L 4 AL 402/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 293/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 402/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 16. Juni 2004 unter dem Aspekt der Bedürftigkeit.

Der 1948 geborene ledige Kläger lebt mit seiner 1914 geborenen Mutter zusammen, für die die Pflegestufe II anerkannt ist. Mit Wirkung zum 16. April 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2004 ab: Der Kläger verfüge über ein Vermögen in Höhe von 51.981,75 EUR, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 11.200,00 EUR verblieben 40.781,75 EUR, die bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien.

Hiergegen hat der Kläger am 25. Januar 2005 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, das Vermögen auf dem Konto bei der Berliner Sparkasse gehöre seiner Mutter. Diese beziehe eine gute Rente und habe erhebliche Ersparnisse angesammelt. Sie habe am 28. Februar 2000 ein Sparbuch mit einem Guthaben von 55.631,02 DM aufgelöst; aus den inzwischen vorliegenden Unterlagen der Sparkasse zu dem genannten Konto ergebe sich zeitgleich der Eingang dieser Summe. Dies beweise, dass die Vermögensmasse auf dem Konto nicht von ihm stamme. Er selbst habe in den letzten Jahren nur unregelmäßig niedrige Einkünfte als Wachmann und im Übrigen Lohnersatzleistungen erhalten. Aus seinem Versicherungsverlauf sei ersichtlich, dass er kein Vermögen habe ansparen können.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Berliner Sparkasse zu dem auf den Namen des Klägers und seiner Mutter laufenden Bankkonto angefordert und den Kläger persönlich in dem Verhandlungstermin am 2. März 2006 hierzu angehört. Auf die Stellungnahme der Landesbank Berlin vom 18. August 2005 (Bl. 32 f der Gerichtsakte mit Anlagen) und auf die Aussage des Klägers im Termin am 2. März 2006 (Bl. 45 f der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 20. Juli 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe zur Überzeugung der Kammer nicht dargelegt und nachgewiesen, dass er bedürftig sei. Der Kläger habe zwar eidesstattliche Versicherungen von sich und seiner Mutter vorgelegt, wonach seine Mutter Inhaberin des genannten Kontos bei der Berliner Sparkasse sei und er nur aufgrund der Gebrechlichkeit der Mutter eine Vollmacht besitze. Aufgrund

des vorliegenden psychiatrischen Gutachtens über den Gesundheitszustand der Mutter, das im eingeleiteten Betreuungsverfahren am 30. Oktober 2004 eingeholt worden sei, könne dem jedoch nur eine geringe Aussagekraft beigemessen werden, denn die Mutter leide danach seit ca. 10 Jahren an einer Starerkrankung der Augen und sei deshalb praktisch blind, außerdem unter anderem im Bereich des Kurzzeitgedächtnisses leichtgradig gestört. Deshalb müsse auch von einer Vernehmung der Mutter als Zeugin abgesehen werden. Darüber hinaus stütze die Auskunft der Berliner Sparkasse die Angaben des Klägers nicht, denn danach habe er persönlich am 7. Dezember 1990 das Konto als Einzelkonto eröffnet; erst am 26. April 1991 sei die Mutter als Mitinhaberin des Kontos aufgenommen und ebenso wie der Kläger jeweils allein verfügungsberechtigt gewesen. Angaben über die Höhe des Guthabens zum Zeitpunkt der Eröffnung des Kontos könne der Kläger auf Befragen nicht machen; dies gelte auch für die Sparkasse, da die Aufbewahrungsfrist für die Kontobewegungen vor 1995 abgelaufen sei. Aus den Kontobewegungen seit Juli 1995 sei ersichtlich, dass z. B. die monatlich durchschnittlichen Ersparnisse im Jahre 1996 (ca. 814,00 DM) verglichen mit den monatlichen Einkünften der Mutter zur gleichen Zeit (ca. 920,00 DM) selbst unter Berücksichtigung allereinfachster Lebensverhältnisse nicht den Schluss zuließen, dass die Ersparnisse allein von der Mutter stammen könnten. Es sei daher nicht zu ermitteln, mit welchem Anfangsvermögen der Kläger persönlich das Konto eröffnet habe und welcher Vermögenszuwachs durch seine bzw. die Einkünfte der Mutter erfolgt sei. Vieles spreche dafür, dass das überwiegende Vermögen dem Kläger gehöre. Da nach den eingereichten Unterlagen das Vermögen auf dem Sparbuch der Mutter durch eine Umbuchung vom Guthaben auf dem Konto bei der Sparkasse erfolgt sei, sei auch nicht ausgeschlossen, dass dieses Vermögen einen erheblichen Teil des dem Kläger zustehenden Vermögens darstelle. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers von einer hälftigen Beteiligung beider Kontoinhaber an dem Vermögen ausgegangen werde, müsse sich der Kläger die Hälfte von 51.981,75 EUR, d. h. 25.990,88 EUR zurechnen lassen. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 11.200,00 EUR verblieben dann 14.790,88 EUR, die bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe somit wegen fehlender Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Gegen dieses ihm am 10. August 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24. August 2006. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen und rügt, dass das Sozialgericht eine umfassende Sachverhaltsaufklärung unterlassen habe. Mehrfach habe er dem Gericht vorgeschlagen, seine Mutter zu ihren Vermögensverhältnissen und ihren Sparguthaben zu befragen. Schließlich habe das Gutachten vom 20. Oktober 2004 im Rahmen des Betreu-

