Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 3944/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 4518/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1.12.1950 geborene Kläger hat nach dem Besuch einer Sonderschule keinen Beruf erlernt und war zuletzt bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im November 2003 als Reinigungsarbeiter bei einer Stadtverwaltung versicherungspflichtig beschäftigt. Ein erster, im September 1994 gestellter Rentenantrag war bestandskräftig abgelehnt worden (Bescheid vom 10.2.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.1995).
Einen weiteren Rentenantrag stellte der Kläger am 15.1.2003.
Die hierauf von der Beklagten veranlasste sozialmedizinische Begutachtung (Gutachten Dr. S. vom 6.2.2003) erbrachte eine Somatisierungsstörung bei einfach strukturierter Persönlichkeit, eine Hypertonie, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom, eine Hodenhydrozele, ein Übergewicht mit Fettstoffwechselstörungen sowie eine beginnende Retropatellararthrose beidseits mit einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.2.2003 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch nach Einholung ärztlicher Stellungnahmen von Dr. S. und Dr. H. mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 31.10.2003 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Während des Klageverfahrens hat der Kläger vom 11.11. bis 18.12.2003 in der Psychosomatischen Klinik Schloss W. eine stationäre Heilbehandlung durchgeführt, aus der er mit den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Somatisierungsstörung, Rückenschmerzen, essenzielle (primäre) Hypertonie und Adipositas als arbeitsunfähig und mit einem aufgehobenen Leistungsvermögen entlassen worden ist.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. I. hat in seiner Auskunft vom 6.2.2004 über einen bei der letzten Untersuchung im März 2002 nicht gravierend veränderten Gesundheitszustand berichtet.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Haas hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.2.2004 nicht zu einer Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers in der Lage gesehen. Dr. L. hat den Kläger in seinem Bericht vom 28.2.2004 als vollschichtig leistungsfähig, mit Rentenwunsch und deshalb die ärztlichen Bemühungen sabotierend beschrieben.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. D. vom 8.7.2004. Dieser diagnostiziert eine leichtgradige Oligophrenie, eine rezidivierende depressive Verstimmung sowie eine somatoforme Störung. Es seien in der Vergangenheit immer wieder phasenweise depressive Verstimmungen sowie psychische Auffälligkeiten aufgetreten, wobei bis dato keine konsequente medikamentöse antidepressive Therapie erfolgt sei. Diese sei erstmals anlässlich der gegenwärtig durchgeführten Behandlung in einer psychiatrischen Klinik (vgl. dazu im Einzelnen noch unten) eingeleitet worden, worauf zurückzuführen sei, dass der Kläger bei seiner Untersuchung nur leichtgradig depressiv verstimmt gewirkt habe und in seiner affektiven Schwingungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Durch eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei in einem gewissen Maß eine psychische Stabilisierung zu erreichen. Allerdings bleibe die psychische Belastbarkeit eingeschränkt. Ausgeschlossen seien deshalb Arbeiten mit besonderer psychischer Beanspruchung (Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck und mit erhöhter Eigenverantwortung). Das intellektuelle Leistungsvermögen dürfe nicht überfordert werden. Entsprechende Arbeiten könnten vollschichtig verrichtet werden.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 8.9.2004 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der als allenfalls angelernter Arbeiter des unteren Bereichs einzustufende und damit breit verweisbare Kläger die ihm somit noch zumutbaren - unbenannten - leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Auszugehen sei von einer psychosomatischen Überlagerung der körperlichen Befunde, die nach dem eingeholten Sachverständigengutachten, dem gefolgt werde, einer mindestens sechsstündigem Tätigkeit nicht entgegenstünden. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 10.9.2004 zur Post aufgegebenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6.10.2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Senat hat den Internisten Dr. T. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seiner Auskunft vom 8.11.2004 aus internistischer Sicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen annimmt und auf die zwischenzeitliche Durchführung einer erneuten stationären Heilbehandlung vom 26.6. bis 6.8.2004 hinweist. In dem vom Senat beigezogenen Entlassungsbericht vom 18.8.2004 ist im Wesentlichen über die Behandlung wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome mit einer erreichten Stabilisierung berichtet worden (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 32/34 der LSG-Akte Bezug genommen).
