Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 4894/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2038/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. April 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Die 1944 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie erlernte den Beruf einer Verwaltungsangestellten und war zuletzt im Gesundheitsamt S. tätig. Seit 01.01.2006 ist sie nicht mehr berufstätig. Am 29.08.2002 stellte sie beim Versorgungsamt Stuttgart einen Erstantrag nach dem SGB IX. Als Gesundheitsstörungen machte sie u.a. eine chronische Polyarthritis mit Befall mehrerer großer und kleiner Gelenke geltend. Das Versorgungsamt holte Auskünfte der behandelnden Ärzte ein und stellte mit Bescheid vom 31.03.2003 fest, dass der GdB 40 seit 01.01.1997 beträgt. Zur Begründung führte es aus, die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass bei der Klägerin eine entzündlich-rheumatische Erkrankung (Einzel-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 10), ein Bluthochdruck (Einzel-GdB 10), ein Gallensteinleiden (Einzel-GdB 10) sowie eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (Einzel-GdB 10) bestünden. Die Auswirkungen dieser Funktionsbehinderungen seien mit einem Gesamt-GdB von 40 angemessen bewertet. Die von der Klägerin ferner geltend gemachten Gesundheitsstörungen wie Migräne, Harninkontinenz, Allergie und Hauterkrankung bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 und stellten deshalb keine Behinderung iSd SGB IX dar.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 22.04.2003 Widerspruch ein. Sie machte ua geltend, die chronische Polyarthritis sei trotz regelmäßiger Einnahme von Cortisontabletten außergewöhnlich schmerzhaft und beinhalte auch schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Füße, beider Knie, der Hände, Schultern und des Beckens. Daraufhin holte die Versorgungsverwaltung weitere Auskünfte der behandelnden Ärzte ein. Der Frauenarzt Dr. S. (Schreiben vom 12.05.2003, Bl. 17 der Verwaltungsakte) gab an, nach Angaben der Klägerin habe diese relativ häufig Harndrang und nur gelegentlich unfreiwilligen Harnabgang (Stressinkontinenz). Die Augenärztin Dr. Sch. beschrieb die (korrigierte) Sehschärfe mit 100% (Vis 1.00 auf beiden Augen, Befund vom 15.02.2001). Die Klägerin legte eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. B. (Gesundheitsamt Stuttgart) vom 03.06.2003 sowie einen Arztbrief des Dr. W. vom 23.04.2003 vor. Dr. W. beschrieb den rheumatologischen Untersuchungsbefund vom 23.04.2003 wie folgt: minimale Wirbelsäulenskoliose, gute Beweglichkeit in allen Abschnitten, verstrichene Konturen beider Kniegelenke, ansonsten unauffälliger peripherer Gelenkstatus. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2003 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 16.09.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zunächst nicht nur eine Anhebung des GdB auf mindestens 50 begehrt, sondern auch die Zuerkennung des Merkzeichens G. In der mündlichen Verhandlung am 15.04.2004 hat sie dann erklärt, den Antrag auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G nicht mehr weiterzuverfolgen. Das SG hat ein Gutachten auf internistischem Fachgebiet eingeholt. Dr. S. ist darin zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesamt-GdB seit Mitte 2001 40 betrage (Gutachten vom 09.02.2004). Mit Urteil vom 15.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin durch Einschreiben mit Rückschein am 10.05.2004 zugestellt worden.
Am 27.05.2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie beruft sich auf die fachärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 11.05.2004 (Bl. 3 der LSG-Akte) und hält die Ausführungen im Gutachten des Dr. S. nicht für ausreichend, da dieser nicht über nachgewiesene Erfahrungen mit rheumatischen Erkrankungen verfüge.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. April 2004 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 31. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung auf 50 seit 1. Januar 1997 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für richtig.
Der Senat hat zunächst eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. W. eingeholt und anschließend die Fachärztin für Innere Medizin, Rheumatologie, Dr. R. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt.
