L 18 B 1142/06 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 23 AS 884/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 1142/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 27. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Schubert wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin sowohl gegen die Ablehnung der begehrten Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) als auch gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung des Rechtsanwalts Sch für das erstinstanzliche Verfahren durch das Sozialgericht (SG) wendet, ist nicht begründet.

Für die Zeit bis zum Eingang des – zeitlich nicht eingegrenzten - Rechtsschutzantrages bei dem SG (9.Oktober 2006) fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Für eine rückwirkende Leistungsgewährung für Zeiträume vor der Antragstellung bei Gericht ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich kein Raum. Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtgewährung von Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirken und eine gegenwärtige Notlage bewirken würde, sind nicht ersichtlich.

Für die Zeit ab 9. Oktober 2006 ist hinsichtlich der geltend gemachten weiteren Unterkunfts- und Heizkosten ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht erkennbar, und zwar schon deshalb nicht, weil eine Wohnungslosigkeit der Antragstellerin gegenwärtig nicht einzutreten droht. Da die Antragstellerin nicht (Mit-)Eigentümerin des von ihr bewohnten Hausgrundstücks KAllee in A ist, scheidet ein drohender Verlust des Eigenheims, für den im Übrigen ebenfalls keine Anhaltspunkte erkennbar wären, zudem bereits aus Rechtsgründen aus. Indes fehlt es hinsichtlich der geltend gemachten höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung ebenso wie für die begehrten höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Übrigen auch an einem Anordnungsanspruch.

Der Bedarf der aus der Antragstellerin und ihrem Lebensgefährte G G (im Folgenden: G.) bestehenden Bedarfsgemeinschaft (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3c SGB II) beläuft sich insgesamt auf 992,29 EUR monatlich (je 311,- EUR Regelleistung für die Antragstellerin und G. - § 20 Abs. 3 Satz 1, § 28 Abs. 1SGB II; Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 370,29 EUR). Die Kosten für Unterkunft und Heizung setzen sich dabei wie folgt zusammen:

Abfallgebühren mit Müllmarken 8,30 EUR Wassergebühren 21,00 EUR Grundsteuer 5,72 EUR Wohngebäudeversicherung 9,25 EUR Schornsteinfegergebühren 2,02 EUR Stromkosten für Heizung (Abschlag für zwei Monate = 325,- EUR) 162,50 EUR Darlehenszinsen des G. 161,50 EUR Gesamtbetrag Kosten für Unterkunft und Heizung 370,29 EUR

Hieraus ergibt sich ein Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 992,29 EUR, wobei der Senat auf eine Herausrechnung der Stromkosten für die sonstige Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, die bereits mit der Regelleistung abgegolten werden (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II), verzichtet hat, weil dies im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung führt. Eine Rechtsgrundlage für die Hinzurechnung des Darlehensanteils des nicht zu der Bedarfsgemeinschaft gehörenden Miteigentümers M M (im Folgenden: M.) zum Gesamtbedarf ist nicht ersichtlich. Denn die insoweit zu tragenden Darlehenszinsen können schon aus Rechtsgründen keine notwendigen Ausgaben der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sein. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass sie und G. den M. im Innenverhältnis vollständig von dessen Darlehensverpflichtungen freistellten, kann auch diese – unterstellte – vertragliche Verpflichtung nicht dazu führen, die insoweit möglicherweise getätigten Aufwendungen als Unterkunftskosten für ein selbst genutztes Eigenheim anzusehen. Denn die Antragstellerin ist nicht Eigentümerin des Wohngrundstücks und G. nur (hälftiger) Miteigentümer. Im Ergebnis würde eine entsprechende Kostentragung durch die Antragsgegnerin daher nur zur Vermögensbildung des M. beitragen. Der Zinsanteil des G. ist hingegen beim Bedarf – wie oben dargelegt – zu berücksichtigen.

Ebenso besteht keine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Schuldzinsen in Höhe von monatlich 46,39 EUR für das zu Zwecken der Dachsanierung aufgenommene Darlehen über 10.000,- EUR. Auch bei den Unterkunftskosten des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind nur die notwendigen Aufwendungen zu übernehmen, d.h. bei einem selbst genutzten Eigenheim die Kosten des notwendigen Erhaltungsaufwands, nicht aber wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen (vgl. zu § 12 Abs. 1 BSHG: Hessischer Verwaltungsgerichtshof – Urteil vom 10. Oktober 1993 – 9 UE 1430/90 – veröffentlicht in juris). Bei der Dachsanierung mit gleichzeitiger Isolierung des Daches handelt es sich aber um eine wertsteigernde Erneuerungsmaßnahme, da sie nach Angaben der Antragstellerin wesentlich auf der Motivation beruhte, die hohen Heizkosten zu senken. Es ging somit um eine Modernisierung des Daches, nicht um dessen bloßen Erhalt. Selbst wenn die insoweit anfallenden Darlehenszinsen aber zu berücksichtigen wären, ergäben sich jedenfalls keine höheren monatlichen Leistungsansprüche der Antragstellerin als die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. August 2006 festgestellten. Denn auf den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ist nach den §§ 9 Abs. 2 Satz 1, 11 SGB II Einkommen des G. in Höhe von monatlich 811,09 EUR (Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 872,64 EUR abzüglich Versicherungspauschale von 30,- EUR gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung (Alg II-V) i.V. mit § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II und abzüglich Kfz-Haftpflichtversicherung von 31,55 EUR) anzurechnen. Die Versicherungspauschale gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, sofern davon auszugehen ist, dass die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung als gesetzlich vorgeschriebene Beiträge vom Einkommen abzusetzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R -). Die Unterhaltszahlungen des G. (monatlich 149,32 EUR) sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, weil die möglichen Absetzungen in § 11 Abs. 2 SGB II abschließend geregelt sind (vgl. zur Bedürftigkeitsprüfung bei der früheren Arbeitslosenhilfe: BSG, Urteil vom 27. Mai 2003 – B 7 AL 6/02 R = SozR 4-4300 § 194 Nr. 1). Es verbleibt somit ein nicht gedeckter Bedarf der Bedarfsgemeinschaft von 181,20 EUR bzw. – bei Berücksichtigung der Darlehenszinsen für die Dachsanierung – von 227,59 EUR. Die von der Antragsgegnerin ab 1. Juli 2006 bewilligten Leistungen in einer – für den Senat rechnerisch nicht nachvollziehbaren - Höhe von monatlich 333,83 EUR gehen hierüber deutlich hinaus, so dass sich für die Antragstellerin, die ausdrücklich nur ihren eigenen individualrechtlichen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II geltend macht, kein Anspruch auf höhere Leistungen ergeben kann. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Regelsatzhöhen des § 20 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R - Pressemitteilung).

Mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Begehrens hat das SG die Bewilligung von PKH für das erstinstanzliche Verfahren und die Beiordnung von Rechtsanwalt Sch zu Recht abgelehnt (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -); demgemäß war auch der PKH-Antrag und die Beiordnung von Rechtsanwalt Sch für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abzulehnen. Die Bewilligung von PKH für die PKH-Beschwerde kommt ohnehin nicht in Betracht (vgl. BGHZ 91, 311 m.w.Nachw.).

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Im PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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