Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2337/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5752/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 2003 geborene Kläger leidet an einer angeborenen Zwerchfellhernie, einer cerebralen Schädigung und einer ausgeprägten Entwicklungsstörung. Seit Januar 2006 besucht er den Kindergarten für behinderte Kinder "A." in K ... Er wird vom M. Fahrdienst mit einem Bus abgeholt und zum Kindergarten, der etwa fünf Kilometer vom Wohnort entfernt ist, gebracht.
Am 25. Januar 2006 stellte das Sozialpädiatrische Zentrum des Universitätsklinikums K. eine Verordnung über ein Hilfsmittel für den Kläger aus. Verordnet wurde ein Hochsitz mit angepasster Sitzschale, einer Tischplatte, einem Vier-Punkt-Gurt, einem Fußteil, einer Kopfstütze und vier Seitenplatten als Zweitversorgung für den Kindergarten. Als Diagnose wurde eine globale Entwicklungsstörung mit gemischter Koordinationsstörung angegeben. Diese Verordnung wurde der Beklagten mittels Telefax am 07. Februar 2006 übersandt. Der Orthopädietechnikermeister W. führte nach einem Besuch des Klägers zu Hause in seiner Stellungnahme vom 08. Februar 2006 aus, der Kläger sei mit einem Zimmeruntergestell, einer Sitzschale, einem Buggy, einer Badeliege, einem Autokindersitz und diversen anderen Hilfsmitteln versehen. Eine passgerechte Versorgung sei vorhanden. Die Sitzschale werde nach Angaben der Eltern mehrmals täglich für eine halbe Stunde genutzt. Ein Dekubitus bestehe nicht. Die Badeliege werde teilweise auch zur Lagerung genutzt.
Mit Bescheid vom 20. Februar 2006 lehnte die Beklagte die beantragte Versorgung ab. Ursache für die beantragte Zweitversorgung seien nicht medizinische oder hygienische Gründe, sondern der Umstand, dass der M. Fahrdienst den Kläger nicht mit einem entsprechenden Behindertentransport zu Hause abhole.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 19. März 2006 Widerspruch ein. Die so genannte Sitzschale sei nicht nur für die Nahrungsaufnahme, sondern auch für die kognitive und soziale Entwicklung dringend erforderlich. Die Erziehungskräfte des Kindergartens seien durch das Fehlen des unentbehrlichen Hilfsmittels bereits überstrapaziert. Eine Rückfrage beim M. Fahrdienst habe ergeben, dass die Mitnahme derartiger Hilfsmittel aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei. Ergänzend legte er eine Stellungnahme des Fahrdienstleiters der M. Hilfsdienst gGmbH vom 13. März 2006 vor. Darin wird ausgeführt, in den Fahrzeugen des Linienfahrdiensts sei die Mitnahme von Möbelstücken oder anderer sperriger Gegenstände (mit Ausnahme von klappbaren Rollstühlen und Gehwagen) nicht erlaubt. Es sei deshalb nicht möglich, den Stuhl im Fahrzeug mitzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei mit einem entsprechenden Hilfsmittel, einem Hochsitz mit angepasster Sitzschale und Tischplatte, zu Hause versorgt. Es bestehe nur die Verpflichtung, Hilfsmittel in einfacher Stückzahl zu gewähren. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn das Hilfsmittel aus hygienischen Gründen ständig oder häufiger gewechselt werden müsse. Der Grund für die beantragte Zweitversorgung seien nicht medizinische oder hygienische Gründe, sondern Transportprobleme. Diese seien von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu lösen.
Der Kläger hat am 25. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben (S 8 KR 2017/06) mit dem Begehren, die Kosten für den von ihm benötigten Sitzstuhl zu übernehmen. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Am 24. August 2006 hat er beim Sozialgericht Konstanz im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm vorläufig eine Sitzschale als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zu finanzieren bzw. zur Verfügung zu stellen. Unter Bezugnahme auf die Begründung der Klage hat er geltend gemacht, er leide an einer Muskelhypertonie. Es sei ihm nicht möglich, aus eigener Kraft zu sitzen. Deshalb benötige er die Sitzschale, die auf Grund ihrer Auspolsterung den Körper stabilisiere. Wegen der Muskelhypertonie sei er dauernd auf die Hilfe der Kindergärtnerinnen angewiesen. Er könne den Körper nicht aus eigener Kraft halten und liege deshalb hauptsächlich auf dem Boden. Spielen mit anderen Kindern sei nicht möglich. Die Arme könne er nur zum Einsatz bringen, wenn der Körper durch den Sitzstuhl gestützt werde. Nur dann sei auch Spielen