Die Beteiligten, die zum Beweisergebnis Stellung genommen haben, haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch mit dem vom Senat eingeholten Gutachten von Dr. R. kein Gesamt-GdB von 50 begründen lässt. Die Sachverständige hält zwar einen Gesamt-GdB in dieser Höhe für angemessen. Dieser Beurteilung vermag sich der Senat aber nicht anzuschließen.
Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. leidet die Klägerin an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Diese Erkrankung, deren diagnostische Einordnung nicht ganz eindeutig ist, hat aber nach Auffassung der Sachverständigen nur leichtgradige Auswirkungen auf den Allgemeinzustand der Klägerin. Daher ist - wie von der Sachverständigen vorgeschlagen - der GdB hierfür auf (höchstens) 30 festzusetzen. Der GdB für entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Gelenke wird nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004 (AHP) nach dem Ausmaß der durch diese Erkrankungen hervorgerufenen Auswirkungen (Funktionseinschränkungen) bewertet. Ein GdB von 50 kommt erst in Betracht, wenn mittelgradige Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) nachgewiesen sind (AHP Nr. 26.18 Seite 112). Mittelgradige Auswirkungen in dem vorgenannten Sinn lassen sich dem Gutachten der Sachverständigen nicht entnehmen. Eine Erkrankungsaktivität konnte von ihr nicht festgestellt werden und den Schweregrad dieser Erkrankung bezeichnete sie als gering. Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. R. leidet die Klägerin außerdem an einem myofaszialen Schmerzsyndrom mit Übergang in ein Fibromyalgie-Syndrom, das mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist. Diese Einschätzung ist ebenfalls als großzügig zu bezeichnen, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben, die sie im Erörterungstermin am 23.08.2006 gemacht hat, keine spezielle Schmerztherapie durchführt und nur hin und wieder Schmerzmittel einnimmt.
Legt man für die Beurteilung des Gesamt-GdB das Gutachten von Dr. R. zugrunde, scheidet zur Überzeugung des Senats eine Anhebung des für die entzündlich-rheumatische Erkrankung anzunehmenden Einzel-GdB von 30 auf 50 entgegen der Meinung der Sachverständigen aus. Vielmehr genügt eine Anhebung auf 40 völlig, um der Gesamtbehinderung der Klägerin gerecht zu werden. Der Senat schließt sich in diesem Punkt der Auffassung des Beklagten an, der zu Recht einwendet, dass die von der Sachverständigen erhobenen Befunde insgesamt keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen belegen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 16.01.2007). So fanden sich zwar Druckschmerzen an den Sehnenansätzen der Kniegelenke, Ellenbogengelenke und Hüftgelenke sowie ein Druckschmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur. Die Funktion der Gelenke war aber nur unwesentlich eingeschränkt. Die Klägerin hatte z. B. nur leichte Schwierigkeiten beim Öffnen eines Drehverschlusses und beim Einfädeln einer Nadel (Gutachten Dr. R. Seite 5). Das Schließen von Knöpfen und Schnürsenkeln gestaltete sich nach Ansicht von Dr. R. zwar als schwierig (ergänzende Stellungnahme vom 06.09.2006, Bl. 104 der LSG-Akte), ist demzufolge aber noch möglich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung des Gesamt-GdB ohnedies nicht nur auf die Angaben des Betroffenen stützen lässt, sondern auch mit den klinischen Befunden korrelieren muss. Der orientierende neurologische Befund war unauffällig (Gutachten Seite 4). Die Laborwerte ergaben keine Hinweise auf akute oder chronische Entzündungen. Bei dieser Sachlage ist eine Anhebung des höchsten Einzel-GdB von 30 auf 50 nicht zu rechtfertigen.
