Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SB 713/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3844/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Der am 10.1.1952 geborene Kläger aserbaidschanischer Staatsangehörigkeit hielt sich bisher in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer mehrmals verlängerten Duldung auf und ist nunmehr im Besitz einer bis zum 7.3.2007 befristeten Aufenthaltserlaubnis (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 34 der Schwerbehindertenakte und Blatt 13/14 der LSG-Akte Bezug genommen).
Auf den Erstfeststellungsantrag vom 16.11.2004 stellte der Beklagte bei ihm mit Teilabhilfe-Bescheid vom 16.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.2.2006 einen GdB von 100 fest und lehnte u. a. den Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab. Zu Grunde lag die Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen "Transplantierte Niere in Heilungsbewährung (Teil-GdB 100), koronare Herzkrankheit, Koronardilatation (Teil-GdB 20), Leberschaden (Teil-GdB 20)".
Dagegen hat der Kläger am 16.2.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der er die Zuerkennung des Merkzeichens "G" weiterverfolgt hat.
Das SG hat den behandelnden Nephrologen Dr. R. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Auskunft vom 15.3.2006 hinsichtlich der Gehfähigkeit des Klägers zusammenfassend ausgeführt, dass eine allgemeine eingeschränkte Belastbarkeit die Gehfähigkeit und die Gehgeschwindigkeit beeinträchtigen könne. Vermutlich könnten 2 Kilometer in 30 Minuten bewältigt werden, wobei das Auftreten eines leichten Erschöpfungszustands auch für einen Trainingsmangel sprechen könnte.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 21.6.2006 abgewiesen.
Es hat zur Darstellung der für die Zuerkennung des hier streitigen Merkzeichens erforderlichen Voraussetzungen und hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften auf die Bescheide des Beklagten Bezug genommen und entschieden, dass sich zwar die beim Kläger bestehende Haupterkrankung eines Nierenleidens mit Zustand nach Nierentransplantation in der Weise auswirke, dass sein Allgemeinzustand reduziert sei. Jedoch begründe dies keine so weitgehende Einschränkung der Gehfähigkeit, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, 2 Kilometer in der erforderlichen Zeit von 30 Minuten zurückzulegen. Dieser Einschätzung habe auch der behandelnde Nierenspezialist Dr. R. nicht widersprochen. Die koronare Herzerkrankung, die einen Teil-GdB von 20 bedinge, könne die Zuerkennung des Merkzeichens ebenfalls nicht rechtfertigen. Vielmehr sei das Merkzeichen bei Herzschäden nur zuzuerkennen, wenn die Erkrankung die Leistungsfähigkeit so stark beeinträchtige, dass isoliert für die Herzerkrankung ein Teil-GdB von 50 anzusetzen sei. Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen oder der Lendenwirbelsäule, die einen GdB von 50 bedingten, lägen ebenfalls nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den durch Übergabe-Einschreiben vom 23.6.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.7.2006 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren im Wesentlichen mit der bisherigen Begründung weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2006 zu verurteilen, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Allerdings steht der Zuerkennung des Merkzeichens nicht schon der Umstand entgegen, dass sich der Kläger, der allerdings jetzt eine befristete Aufenthaltserlaubnis besitzt, bislang seit Jahren nur geduldet in der Bundesrepublik aufgehalten hat (BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R -).
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Wie bereits das SG sieht auch der Senat unter Berücksichtigung der Auskunft des Nephrologen Dr. R. keine zureichenden Anhaltspunkte für eine infolge der Nierenerkrankung in einem solchen Maße eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, dass hierdurch die Zuerkennung des begehrten Merkzeichens bedingt wäre. Dabei ist auch zu beachten, dass bei dem Kläger von einer erfolgreichen Nierentransplantation mit einer lediglich leichtgradigen Transplantatinsuffizienz auszugehen ist.
Hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden Herzerkrankung ist noch ergänzend auszuführen, dass die insoweit vorliegenden EKG-Befunde eine weitgehend normale Herzfunktion ergeben haben und deshalb keine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr hervorrufen können (vgl. insbesondere Blatt 15 und 45 der Schwerbehindertenakte sowie Blatt 23 der SG-Akte). Der Blutdruck ist mittlerweile medikamentös gut eingestellt (Blatt 24 der LSG-Akte). Ein Trainingsmangel bzw. eine lediglich muskuläre Erschöpfung sind bereits anlässlich des letzten Belastungs-EKG festgestellt und in die Beurteilung des Gesamtzustandes von Dr. R. einbezogen worden. Zureichende Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der Herzfunktion, die insoweit Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen hätten geben können, haben sich nicht ergeben. Insoweit ist lediglich eine kardiologische Kontrolluntersuchung im Rahmen der Therapie der koronare Herzerkrankung veranlasst worden.
Hinsichtlich der Voraussetzungen von Absatz 2 der Ziff. 26.30 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) ist im Übrigen zu beachten, dass lediglich grundsätzlich Maßstab für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung ist, ob Wegstrecken bis zu 2000 Meter in 30 Minuten zurückgelegt werden könnten. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG - Urteil vom 13.8.1997 im Verfahren 9 RVs 1/96 - ist aber darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Wegefähigkeit von verschiedenen Faktoren (z. B. auch vom Trainingszustand - wie hier - und vom Willen) abhängt und deren Beurteilung nicht allein auf die Einschätzung eines - auch begutachtenden - Arztes gestützt werden darf. Vielmehr ist ein Vergleich mit den in Ziff. 26.30 (Absatz 3) aufgeführten Regelbeispielen erforderlich. Hinsichtlich der hier maßgebenden inneren Leiden ergibt die Gesamtbeurteilung insbesondere unter Berücksichtigung der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. R. an das SG gerade auch bezüglich der Nierenerkrankung jedoch keine vergleichbare schwere Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Der am 10.1.1952 geborene Kläger aserbaidschanischer Staatsangehörigkeit hielt sich bisher in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer mehrmals verlängerten Duldung auf und ist nunmehr im Besitz einer bis zum 7.3.2007 befristeten Aufenthaltserlaubnis (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 34 der Schwerbehindertenakte und Blatt 13/14 der LSG-Akte Bezug genommen).
Auf den Erstfeststellungsantrag vom 16.11.2004 stellte der Beklagte bei ihm mit Teilabhilfe-Bescheid vom 16.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.2.2006 einen GdB von 100 fest und lehnte u. a. den Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab. Zu Grunde lag die Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen "Transplantierte Niere in Heilungsbewährung (Teil-GdB 100), koronare Herzkrankheit, Koronardilatation (Teil-GdB 20), Leberschaden (Teil-GdB 20)".
Dagegen hat der Kläger am 16.2.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der er die Zuerkennung des Merkzeichens "G" weiterverfolgt hat.
Das SG hat den behandelnden Nephrologen Dr. R. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Auskunft vom 15.3.2006 hinsichtlich der Gehfähigkeit des Klägers zusammenfassend ausgeführt, dass eine allgemeine eingeschränkte Belastbarkeit die Gehfähigkeit und die Gehgeschwindigkeit beeinträchtigen könne. Vermutlich könnten 2 Kilometer in 30 Minuten bewältigt werden, wobei das Auftreten eines leichten Erschöpfungszustands auch für einen Trainingsmangel sprechen könnte.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 21.6.2006 abgewiesen.