Ferner hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. N. vom 25.5.2006, der anlässlich seiner Untersuchung keine ernsthafte Erkrankung und insbesondere keine erhebliche Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens feststellt (hinsichtlich der insoweit vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen wird insbesondere auf Blatt 50 der LSG-Akte Bezug genommen). Die von Prof. Dr. N. vorgenommene Leistungsbeurteilung entspricht im Wesentlichen derjenigen von Dr. D ...
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Geprägt ist die Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens des Klägers durch körperliche Befunde hauptsächlich im Bereich der Wirbelsäule, die mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden nicht korrelieren und damit im Sinne einer Somatisierungsstörung psychisch überlagert sind. Ferner treten bei dem Kläger rezidivierend depressive Verstimmungen auf, die auf die erst in jüngerer Vergangenheit konsequent eingeleitete - auch medikamentöse - Behandlung jeweils stabilisiert werden konnten. Eine rentenrechtlich relevante, dauerhafte Leistungsminderung resultiert hieraus nicht.
Der Senat stützt seine diesbezügliche Überzeugung in erster Linie auf die im Laufe des Verfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. D. und Prof. Dr. N ... Danach bedingen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen lediglich die Beschränkung auf noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung der weiteren, in den Sachverständigengutachten im Einzelnen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen. Insbesondere ist nach den Gutachten die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung medizinisch nicht begründet. Die von den Sachverständigen vorgenommene Leistungsbeurteilung ist nach den erhobenen Befunden, bei kritischer Würdigung und der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er ihr folgt.
Die sozialmedizinische Beurteilung bei Somatisierungsstörungen erfordert eine ausführliche Befragung des Probanden zu den Tagesaktivitäten. Erfragt (und hinterfragt) werden müssen auch Symptome des sozialen Rückzugs. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47).
Hinsichtlich der Auswirkungen von Schmerzen auf die Erwerbsfähigkeit ist zu beachten, dass je nach Ausprägung der Schmerzsymptomatik die Konzentration deutlich beeinträchtigt sein kann, es können auch kognitive Störungen auftreten. Antriebstörungen, Störungen der Vitalgefühle und weitere depressive Symptome sind häufig vorhanden, bei entsprechendem Schweregrad auch suizidale Tendenzen. Chronische Schmerzen können die Möglichkeit der Betroffenen, an Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen, beeinträchtigen. Es kann zu einem zunehmenden sozialen Rückzug kommen, da die Betroffenen gegebenenfalls ihre körperlichen Aktivitäten einschränken, gewissermaßen ihre gesamte Lebensgestaltung dem chronischen Schmerz unterordnen.
Für die Leistungsbeurteilung ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, dass der Gutachter die Entwicklung der Schmerzsymptomatik und ihre Auswirkungen insbesondere auf dem Bereich der sozialen Möglichkeiten und Aktivitäten bei dem Probanden differenziert erfragt. Eine exakte Erhebung und Darstellung der medikamentösen Therapie (unter Umständen einer vorhandenen Medikamentenabhängigkeit) ist ebenso erforderlich wie die Einsichtnahme in ein eventuell vorhandenes Schmerztagebuch. Erfragt werden muss differenziert der Tagesablauf des Probanden, weil sich hier unter Umständen Hinweise auf Partizipationsstörungen ergeben. Das Fehlen einer objektiven Messmethode zur Quantifizierung des Schmerzes erschwert die Leistungsbeurteilung dieser Probanden, auch die Verwendung entsprechender Schmerzskalen in der Leistungsbeurteilung ist nicht zielführend, sodass der Gutachter nur durch eine umfassende und auch zeitlich umfangreiche Befragung des Probanden eine nachvollziehbare und zutreffende Beurteilung abgeben kann. Zu beurteilen sind neben dem Ausmaß der psychopathologischen Auffälligkeiten und dem eventuell bestehenden Ausmaß einer schmerzbedingten Persönlichkeitsveränderung die Fragen nach einer eventuell stattgefundenen Adaption an die Symptomatik bzw. nach bisher vom Probanden eingeschlagenen Coping-Strategien (Empfehlung für die sozialmedizinische Beurteilung bei chronischen Schmerzsyndromen DRV-Schriften, Band 30, S. 51/52).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall insbesondere unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. N. erhobenen Tagesablaufs ergibt hier keine Einschränkungen, die im oben beschriebenen Sinne eine zeitliche Leistungseinschränkung rechtfertigen. Vielmehr hat der Sachverständige ausdrücklich wesentliche Einschränkungen der Tages- und Lebensgestaltung ausdrücklich verneint.
