Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 39/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 5/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Rente wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit beanspruchen kann.
Nach den Feststellungen der Präventionsabteilung Fachstelle "Lärm" arbeitete der 1945 geborene Kläger, der eigenen Angaben zufolge seit 1998 nicht mehr "beruflich lärmgefährdet tätig" ist, während seines Beruflebens als Schleifer bei Lärmpegeln von 86 dB(A). Im November 2004 erstattete der HNO-Arzt N bei der Beklagten unter Beifügung von Audiogrammen Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit. Die Beklagte zog die Leistungsnachweise der Gmünder Ersatzkasse bei und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch L, Klinik für HNO-Heilkunde des I Klinikums X. Dieser äußerte in seinem Gutachten vom 11.07.2005, der Kläger habe anamnestisch angegeben eine zunehmende Hörminderung seit 1996/1997 bemerkt zu haben. Während eines Urlaubs in der Türkei (1997) sei er von einem dort ansässigen HNO-Arzt mit Hörgeräten beiderseits versorgt worden. Seit 2003 habe sich sein Hörvermögen weiter verschlechtert, so dass er ab 2003 mit einem stärkeren Hörgerät habe versorgt werden müssen. Seit zwei bis drei Jahren sei ihm im Übrigen ein Tinnitus beiderseits aufgefallen. Im Hinblick auf diese Angaben des Klägers, die dafür sprechen, dass eine Verschlimmerung seines Hörschadens sowie die von ihm beschriebenen Ohrgeräusche nach Beendigung der Lärmarbeit eingetreten sind, hat L nicht den gesamten, beim Kläger festgestellten Hörschaden als lärmbedingt aufgefasst und auch den Tinnitus nicht als Folge der beim Kläger bis 1998 bestandenen Lärmexposition angesehen. Er hat ausgeführt, der prozentuale Hörverlust nach der Tabelle von Röser (1980) betrage auf der rechten Seite 15 % und auf der linken Seite 30 %. Nach dem Sprachaudiogramm sei unter Zugrundelegung des gewichteten Gesamtwortverstehens auf beiden Seiten von einem Hörverlust von 40 % auszugehen. Die überschwelligen Hörtestmethoden wiesen auf beiden Seiten auf das Vorliegen eines Innenohrhaarzellschadens hin. Die beim Kläger vorliegende gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit beiderseits sei insgesamt mit einer MdE von 20 vom Hundert zu bewerten, der lärmbedingte Anteil sei auf 10 vom Hundert zu schätzen. Auf dieser medizinischen Grundlage erkannte die Beklagte beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, lehnte aber die Bewilligung von Rente wegen Fehlens einer rentenberechtigenden MdE ab (Bescheid vom 12.10.2005). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, zu Unrecht werde lediglich ein Teil seines Hörschadens als berufsbedingter Lärmschaden anerkannt. Darüber hinaus müsse auch der bei ihm bestehende Tinnitus den Berufskrankheitsfolgen zugerechnet werden. Auf Nachfrage der Beklagten übermittelte der Kläger ein Schreiben des Facharztes für HNO-Krankheiten H, Staatliches Krankenhaus D, in dem es u. a. heißt, der Kläger sei am 22.12.1997 durch einen HNO-Arzt untersucht worden. Bei der Audiogramm-Untersuchung sei der Verlust des Hörvermögens in der Höhe festgestellt worden, dass die Benutzung eines Hörgerätes erforderlich gewesen sei. In der Türkei müssten Daten 5 Jahre aufgehoben werden. Aus diesem Grunde könnten keine genaueren Daten mitgeteilt werden. Ausweislich eines Telefonvermerks vom 15.12.2005 liegen auch der Gmünder Ersatzkasse keine Unterlagen mehr aus dem Jahre 1997 vor. Lediglich ein EDV-Eintrag vom 10.01.1997 über eine "sonstige Sachleistung" in Höhe von 743,93 Euro soll auf eine eventuelle Versorgung mit Hörgeräten hinweisen. Privat-Dozent K von der Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW hat Nachuntersuchungen nicht für erforderlich gehalten, da der Kläger nicht mehr beruflich Lärmexponiert tätig sei. Die Widerspruchsstelle bei der Beklagten hat den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2006 zurückgewiesen.
