Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 6/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 7. Dezember 1971 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1970 aufgehoben.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin schloß mit der Fa. H., R., am 17. Februar 1969 folgenden "Arbeitsvertrag”:
1) "Ab dem 17.2.1969 beauftragen wir Sie mit der Ausführung verschiedener Montagearbeiten innerhalb unseres Arbeitsprogrammes.
2) Zur Ausführung der Arbeiten beschäftigen Sie – Zahl nach Bedarf – gelernte Facharbeiter (Istallateure – Rohrleger).
3) Während der Beschäftigung Ihrer Leute auf unseren Baustellen sind diese verpflichtet, den Weisungen unseres Aufsichtspersonals Folge zu leisten. Falls diese Anordnung nicht befolgt wird, erfolgt fristlose Kündigung sowie sofortige Sendung anderer Kräfte.
4) Als Entgelt zahlen wir Ihnen für jede geleistete Arbeitsstunde netto DM 9,00 Ihre Leute sind verpflichtet, sich ihre gearbeiteten Stunden von unserem Montagemeister bescheinigen zu lassen. Wir bezahlen nur Stunden, die wie vor bescheinigt sind.
5) Die Fahrzeit zum Arbeitsplatz und die Fahrspesen werden nicht vergütet.
6) Die Entlohnung Ihrer Leute wird von Ihnen vorgenommen. Wir haben mit der Löhnung nichts zu tun und erkennen evtl. Ansprüche Ihrer Leute gegen uns nicht an.
7) Es wird ausdrücklich vereinbart, daß diese Arbeitskräfte keine Betriebsangehörigen der Firma G. K. & Co. sind. Die gesamte Entlöhnung, Sozialversicherung Krankengeldangelegenheiten, Überstunden, sowie Wegegelder und Pflichtbeiträge zur Berufsgenossenschaft und ähnlichen Stellen sind ausnahmslos in den Händen der Fa. H ...
8) Dieser Vertrag kann von der Fa. G. K. & Co. innerhalb 8 Tagen zum nächsten Wochenende nicht vor Fertigstellung der Bauarbeiten kündigen.
9) Die Unterkunft wird gem. Vereinbarung nicht von der Fa. G. K. & Co. gestellt.
10) Außer den hier im Vertrag genannten Kosten entstehen uns keine weiteren Verpflichtungen oder sonstige Unkosten.
11) Schäden, die von Ihren Leuten verursacht werden, sei es bei Montagen oder in der Werkstatt, werden von Ihnen getragen. Sie erklären, daß Sie entsprechend versichert sind.
12) Bezahlung der gearbeiteten Stunden erfolgt jeden Freitag. Zum ersten Mal Freitag, den 21.2.1969 über die geleisteten Stunden von Montag bis Freitag.
13) Für Werkzeuge, die an Ihre Leute ausgeliehen wurde, übernehmen Sie die volle Gewähr für ordnungsgemäße und unbeschädigte Rückgabe. Andernfalls leisten Sie uns kostenlosen Ersatz.
14) Auswechseln der uns zur Verfügung gestellten Facharbeiter kann nur mit unserer Genehmigung vorgenommen werden.
15) Sollte irgend ein Punkt dieses Vertrages seine Gültigkeit verlieren, so bleiben die übrigen Punkte voll gültig.
16) Es wird vereinbart, daß für beide Partner S. der Gerichtsstand ist.”
Aufgrund dieses Vertrages wurden in der Zeit vom 17. Februar bis 25. April 1969 Arbeiter auf der A.-Baustelle der Klägerin in F., tätig. Anzahl und Identität dieser Arbeiter ist nicht mehr feststellbar.
Nach Auskunft des Niederländischen R. v. A. vom 8. Mai 1969 war Inhaber der Fa. H., Herr G., in den Niederlanden nicht als Arbeitgeber eingetragen, so daß die beschäftigen Arbeitnehmer nach Art. 12 der 3. EWG-VO für ihre Beschäftigung in Deutschland der deutschen Sozialversicherung unterlagen.
Durch Bescheid vom 18. Juni 1970 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Beschäftigung der von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.133,41 DM mit der Begründung, der Inhaber der Fa. H., Herr G., könne nicht als Unternehmer angesehen werden, weil er als Subunternehmer lediglich deutschen Unternehmen Arbeitskräfte zur Durchführung von Arbeiten zur Verfügung gestellt habe. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchbescheid vom 9. November 1970, zurückgewiesen mit der Begründung, die von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und daher als deren Arbeitnehmer zu behandeln.