möglich. Da er derzeit ausschließlich auf dem Boden liege und somit die Arme nicht benutzen könne, werde er in seiner Entwicklung gehemmt. Für ein tägliches Training sei es unverzichtbar, dass er zumindest seine Arme zum Spielen und zum selbstständigen Essen einsetzen könne. Die Versorgung mit einer zweiten Sitzschale sei deshalb dringend erforderlich. Das Argument der Beklagten, die vorhandene Sitzschale könne ohne Weiteres transportiert werden, gehe fehl. Gegen den Transport der vorhandenen Schale bestünden seitens des Fahrdienstes erhebliche Einwände. Der Hochstuhl sei schon auf Grund seines instabilen Zustandes nicht transportabel. Da der Hochstuhl die kognitive und soziale Entwicklung fördere, drohe ihm mangels Stuhl ein nicht wiedergutzumachender Nachteil in seiner Entwicklung. Ein Anspruch auf Zweitversorgung ergebe sich bereits aus der im Hauptsacheverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Leiters des Sozialpädiatrischen Zentrums des Klinikums K. Dr. K. vom 21. Juli 2006, wonach die Versorgung mit einem so genannten Hochstuhl für die weitere Entwicklung unverzichtbar sei. Es handle sich um die Befriedigung eines elementaren Grundbedürfnisses, weil er den Sitzstuhl auch zur Nahrungsaufnahme benötige. Die Sitzschale, die daheim verwendet werde, sei durch mehrfachen Umbau bereits instabil und könne deshalb nicht transportiert werden. Ein anderes Fahrzeug sei beim M. Fahrdienst nicht vorhanden. Im Übrigen gehe es ihm nicht um den Besuch des Kindergartens, sondern um die Möglichkeit, eigenständig zu essen und sich im Rahmen der Integration fortzuentwickeln. Hierfür sei allerdings der Kindergarten unerlässlich. Seiner Mutter, die einer Berufstätigkeit nachgehe, sei es nicht möglich, ihn allein zu betreuen.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten. Der Kläger sei mit den notwendigen Hilfsmitteln versorgt worden. Eine Zweitversorgung sei nicht notwendig. Nach ihrem Kenntnisstand sei ein Transport der Sitzschale mit Untergestell von der Wohnung in den Kindergarten wohl möglich, wenn der Fahrdienst nicht das übliche Fahrzeug, sondern ein geeignetes Fahrzeug verwende, das dieses Hilfsmittel sicher transportieren könne. Sie sei auch nicht verpflichtet, den Besuch des Kindergartens zu ermöglichen. Folgen einer Behinderung, die im privaten, gesellschaftlichen oder beruflichen Bereich aufträten, seinen nicht von ihr, sondern möglicherweise vom Sozialhilfeträger auszugleichen.
Mit Beschluss vom 10. Oktober 2006 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es bestünden Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Kläger besuche bereits seit Januar 2006 den Kindergarten und werde dort von den Kindergärtnerinnen mit Essen versorgt und betreut. Einen Eilantrag habe er erst im August 2006 gestellt. Es sei nicht offensichtlich, dass der Kläger nicht bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache warten könne. Es sei auch kein Anordnungsanspruch gegeben. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei die medizinische Rehabilitation. In diesem Rahmen seien durch Hilfsmittelversorgung Körperfunktionen soweit wie möglich wiederherzustellen, damit ein selbstständiges Leben geführt werden könne. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation sei Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Maßgebliches Kriterium für die Eignung eines Hilfsmittels zum Ausgleich eines Funktionsdefizites sei die wesentliche Verbesserung elementarer Grundbedürfnisse. Darunter falle nicht der Besuch eines Kindergartens. Der Erwerb einer elementaren Schulbildung sei vom Bundessozialgericht (BSG) als Grundbedürfnis qualifiziert worden. Der Kindergartenbesuch verfolge diese Bildungsziele nicht. Eine allgemeine Kindergartenpflicht für Kinder bestehe nicht. Der Kindergartenbesuch gehöre deshalb dem Freizeitbereich an. Für eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die Ermöglichung sozialer Kontakte sei ein Kindergartenbesuch nicht zwingend notwendig. Zur Befriedigung der Grundbedürfnisse Nahrungsaufnahme und selbstständige Ernährung sei eine Zweitversorgung nicht erforderlich. Hygienische Gründe oder eine besondere Materialbelastung seien weder dargetan noch ersichtlich.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 12. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13. November 2006 (Montag) Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 14. November 2006).