Hinsichtlich der beim Kläger - in körperlicher Hinsicht - vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden hat sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt gefühlt. Hierfür ist maßgebend, dass derartigen orthopädischen Befunden in aller Regel bereits durch die Einhaltung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann. Lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung gerechtfertigt sein. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der hier zu beurteilenden Befunde liegen hierfür keine Anhaltspunkte vor. So hat insbesondere Dr. D. neurologischerseits Nervenwurzelbeteiligungen ausgeschlossen. Neben der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten sind daher vorliegend lediglich die weiteren - nicht außergewöhnlichen - qualitativen Einschränkungen zu beachten, die bereits Dr. S. im Verwaltungsverfahren gefordert hat (vgl. Blatt 289 der Rentenakte).
Soweit in der Vergangenheit - während akuter depressiver Verstimmungen - immer wieder das Leistungsvermögen aus diesen Gründen aufgehoben gewesen sein sollte (vgl. z. B. den Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Schloss W.), handelt es sich hierbei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens um lediglich vorübergehende (d. h. nicht länger als sechs Monate andauernde), im Übrigen einer Behandlung zugängliche und damit rentenrechtlich nicht relevante Einschränkungen.
Im Rahmen der dem Kläger zumutbaren leichten Tätigkeiten ist keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu beachten, die dazu zwingen würde, unter diesem Gesichtspunkt eine konkrete Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu benennen, die der vollschichtig bzw. mindestens sechsstündig arbeitsfähige Kläger noch verrichten kann, bzw. zu prüfen, inwiefern derartige Arbeitsplätze überhaupt vorhanden sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 75, 81, 90, 104, 117, 136).
Nur ausnahmsweise u.a. in diesen Fällen ist nämlich auch für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem bzw. sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. mwN), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr muss eine Verweisungstätigkeit erst benannt werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger und außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Tätigkeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen, und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den wesentlichen qualitativen Einschränkungen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen qualitativen Einschränkungen engen das Arbeitsfeld des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt darüber hinaus nicht in ungewöhnlicher Weise weiter ein.
Zwar verneint der Senat im Falle des Klägers damit das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verkennt dabei aber nicht, dass das Leistungsvermögen in mehrfacher Hinsicht qualitativ eingeschränkt ist. Gleichwohl ist ihm der allgemeine Arbeitsmarkt deshalb nicht verschlossen. Nach den durchgeführten Ermittlungen ist nämlich nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht mehr fähig sein soll, beispielsweise Zureich-, Abnehm-, Montier-, Klebe-, Sortier-, Verpackungs- und/oder Etikettierarbeiten vollschichtig zu verrichten. Derartige Tätigkeiten erfordern kein Heben und Tragen von mehr als 5 bis 6 kg, sind in der Regel in überwiegend sitzender Arbeitsposition mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung nach dem individuellen Bedarf, in Normalarbeitszeit, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Stressbelastungen ausführbar und werden in geschlossenen, wohltemperierten Räumen ausgeführt (vgl. Urteile des 9. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 28.08.2001 - L 9 RJ 2798/00 - und - L 9 RJ 1657/01 - mwN).
Es kommt z.B. aber auch die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte in Betracht, im Rahmen derer die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen Berück¬sichtigung finden.
Entsprechende Tätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifver¬trages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitar¬beiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätig¬keit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommu¬nikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss. Der Senat hat deshalb bereits entschieden, dass selbst eine erhebliche Beeinträchtigung mit einer dadurch bedingten eingeschränkten Beweglichkeit und der Unfähigkeit, Lasten von mindestens 5 kg zu heben oder zu tragen, ihrer Art nach selbst bei Eintritt einer Verschlimmerung einer Pförtnertätigkeit der beschriebenen Art nicht entgegensteht (Urteil des erkennenden Senats vom 28.1.2004 - L 3 RJ 1120/03 -).
Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vor¬handen und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wer¬den auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Ba¬den-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1.12.1950 geborene Kläger hat nach dem Besuch einer Sonderschule keinen Beruf erlernt und war zuletzt bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im November 2003 als Reinigungsarbeiter bei einer Stadtverwaltung versicherungspflichtig beschäftigt. Ein erster, im September 1994 gestellter Rentenantrag war bestandskräftig abgelehnt worden (Bescheid vom 10.2.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.1995).
Einen weiteren Rentenantrag stellte der Kläger am 15.1.2003.
Die hierauf von der Beklagten veranlasste sozialmedizinische Begutachtung (Gutachten Dr. S. vom 6.2.2003) erbrachte eine Somatisierungsstörung bei einfach strukturierter Persönlichkeit, eine Hypertonie, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom, eine Hodenhydrozele, ein Übergewicht mit Fettstoffwechselstörungen sowie eine beginnende Retropatellararthrose beidseits mit einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.2.2003 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch nach Einholung ärztlicher Stellungnahmen von Dr. S. und Dr. H. mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 31.10.2003 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Während des Klageverfahrens hat der Kläger vom 11.11. bis 18.12.2003 in der Psychosomatischen Klinik Schloss W. eine stationäre Heilbehandlung durchgeführt, aus der er mit den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Somatisierungsstörung, Rückenschmerzen, essenzielle (primäre) Hypertonie und Adipositas als arbeitsunfähig und mit einem aufgehobenen Leistungsvermögen entlassen worden ist.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. I. hat in seiner Auskunft vom 6.2.2004 über einen bei der letzten Untersuchung im März 2002 nicht gravierend veränderten Gesundheitszustand berichtet.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Haas hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.2.2004 nicht zu einer Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers in der Lage gesehen. Dr. L. hat den Kläger in seinem Bericht vom 28.2.2004 als vollschichtig leistungsfähig, mit Rentenwunsch und deshalb die ärztlichen Bemühungen sabotierend beschrieben.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. D. vom 8.7.2004. Dieser diagnostiziert eine leichtgradige Oligophrenie, eine rezidivierende depressive Verstimmung sowie eine somatoforme Störung. Es seien in der Vergangenheit immer wieder phasenweise depressive Verstimmungen sowie psychische Auffälligkeiten aufgetreten, wobei bis dato keine konsequente medikamentöse antidepressive Therapie erfolgt sei. Diese sei erstmals anlässlich der gegenwärtig durchgeführten Behandlung in einer psychiatrischen Klinik (vgl. dazu im Einzelnen noch unten) eingeleitet worden, worauf zurückzuführen sei, dass der Kläger bei seiner Untersuchung nur leichtgradig depressiv verstimmt gewirkt habe und in seiner affektiven Schwingungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Durch eine konsequente psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei in einem gewissen Maß eine psychische Stabilisierung zu erreichen. Allerdings bleibe die psychische Belastbarkeit eingeschränkt. Ausgeschlossen seien deshalb Arbeiten mit besonderer psychischer Beanspruchung (Akkord-, Schicht-, Nachtarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck und mit erhöhter Eigenverantwortung). Das intellektuelle Leistungsvermögen dürfe nicht überfordert werden. Entsprechende Arbeiten könnten vollschichtig verrichtet werden.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 8.9.2004 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der als allenfalls angelernter Arbeiter des unteren Bereichs einzustufende und damit breit verweisbare Kläger die ihm somit noch zumutbaren - unbenannten - leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne. Auszugehen sei von einer psychosomatischen Überlagerung der körperlichen Befunde, die nach dem eingeholten Sachverständigengutachten, dem gefolgt werde, einer mindestens sechsstündigem Tätigkeit nicht entgegenstünden. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 10.9.2004 zur Post aufgegebenen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6.10.2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Senat hat den Internisten Dr. T. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seiner Auskunft vom 8.11.2004 aus internistischer Sicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen annimmt und auf die zwischenzeitliche Durchführung einer erneuten stationären Heilbehandlung vom 26.6. bis 6.8.2004 hinweist. In dem vom Senat beigezogenen Entlassungsbericht vom 18.8.2004 ist im Wesentlichen über die Behandlung wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome mit einer erreichten Stabilisierung berichtet worden (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 32/34 der LSG-Akte Bezug genommen).