Im Klageverfahren trug die Klägerin vor, es habe sich ausschließlich um Arbeitnehmer der Fa. H. gehandelt. Sie seien nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und hätten auch keine Arbeitspapiere erhalten. Direktor G. von der Fa. H. habe den leitenden Herren der Klägerin mehrfach versichert, daß diese Arbeitnehmer auch in Holland sozialversichert würden. Die Fa. H. sei im Handelsregister in R. als Fa. Für Isolierungen eingetragen. Die Beklagte trug demgegenüber vor, daß Herr G. während des streitigen Zeitraums nicht als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinn in Holland anerkannt gewesen sei.
Durch Urteil vom 7. Dezember 1971 hat das Sozialgericht Frankfurt a.M. die Klage abgewiesen mit der Begründung, die von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert worden, da sie den Weisungen des Aufsichtspersonals der Klägerin Folge zu leisten gehabt hätten. Die Fa. H. sei kein Unternehmer gewesen. Hierfür hätten alle Kriterien gefehlt. Sie habe kein Kapital eingesetzt und kein Unternehmerrisiko getragen. Sie sei vielmehr nur als Vermittler von Arbeitskräften für die Klägerin aufgetreten. Nach Art. 12 Abs. 1 der EWG-VO Nr. 3 unterlägen diese Arbeitskräfte dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie seien nicht im Besitz des Vordruckes E 1 gewesen. Es sei müßig, darüber zu streiten, ob, wann und wo G. in niederländischen Registern eingetragen sei. Gegen dieses am 16. Dezember 1971 zu gestellte Urteil richtet sich die am 5. Januar 1972 beim Hess. Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, aus der Tatsache, daß die holländischen Arbeitnehmer der deutschen Sozialversicherung unterlegen hätten, folge noch nicht, daß auch die Klägerin deren Arbeitgeber gewesen sei. Aus dem zwischen der Klägerin und der Fa. H. geschlossenen Vertrag gehe vielmehr hervor, daß diese nicht Vermittler von Arbeitskräften, sondern selbst Unternehmerin gewesen sei. Die Fa. H. sei insoweit vergleichbar mit Zeitarbeitsunternehmen. Diese seien Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, obwohl ihre Arbeitskräfte in den Betrieb der Unternehmer eingegliedert seien, die ihre Dienste in Anspruch nehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 7. Dezember 1971 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1970 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stützt ihre Rechtsauffassung weiter auf das Urteil des Hess. LSG vom 24. Mai 1967, L-3/U – 56/65.
Die beigeladene LVA Hessen schließt sich dem Antrag der Beklagten an und trägt vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes komme es für die Arbeitgebereigenschaft auf die Verfügungsgewalt über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers an. Diese bestehe in dem Recht auf Erteilung von Anweisungen Überwachung, Regelung der Arbeitszeit, der Arbeitsfolge und des Arbeitsverfahrens. Diese Rechte hätten der Klägerin zugestanden. Für ihre Rechnung sei auch der Lohn bezahlt worden; ihr sei der Erfolg der Arbeitsleistung zugute gekommen.
Die beigeladene Bundesanstalt für Arbeit schließt sich ebenfalls dem Antrag der Beklagten an und ist der Auffassung, nach objektiver Beurteilung aller Merkmale sei davon auszugehen, daß überwiegend die Klägerin als Entleiher die Arbeitgeberfunktion ausgeübt habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der völligen Einordnung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb der Klägerin.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Kassenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil konnte nicht aufrecht erhalten werden; es hält zu Unrecht die Klägerin für den Arbeitgeber der ihr von der Fa. H. zur Verfügung gestellten holländischen Arbeitskräfte und damit als Beitragsschuldner (§§ 393 ff. RVO). Diese Rechtsauffassung wird weder dem Inhalt des zwischen der Klägerin und der Fa. H. geschlossenen Vertrags noch dem tatsächlichen Verhältnissen Gerecht. Hierbei ist es in der Tat müßig, darüber zu streiten, ob, wenn und in welchen Registern Herr G. als Inhaber der Fa. H. eingetragen war. Die Unternehmereigenschaft hängt nicht von der Eintragung in bestimmten Registern ab. Daß Herr G. in den Niederlanden nicht als Arbeitgeber eingetragen war, hat nur zur Folge, daß die von ihm in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterlagen. Seiner Arbeitgebereigenschaft nach deutschem Recht steht die fehlende niederländische Eintragung nicht entgegen.