Der Kläger, der auf Anfrage des Senats angegeben hat, es gehe ihm um die Kostenübernahme eines kompletten Hochstuhls, bezieht sich zur Begründung der Beschwerde im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag. Das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Versorgung mit einem Hochstuhl nicht nur sozialen Bedürfnissen diene, sondern auch dem Ausgleich körperlicher Funktionsdefizite förderlich sei. Es werde der Verschlechterung eines körperlichen Zustandes, nämlich der Ausbildung eines Rundrückens, entgegengewirkt. Der Hochstuhl erschließe ihm einen gewissen körperlichen und geistigen Freiraum, den er ansonsten nur mit Hilfe der Kindergärtnerinnen erreichen könne. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob er sich im Kindergarten oder in einer Regelschule befinde. Gerade für behinderte Kinder sei der Kindergarten eine unentbehrliche Fördermöglichkeit. Ein Transport der bereits vorhandenen Sitzschale stelle keine Alternative dar. Eine Zweitversorgung sei nicht ausgeschlossen. Eine besondere Beanspruchung des vorhandenen Hilfsmittels liege vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, ihm vorläufig einen Hochstuhl entsprechend der Verordnung vom 25. Januar 2006 als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, der Kläger besuche seit über sieben Monate den Kindergarten. Ein wesentlicher Nachteil, der beim Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eintrete, sei nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Akten des Senats Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Frage, ob dem Kläger im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Hochstuhl entsprechend der Verordnung vom 25. Januar 2006 als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zur Verfügung zu stellen ist, nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) richtet. Das Sozialgericht hat weiter zutreffend dargelegt, dass eine einstweilige Anordnung in Betracht kommt, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind. Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Grundsätzlich kann hinsichtlich des geltend gemachten Anordnungsanspruchs nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, um so weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Bei Beeinträchtigung besonders hoher Rechtsgüter - im Rahmen der Krankenversicherung gehören dazu Beeinträchtigungen von Leben und körperlicher Unversehrtheit - verbietet sich gegebenenfalls eine nur summarische Prüfung. Bleibt für eine intensive Prüfung keine Zeit, ist eine reine Folgenabwägung vorzunehmen, ohne dass dabei die Erfolgsaussicht der Hauptsache intensiv zu prüfen wäre (Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236).
1. Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.
1.1. Ein Anspruch auf eine Zweitversorgung mit einem Hochstuhl gegen die gesetzliche Krankenversicherung dürfte nach vorläufiger Prüfung nicht bestehen. Der Anspruch kann vorliegend nur auf § 33 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) gestützt werden. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass und aus welchen Gründen das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht wahrscheinlich ist. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Hilfsmittel, das dem Behinderungsausgleich dient, nur dann notwendig ist, wenn es entweder unmittelbar zum Ausgleich eines Funktionsdefizits oder der wesentlichen Verbesserung elementarer Grundbedürfnisse des täglichen Lebens dient. Durch die begehrte Versorgung mit dem Hochstuhl findet ein unmittelbarer, am Körper ansetzender Ausgleich eines Funktionsdefizits nicht statt. Die Versorgung dient auch nicht dem Ausgleich elementarer Grundbedürfnisse. Zu den elementaren Grundbedürfnissen gehören - wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation und das Erlangen von Schulwissen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 6; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 40) umfasst. Danach dürfte der Besuch eines Kindergartens nicht zu den elementaren Grundbedürfnissen in diesem Sinne gehören. Der Besuch einer Regelschule wird zu den elementaren Grundbedürfnissen gerechnet, weil einerseits in der Bundesrepublik Deutschland eine allgemeine Schulpflicht besteht und andererseits das Erlangen einer gewissen Bildung Grundvoraussetzung eines möglichst selbstständigen Lebens ist. Dies dürfte beim Besuch eines Kindergartens nicht in gleicher Weise der Fall sein. Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass ein Kindergartenbesuch sicherlich sinnvoll ist. Eine Notwendigkeit und Unabdingbarkeit besteht jedoch nicht. Auch aus dem Umstand, dass seine Mutter berufstätig ist, folgt nicht, dass der Besuch eines Kindergartens zwingend notwendig wäre.
Zu den elementaren Grundbedürfnissen gehören dagegen die selbstständige Ernährung und die Erschließung eines geistigen Freiraums sowie die Ermöglichung geistiger Betätigungen. Soweit der Kläger geltend macht, zur Ausbildung dieser Fähigkeiten sei er auf den Hochstuhl angewiesen, ist dem entgegenzuhalten, dass er bereits mit einem solchen ausgestattet ist. Die Beklagte hat ihrer Verpflichtung zur Versorgung des Klägers mit dem entsprechenden Hilfsmittel bereits genügt. Dass der Kläger darüber hinausgehend einen Anspruch auf eine Zweitversorgung mit demselben oder einem ähnlichen Hilfsmittel hat, ist derzeit nicht wahrscheinlich. Eine Zweitversorgung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn das Hilfsmittel tatsächlich stark beansprucht ist oder hygienische Gründe einen häufigeren Wechsel des Hilfsmittels erforderlich machen. Solche Umstände sind derzeit nicht ersichtlich. Zwar behauptet der Kläger, der zu Hause verwendete Hochstuhl sei infolge mehrfachen Auseinanderbauens instabil, er bestreitet jedoch nicht, dass der Hochstuhl noch bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Die Instabilität steht nach Ansicht des Klägers lediglich einem Transport durch den M. Fahrdienst entgegen. Sie dürfte deshalb nicht so ausgeprägt sein, dass eine weitere Versorgung notwendig wäre. Hygienische Gründe zwingen ebenfalls nicht zu einer Zweitversorgung.
Auch dürfte die Notwendigkeit der Zweitversorgung fraglich sein. Soweit der Kläger vorträgt, der Hochstuhl sei im Kindergarten auch zur Ausbildung der oben genannten Fähigkeiten zwingend notwendig, kann der Senat diese Argumentation nicht nachvollziehen. Der Kläger besucht einen speziellen Kindergarten für behinderte Kinder. Das bedeutet, dass das dort eingesetzte Personal für die speziellen Erfordernisse und Anforderungen behinderter Kinder ausgebildet ist und der Kindergarten über die notwendige räumliche und sachliche Ausstattung verfügt. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht überzeugend, wenn der Kläger ohne jede Substantiierung vorträgt, die Kindergärtnerinnen seien überlastet.
Auch die Stellungnahme des M. Hilfsdienstes, wonach die Mitnahme des Hochstuhls im Linienfahrdienst aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei, überzeugt in der Sache nicht. Der M. Hilfsdienst bietet ausdrücklich einen Fahrdienst für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung an. Klappbare Rollstühle und Gehwagen können nach der vorgelegten Auskunft vom 13. März 2006 befördert werden. Weshalb dann andere sperrige Gegenstände nicht mitgenommen werden können, erschließt sich nicht ohne weiteres. Im Übrigen hat der Kläger auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass die Sitzschale, die sich auf dem Hochstuhl befindet, vom Gestell getrennt werden kann. Damit stellt sich das Hilfsmittel insgesamt auch nicht als deutlich sperriger dar, als dies bei einem klappbaren Rollstuhl oder Gehwagen der Fall wäre.
1.2. Auch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) ist nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht wahrscheinlich.
Der Kläger könnte grundsätzlich zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 SGB XII gehören. Zwar richtet sich dieser Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe, im vorliegenden Falle könnte sich jedoch eine vorläufige Verpflichtung der Beklagten, einen solchen Anspruch nach den für den Sozialhilfeträger maßgeblichen Rechtsvorschriften zu prüfen und die Leistung ggfs. selbst vorläufig zu gewähren, aus § 14 Abs. 1 Satz 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) ergeben, wenn sie bei eigener Unzuständigkeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages an den zuständigen Leistungsträger weiterleitet. Die Beklagte sah sich für die begehrte Zweitversorgung als nicht zuständiger Leistungsträger an, was sich aus dem ablehnenden Bescheid vom 20. Februar 2006, der innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Verordnung am 07. Februar 2006 erging, ergibt. Gleichwohl leitete sie den Antrag nicht an einen möglicherweise anderen zuständigen Leistungsträger weiter. Anlass hierzu hätte insbesondere deshalb bestanden, weil die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen hat, dass sie für die "soziale Rehabilitation" nicht zuständig sei und dass möglicherweise eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sei.
1.3. Insgesamt ergibt sich deshalb, dass nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen des geltend gemachten Anspruchs auf die Zweitversorgung mit dem Hochstuhl derzeit jedenfalls nicht angenommen werden kann. Diese Frage ist vielmehr im Hauptsacheverfahren abschließend zu klären, wobei gegebenenfalls die Beiladung des Sozialhilfeträgers nach § 75 SGG in Betracht zu ziehen ist.
2. Auch ein Anordnungsgrund ist derzeit nicht glaubhaft gemacht. Trotz der behaupteten nicht unerheblichen Bedeutung der Versorgung des Klägers mit dem Hochstuhl ist derzeit nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens durchzuführende Versorgung des Klägers mit einem solchen Stuhl notwendig ist. Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass der Kläger den Kindergarten bereits seit Januar 2006 besucht. Im Hinblick auf die besondere Qualifikationen des Kindergartens für die Betreuung behinderter Kindern und den Umstand, dass der Kläger offensichtlich den Kindergarten weiter besucht, kann nicht davon ausgegangen werden, der Besuch des Kindergartens scheitere an der fehlenden Versorgung des Klägers mit dem Hochstuhl. Der Vortrag des Klägers zur Überlastung der Kindergärtnerinnen ist wie bereits ausgeführt - nicht substantiiert und kann angesichts des Betreuungskonzepts des Kindergartens speziell für behinderte Kinder in der Sache nicht überzeugen. Soweit der Kläger darauf hinweist, es sei dringend notwendig, seine körperliche und geistige Entwicklung zu fördern, so ist dies grundsätzlich richtig. Es ist aber nicht dargetan, welche Förderung in dem Kindergarten erfolgt und gegebenenfalls dass eine solche Förderung in dem Kindergarten für behinderte Kinder nur unter Zuhilfenahme eines weiteren Hochstuhls möglich ist. Es ist deshalb nicht dargetan, dass dem Kläger auf Grund des fehlenden weiteren Hochstuhls wesentliche Nachteile drohen. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist deshalb derzeit nicht ersichtlich.
Leben und körperliche Unversehrtheit des Klägers sind im vorliegenden Falle nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers liegt nicht etwa deshalb vor, weil die Versorgung mit dem Hochstuhl der Ausbildung eines Rundrückens entgegenwirken soll. Der Kläger behauptet eine solche Funktion, ohne dies näher zu belegen. Weder in der ärztlichen Verordnung vom 25. Januar 2006 noch in der Bescheinigung des Dr. Kratzer vom 21. Juli 2006 wird ein derartiger Versorgungszweck genannt. Dr. K. stellt vielmehr unspezifisch auf "medizinische Gründe" und die Förderung der geistigen Entwicklung ab.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG mit der (weiteren) Beschwerde nicht anfechtbar.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 2003 geborene Kläger leidet an einer angeborenen Zwerchfellhernie, einer cerebralen Schädigung und einer ausgeprägten Entwicklungsstörung. Seit Januar 2006 besucht er den Kindergarten für behinderte Kinder "A." in K ... Er wird vom M. Fahrdienst mit einem Bus abgeholt und zum Kindergarten, der etwa fünf Kilometer vom Wohnort entfernt ist, gebracht.