ungsverfahrens ergeben, dass seine Mutter voll orientiert und bewusstseinsklar sei. Sie habe noch immer einen guten Überblick über ihre Finanzen und Sparguthaben und könne die Fragen des Gerichts ohne weiteres beantworten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbeschei- des vom 22. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 16. Juni 2004 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Selbst eine entsprechende Zeugenaussage der Mutter des Klägers, wie sie von diesem in Aussicht gestellt werde, sei nach Auffassung der Beklagten nicht geeignet zur Widerlegung der Vermutung, dass es sich bei den Angaben des Klägers um bloße Schutzbehauptungen handele. Da sich entscheidungserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen ließen, um abschließend klären zu können, ob und inwieweit das Vermögen dem Kläger oder seiner Mutter zuzurechnen sei, und ob der Kläger nicht berechtigt gewesen sei, über das Vermögen zu verfügen, stelle sich die Frage der Beweislast, die im vorliegenden Fall der Kläger trage.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Bd. II Kundennummer: ) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Sach- und Rechtslage mit seinem Urteil vom 20. Juli 2006 zutreffend beurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 16. April 2004, denn er ist nicht bedürftig.

Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), in Kraft ab Januar 2004, aufgehoben durch das vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954), in Kraft ab 1. Januar 2005, nur Arbeitnehmer, die – abgesehen von weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen – bedürftig sind. Bedürftigkeit liegt grundsätzlich vor, soweit der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann, § 193 Abs. 1 SGB III. Nicht bedürftig ist der Arbeitslose demgegenüber gemäß § 193 Abs. 2 SGB III, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist. Inwieweit bei dieser Beurteilung Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert für den vorliegenden Fall (begehrter Leistungsbeginn: April 2004) die auf § 206 Nr. 1 SGB III beruhende Arbeitslosenhilfe – Verordnung vom 13. Dezember 2001 (AlhiV 2002, gültig ab 1. Januar 2002, zuletzt geändert durch Artikel 86 des dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), aufgehoben mit Wirkung zum 1. Januar 2005. Ihr ist zu entnehmen, wie lange und mit Rücksicht auf welches Vermögen die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.

Unter Anwendung der genannten einschlägigen Normen hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass der Kläger nichts dargelegt und nachgewiesen hat, dass er bedürftig ist, denn er besitzt Vermögen auf einem Konto bei der Berliner Sparkasse (Kontonummer ), das ihm zumindest hälftig zuzurechnen ist. Auf die überzeugenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils nimmt der Senat nach eigener Überprüfung in vollem Umfang Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren erschöpft sich in der Wiederholung dessen, was bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen worden ist. Hiermit hat sich das Sozialgericht überzeugend auseinandergesetzt. Dass auch der Senat eine Einvernahme der Mutter des Klägers zur Klärung der Vermögensverhältnisse ebenso wenig wie das Sozialgerichts für sachgerecht hält, ist bereits mit Beschluss vom 11. Dezember 2006 ausgeführt worden. Hierauf wird Bezug genommen. Schließlich würde es auch nicht ausreichen, wenn die Mutter des Klägers – wie dieser versichert – bekunden würde, dass es sich um ihr Geld auf dem Konto handelt, denn angesichts des Verlaufs der Kontobewegungen, die das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil ausführlich dargestellt hat, erscheint es ausgeschlossen, dass die Ersparnisse ohne weitere Zuflüsse allein von der Mutter mit einer Rente von monatlich 920,- DM stammen könnten. Hierzu hat der Kläger aber nach wie vor nichts vorgetragen oder vortragen können.

Nach alledem war die Berufung abzuweisen. Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden. Die Beteiligten sind vorher zu dieser Verfahrensweise gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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