Ferner hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. N. vom 25.5.2006, der anlässlich seiner Untersuchung keine ernsthafte Erkrankung und insbesondere keine erhebliche Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens feststellt (hinsichtlich der insoweit vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen wird insbesondere auf Blatt 50 der LSG-Akte Bezug genommen). Die von Prof. Dr. N. vorgenommene Leistungsbeurteilung entspricht im Wesentlichen derjenigen von Dr. D ...
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Geprägt ist die Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens des Klägers durch körperliche Befunde hauptsächlich im Bereich der Wirbelsäule, die mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden nicht korrelieren und damit im Sinne einer Somatisierungsstörung psychisch überlagert sind. Ferner treten bei dem Kläger rezidivierend depressive Verstimmungen auf, die auf die erst in jüngerer Vergangenheit konsequent eingeleitete - auch medikamentöse - Behandlung jeweils stabilisiert werden konnten. Eine rentenrechtlich relevante, dauerhafte Leistungsminderung resultiert hieraus nicht.
Der Senat stützt seine diesbezügliche Überzeugung in erster Linie auf die im Laufe des Verfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. D. und Prof. Dr. N ... Danach bedingen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen lediglich die Beschränkung auf noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung der weiteren, in den Sachverständigengutachten im Einzelnen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen. Insbesondere ist nach den Gutachten die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung medizinisch nicht begründet. Die von den Sachverständigen vorgenommene Leistungsbeurteilung ist nach den erhobenen Befunden, bei kritischer Würdigung und der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er ihr folgt.
Die sozialmedizinische Beurteilung bei Somatisierungsstörungen erfordert eine ausführliche Befragung des Probanden zu den Tagesaktivitäten. Erfragt (und hinterfragt) werden müssen auch Symptome des sozialen Rückzugs. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47).
Hinsichtlich der Auswirkungen von Schmerzen auf die Erwerbsfähigkeit ist zu beachten, dass je nach Ausprägung der Schmerzsymptomatik die Konzentration deutlich beeinträchtigt sein kann, es können auch kognitive Störungen auftreten. Antriebstörungen, Störungen der Vitalgefühle und weitere depressive Symptome sind häufig vorhanden, bei entsprechendem Schweregrad auch suizidale Tendenzen. Chronische Schmerzen können die Möglichkeit der Betroffenen, an Aktivitäten des täglichen Lebens teilzunehmen, beeinträchtigen. Es kann zu einem zunehmenden sozialen Rückzug kommen, da die Betroffenen gegebenenfalls ihre körperlichen Aktivitäten einschränken, gewissermaßen ihre gesamte Lebensgestaltung dem chronischen Schmerz unterordnen.
Für die Leistungsbeurteilung ist es deshalb von entscheidender Bedeutung, dass der Gutachter die Entwicklung der Schmerzsymptomatik und ihre Auswirkungen insbesondere auf dem Bereich der sozialen Möglichkeiten und Aktivitäten bei dem Probanden differenziert erfragt. Eine exakte Erhebung und Darstellung der medikamentösen Therapie (unter Umständen einer vorhandenen Medikamentenabhängigkeit) ist ebenso erforderlich wie die Einsichtnahme in ein eventuell vorhandenes Schmerztagebuch. Erfragt werden muss differenziert der Tagesablauf des Probanden, weil sich hier unter Umständen Hinweise auf Partizipationsstörungen ergeben. Das Fehlen einer objektiven Messmethode zur Quantifizierung des Schmerzes erschwert die Leistungsbeurteilung dieser Probanden, auch die Verwendung entsprechender Schmerzskalen in der Leistungsbeurteilung ist nicht zielführend, sodass der Gutachter nur durch eine umfassende und auch zeitlich umfangreiche Befragung des Probanden eine nachvollziehbare und zutreffende Beurteilung abgeben kann. Zu beurteilen sind neben dem Ausmaß der psychopathologischen Auffälligkeiten und dem eventuell bestehenden Ausmaß einer schmerzbedingten Persönlichkeitsveränderung die Fragen nach einer eventuell stattgefundenen Adaption an die Symptomatik bzw. nach bisher vom Probanden eingeschlagenen Coping-Strategien (Empfehlung für die sozialmedizinische Beurteilung bei chronischen Schmerzsyndromen DRV-Schriften, Band 30, S. 51/52).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall insbesondere unter Berücksichtigung des von Prof. Dr. N. erhobenen Tagesablaufs ergibt hier keine Einschränkungen, die im oben beschriebenen Sinne eine zeitliche Leistungseinschränkung rechtfertigen. Vielmehr hat der Sachverständige ausdrücklich wesentliche Einschränkungen der Tages- und Lebensgestaltung ausdrücklich verneint.