Am 25. Januar 2006 stellte das Sozialpädiatrische Zentrum des Universitätsklinikums K. eine Verordnung über ein Hilfsmittel für den Kläger aus. Verordnet wurde ein Hochsitz mit angepasster Sitzschale, einer Tischplatte, einem Vier-Punkt-Gurt, einem Fußteil, einer Kopfstütze und vier Seitenplatten als Zweitversorgung für den Kindergarten. Als Diagnose wurde eine globale Entwicklungsstörung mit gemischter Koordinationsstörung angegeben. Diese Verordnung wurde der Beklagten mittels Telefax am 07. Februar 2006 übersandt. Der Orthopädietechnikermeister W. führte nach einem Besuch des Klägers zu Hause in seiner Stellungnahme vom 08. Februar 2006 aus, der Kläger sei mit einem Zimmeruntergestell, einer Sitzschale, einem Buggy, einer Badeliege, einem Autokindersitz und diversen anderen Hilfsmitteln versehen. Eine passgerechte Versorgung sei vorhanden. Die Sitzschale werde nach Angaben der Eltern mehrmals täglich für eine halbe Stunde genutzt. Ein Dekubitus bestehe nicht. Die Badeliege werde teilweise auch zur Lagerung genutzt.
Mit Bescheid vom 20. Februar 2006 lehnte die Beklagte die beantragte Versorgung ab. Ursache für die beantragte Zweitversorgung seien nicht medizinische oder hygienische Gründe, sondern der Umstand, dass der M. Fahrdienst den Kläger nicht mit einem entsprechenden Behindertentransport zu Hause abhole.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 19. März 2006 Widerspruch ein. Die so genannte Sitzschale sei nicht nur für die Nahrungsaufnahme, sondern auch für die kognitive und soziale Entwicklung dringend erforderlich. Die Erziehungskräfte des Kindergartens seien durch das Fehlen des unentbehrlichen Hilfsmittels bereits überstrapaziert. Eine Rückfrage beim M. Fahrdienst habe ergeben, dass die Mitnahme derartiger Hilfsmittel aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei. Ergänzend legte er eine Stellungnahme des Fahrdienstleiters der M. Hilfsdienst gGmbH vom 13. März 2006 vor. Darin wird ausgeführt, in den Fahrzeugen des Linienfahrdiensts sei die Mitnahme von Möbelstücken oder anderer sperriger Gegenstände (mit Ausnahme von klappbaren Rollstühlen und Gehwagen) nicht erlaubt. Es sei deshalb nicht möglich, den Stuhl im Fahrzeug mitzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei mit einem entsprechenden Hilfsmittel, einem Hochsitz mit angepasster Sitzschale und Tischplatte, zu Hause versorgt. Es bestehe nur die Verpflichtung, Hilfsmittel in einfacher Stückzahl zu gewähren. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn das Hilfsmittel aus hygienischen Gründen ständig oder häufiger gewechselt werden müsse. Der Grund für die beantragte Zweitversorgung seien nicht medizinische oder hygienische Gründe, sondern Transportprobleme. Diese seien von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu lösen.
Der Kläger hat am 25. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben (S 8 KR 2017/06) mit dem Begehren, die Kosten für den von ihm benötigten Sitzstuhl zu übernehmen. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Am 24. August 2006 hat er beim Sozialgericht Konstanz im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm vorläufig eine Sitzschale als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zu finanzieren bzw. zur Verfügung zu stellen. Unter Bezugnahme auf die Begründung der Klage hat er geltend gemacht, er leide an einer Muskelhypertonie. Es sei ihm nicht möglich, aus eigener Kraft zu sitzen. Deshalb benötige er die Sitzschale, die auf Grund ihrer Auspolsterung den Körper stabilisiere. Wegen der Muskelhypertonie sei er dauernd auf die Hilfe der Kindergärtnerinnen angewiesen. Er könne den Körper nicht aus eigener Kraft halten und liege deshalb hauptsächlich auf dem Boden. Spielen mit anderen Kindern sei nicht möglich. Die Arme könne er nur zum Einsatz bringen, wenn der Körper durch den Sitzstuhl gestützt werde. Nur dann sei auch Spielen möglich. Da er derzeit ausschließlich auf dem Boden liege und somit die Arme nicht benutzen könne, werde er in seiner Entwicklung gehemmt. Für ein tägliches Training sei es unverzichtbar, dass er zumindest seine Arme zum Spielen und zum selbstständigen Essen einsetzen könne. Die Versorgung mit einer zweiten Sitzschale sei deshalb dringend erforderlich. Das Argument der Beklagten, die vorhandene Sitzschale könne ohne Weiteres transportiert werden, gehe fehl. Gegen den Transport der vorhandenen Schale bestünden seitens des Fahrdienstes erhebliche Einwände. Der Hochstuhl sei schon auf Grund seines instabilen Zustandes nicht transportabel. Da der Hochstuhl die kognitive und soziale Entwicklung fördere, drohe ihm mangels Stuhl ein nicht wiedergutzumachender Nachteil in seiner Entwicklung. Ein Anspruch auf Zweitversorgung ergebe sich bereits aus der im Hauptsacheverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Leiters des Sozialpädiatrischen Zentrums des Klinikums K. Dr. K. vom 21. Juli 2006, wonach die Versorgung mit einem so genannten Hochstuhl für die weitere Entwicklung unverzichtbar sei. Es handle sich um die Befriedigung eines elementaren Grundbedürfnisses, weil er den Sitzstuhl auch zur Nahrungsaufnahme benötige. Die Sitzschale, die daheim verwendet werde, sei durch mehrfachen Umbau bereits instabil und könne deshalb nicht transportiert werden. Ein anderes Fahrzeug sei beim M. Fahrdienst nicht vorhanden. Im Übrigen gehe es ihm nicht um den Besuch des Kindergartens, sondern um die Möglichkeit, eigenständig zu essen und sich im Rahmen der Integration fortzuentwickeln. Hierfür sei allerdings der Kindergarten unerlässlich. Seiner Mutter, die einer Berufstätigkeit nachgehe, sei es nicht möglich, ihn allein zu betreuen.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten. Der Kläger sei mit den notwendigen Hilfsmitteln versorgt worden. Eine Zweitversorgung sei nicht notwendig. Nach ihrem Kenntnisstand sei ein Transport der Sitzschale mit Untergestell von der Wohnung in den Kindergarten wohl möglich, wenn der Fahrdienst nicht das übliche Fahrzeug, sondern ein geeignetes Fahrzeug verwende, das dieses Hilfsmittel sicher transportieren könne. Sie sei auch nicht verpflichtet, den Besuch des Kindergartens zu ermöglichen. Folgen einer Behinderung, die im privaten, gesellschaftlichen oder beruflichen Bereich aufträten, seinen nicht von ihr, sondern möglicherweise vom Sozialhilfeträger auszugleichen.