Es hat zur Darstellung der für die Zuerkennung des hier streitigen Merkzeichens erforderlichen Voraussetzungen und hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften auf die Bescheide des Beklagten Bezug genommen und entschieden, dass sich zwar die beim Kläger bestehende Haupterkrankung eines Nierenleidens mit Zustand nach Nierentransplantation in der Weise auswirke, dass sein Allgemeinzustand reduziert sei. Jedoch begründe dies keine so weitgehende Einschränkung der Gehfähigkeit, dass der Kläger nicht mehr in der Lage wäre, 2 Kilometer in der erforderlichen Zeit von 30 Minuten zurückzulegen. Dieser Einschätzung habe auch der behandelnde Nierenspezialist Dr. R. nicht widersprochen. Die koronare Herzerkrankung, die einen Teil-GdB von 20 bedinge, könne die Zuerkennung des Merkzeichens ebenfalls nicht rechtfertigen. Vielmehr sei das Merkzeichen bei Herzschäden nur zuzuerkennen, wenn die Erkrankung die Leistungsfähigkeit so stark beeinträchtige, dass isoliert für die Herzerkrankung ein Teil-GdB von 50 anzusetzen sei. Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen oder der Lendenwirbelsäule, die einen GdB von 50 bedingten, lägen ebenfalls nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den durch Übergabe-Einschreiben vom 23.6.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.7.2006 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren im Wesentlichen mit der bisherigen Begründung weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2006 zu verurteilen, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Allerdings steht der Zuerkennung des Merkzeichens nicht schon der Umstand entgegen, dass sich der Kläger, der allerdings jetzt eine befristete Aufenthaltserlaubnis besitzt, bislang seit Jahren nur geduldet in der Bundesrepublik aufgehalten hat (BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R -).
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Wie bereits das SG sieht auch der Senat unter Berücksichtigung der Auskunft des Nephrologen Dr. R. keine zureichenden Anhaltspunkte für eine infolge der Nierenerkrankung in einem solchen Maße eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, dass hierdurch die Zuerkennung des begehrten Merkzeichens bedingt wäre. Dabei ist auch zu beachten, dass bei dem Kläger von einer erfolgreichen Nierentransplantation mit einer lediglich leichtgradigen Transplantatinsuffizienz auszugehen ist.
Hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden Herzerkrankung ist noch ergänzend auszuführen, dass die insoweit vorliegenden EKG-Befunde eine weitgehend normale Herzfunktion ergeben haben und deshalb keine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr hervorrufen können (vgl. insbesondere Blatt 15 und 45 der Schwerbehindertenakte sowie Blatt 23 der SG-Akte). Der Blutdruck ist mittlerweile medikamentös gut eingestellt (Blatt 24 der LSG-Akte). Ein Trainingsmangel bzw. eine lediglich muskuläre Erschöpfung sind bereits anlässlich des letzten Belastungs-EKG festgestellt und in die Beurteilung des Gesamtzustandes von Dr. R. einbezogen worden. Zureichende Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der Herzfunktion, die insoweit Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen hätten geben können, haben sich nicht ergeben. Insoweit ist lediglich eine kardiologische Kontrolluntersuchung im Rahmen der Therapie der koronare Herzerkrankung veranlasst worden.
Hinsichtlich der Voraussetzungen von Absatz 2 der Ziff. 26.30 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) ist im Übrigen zu beachten, dass lediglich grundsätzlich Maßstab für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung ist, ob Wegstrecken bis zu 2000 Meter in 30 Minuten zurückgelegt werden könnten. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG - Urteil vom 13.8.1997 im Verfahren 9 RVs 1/96 - ist aber darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Wegefähigkeit von verschiedenen Faktoren (z. B. auch vom Trainingszustand - wie hier - und vom Willen) abhängt und deren Beurteilung nicht allein auf die Einschätzung eines - auch begutachtenden - Arztes gestützt werden darf. Vielmehr ist ein Vergleich mit den in Ziff. 26.30 (Absatz 3) aufgeführten Regelbeispielen erforderlich. Hinsichtlich der hier maßgebenden inneren Leiden ergibt die Gesamtbeurteilung insbesondere unter Berücksichtigung der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. R. an das SG gerade auch bezüglich der Nierenerkrankung jedoch keine vergleichbare schwere Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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