Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 61/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 4/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über eine Pflicht zur Auskunft nach § 117 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der 1966 geborenen Hilfeempfängerin N. T. (im Folgenden: HE). Diese ist jedenfalls seit 01.12.2003 erwerbsgemindert. Sie bezieht von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 558,74 EUR. Seit 01.09.2005 erhält sie von dem Beklagten ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialhilfe).
Der Kläger und die HE heirateten am 29.09.1989; die Ehe wurde am 16.08.2005 durch des Amtsgerichts H. geschieden.
Mit Rechtswahrungsanzeige vom 24.03.2006 teilte der Beklagte dem Kläger den Übergang eventueller Unterhaltsansprüche der HE gegenüber dem Kläger bis zur Höhe der geleisteten Sozialhilfeaufwendungen mit.
Durch Bescheid vom 24.03.2006 ersuchte der Beklagte den Kläger um Auskunft über seine Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Beibringung von Nachweisen über sein Einkommen sowie Unterlagen über Vermögen und Belastungen. Er stützte das Auskunftsersuchen auf § 117 SGB XII.
Dagegen legte der Kläger am 06.04.2006 Widerspruch ein, den der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.08.2006 zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 11.09.2006 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Auskunftsanspruch unter keinem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt. Er behauptet, die HE habe bereits nur einen äußerst begrenzten Trennungsunterhalt gehabt; es sei gerichtlich festgestellt, dass er nicht zum Trennungsunterhalt verpflichtet sei. Der Kläger ist der Auffassung, er habe der HE auch keinen nachehelichen Unterhalt zu leisten. Es fehle insoweit bereits an den "Einsatzzeiten" für die Geltendmachung nachehelichen Unterhaltes. Da aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterhaltsanspruch der HE bestehe, habe der Beklagte auch keinen entsprechenden Auskunftsanspruch. Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Beklagten vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreitet die zeitliche Beschränkung des Anspruchs der HE auf Trennungsunterhalt; diese sei vom Kläger nicht nachgewiesen worden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum der HE kein nachehelicher Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger zugestanden haben solle bzw. zustehe.
Durch Schreiben vom 11.12.2006 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
II.
Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Pflicht zur Auskunft des Klägers über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergibt sich aus § 117 Abs. 1 SGB XII. Die Rechtmäßigkeit eines entsprechenden Aus- kunftsersuchens setzt nicht voraus, dass ein Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfe- empfängers tatsächlich besteht. Es genügt, dass der Auskunftspflichtige als Unterhalts- schuldner des Sozialhilfeempfängers in Betracht kommt. Zweck der Auskunftspflicht ist es, den Sozialhilfeträgern die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter hergestellt werden kann. Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d.h. nicht offensichtlich ausscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 - 5 C 22/90 = BVerwGE 91,375 = NJW 1993, 2762 = FVES 44,184 = FamRZ 1993, 1067).
Ein Fall der so genannten Negativevidenz, d.h. des offensichtlichen Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs der HE gegenüber dem Kläger, liegt hier nicht vor. Soweit der Kläger geltend macht, es habe kein oder nur ein zeitlich begrenzter Trennungsunterhaltsanspruch der HE bestanden, hat er hierfür trotz Hinweis der Beklagten und Anfrage des Gerichts keinen Nachweis erbracht. Auf das (Nicht-) Bestehen eines Trennungsunterhaltsanspruchs gem. § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist, dass ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der HE gegenüber dem Kläger gem. § 1572 BGB jedenfalls nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann. Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Soweit der Kläger geltend macht, es fehle soweit bereits an den "Einsatzzeiten" - gemeint ist offensichtlich der "Einsatzzeitpunkt" - für die Geltendmachung nachehelichen Unterhaltes, ist dies nicht nachvollziehbar. Zeitpunkt der Scheidung ist der 16.08.2005. Die HE ist jedoch bereits seit (zumindest) 01.12.2003 voll erwerbsgemindert. Dies ergibt sich aus dem Rentenbescheid der DRV Bund vom 12.08.2005. Allein der Umstand, dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB vom Berechtigten zunächst nicht geltend gemacht wird, lässt den Anspruch nicht für alle Zeiten entfallen. Dies ergibt sich schon aus § 1577 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Antrag des Klägers keine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Bei einer Klage gegen ein Auskunftsersuchen nach § 117 SGB XII ist die Hälfte des sich aus § 52 Abs. 2 GKG ergebenden Regelstreitwerts von 5.000,00 EUR, also 2.500,00 EUR angemessen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2006, 350,354).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über eine Pflicht zur Auskunft nach § 117 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der 1966 geborenen Hilfeempfängerin N. T. (im Folgenden: HE). Diese ist jedenfalls seit 01.12.2003 erwerbsgemindert. Sie bezieht von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 558,74 EUR. Seit 01.09.2005 erhält sie von dem Beklagten ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Sozialhilfe).
Der Kläger und die HE heirateten am 29.09.1989; die Ehe wurde am 16.08.2005 durch des Amtsgerichts H. geschieden.
Mit Rechtswahrungsanzeige vom 24.03.2006 teilte der Beklagte dem Kläger den Übergang eventueller Unterhaltsansprüche der HE gegenüber dem Kläger bis zur Höhe der geleisteten Sozialhilfeaufwendungen mit.
Durch Bescheid vom 24.03.2006 ersuchte der Beklagte den Kläger um Auskunft über seine Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Beibringung von Nachweisen über sein Einkommen sowie Unterlagen über Vermögen und Belastungen. Er stützte das Auskunftsersuchen auf § 117 SGB XII.
Dagegen legte der Kläger am 06.04.2006 Widerspruch ein, den der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.08.2006 zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 11.09.2006 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Auskunftsanspruch unter keinem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt. Er behauptet, die HE habe bereits nur einen äußerst begrenzten Trennungsunterhalt gehabt; es sei gerichtlich festgestellt, dass er nicht zum Trennungsunterhalt verpflichtet sei. Der Kläger ist der Auffassung, er habe der HE auch keinen nachehelichen Unterhalt zu leisten. Es fehle insoweit bereits an den "Einsatzzeiten" für die Geltendmachung nachehelichen Unterhaltes. Da aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Unterhaltsanspruch der HE bestehe, habe der Beklagte auch keinen entsprechenden Auskunftsanspruch. Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Beklagten vom 24.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreitet die zeitliche Beschränkung des Anspruchs der HE auf Trennungsunterhalt; diese sei vom Kläger nicht nachgewiesen worden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum der HE kein nachehelicher Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger zugestanden haben solle bzw. zustehe.
Durch Schreiben vom 11.12.2006 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
II.
Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Pflicht zur Auskunft des Klägers über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergibt sich aus § 117 Abs. 1 SGB XII. Die Rechtmäßigkeit eines entsprechenden Aus- kunftsersuchens setzt nicht voraus, dass ein Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfe- empfängers tatsächlich besteht. Es genügt, dass der Auskunftspflichtige als Unterhalts- schuldner des Sozialhilfeempfängers in Betracht kommt. Zweck der Auskunftspflicht ist es, den Sozialhilfeträgern die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) durch Inanspruchnahme Dritter hergestellt werden kann. Dieser Zweck gebietet es, als "Unterhaltspflichtige" im Sinne § 117 Abs. 1 SGB XII alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d.h. nicht offensichtlich ausscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 - 5 C 22/90 = BVerwGE 91,375 = NJW 1993, 2762 = FVES 44,184 = FamRZ 1993, 1067).
Ein Fall der so genannten Negativevidenz, d.h. des offensichtlichen Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs der HE gegenüber dem Kläger, liegt hier nicht vor. Soweit der Kläger geltend macht, es habe kein oder nur ein zeitlich begrenzter Trennungsunterhaltsanspruch der HE bestanden, hat er hierfür trotz Hinweis der Beklagten und Anfrage des Gerichts keinen Nachweis erbracht. Auf das (Nicht-) Bestehen eines Trennungsunterhaltsanspruchs gem. § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist, dass ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der HE gegenüber dem Kläger gem. § 1572 BGB jedenfalls nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann. Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Soweit der Kläger geltend macht, es fehle soweit bereits an den "Einsatzzeiten" - gemeint ist offensichtlich der "Einsatzzeitpunkt" - für die Geltendmachung nachehelichen Unterhaltes, ist dies nicht nachvollziehbar. Zeitpunkt der Scheidung ist der 16.08.2005. Die HE ist jedoch bereits seit (zumindest) 01.12.2003 voll erwerbsgemindert. Dies ergibt sich aus dem Rentenbescheid der DRV Bund vom 12.08.2005. Allein der Umstand, dass ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB vom Berechtigten zunächst nicht geltend gemacht wird, lässt den Anspruch nicht für alle Zeiten entfallen. Dies ergibt sich schon aus § 1577 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Antrag des Klägers keine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Bei einer Klage gegen ein Auskunftsersuchen nach § 117 SGB XII ist die Hälfte des sich aus § 52 Abs. 2 GKG ergebenden Regelstreitwerts von 5.000,00 EUR, also 2.500,00 EUR angemessen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, NZS 2006, 350,354).
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