Mit Beschluss vom 10. Oktober 2006 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es bestünden Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Kläger besuche bereits seit Januar 2006 den Kindergarten und werde dort von den Kindergärtnerinnen mit Essen versorgt und betreut. Einen Eilantrag habe er erst im August 2006 gestellt. Es sei nicht offensichtlich, dass der Kläger nicht bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache warten könne. Es sei auch kein Anordnungsanspruch gegeben. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei die medizinische Rehabilitation. In diesem Rahmen seien durch Hilfsmittelversorgung Körperfunktionen soweit wie möglich wiederherzustellen, damit ein selbstständiges Leben geführt werden könne. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation sei Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Maßgebliches Kriterium für die Eignung eines Hilfsmittels zum Ausgleich eines Funktionsdefizites sei die wesentliche Verbesserung elementarer Grundbedürfnisse. Darunter falle nicht der Besuch eines Kindergartens. Der Erwerb einer elementaren Schulbildung sei vom Bundessozialgericht (BSG) als Grundbedürfnis qualifiziert worden. Der Kindergartenbesuch verfolge diese Bildungsziele nicht. Eine allgemeine Kindergartenpflicht für Kinder bestehe nicht. Der Kindergartenbesuch gehöre deshalb dem Freizeitbereich an. Für eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die Ermöglichung sozialer Kontakte sei ein Kindergartenbesuch nicht zwingend notwendig. Zur Befriedigung der Grundbedürfnisse Nahrungsaufnahme und selbstständige Ernährung sei eine Zweitversorgung nicht erforderlich. Hygienische Gründe oder eine besondere Materialbelastung seien weder dargetan noch ersichtlich.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 12. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13. November 2006 (Montag) Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 14. November 2006).
Der Kläger, der auf Anfrage des Senats angegeben hat, es gehe ihm um die Kostenübernahme eines kompletten Hochstuhls, bezieht sich zur Begründung der Beschwerde im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag. Das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Versorgung mit einem Hochstuhl nicht nur sozialen Bedürfnissen diene, sondern auch dem Ausgleich körperlicher Funktionsdefizite förderlich sei. Es werde der Verschlechterung eines körperlichen Zustandes, nämlich der Ausbildung eines Rundrückens, entgegengewirkt. Der Hochstuhl erschließe ihm einen gewissen körperlichen und geistigen Freiraum, den er ansonsten nur mit Hilfe der Kindergärtnerinnen erreichen könne. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob er sich im Kindergarten oder in einer Regelschule befinde. Gerade für behinderte Kinder sei der Kindergarten eine unentbehrliche Fördermöglichkeit. Ein Transport der bereits vorhandenen Sitzschale stelle keine Alternative dar. Eine Zweitversorgung sei nicht ausgeschlossen. Eine besondere Beanspruchung des vorhandenen Hilfsmittels liege vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagten zu verpflichten, ihm vorläufig einen Hochstuhl entsprechend der Verordnung vom 25. Januar 2006 als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, der Kläger besuche seit über sieben Monate den Kindergarten. Ein wesentlicher Nachteil, der beim Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eintrete, sei nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Akten des Senats Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Frage, ob dem Kläger im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Hochstuhl entsprechend der Verordnung vom 25. Januar 2006 als Zweitversorgung für die Nutzung im Kindergarten zur Verfügung zu stellen ist, nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) richtet. Das Sozialgericht hat weiter zutreffend dargelegt, dass eine einstweilige Anordnung in Betracht kommt, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind. Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Grundsätzlich kann hinsichtlich des geltend gemachten Anordnungsanspruchs nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, um so weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Bei Beeinträchtigung besonders hoher Rechtsgüter - im Rahmen der Krankenversicherung gehören dazu Beeinträchtigungen von Leben und körperlicher Unversehrtheit - verbietet sich gegebenenfalls eine nur summarische Prüfung. Bleibt für eine intensive Prüfung keine Zeit, ist eine reine Folgenabwägung vorzunehmen, ohne dass dabei die Erfolgsaussicht der Hauptsache intensiv zu prüfen wäre (Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236).
1. Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.
1.1. Ein Anspruch auf eine Zweitversorgung mit einem Hochstuhl gegen die gesetzliche Krankenversicherung dürfte nach vorläufiger Prüfung nicht bestehen. Der Anspruch kann vorliegend nur auf § 33 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) gestützt werden. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung dargelegt, dass und aus welchen Gründen das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht wahrscheinlich ist. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Hilfsmittel, das dem Behinderungsausgleich dient, nur dann notwendig ist, wenn es entweder unmittelbar zum Ausgleich eines Funktionsdefizits oder der wesentlichen Verbesserung elementarer Grundbedürfnisse des täglichen Lebens dient. Durch die begehrte Versorgung mit dem Hochstuhl findet ein unmittelbarer, am Körper ansetzender Ausgleich eines Funktionsdefizits nicht statt. Die Versorgung dient auch nicht dem Ausgleich elementarer Grundbedürfnisse. Zu den elementaren Grundbedürfnissen gehören - wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation und das Erlangen von Schulwissen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 6; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 40) umfasst. Danach dürfte der Besuch eines Kindergartens nicht zu den elementaren Grundbedürfnissen in diesem Sinne gehören. Der Besuch einer Regelschule wird zu den elementaren Grundbedürfnissen gerechnet, weil einerseits in der Bundesrepublik Deutschland eine allgemeine Schulpflicht besteht und andererseits das Erlangen einer gewissen Bildung Grundvoraussetzung eines möglichst selbstständigen Lebens ist. Dies dürfte beim Besuch eines Kindergartens nicht in gleicher Weise der Fall sein. Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass ein Kindergartenbesuch sicherlich sinnvoll ist. Eine Notwendigkeit und Unabdingbarkeit besteht jedoch nicht. Auch aus dem Umstand, dass seine Mutter berufstätig ist, folgt nicht, dass der Besuch eines Kindergartens zwingend notwendig wäre.
Zu den elementaren Grundbedürfnissen gehören dagegen die selbstständige Ernährung und die Erschließung eines geistigen Freiraums sowie die Ermöglichung geistiger Betätigungen. Soweit der Kläger geltend macht, zur Ausbildung dieser Fähigkeiten sei er auf den Hochstuhl angewiesen, ist dem entgegenzuhalten, dass er bereits mit einem solchen ausgestattet ist. Die Beklagte hat ihrer Verpflichtung zur Versorgung des Klägers mit dem entsprechenden Hilfsmittel bereits genügt. Dass der Kläger darüber hinausgehend einen Anspruch auf eine Zweitversorgung mit demselben oder einem ähnlichen Hilfsmittel hat, ist derzeit nicht wahrscheinlich. Eine Zweitversorgung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn das Hilfsmittel tatsächlich stark beansprucht ist oder hygienische Gründe einen häufigeren Wechsel des Hilfsmittels erforderlich machen. Solche Umstände sind derzeit nicht ersichtlich. Zwar behauptet der Kläger, der zu Hause verwendete Hochstuhl sei infolge mehrfachen Auseinanderbauens instabil, er bestreitet jedoch nicht, dass der Hochstuhl noch bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Die Instabilität steht nach Ansicht des Klägers lediglich einem Transport durch den M. Fahrdienst entgegen. Sie dürfte deshalb nicht so ausgeprägt sein, dass eine weitere Versorgung notwendig wäre. Hygienische Gründe zwingen ebenfalls nicht zu einer Zweitversorgung.
Auch dürfte die Notwendigkeit der Zweitversorgung fraglich sein. Soweit der Kläger vorträgt, der Hochstuhl sei im Kindergarten auch zur Ausbildung der oben genannten Fähigkeiten zwingend notwendig, kann der Senat diese Argumentation nicht nachvollziehen. Der Kläger besucht einen speziellen Kindergarten für behinderte Kinder. Das bedeutet, dass das dort eingesetzte Personal für die speziellen Erfordernisse und Anforderungen behinderter Kinder ausgebildet ist und der Kindergarten über die notwendige räumliche und sachliche Ausstattung verfügt. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht überzeugend, wenn der Kläger ohne jede Substantiierung vorträgt, die Kindergärtnerinnen seien überlastet.