Deshalb ist es im Ergebnis nicht entscheidend, ob für die rheumatische Erkrankung ein Einzel-GdB von 40 angenommen wird, wie dies das SG unter Berufung auf das Gutachten des Dr. S. getan hat, oder nur ein Einzel-GdB von 30 und daneben zusätzlich ein Schmerzsyndrom mit Übergang in ein Fibromyalgie-Syndrom mit einem Einzel-GdB von ebenfalls 30 anerkannt wird, wie dies von Dr. R. für zutreffend erachtet wird. In keinem Fall ist eine Anhebung des GdB auf 50 anzunehmen. Denn bei der von Dr. R. vorgenommenen Bewertung ist zu berücksichtigen, dass es entscheidend auf das Ausmaß der Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen ankommt und nicht auf deren diagnostische Einordnung. Auch überschneiden sich die Auswirkungen der durch das Rheuma und das Schmerzsyndrom ausgelösten Funktionsbeeinträchtigungen in Bezug auf Schmerzsymptomatik am Bewegungsapparat erheblich. Dies räumt letztlich auch Dr. R. ein, wenn sie ausführt, dass sie der Ansicht des Dr. S., was die funktionelle Beurteilung angeht, weitgehend zustimmt (Gutachten Seite 9). Soweit Dr. R. das myofasziale Schmerzsyndrom zusätzlich gewürdigt wissen will (Gutachten Seite 9), weil zahlreiche vegetative funktionelle Störungen vorlägen (Gutachten Seite 10), wird dem durch eine Anhebung des Einzel-GdB von 30 für die Rheumaerkrankung auf 40 ausreichend Rechnung getragen. Dr. R. berücksichtigt zu wenig, dass Dr. S. bereits von einem Einzel-GdB von 40 für die von ihm diagnostizierte chronisch-entzündliche Gelenkerkrankung ausgeht, während sie selbst nur einen Einzel-GdB von 30 hierfür ansetzt.
Weitere Ermittlungen sind zur Überzeugung des Senats nicht mehr geboten. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen des Orthopäden Dr. B ... Dessen Auffassung stimmte weder Dr. S. noch Dr. R. zu. Beide Sachverständige konnten bei ihren Untersuchungen die von Dr. B. beschriebenen Befunde nicht feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Die 1944 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie erlernte den Beruf einer Verwaltungsangestellten und war zuletzt im Gesundheitsamt S. tätig. Seit 01.01.2006 ist sie nicht mehr berufstätig. Am 29.08.2002 stellte sie beim Versorgungsamt Stuttgart einen Erstantrag nach dem SGB IX. Als Gesundheitsstörungen machte sie u.a. eine chronische Polyarthritis mit Befall mehrerer großer und kleiner Gelenke geltend. Das Versorgungsamt holte Auskünfte der behandelnden Ärzte ein und stellte mit Bescheid vom 31.03.2003 fest, dass der GdB 40 seit 01.01.1997 beträgt. Zur Begründung führte es aus, die Prüfung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass bei der Klägerin eine entzündlich-rheumatische Erkrankung (Einzel-GdB 40), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 10), ein Bluthochdruck (Einzel-GdB 10), ein Gallensteinleiden (Einzel-GdB 10) sowie eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (Einzel-GdB 10) bestünden. Die Auswirkungen dieser Funktionsbehinderungen seien mit einem Gesamt-GdB von 40 angemessen bewertet. Die von der Klägerin ferner geltend gemachten Gesundheitsstörungen wie Migräne, Harninkontinenz, Allergie und Hauterkrankung bedingten keine Funktionsbeeinträchtigungen bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 und stellten deshalb keine Behinderung iSd SGB IX dar.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 22.04.2003 Widerspruch ein. Sie machte ua geltend, die chronische Polyarthritis sei trotz regelmäßiger Einnahme von Cortisontabletten außergewöhnlich schmerzhaft und beinhalte auch schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Füße, beider Knie, der Hände, Schultern und des Beckens. Daraufhin holte die Versorgungsverwaltung weitere Auskünfte der behandelnden Ärzte ein. Der Frauenarzt Dr. S. (Schreiben vom 12.05.2003, Bl. 17 der Verwaltungsakte) gab an, nach Angaben der Klägerin habe diese relativ häufig Harndrang und nur gelegentlich unfreiwilligen Harnabgang (Stressinkontinenz). Die Augenärztin Dr. Sch. beschrieb die (korrigierte) Sehschärfe mit 100% (Vis 1.00 auf beiden Augen, Befund vom 15.02.2001). Die Klägerin legte eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. B. (Gesundheitsamt Stuttgart) vom 03.06.2003 sowie einen Arztbrief des Dr. W. vom 23.04.2003 vor. Dr. W. beschrieb den rheumatologischen Untersuchungsbefund vom 23.04.2003 wie folgt: minimale Wirbelsäulenskoliose, gute Beweglichkeit in allen Abschnitten, verstrichene Konturen beider Kniegelenke, ansonsten unauffälliger peripherer Gelenkstatus. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2003 wies das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 16.09.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zunächst nicht nur eine Anhebung des GdB auf mindestens 50 begehrt, sondern auch die Zuerkennung des Merkzeichens G. In der mündlichen Verhandlung am 15.04.2004 hat sie dann erklärt, den Antrag auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G nicht mehr weiterzuverfolgen. Das SG hat ein Gutachten auf internistischem Fachgebiet eingeholt. Dr. S. ist darin zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesamt-GdB seit Mitte 2001 40 betrage (Gutachten vom 09.02.2004). Mit Urteil vom 15.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin durch Einschreiben mit Rückschein am 10.05.2004 zugestellt worden.
Am 27.05.2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie beruft sich auf die fachärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 11.05.2004 (Bl. 3 der LSG-Akte) und hält die Ausführungen im Gutachten des Dr. S. nicht für ausreichend, da dieser nicht über nachgewiesene Erfahrungen mit rheumatischen Erkrankungen verfüge.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. April 2004 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 31. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung auf 50 seit 1. Januar 1997 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für richtig.
Der Senat hat zunächst eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. W. eingeholt und anschließend die Fachärztin für Innere Medizin, Rheumatologie, Dr. R. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt.
Die Beteiligten, die zum Beweisergebnis Stellung genommen haben, haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch mit dem vom Senat eingeholten Gutachten von Dr. R. kein Gesamt-GdB von 50 begründen lässt. Die Sachverständige hält zwar einen Gesamt-GdB in dieser Höhe für angemessen. Dieser Beurteilung vermag sich der Senat aber nicht anzuschließen.
Nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. R. leidet die Klägerin an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Diese Erkrankung, deren diagnostische Einordnung nicht ganz eindeutig ist, hat aber nach Auffassung der Sachverständigen nur leichtgradige Auswirkungen auf den Allgemeinzustand der Klägerin. Daher ist - wie von der Sachverständigen vorgeschlagen - der GdB hierfür auf (höchstens) 30 festzusetzen. Der GdB für entzündlich-rheumatische Erkrankungen der Gelenke wird nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2004 (AHP) nach dem Ausmaß der durch diese Erkrankungen hervorgerufenen Auswirkungen (Funktionseinschränkungen) bewertet. Ein GdB von 50 kommt erst in Betracht, wenn mittelgradige Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) nachgewiesen sind (AHP Nr. 26.18 Seite 112). Mittelgradige Auswirkungen in dem vorgenannten Sinn lassen sich dem Gutachten der Sachverständigen nicht entnehmen. Eine Erkrankungsaktivität konnte von ihr nicht festgestellt werden und den Schweregrad dieser Erkrankung bezeichnete sie als gering. Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. R. leidet die Klägerin außerdem an einem myofaszialen Schmerzsyndrom mit Übergang in ein Fibromyalgie-Syndrom, das mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist. Diese Einschätzung ist ebenfalls als großzügig zu bezeichnen, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben, die sie im Erörterungstermin am 23.08.2006 gemacht hat, keine spezielle Schmerztherapie durchführt und nur hin und wieder Schmerzmittel einnimmt.
