenen Latex-Allergie.
Wegen der Allergie auf Latex sind indes die Voraussetzungen einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV, insbesondere der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Arzthelferin, die mit dem Ende der Beschäftigung bei der Augenärztin Dr. Setzer erfolgte (bis zu diesem Zeitpunkt wollte die Klägerin auch nach eigenem Bekunden - so auch die Widerspruchsbegründung vom 1. August 2001 - wieder als Arzthelferin arbeiten), nicht erfüllt. Bei Beachtung der erforderlichen und möglichen Schutzmaßnahmen war bzw. wäre die Klägerin nicht gezwungen gewesen, ihre Tätigkeit als Arzthelferin aufzugeben und auf Dauer zu unterlassen. Zwar zeigte sich - wie schon von Dr. B. am 13. August 1997 bescheinigt - dass bei Kontaktexposition der Haut mit latexhaltigen Handschuhen es nach fünf Minuten zu einem Pruritus (Hautjucken) an der rechten Hand sowie beginnender Urtica (Nesselsucht) am Handrücken D III und urticariellen Eryhemen kam und zeigten sich auch bei Pricktestungen bei der Untersuchung für das Gutachten von Prof. Dr. Dr. P. (allerdings nur schwach) positive Reaktionen auf mehrere Naturlatex-Testlösungen. Auch ein Latex-Prick-Test vom 31. August 1999 zeigte - allerdings nur schwache - positive Sofortreaktionen und ein Prick-Test auf Ficus war negativ (Bericht Dr. F. vom 1. September 1999). Diese objektiven Befunde stehen in erheblichem Widerspruch zu den Angaben der Klägerin, weswegen Dr. Z. im Bericht vom 23. Juli 1999 sich auch "an Teilaspekte eines Münchhausen-Syndroms" erinnert sah.
Diese im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Latex aufgetretenen und damit objektivierten Erscheinungen sind durch die Vermeidung von unmittelbarem Kontakt der Haut mit Latex zu verhindern. Ein solcher unmittelbarer Hautkontakt zu Latex kann durch Verwendung von latexfreiem Arbeitsmaterial, insbesondere latexfreien Handschuhe aus Vinyl, wie sie die Klägerin schon 1992 verwendete, und Blutdruckmessgeräten mit latexfreiem Gummiball, latexfreier Computermaus, latexfreiem Mauspad sowie Tragen latexfreier Handschuhe, wenn im Einzelfall das Anfassen von latexhaltigen Stoffen unabwendbar sein sollte, vermieden werden. Dies räumt auch die Klägerin ein.
Ein Kontakt zu Latex über die Luft wäre zwar bei Verwendung von gepuderten Latex-Handschuhen durch Kolleginnen nicht gänzlich zu vermeiden, doch sind solche Handschuhe seit Ende der Neunziger Jahren verboten, insbesondere seit 1997 durch die Vorgabe in der TRGS (Technische Regel Gefahrstoffe) 540 (so auch Prof. Dr. Dr. P. und Prof. Dr. R. ), sodass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitsschutzbestimmungen eine aerogene Gefährdung nicht besteht.
Eine weiter gehende, von der Klägerin selbst als allein maßgeblich für die Berufsaufgabe angesehene Symptomatik ist nicht auf die Latex-Allergie zurückzuführen.