Herr G. war als Inhaber der Fa. H. Unternehmer und Arbeitgeber der der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte. Er trug unternehmerische Risiken, die regelmäßig nur ein Arbeitgeber tragen muß. So war die Klägerin nur verpflichtet, für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden eine Vergütung an Herrn G. zu leisten. Sie war nicht verpflichtet, im Falle der Krankheit einer Arbeitskraft nach den gesetzlichen Bestimmungen den Lohn weiterzuzahlen. Dies oblag vielmehr Herrn G. (vgl. BAG v. 8.3.1972 – 5 AZR 378/70). Die Klägerin hatte auch keinen Einfluß auf die Höhe des den holländischen Arbeitskräften zu zahlenden Lohnes. Nach dem Arbeitsvertrag war vielmehr die Entlohnung alleinige Angelegenheit des Herrn G ... Es spricht nichts dafür, daß dieser den von der Klägerin vertragsgemäß gezahlten Stundenlohn lediglich unter seine Mitarbeiter aufteilte; nach den gesamten Umständen ist vielmehr davon auszugehen, daß Herr G. einen Teil der Vergütung für sich behielt und die holländischen Arbeitskräfte nach besonderen, der Klägerin nicht bekannten Vereinbarungen, entlohnte. Vereinbarungen über den Lohn sind aber wesentliche Bestandteile eines Arbeitsvertrages. Schon hiernach ist Herr G. als Unternehmer anzusehen; er entlohnte die holländischen Arbeitskräfte und trug das Risiko der Arbeitsunfähigkeit, weil in diesem Fall die Klägerin insoweit von der Leistungspflicht befreit war.
Hierin unterschied sich G. auch von einem Arbeitsvermittler. Dessen Tätigkeit ist mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages beendet. Die mit einer späteren Arbeitsunfähigkeit verbundenen wirtschaftlichen Risiken (Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Lohnfortzahlungsgesetz) hat er nicht mehr zu tragen (vgl. BAG a.a.O.).
Darüberhinaus trug Herr G. noch das Risiko der Arbeitsausführung. Nach Nr. 11 des Arbeitsvertrages waren Schäden, die von den holländischen Arbeitnehmern verursacht wurden, von ihm zu tragen. Nach Nr. 13 dieses Vertrages übernahm er die volle Gewähr für ordnungsgemäße und unbeschädigte Rückgabe der an die holländischen Arbeitnehmer ausgeliehenen Werkzeugs. Derartige Risiken trägt regelmäßig der Arbeitgeber; allenfalls kommt noch ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht. Die Haftung Dritter kann sich höchstens aus einer Bürgschaft oder kumulativen Schuldübernahme ergeben. Es bestehen im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß dies von den vertragschließenden Parteien gewollt war. Nach Sinn und Zweck des Arbeitsvertrages ist vielmehr davon auszugehen, daß die Klägerin gerade nicht die Rolle eines Arbeitgebers spielen wollte. Sie war zum Ausgleich dafür bereit, an Herrn G. für jede Arbeitsstunde eine Vergütung zu zahlen, die nicht unerheblich über dem üblichen Lohn eines Arbeitnehmers lag. Infolgedessen gehen die vertragschließenden Parteien davon aus, daß Herr G. für die Höhe seiner Vergütung auch die Risiken eines Arbeitgebers übernahm. Diese Risiken gehen auch weit über die hinaus, die ein Arbeitsvermittler nach der Natur seiner Vermittlungstätigkeit übernimmt. Ein Vermittler pflegt für eine vermittele Arbeitskraft allenfalls eine Provision zu beanspruchen. Eine Garantie übernimmt er höchstens für die faktische und persönliche Eignung des von ihm vermittelten Arbeitnehmers. Schuldner des Lohnanspruches ist niemals der Vermittler, sondern der Arbeitgeber. Nach Nr. 6 des Arbeitsvertrages war jedoch hier die Entlohnung allein von Herrn G. vorzunehmen.