Auch die Stellungnahme des M. Hilfsdienstes, wonach die Mitnahme des Hochstuhls im Linienfahrdienst aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei, überzeugt in der Sache nicht. Der M. Hilfsdienst bietet ausdrücklich einen Fahrdienst für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung an. Klappbare Rollstühle und Gehwagen können nach der vorgelegten Auskunft vom 13. März 2006 befördert werden. Weshalb dann andere sperrige Gegenstände nicht mitgenommen werden können, erschließt sich nicht ohne weiteres. Im Übrigen hat der Kläger auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass die Sitzschale, die sich auf dem Hochstuhl befindet, vom Gestell getrennt werden kann. Damit stellt sich das Hilfsmittel insgesamt auch nicht als deutlich sperriger dar, als dies bei einem klappbaren Rollstuhl oder Gehwagen der Fall wäre.
1.2. Auch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) ist nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht wahrscheinlich.
Der Kläger könnte grundsätzlich zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 SGB XII gehören. Zwar richtet sich dieser Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe, im vorliegenden Falle könnte sich jedoch eine vorläufige Verpflichtung der Beklagten, einen solchen Anspruch nach den für den Sozialhilfeträger maßgeblichen Rechtsvorschriften zu prüfen und die Leistung ggfs. selbst vorläufig zu gewähren, aus § 14 Abs. 1 Satz 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) ergeben, wenn sie bei eigener Unzuständigkeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages an den zuständigen Leistungsträger weiterleitet. Die Beklagte sah sich für die begehrte Zweitversorgung als nicht zuständiger Leistungsträger an, was sich aus dem ablehnenden Bescheid vom 20. Februar 2006, der innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Verordnung am 07. Februar 2006 erging, ergibt. Gleichwohl leitete sie den Antrag nicht an einen möglicherweise anderen zuständigen Leistungsträger weiter. Anlass hierzu hätte insbesondere deshalb bestanden, weil die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen hat, dass sie für die "soziale Rehabilitation" nicht zuständig sei und dass möglicherweise eine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers gegeben sei.
1.3. Insgesamt ergibt sich deshalb, dass nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen des geltend gemachten Anspruchs auf die Zweitversorgung mit dem Hochstuhl derzeit jedenfalls nicht angenommen werden kann. Diese Frage ist vielmehr im Hauptsacheverfahren abschließend zu klären, wobei gegebenenfalls die Beiladung des Sozialhilfeträgers nach § 75 SGG in Betracht zu ziehen ist.
2. Auch ein Anordnungsgrund ist derzeit nicht glaubhaft gemacht. Trotz der behaupteten nicht unerheblichen Bedeutung der Versorgung des Klägers mit dem Hochstuhl ist derzeit nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens durchzuführende Versorgung des Klägers mit einem solchen Stuhl notwendig ist. Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass der Kläger den Kindergarten bereits seit Januar 2006 besucht. Im Hinblick auf die besondere Qualifikationen des Kindergartens für die Betreuung behinderter Kindern und den Umstand, dass der Kläger offensichtlich den Kindergarten weiter besucht, kann nicht davon ausgegangen werden, der Besuch des Kindergartens scheitere an der fehlenden Versorgung des Klägers mit dem Hochstuhl. Der Vortrag des Klägers zur Überlastung der Kindergärtnerinnen ist wie bereits ausgeführt - nicht substantiiert und kann angesichts des Betreuungskonzepts des Kindergartens speziell für behinderte Kinder in der Sache nicht überzeugen. Soweit der Kläger darauf hinweist, es sei dringend notwendig, seine körperliche und geistige Entwicklung zu fördern, so ist dies grundsätzlich richtig. Es ist aber nicht dargetan, welche Förderung in dem Kindergarten erfolgt und gegebenenfalls dass eine solche Förderung in dem Kindergarten für behinderte Kinder nur unter Zuhilfenahme eines weiteren Hochstuhls möglich ist. Es ist deshalb nicht dargetan, dass dem Kläger auf Grund des fehlenden weiteren Hochstuhls wesentliche Nachteile drohen. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist deshalb derzeit nicht ersichtlich.
Leben und körperliche Unversehrtheit des Klägers sind im vorliegenden Falle nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers liegt nicht etwa deshalb vor, weil die Versorgung mit dem Hochstuhl der Ausbildung eines Rundrückens entgegenwirken soll. Der Kläger behauptet eine solche Funktion, ohne dies näher zu belegen. Weder in der ärztlichen Verordnung vom 25. Januar 2006 noch in der Bescheinigung des Dr. Kratzer vom 21. Juli 2006 wird ein derartiger Versorgungszweck genannt. Dr. K. stellt vielmehr unspezifisch auf "medizinische Gründe" und die Förderung der geistigen Entwicklung ab.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG mit der (weiteren) Beschwerde nicht anfechtbar.
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