Durchgeführte Provokationstestungen zur Klärung, ob generalisierte Symptome im Rahmen der Latex-Allergie auslösbar waren, waren - so Prof. Dr. R. - negativ (so Bericht des Lungenfacharztes K. ( Normalbefund der Lungenfunktionswerte im unspezifischen bronchialen Provokationstest mit Histamin keine bronchiale Hyperreagibilität, subjektiv Atemnot bei der Klägerin nach verlassen der Praxis, die jedoch angesichts normaler Lungenfunktion bei der Nachmessung nicht objektivierbar war), Gutachten Dr. S. (kein pathologischer Befund in der Rhinometrie, von Klägerin vorgegebene Symptome waren bei Provokationstest nicht reproduzierbar), Dr. B. (bei inhalativer Provokationstestung in der Rhinometrie bei Latex kein positive Befund), keine Beschwerden durch einen verdeckt im Raum stehenden Ficus während mehrstündiger Begutachtung in der Hautklinik Bad Cannstatt). Dies zeigt - wie von verschiedenen Gutachtern dargelegt - eine erhebliche Diskrepanz zwischen subjektivem Empfinden der Klägerin und objektiv erhobenen Befunden sowohl hinsichtlich der Auslöseschwelle als auch des Ausmaßes der auf die Latex-Allergie als Hauterkrankung rückführbaren Beschwerden. Sowohl Prof. Dr. R. , als auch Dr. S. und Dr. K. sehen deshalb psychogene Beschwerden im Vordergrund. Die von der Klägerin - zu Recht - als Begründung für den Zwang zur Aufgabe ihrer Tätigkeit in den Vordergrund gestellte Symptomatik ist somit jedenfalls nicht durch die Latex-Allergie als Hauterkrankung, sondern möglicherweise oder wahrscheinlich durch eine pathologische Krankheitsverarbeitung verursacht. Aus hautärztlicher Sicht - so Prof. Dr. R. - ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin bei konsequenter Durchführung der Arbeitsschutzbestimmungen und Verzicht auf das Aufstellen von bestimmten Pflanzen wie Gummibaum und Ficus (deren Auslösen von Reaktionen jedenfalls ohne direkten Kontakt im Übrigen fraglich bleibt) gezwungen ist, eine Tätigkeit als Arzthelferin zu unterlassen. Insbesondere ist es nicht nachgewiesen, dass bei der Klägerin allein durch in verschiedenen Arbeitsgeräten ggf. enthaltene Latex-Anteile, ohne dass sie selbst in unmittelbaren Hautkontakt zu Latex kommt, Krankheitserscheinungen im Sinne der BK Nr. 5101 der Anlage zur BKV ausgelöst werden. Dass auch dann, wenn die Klägerin oder Kolleginnen mit Computermäusen mit Latexball arbeiten oder zum Beispiel Druckerwalzen mit Latexanteilen betrieben werden, Krankheitszeichen und Beschwerden dermatologisch verursacht auftreten, ist nicht nachgewiesen. Ohnehin kann die Klägerin - wie von ihr selbst eingeräumt - eine Computermaus ohne Latexball verwenden. Vorliegend ist lediglich ein Latex-Kontakt-Urtikaria-Syndrom Stadium I gesichert. Wenn auch die von der Klägerin behauptete und geschilderte komplexe Symptomatik auf ein höhergradiges Latex-Kontakt-Urtikaria-Syndrom hindeuten kann, ist ein solches durch die in den Akten enthaltenen Befunde nicht belegt. Im Gegenteil stehen ärztliche Untersuchungsbefunde einem solchen entgegen, wie z. B. fehlende Reaktion auf Latex bei der pulmonologischen Untersuchung und Fehlen eines Nachweises von unspezifischem IgE (Prof. Dr. Dr. Sch. ). Zwar kann es auch in Fällen einer extremen Sensibilisierung im Einzelfall durch solche aerogene Kontakte zu Hauterscheinungen kommen, doch müsste dann auch serologisch eine Sensibilisierung nachweisbar sein, was hier nicht der Fall ist (vgl. Dr. K. und Prof. Dr. Dr. Sch. ). Soweit die Klägerin in vielen Schilderungen erhebliche und schwerwiegende Symptome als allergische Reaktionen schildert, sind sie durch objektive Befunde nicht hinreichend gesichert. Auch die zuletzt vorgelegte Bescheinigung von Dr. Schmidt, den die Klägerin nach der gutachterlichen Untersuchung von Dr. M. aufsuchte, belegt keine Krankheitssymptome, die nachvollziehbar und mit Wahrscheinlichkeit als allergische Reaktion im Zusammenhang mit der Untersuchung für das Gutachten von Dr. M. gesehen werden könnte. Dies umso mehr, als dieser einen Normalbefund erhob und die entsprechende schwerwiegende Reaktionen auch bei anderen Testungen und Untersuchungen nicht festzustellen waren.
Mit Prof. Dr. R. , der insoweit in Übereinstimmung steht mit der Einschätzung weiter Ärzte und Gutachter (Dr. F. , Prof. Dr. Dr. Sch. , Dr. K. ), ist der Senat der Überzeugung, dass eine Hauterkrankung, insbesondere eine Allergie, für die dargelegten massiven Beschwerden der Klägerin nicht ursächlich ist. Bei Beachtung der vorgeschriebenen Arbeitsschutzmaßnahmen besteht kein Zwang, nicht mehr als Arzthelferin zu arbeiten. Der gegenteiligen Beurteilung von Prof. Dr. Dr. P. folgt der Senat nicht. Dieser Sachverständige hat die Beschwerdeangaben der Klägerin als allergiebedingt seiner Beurteilung zu Grunde gelegt. Gerade davon ist der Senat aber nicht überzeugt.
Ob die von der Klägerin zur Begründung des Zwangs zur Aufgabe ihrer Tätigkeit beschriebenen Symptome tatsächlich auf eine psychische Fehlverarbeitung der Latex-Allergie zurückzuführen sind (so insbesondere Prof. Dr. R. im Gutachten vom 11.11.2004), braucht nicht geklärt zu werden. Zum einen bestreitet die Klägerin eine psychische Störung, was durch das von ihr vorgelegte nervenärztliche Gutachten des Dr. T. vom 09.08.2003 bestätigt wird, der eine Anpassungsstörung in Form einer depressiven Reaktion diagnostiziert und als pathologisch nicht erheblich bewertet hat. Bei dieser Sachlage bliebe ungeklärt, worauf die zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit führenden Beschwerden zurückzuführen sind, was nach den dargestellten Beweisgrundsätzen zulasten der Klägerin geht.
Zum anderen könnte eine erhebliche psychische Störung (selbst wenn wesentlich durch die Latex-Allergie verursacht) mit den von der Klägerin beschriebenen allergieähnlichen Symptomen nicht den von der BK Nr. 5101 vorausgesetzten Aufgabezwang begründen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung muss eine Hauterkrankung zur Unterlassung der Tätigkeit gezwungen haben. Unter Hauterkrankung i.S. der BK Nr. 5101 sind alle beruflich bedingten Erkrankungen im Bereich der Haut zu verstehen (BSG, Urteil vom 28.04.2004, B 2 U 21/03 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 2). Hier liegt aber - wie dargelegt - lediglich eine vergleichsweise leichte Hauterkrankung vor, die eine Aufgabe der Tätigkeit als Arzthelferin keinesfalls rechtfertigt. Eine mit der beschriebenen massiven Symptomatik einhergehende psychische Erkrankung ist keine Hauterkrankung und wird deshalb von der streitigen BK nicht umfasst. Auch dann, wenn die psychische Erkrankung durch die Hauterkrankung ausgelöst worden wäre (Prof. Dr. R.: psychische Fehlverarbeitung der Latex-Allergie), würde eine psychische Erkrankung und nicht eine Hauterkrankung im Vordergrund stehen.
Auch die Typ IV-Sensibilisierungen auf Glyoxal-Trimer und Cyclohexalthiophtalimid zwingt gleichfalls nicht zur Aufgabe und zum Unterlassen einer Tätigkeit als Arzthelferin. Die entsprechenden Stoffe sind austauschbar bzw. vermeidbar. Außerdem handelt es sich hierbei nicht um eine schwere unterwiederholt rückfällige Hauterkrankungen (Prof. Dr. Dr. Sch. ).
Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV.
Da das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen vor.
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