Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 4 R 924/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 6 B 355/06 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist ein Rechtsanwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts beizuordnen, wenn er seine Kanzlei im Bezirk des Sozialgerichts hat.
1. Auf die Beschwerde des prozessbevollmächtigten Rechtsanwaltes E wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 27.11.2006 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgeändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt E , K straße 1, B , ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache begehrt der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gegen den seinen Rentenantrag ablehnenden Bescheid vom 07.09.2006 in Gestalt des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 hat der Kläger am 08.11.2006 mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt E , B , Klage erhoben. Gleichzeitig hat er den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes E gestellt.
Mit Beschluss vom 27.11.2006 hat das SG die Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt E "zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet.
Gegen den ihm am 30.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte am 12.12.2006 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, die Einschränkung "zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwaltes" entfallen zu lassen.
Zur Begründung trägt er vor, er habe im Amtsgerichtsbezirk B und im Sozialgerichtsbezirk K seinen Kanzleibezirk. Der Kläger habe seinen Wohnsitz ebenfalls im Amtsgerichtsbezirk B. Es sei diesem nicht zuzumuten, jeweils für Besprechungen nach Koblenz zu einem Koblenzer Anwalt anzureisen. Im Übrigen würde die Einschränkung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, weil dadurch die zufällig am Sitz des Sozialgerichts ansässigen Rechtsanwälte bevorzugt wären.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die erhobene Beschwerde ist gemäß den §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Der Senat geht dabei davon aus, dass der beigeordnete Prozessbevollmächtigte die Beschwerde in eigenem Namen erhoben hat. Die Beschwerde richtet sich nach ihrer Begründung gegen die Einschränkung, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwaltes erfolgt. Letztlich werden hier wirtschaftliche Interessen des beigeordneten Rechtsanwaltes geltend gemacht, was auch daran deutlich wird, dass auf eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten am Sitz des Sozialgerichts ansässiger Rechtsanwälte verwiesen wird.
Da insoweit eine Beschwer des betroffenen Rechtsanwaltes vorliegt, bestehen gegen die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde keine Bedenken.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. In § 121 Abs. 3 ZPO ist bestimmt, dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur dann im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Dies dient u.a. der Vermeidung von der Staatskasse zu Last fallenden Kosten wie Reisekosten, die der beigeordnete Rechtsanwalt als Auslagen geltend machen kann. Die Vorschrift ist allerdings auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil es keine Zulassung von Rechtsanwälten zu einem Sozialgericht gibt; diese werden vielmehr zu einem oder mehreren Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugelassen, wobei sie in diesem Fall auch an anderen Gerichten postulationsfähig sind, vgl. §§ 19 ff. der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 78 ZPO.
Entgegen der Auffassung des SG kommt es zur Überzeugung des Senats nicht in Betracht, die Vorschrift im sozialgerichtlichen Verfahren dahingehend entsprechend anzuwenden, dass nur eine bedingungslose Beiordnung von Rechtsanwälten in Betracht kommt, die ihren Sitz am Gerichtsort selbst haben, bzw. eine Beiordnung auswärtiger Rechtsanwälte nur zu den Bedingungen von am Gerichtssitz ansässigen Rechtsanwälten erfolgen kann. Eine solche Auslegung gibt das Gesetz nicht her. Die Zulassung eines Rechtsanwaltes zu einem Amtsgericht oder Landgericht setzt nicht den Sitz der Kanzlei am Ort des Gerichts voraus; es genügt, wenn der Rechtsanwalt in einer Gemeinde seine Kanzlei betreibt, die im Bezirk des Amtsgerichtes bzw. des Landgerichtes liegt, §§ 27 Abs 2, 23 BRAO. Im Zivilprozess am Landgericht Koblenz könnte dem Kläger damit der Prozessbevollmächtigte uneingeschränkt beigeordnet werden, obwohl dieser seine Kanzlei nicht in Koblenz, am Sitz des Landgerichtes, sondern in Betzdorf betreibt. Nach § 46 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hätte der Rechtsanwalt dann auch, etwa für die Anreise zum Termin zur mündlichen Verhandlung am Landgericht in Koblenz, Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten als Auslagen, wenn diese zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren. Vor diesem Hintergrund gibt es keinen Anlass, im sozialgerichtlichen Verfahren einen strengeren Maßstab anzulegen und nur solche Anwälte zuzulassen, die ihre Kanzlei am Gerichtsort in Koblenz haben. Vielmehr ist in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwaltes, der im Sozialgerichtsbezirk seinen Sitz hat, ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes vorzunehmen. Dies gilt um so mehr in Fällen, in denen, wie hier, die Kanzlei am Wohnort des Klägers liegt, was von vornherein kostspielige Reisen des Rechtsanwaltes zu seinem Mandanten oder umgekehrt verhindert (vgl. zum Ganzen Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen Anhalt vom 23.08.2005, Az.: L 2 B 36/05 AL in JMBl. St 2006, 372).