Hinsichtlich der beim Kläger - in körperlicher Hinsicht - vorliegenden Wirbelsäulenbeschwerden hat sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt gefühlt. Hierfür ist maßgebend, dass derartigen orthopädischen Befunden in aller Regel bereits durch die Einhaltung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann. Lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung gerechtfertigt sein. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der hier zu beurteilenden Befunde liegen hierfür keine Anhaltspunkte vor. So hat insbesondere Dr. D. neurologischerseits Nervenwurzelbeteiligungen ausgeschlossen. Neben der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten sind daher vorliegend lediglich die weiteren - nicht außergewöhnlichen - qualitativen Einschränkungen zu beachten, die bereits Dr. S. im Verwaltungsverfahren gefordert hat (vgl. Blatt 289 der Rentenakte).
Soweit in der Vergangenheit - während akuter depressiver Verstimmungen - immer wieder das Leistungsvermögen aus diesen Gründen aufgehoben gewesen sein sollte (vgl. z. B. den Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Schloss W.), handelt es sich hierbei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens um lediglich vorübergehende (d. h. nicht länger als sechs Monate andauernde), im Übrigen einer Behandlung zugängliche und damit rentenrechtlich nicht relevante Einschränkungen.
Im Rahmen der dem Kläger zumutbaren leichten Tätigkeiten ist keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu beachten, die dazu zwingen würde, unter diesem Gesichtspunkt eine konkrete Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu benennen, die der vollschichtig bzw. mindestens sechsstündig arbeitsfähige Kläger noch verrichten kann, bzw. zu prüfen, inwiefern derartige Arbeitsplätze überhaupt vorhanden sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 75, 81, 90, 104, 117, 136).
Nur ausnahmsweise u.a. in diesen Fällen ist nämlich auch für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem bzw. sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. mwN), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr muss eine Verweisungstätigkeit erst benannt werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger und außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Tätigkeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen, und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den wesentlichen qualitativen Einschränkungen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen qualitativen Einschränkungen engen das Arbeitsfeld des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt darüber hinaus nicht in ungewöhnlicher Weise weiter ein.
Zwar verneint der Senat im Falle des Klägers damit das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verkennt dabei aber nicht, dass das Leistungsvermögen in mehrfacher Hinsicht qualitativ eingeschränkt ist. Gleichwohl ist ihm der allgemeine Arbeitsmarkt deshalb nicht verschlossen. Nach den durchgeführten Ermittlungen ist nämlich nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht mehr fähig sein soll, beispielsweise Zureich-, Abnehm-, Montier-, Klebe-, Sortier-, Verpackungs- und/oder Etikettierarbeiten vollschichtig zu verrichten. Derartige Tätigkeiten erfordern kein Heben und Tragen von mehr als 5 bis 6 kg, sind in der Regel in überwiegend sitzender Arbeitsposition mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung nach dem individuellen Bedarf, in Normalarbeitszeit, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Stressbelastungen ausführbar und werden in geschlossenen, wohltemperierten Räumen ausgeführt (vgl. Urteile des 9. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 28.08.2001 - L 9 RJ 2798/00 - und - L 9 RJ 1657/01 - mwN).
Es kommt z.B. aber auch die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte in Betracht, im Rahmen derer die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen Berück¬sichtigung finden.
Entsprechende Tätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifver¬trages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitar¬beiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätig¬keit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommu¬nikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich auch für Personen, deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss. Der Senat hat deshalb bereits entschieden, dass selbst eine erhebliche Beeinträchtigung mit einer dadurch bedingten eingeschränkten Beweglichkeit und der Unfähigkeit, Lasten von mindestens 5 kg zu heben oder zu tragen, ihrer Art nach selbst bei Eintritt einer Verschlimmerung einer Pförtnertätigkeit der beschriebenen Art nicht entgegensteht (Urteil des erkennenden Senats vom 28.1.2004 - L 3 RJ 1120/03 -).
Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vor¬handen und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wer¬den auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Ba¬den-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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