Legt man für die Beurteilung des Gesamt-GdB das Gutachten von Dr. R. zugrunde, scheidet zur Überzeugung des Senats eine Anhebung des für die entzündlich-rheumatische Erkrankung anzunehmenden Einzel-GdB von 30 auf 50 entgegen der Meinung der Sachverständigen aus. Vielmehr genügt eine Anhebung auf 40 völlig, um der Gesamtbehinderung der Klägerin gerecht zu werden. Der Senat schließt sich in diesem Punkt der Auffassung des Beklagten an, der zu Recht einwendet, dass die von der Sachverständigen erhobenen Befunde insgesamt keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen belegen (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 16.01.2007). So fanden sich zwar Druckschmerzen an den Sehnenansätzen der Kniegelenke, Ellenbogengelenke und Hüftgelenke sowie ein Druckschmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur. Die Funktion der Gelenke war aber nur unwesentlich eingeschränkt. Die Klägerin hatte z. B. nur leichte Schwierigkeiten beim Öffnen eines Drehverschlusses und beim Einfädeln einer Nadel (Gutachten Dr. R. Seite 5). Das Schließen von Knöpfen und Schnürsenkeln gestaltete sich nach Ansicht von Dr. R. zwar als schwierig (ergänzende Stellungnahme vom 06.09.2006, Bl. 104 der LSG-Akte), ist demzufolge aber noch möglich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung des Gesamt-GdB ohnedies nicht nur auf die Angaben des Betroffenen stützen lässt, sondern auch mit den klinischen Befunden korrelieren muss. Der orientierende neurologische Befund war unauffällig (Gutachten Seite 4). Die Laborwerte ergaben keine Hinweise auf akute oder chronische Entzündungen. Bei dieser Sachlage ist eine Anhebung des höchsten Einzel-GdB von 30 auf 50 nicht zu rechtfertigen.
Deshalb ist es im Ergebnis nicht entscheidend, ob für die rheumatische Erkrankung ein Einzel-GdB von 40 angenommen wird, wie dies das SG unter Berufung auf das Gutachten des Dr. S. getan hat, oder nur ein Einzel-GdB von 30 und daneben zusätzlich ein Schmerzsyndrom mit Übergang in ein Fibromyalgie-Syndrom mit einem Einzel-GdB von ebenfalls 30 anerkannt wird, wie dies von Dr. R. für zutreffend erachtet wird. In keinem Fall ist eine Anhebung des GdB auf 50 anzunehmen. Denn bei der von Dr. R. vorgenommenen Bewertung ist zu berücksichtigen, dass es entscheidend auf das Ausmaß der Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen ankommt und nicht auf deren diagnostische Einordnung. Auch überschneiden sich die Auswirkungen der durch das Rheuma und das Schmerzsyndrom ausgelösten Funktionsbeeinträchtigungen in Bezug auf Schmerzsymptomatik am Bewegungsapparat erheblich. Dies räumt letztlich auch Dr. R. ein, wenn sie ausführt, dass sie der Ansicht des Dr. S., was die funktionelle Beurteilung angeht, weitgehend zustimmt (Gutachten Seite 9). Soweit Dr. R. das myofasziale Schmerzsyndrom zusätzlich gewürdigt wissen will (Gutachten Seite 9), weil zahlreiche vegetative funktionelle Störungen vorlägen (Gutachten Seite 10), wird dem durch eine Anhebung des Einzel-GdB von 30 für die Rheumaerkrankung auf 40 ausreichend Rechnung getragen. Dr. R. berücksichtigt zu wenig, dass Dr. S. bereits von einem Einzel-GdB von 40 für die von ihm diagnostizierte chronisch-entzündliche Gelenkerkrankung ausgeht, während sie selbst nur einen Einzel-GdB von 30 hierfür ansetzt.
Weitere Ermittlungen sind zur Überzeugung des Senats nicht mehr geboten. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen des Orthopäden Dr. B ... Dessen Auffassung stimmte weder Dr. S. noch Dr. R. zu. Beide Sachverständige konnten bei ihren Untersuchungen die von Dr. B. beschriebenen Befunde nicht feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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