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache begehrt der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gegen den seinen Rentenantrag ablehnenden Bescheid vom 07.09.2006 in Gestalt des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 hat der Kläger am 08.11.2006 mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt E , B , Klage erhoben. Gleichzeitig hat er den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes E gestellt.
Mit Beschluss vom 27.11.2006 hat das SG die Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt E "zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet.
Gegen den ihm am 30.11.2006 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte am 12.12.2006 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, die Einschränkung "zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwaltes" entfallen zu lassen.
Zur Begründung trägt er vor, er habe im Amtsgerichtsbezirk B und im Sozialgerichtsbezirk K seinen Kanzleibezirk. Der Kläger habe seinen Wohnsitz ebenfalls im Amtsgerichtsbezirk B. Es sei diesem nicht zuzumuten, jeweils für Besprechungen nach Koblenz zu einem Koblenzer Anwalt anzureisen. Im Übrigen würde die Einschränkung zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, weil dadurch die zufällig am Sitz des Sozialgerichts ansässigen Rechtsanwälte bevorzugt wären.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die erhobene Beschwerde ist gemäß den §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Der Senat geht dabei davon aus, dass der beigeordnete Prozessbevollmächtigte die Beschwerde in eigenem Namen erhoben hat. Die Beschwerde richtet sich nach ihrer Begründung gegen die Einschränkung, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines in Koblenz ansässigen Rechtsanwaltes erfolgt. Letztlich werden hier wirtschaftliche Interessen des beigeordneten Rechtsanwaltes geltend gemacht, was auch daran deutlich wird, dass auf eine Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten am Sitz des Sozialgerichts ansässiger Rechtsanwälte verwiesen wird.
Da insoweit eine Beschwer des betroffenen Rechtsanwaltes vorliegt, bestehen gegen die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde keine Bedenken.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. In § 121 Abs. 3 ZPO ist bestimmt, dass ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur dann im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Dies dient u.a. der Vermeidung von der Staatskasse zu Last fallenden Kosten wie Reisekosten, die der beigeordnete Rechtsanwalt als Auslagen geltend machen kann. Die Vorschrift ist allerdings auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil es keine Zulassung von Rechtsanwälten zu einem Sozialgericht gibt; diese werden vielmehr zu einem oder mehreren Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugelassen, wobei sie in diesem Fall auch an anderen Gerichten postulationsfähig sind, vgl. §§ 19 ff. der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 78 ZPO.
Entgegen der Auffassung des SG kommt es zur Überzeugung des Senats nicht in Betracht, die Vorschrift im sozialgerichtlichen Verfahren dahingehend entsprechend anzuwenden, dass nur eine bedingungslose Beiordnung von Rechtsanwälten in Betracht kommt, die ihren Sitz am Gerichtsort selbst haben, bzw. eine Beiordnung auswärtiger Rechtsanwälte nur zu den Bedingungen von am Gerichtssitz ansässigen Rechtsanwälten erfolgen kann. Eine solche Auslegung gibt das Gesetz nicht her. Die Zulassung eines Rechtsanwaltes zu einem Amtsgericht oder Landgericht setzt nicht den Sitz der Kanzlei am Ort des Gerichts voraus; es genügt, wenn der Rechtsanwalt in einer Gemeinde seine Kanzlei betreibt, die im Bezirk des Amtsgerichtes bzw. des Landgerichtes liegt, §§ 27 Abs 2, 23 BRAO. Im Zivilprozess am Landgericht Koblenz könnte dem Kläger damit der Prozessbevollmächtigte uneingeschränkt beigeordnet werden, obwohl dieser seine Kanzlei nicht in Koblenz, am Sitz des Landgerichtes, sondern in Betzdorf betreibt. Nach § 46 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes hätte der Rechtsanwalt dann auch, etwa für die Anreise zum Termin zur mündlichen Verhandlung am Landgericht in Koblenz, Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten als Auslagen, wenn diese zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren. Vor diesem Hintergrund gibt es keinen Anlass, im sozialgerichtlichen Verfahren einen strengeren Maßstab anzulegen und nur solche Anwälte zuzulassen, die ihre Kanzlei am Gerichtsort in Koblenz haben. Vielmehr ist in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwaltes, der im Sozialgerichtsbezirk seinen Sitz hat, ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes vorzunehmen. Dies gilt um so mehr in Fällen, in denen, wie hier, die Kanzlei am Wohnort des Klägers liegt, was von vornherein kostspielige Reisen des Rechtsanwaltes zu seinem Mandanten oder umgekehrt verhindert (vgl. zum Ganzen Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen Anhalt vom 23.08.2005, Az.: L 2 B 36/05 AL in JMBl. St 2006, 372).
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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