Mit seiner am 28.02.2006 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, wenn der Gutachter die MdE auf 20 % insgesamt schätze und der Schaden nicht teilbar sei, könne die lärmbedingte MdE nicht nur 10 % betragen. Abgesehen davon bestünden auch Ohrgeräusche, mithin sei eine rentenberechtigende MdE erreicht. Die Hörhilfen bzw. Hörgeräte seien dem Kläger bereits zur Zeit der noch andauernden Lärmbelastung verordnet worden, weshalb alles dafür spreche, dass der Gesamtschaden Folge der Lärmschwerhörigkeit sei und ein Nachschaden nicht abgrenzt werden könne.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Rente wegen der anerkannten beruflichen Lärmschwerhörigkeit.
Die Beklagte begehrt die Klageabweisung.
Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 12.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2006 ist rechtmäßig. Der Kläger kann Verletztenrente wegen der bei ihm anerkannten Berufskrankheit nicht beanspruchen. Es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE in Höhe von mindestens 20 vom Hundert, eine Stützrente besteht ersichtlich nicht (vgl. § 56 SGB VII). Dabei fußt die Kammer mit ihrer Ansicht auf den plausiblen Feststellungen des Gutachters L. Danach besteht beim Kläger ein Innenohrhaarzellschaden, der eine MdE von 20 vom Hundert bedingt. Dieser Schaden kann jedoch nicht in vollem Ausmaß als Lärmschaden angesehen werden, da - auf der Grundlage der Angaben des Klägers - nach seinem Ausscheiden aus der Lärmarbeit eine wesentliche Verschlimmerung seines Hörschadens in der Zeit seit 2003 eingetreten ist. Diese Verschlechterung seines Hörvermögens kann den Berufskrankheitsfolgen nicht zugerechnet werden, weil nach beendeter Lärmexposition nicht mehr mit einem Fortschreiten der Lärmschwerhörigkeit zu rechnen ist. Damit steht fest, dass der lärmbedingte Anteil des Hörschadens keine MdE von 20 vom Hundert erreicht. Auch der Tinnitus des Klägers kann keine Berücksichtigung finden, da er ebenfalls nach Beendigung der Lärmexposition - so die Angaben des Klägers - entstanden ist und damit keine Berufskrankheitsfolge darstellen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Rente wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit beanspruchen kann.
Nach den Feststellungen der Präventionsabteilung Fachstelle "Lärm" arbeitete der 1945 geborene Kläger, der eigenen Angaben zufolge seit 1998 nicht mehr "beruflich lärmgefährdet tätig" ist, während seines Beruflebens als Schleifer bei Lärmpegeln von 86 dB(A). Im November 2004 erstattete der HNO-Arzt N bei der Beklagten unter Beifügung von Audiogrammen Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit. Die Beklagte zog die Leistungsnachweise der Gmünder Ersatzkasse bei und veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch L, Klinik für HNO-Heilkunde des I Klinikums X. Dieser äußerte in seinem Gutachten vom 11.07.2005, der Kläger habe anamnestisch angegeben eine zunehmende Hörminderung seit 1996/1997 bemerkt zu haben. Während eines Urlaubs in der Türkei (1997) sei er von einem dort ansässigen HNO-Arzt mit Hörgeräten beiderseits versorgt worden. Seit 2003 habe sich sein Hörvermögen weiter verschlechtert, so dass er ab 2003 mit einem stärkeren Hörgerät habe versorgt werden müssen. Seit zwei bis drei Jahren sei ihm im Übrigen ein Tinnitus beiderseits aufgefallen. Im Hinblick auf diese Angaben des Klägers, die dafür sprechen, dass eine Verschlimmerung seines Hörschadens sowie die von ihm beschriebenen Ohrgeräusche nach Beendigung der Lärmarbeit eingetreten sind, hat L nicht den gesamten, beim Kläger festgestellten Hörschaden als lärmbedingt aufgefasst und auch den Tinnitus nicht als Folge der beim Kläger bis 1998 bestandenen Lärmexposition angesehen. Er hat ausgeführt, der prozentuale Hörverlust nach der Tabelle von Röser (1980) betrage auf der rechten Seite 15 % und auf der linken Seite 30 %. Nach dem Sprachaudiogramm sei unter Zugrundelegung des gewichteten Gesamtwortverstehens auf beiden Seiten von einem Hörverlust von 40 % auszugehen. Die überschwelligen Hörtestmethoden wiesen auf beiden Seiten auf das Vorliegen eines Innenohrhaarzellschadens hin. Die beim Kläger vorliegende gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit beiderseits sei insgesamt mit einer MdE von 20 vom Hundert zu bewerten, der lärmbedingte Anteil sei auf 10 vom Hundert zu schätzen. Auf dieser medizinischen Grundlage erkannte die Beklagte beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV an, lehnte aber die Bewilligung von Rente wegen Fehlens einer rentenberechtigenden MdE ab (Bescheid vom 12.10.2005). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, zu Unrecht werde lediglich ein Teil seines Hörschadens als berufsbedingter Lärmschaden anerkannt. Darüber hinaus müsse auch der bei ihm bestehende Tinnitus den Berufskrankheitsfolgen zugerechnet werden. Auf Nachfrage der Beklagten übermittelte der Kläger ein Schreiben des Facharztes für HNO-Krankheiten H, Staatliches Krankenhaus D, in dem es u. a. heißt, der Kläger sei am 22.12.1997 durch einen HNO-Arzt untersucht worden. Bei der Audiogramm-Untersuchung sei der Verlust des Hörvermögens in der Höhe festgestellt worden, dass die Benutzung eines Hörgerätes erforderlich gewesen sei. In der Türkei müssten Daten 5 Jahre aufgehoben werden. Aus diesem Grunde könnten keine genaueren Daten mitgeteilt werden. Ausweislich eines Telefonvermerks vom 15.12.2005 liegen auch der Gmünder Ersatzkasse keine Unterlagen mehr aus dem Jahre 1997 vor. Lediglich ein EDV-Eintrag vom 10.01.1997 über eine "sonstige Sachleistung" in Höhe von 743,93 Euro soll auf eine eventuelle Versorgung mit Hörgeräten hinweisen. Privat-Dozent K von der Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW hat Nachuntersuchungen nicht für erforderlich gehalten, da der Kläger nicht mehr beruflich Lärmexponiert tätig sei. Die Widerspruchsstelle bei der Beklagten hat den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2006 zurückgewiesen.
Mit seiner am 28.02.2006 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, wenn der Gutachter die MdE auf 20 % insgesamt schätze und der Schaden nicht teilbar sei, könne die lärmbedingte MdE nicht nur 10 % betragen. Abgesehen davon bestünden auch Ohrgeräusche, mithin sei eine rentenberechtigende MdE erreicht. Die Hörhilfen bzw. Hörgeräte seien dem Kläger bereits zur Zeit der noch andauernden Lärmbelastung verordnet worden, weshalb alles dafür spreche, dass der Gesamtschaden Folge der Lärmschwerhörigkeit sei und ein Nachschaden nicht abgrenzt werden könne.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Rente wegen der anerkannten beruflichen Lärmschwerhörigkeit.
Die Beklagte begehrt die Klageabweisung.
Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 12.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2006 ist rechtmäßig. Der Kläger kann Verletztenrente wegen der bei ihm anerkannten Berufskrankheit nicht beanspruchen. Es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE in Höhe von mindestens 20 vom Hundert, eine Stützrente besteht ersichtlich nicht (vgl. § 56 SGB VII). Dabei fußt die Kammer mit ihrer Ansicht auf den plausiblen Feststellungen des Gutachters L. Danach besteht beim Kläger ein Innenohrhaarzellschaden, der eine MdE von 20 vom Hundert bedingt. Dieser Schaden kann jedoch nicht in vollem Ausmaß als Lärmschaden angesehen werden, da - auf der Grundlage der Angaben des Klägers - nach seinem Ausscheiden aus der Lärmarbeit eine wesentliche Verschlimmerung seines Hörschadens in der Zeit seit 2003 eingetreten ist. Diese Verschlechterung seines Hörvermögens kann den Berufskrankheitsfolgen nicht zugerechnet werden, weil nach beendeter Lärmexposition nicht mehr mit einem Fortschreiten der Lärmschwerhörigkeit zu rechnen ist. Damit steht fest, dass der lärmbedingte Anteil des Hörschadens keine MdE von 20 vom Hundert erreicht. Auch der Tinnitus des Klägers kann keine Berücksichtigung finden, da er ebenfalls nach Beendigung der Lärmexposition - so die Angaben des Klägers - entstanden ist und damit keine Berufskrankheitsfolge darstellen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved