S 16 U 41/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 41/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 35/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob die Meningitis der Klägerin als Versicherungsfall festzustellen und zu entschädigen ist.

Die Klägerin wurde am 00.00.1992 in einem Krankenwagen geboren. Auf der Intensivstation der Kinder- und Jugendklinik der Universität S1 musste sie apparativ beatmet und antibiotisch behandelt werden. Am 17. Lebenstag konnte aufgrund der stabilen klinischen Befunde die antibiotische Therapie beendet werden. Am 19. Lebenstag kam es zum Auftreten von Apnoen und Bradykardien. Eine Lumbalpunktion ergab den Befund einer Meningitis; in der Liquorkultur konnte als Erreger Pseudomonas aeruginosa diagnostiziert werden. Dieser Erreger wurde gleichzeitig im Stuhl der Klägerin nachgewiesen. Es wurde eine antibiotische Therapie eingeleitet. Eine erneute Punktion am 18.05.1992 zeigte kein Bakterienwachstum. Die antibiotische Therapie wurde daraufhin beendet. In der Folgezeit kam es zur Ausbildung eines Hydrocephalus, der durch Anlage einer Ventildrainage operativ versorgt werden musste. Durch die Hirnschädigung sind bei der Klägerin spastische Teilparesen der Beine zurückgeblieben. Außerdem bestehen Koordinationsstörungen der Arme. Im April 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Entschädigung, Pflegegeld und Verletztenrente. Die Beklagte zog die medizinischen Unterlagen der Universitätskliniken S1 bei und hörte zur Klärung der Zusammenhangsfrage S2, Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde der Universitätsklinik L. Dieser kam in seinem Gutachten vom 05.08.2002 zu dem Ergebnis, bei der Erkrankung der Klägerin habe es sich um eine auf der Intensivstation erworbene nosokomiale eitrige Meningitis durch Pseudomonas aeruginosa gehandelt. Eine zuvor lokale Besiedlung im Darm durch die verantwortlichen Keime mit anschließender Bakteriämie und Invasion der Meningen sei zu unterstellen. Der Kausalzusammenhang sei sehr wahrscheinlich. Andere verantwortliche Ursachen für den Infektionshergang seien unwahrscheinlich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte sich die Infektion im Vorfeld nicht verhindern lassen. Mit Sicherheit hätte die Infektion nicht rascher entdeckt und behandelt werden können. Sodann schaltete die Beklagte ihren beratenden Arzt T ein, der unter Bezugnahme auf medizinische Literatur ausführte, Pseudomonas aeruginosa sei weit verbreitet als Nass- oder Pfützenkeim, z. B. in Leitungswasser, Waschbecken, Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Putzutensilien usw ... Im Krankenhausmilieu spielten unter anderem Inkubatoren für Frühgeborene, Beatmungs- und Nakosegerät eine Rolle, selbst das Wasser von Blumenvasen könne eine wichtige Rolle als extrakorporales Erregerreservat darstellen. Von allen diesen Bereichen und Gerätschaften sowie von infizierten Patienten und Keimträgern unter dem Personal könnten sporadische oder epidemische Erkrankungen durch Pseudomonas aeruginosa ihren Ausgang nehmen. Erregerübertragungen von Patient zu Patient im Sinne einer Kreuzinfektion hätten offenbar große praktische Bedeutung, erfolgten aber in der Regel nicht direkt oder aerogen, sondern unter Vermittlung von kontaminierten Gegenständen oder Händen des Pflegepersonals sowie unbelebten Zwischenreservoiren. Ärzten und Pflegekräften, die unbemerkt besiedelt seien, komme möglicherweise ebenfalls epidemilogische Signifikanz zu. Auf Intensivstationen habe Pseudomonas aeruginosa als nosokomialer Erreger eine große Bedeutung. Ob ein typisches Behandlungsrisiko während der mehrwöchigen intensivmedizinischen Behandlung für die Klägerin bestanden habe, sollte ergänzend geklärt werden. Die Beklagte hörte daraufhin erneut S2, der darauf hinwies, dass die Besiedlung mittels des Erregers Pseudomonas aeruginosa begünstigt werde u. a. durch die Anlage von Magensonden, Kathetern und durch rektales Fiebermessen. Der Infektionszeitpunkt lasse sich mit aller Wahrscheinlichkeit auf den Zeitraum zwischen dem 02.05.1992 17.00 Uhr und dem 03.05.1992 17.00 Uhr eingrenzen. Auf dieser medizinischen Grundlage lehnte die Beklagte die Feststellung eines Versicherungsfalls im Sinne eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ab (Bescheide vom 25.07.2003). Die Widersprüche der Klägerin waren erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 26.01.2004).

Mit ihrer am 25.02.2004 bei Gericht eingegangen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 17 a RVO versichert gewesen zu sein. Das versicherte Risiko habe in der Ansteckung mit anderen Krankheiten im Krankenhaus bestanden. Das wesentliche Reservoir in der Klinik stellten die Feuchtbereiche dar, von denen aus die Patienten direkt oder indirekt über die Haut des Pflegepersonals kolonisiert und infiziert würden. Bis zu 50 % der Patienten würden binnen 2 Wochen im Darmtrakt kolonisiert (Auszug Seite 11 des Gutachtens S2). Die höhere Infektionsgefahr in einem Krankenhaus im Verhältnis zu einem Privathaushalt sei offenkundig.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2006 ist für die Klägerin niemand aufgetreten. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die Terminsmitteilung dem Klägerbevollmächtigten am 13.11.2006 zugegangen.

Schriftsätzlich begehrt die Klägerin unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 25.07.2003 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26.01.2004 die Beklagte zu verurteilen, die Infektionskrankheit (Meningitis) als Arbeitsunfall und Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere in Form von Verletztenrente und Pflegegeld sowie Heilverfahren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten und die Vorprozessakten S 00 P 00/00 (L 00 P 00/00) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Bescheide vom 25.07.2003 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 26.01.2004 sind rechtmäßig. Ein entschädigungspflichtiger Versicherungsfall hat nicht vorgelegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. (vgl. § 136 Abs. 3 SGG). Es wird darauf hingewiesen, dass das Behandlungsrisiko nicht gemäß § 539 Abs. 1 N.r. 17. a RVO versichert ist. Zur Behandlung gehören auch die Anlage von Magensonden, rektales Fiebermessen sowie das Anlegen von Kathetern. Nach den plausiblen Ausführungen von S2 kann die Infektion der Klägerin auf diesem Weg stattgefunden haben. Damit lässt sich nicht wahrscheinlich machen, dass die Infektion wesentlich durch die stationäre Unterbringung, nicht aber durch die Behandlung verursacht worden ist,

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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