L 11 R 5252/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 4353/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5252/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18. September 2006 wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe:

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 86 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Regelfall ist. Nur ausnahmsweise entfällt gemäß § 86 a Abs. 2 SGG die aufschiebende Wirkung. Wegen des Regel-Ausnahmeverhältnisses zwischen aufschiebender Wirkung und sofortiger Vollziehbarkeit sind Absätze zwei und vier im Zweifel eng auszulegen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2006, § 86a Rdnr. 12). Nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung u.a. bei der Entscheidung über Beitragspflichten und der Anforderung von Beiträgen. Unter Anforderung von Beiträgen ist die durch Verwaltungsakt gegenüber bestimmten natürlichen oder juristischen Personen oder Einrichtungen erfolgte konkrete Geltendmachung dieser im Einzelnen genau berechneten Geldleistungen zu verstehen, d.h. durch Leistungs- oder Heranziehungsbescheid und deren Vollstreckung dienender Maßnahmen (vg. Peters/Sautter/Wolff, Komm. 4. Aufl., 78. Lief. § 86 a Rdnr 30). Insoweit ist festzustellen, dass hier zwar im Grunde vom Antragsteller (Ast.) zu entrichtende Gesamtsozialversicherungsbeiträge im Streit sind. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2006 in der Fassung der Teilabhilfebescheide vom 09.05. und 12.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2006 wird jedoch weder eine Entscheidung über die Beitragspflicht getroffen, die Entscheidung hierüber betrifft das Verhältnis zwischen der Beigeladenen und dem Ast., noch werden Beiträge angefordert. Die Beklagte hat lediglich aufgrund des Verrechnungsersuchens einen Betrag gegen die Rente des Ast. verrechnet (a.A.: Beschlüsse des SG Karlsruhe vom 24.03.2004 - S 15 RA 320/04 ER- und vom 31.03.2004 - S 15 RA 320/04 ER -). Im vorliegenden Fall handelt sich auch nicht um eine Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen (§ 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG). Unter Herabsetzung ist die Minderung der Höhe der laufenden Leistung, unter Entziehung die vollständige Beendigung des Leistungsanspruchs zu verstehen (vgl. Zeihe, SGG, § 86a Rdnr. 17a, 18; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 02.07.2004 - L 13 RJ 2467/04 ER-B -). Beides ist bei der Verrechnung nicht der Fall. Der Ast erhält zwar einen geringeren Betrag. Ursächlich hierfür ist jedoch nicht, dass der Antragsgegner (Ag.) die Rentenleistung entzogen oder herabgesetzt hat. Der Anspruch des Ast. als Voraussetzung für die Verrechnung bleibt vielmehr in vollem Umfang bestehen, in das Rentenstammrecht wird nicht eingegriffen (vgl. Zeihe a.a.O., Rdnr. 17d, 17e; so weit auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 18.11.2005 - L 6 B 1604/05 R ER-). Es ändert sich lediglich teilweise der Zahlungsempfänger. Der Senat verkennt nicht, dass die Verrechnung für den Ast. dieselbe Wirkung wie ein Eingriff hat, tatsächlich ändert sich an der Rentenhöhe jedoch nichts. Wegen des Regel-Ausnahmeverhältnisses von aufschiebender Wirkung und Sofortvollzug verbietet sich für diesen Fall eine Analogie, auch wenn dies dem Gesetzeszweck entsprechen sollte (a.A. SG Karlsruhe und LSG Berlin-Brandenburg in den erwähnten Beschlüssen, LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 03.04.2006 - L 9 R 579/06 ER-B -). Hiervon wäre auch nicht deshalb abzuweichen, wenn § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht nur die Verwaltungsakte, die das Stammrecht auf wiederkehrende Leistungen regeln, erfassen würde, sondern auch Verwaltungsakte, die sich nur auf einzelne Ansprüche beziehen, einbezogen wären (vgl. Keller in Mayer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rd.-Ziff. 14). Voraussetzung hierfür wäre, dass die angefochtenen Bescheide den vom Ast. zu entrichtenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag regeln würden. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Die Ag. hat keine Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags vorgenommen, sondern ist nur dem Verrechnungsersuchen der Beigeladenen nachgekommen und verrechnet die vom Ast. nach Auffassung der Beigeladenen geschuldeten Beitrage zur gesetzlichen Sozialversicherung. Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Verrechnung selbst ein Verwaltungsakt ist oder nicht. Die angefochtenen Bescheide betreffen nicht die Verrechnung selbst, sondern sind Folge der von der Ag. vorgenommenen Verrechnung.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.09.2006 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit einer weiteren Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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