Der Unternehmereigenschaft des Herrn G. steht auch nicht entgegen, daß der Klägerin das Arbeitsergebnis wirtschaftlich zugute kam. Hierzu ist zunächst festzustellen, daß auch Herr G. an dem Arbeitsergebnis partizipierte, indem er für jede geleistete Arbeitsstunde eine Vergütung erhielt, über die er disponieren konnte. Im übrigen ist das wirtschaftliche Ergebnis der Arbeitsleistung nicht unbedingt ein geeignetes Kriterium für die Arbeitgeber- oder Unternehmereigenschaft. Grundsätzlich kommt z.B. der wirtschaftliche Wert von Bauarbeiten unmittelbar dem Bauherrn als dem Eigentümer des Bauwerkes zugute. Hierauf ist es ohne Einfluß, ob das Bauwerk von einem selbständigen Bauunternehmer errichtet wird oder der Bauherr zu diesem Zweck selbst Arbeitnehmer einstellt. Im letzten Fall verbleibt ihm höchstens der sog. Unternehmergewinn, der ihm von einem selbständigen Bauunternehmer im Rahmen der Kalkulation in Rechnung gestellt würde. Dieser Unternehmergewinn hat mit der wirtschaftlichen Zuordnung des Arbeitsergebnisses nichts zu tun; er ist im vorliegenden Fall übrigens nicht der Klägerin, sondern Herrn G. zugeflossen. Somit eignet sich das wirtschaftliche Arbeitsergebnis als Kriterium nur in der Richtung, wer das Risiko für sein Zustandekommen trägt.
Dies war im vorliegenden Fall Herr G., weil er für die Bereitstellung von Arbeitskräften zu sorgen hatte und eine Vergütung nur für tatsächlich geleistete Arbeit erhielt. Unter diesem Aspekt war er Unternehmer. Als solcher beschäftigte er fremde Arbeitskräfte, die er im Wege von Dienstverschaffungsverträgen anderen Unternehmern wie der Klägerin gegen Entgelt zur Arbeitsleistung überließ.
Eine Eingliederung der holländischen Arbeitnehmer in den Betrieb der Klägerin, wie sie durch das Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Arbeitsausführung ihren sichtbaren Ausdruck findet (vergl. RVA AN 1931 S.) 179; 1930, S. 87) begründet jedenfalls dann kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn weder rechtlich noch tatsächlich der Eingliederung ein die Versicherungspflicht begründendes Arbeitsverhältnis vorausging. Das Arbeitsverhältnis ist ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis, der Arbeitsvertrag ein gemeinschaftsbegründender Vertrag (so Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Aufl. S. 116). Dies bedeutet, daß die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch einen zwischen ihnen beschlossenen Arbeitsvertrag hergestellt werden, aufgrund dessen der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert wird und dessen Weisungen unterworfen ist. Ist ein Arbeitsvertrag aus irgendwelchen Gründen nicht zustande gekommen, so kann die bloße Eingliederung zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses genügen (sog. faktisches Arbeitsverhältnis). An diese arbeitsrechtlichen Gegebenheiten knüpft das Sozialversicherungsamt an. Es ist jedenfalls im Bereich der Kranken- und Rentenversicherung auf das personenrechtliche Gemeinschaftsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewiesen, weil die Beiträge nicht für irgendein Beschäftigungsverhältnis schlechthin entrichtet werden, sondern ein Versicherungsverhältnis zugunsten eines bestimmten Arbeitnehmers begründen. Der Arbeitnehmer wird Mitglied der Krankenkasse, er erwirbt durch die für ihn entrichteten Beiträge Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Dieses wesentliche Merkmal des personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses fehlte im vorliegenden Falle bei den Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den holländischen Arbeitnehmern. Nach dem mit Herrn G. geschlossenen Arbeitsvertrag hatte die Klägerin zunächst keinen Einfluß darauf, wer ihr von Herrn G. geschickt wurde. Die Auswahl der Arbeitskräfte oblag vielmehr ausschließlich G ... Offenbar hat sich die Klägerin auch für diese Frage nicht interessiert; denn die Identität der holländischen Arbeitskräfte ist nicht mehr feststellbar. Gerade die Auswahl der zu beschäftigenden Arbeitnehmer ist aber kennzeichnend für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin konnte auch die ihr zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte nicht selbständig auswechseln; dieses Recht stand allein Herrn G. zu. Dieser war in der Ausübung dieses Rechts allerdings nur insofern beschränkt, als er hierfür nach Nr. 14 des Arbeitsvertrages die Genehmigung der Klägerin einzuholen hatte. Das Genehmigungsrecht ist jedoch weit schwächer als das Ausübungsrecht. Wenn auch der Klägerin ein Weisungsrecht gegenüber den holländischen Arbeitskräften vertraglich eingeräumt war, so ist doch zu beachten, daß eine Nichtbefolgung der Weisungen (Arbeitsverweigerung) die Klägerin nicht zur Kündigung im arbeitsrechtlichen Sinne berechtigte. Der Ausdruck "fristlose Kündigung” in der Nr. 3 des Arbeitsvertrages ist vielmehr dahin zu verstehen, daß die Klägerin berechtigt war, von der Weiterbeschäftigung mit sofortiger Wirkung Abstand zu nehmen.
Dies berührte indessen nicht das zwischen der betroffenen Arbeitskraft und Herrn G. bestehende Arbeitsverhältnis. Hier bietet sich eine vergleichende Betrachtung mit den Zeitarbeitsunternehmen an. Diese entsenden die von ihnen beschäftigten Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung für ihre Auftraggeber. Es versteht sich von selbst, daß diese das Recht haben müssen, eine ihnen zur Verfügung gestellte Arbeitskraft wieder wegzuschicken, wenn sie für die geforderte Arbeit entweder ungeeignet ist oder aber durch ihr Verhalten den Arbeitsfrieden erheblich stört. Auf der anderen Seite muß es jedoch dem Zeitarbeitsunternehmen überlassen werden, darüber zu befinden, ob es eine Arbeitskraft trotz eines solchen Vorfalles weiter beschäftigen will oder nicht. Nach den Umständen des vorliegenden Falles spricht nichts dagegen, daß das Recht der Weiterbeschäftigung unabhängig von einem Einsatz bei der Klägerin bei Herrn G. verblieben ist.
Schließlich ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin berechtigt und verpflichtet war, den holländischen Arbeitskräften Urlaub zu gewähren. Auch dies wäre wesentlicher Bestandteil eines Beschäftigungsverhältnisses gewesen.
Mittelbare Arbeitsverhältnisse lagen ebenfalls nicht vor, weil die holländischen Arbeitnehmer nicht als Kolonne unter Leitung von Herrn G. (dieser vergleichbar einem Zwischenmeister) in den Betrieb der Klägerin eingegliedert waren (vgl. Hueck-Nipperdey a.a.O. S. 733, BSG Breithaupt 1964 S. 665). Die Entscheidung des Hess. LSG vom 24. Mai 1967 (L-3/U – 56/65) und die dort zitierte Rechtsprechung beziehen sich auf den Unternehmerbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 658 RVO). In dem hier zu entscheidenden Fall kommt es aber auf den Arbeitgeberbegriff im Sinne der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an.
Nach allem mußte die Berufung Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Arbeitgebereigenschaft der Klägerin vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung über Leiharbeitsverhältnisse eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beinhaltet.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin schloß mit der Fa. H., R., am 17. Februar 1969 folgenden "Arbeitsvertrag”:
1) "Ab dem 17.2.1969 beauftragen wir Sie mit der Ausführung verschiedener Montagearbeiten innerhalb unseres Arbeitsprogrammes.
2) Zur Ausführung der Arbeiten beschäftigen Sie – Zahl nach Bedarf – gelernte Facharbeiter (Istallateure – Rohrleger).
3) Während der Beschäftigung Ihrer Leute auf unseren Baustellen sind diese verpflichtet, den Weisungen unseres Aufsichtspersonals Folge zu leisten. Falls diese Anordnung nicht befolgt wird, erfolgt fristlose Kündigung sowie sofortige Sendung anderer Kräfte.
4) Als Entgelt zahlen wir Ihnen für jede geleistete Arbeitsstunde netto DM 9,00 Ihre Leute sind verpflichtet, sich ihre gearbeiteten Stunden von unserem Montagemeister bescheinigen zu lassen. Wir bezahlen nur Stunden, die wie vor bescheinigt sind.
5) Die Fahrzeit zum Arbeitsplatz und die Fahrspesen werden nicht vergütet.
6) Die Entlohnung Ihrer Leute wird von Ihnen vorgenommen. Wir haben mit der Löhnung nichts zu tun und erkennen evtl. Ansprüche Ihrer Leute gegen uns nicht an.
7) Es wird ausdrücklich vereinbart, daß diese Arbeitskräfte keine Betriebsangehörigen der Firma G. K. & Co. sind. Die gesamte Entlöhnung, Sozialversicherung Krankengeldangelegenheiten, Überstunden, sowie Wegegelder und Pflichtbeiträge zur Berufsgenossenschaft und ähnlichen Stellen sind ausnahmslos in den Händen der Fa. H ...
8) Dieser Vertrag kann von der Fa. G. K. & Co. innerhalb 8 Tagen zum nächsten Wochenende nicht vor Fertigstellung der Bauarbeiten kündigen.
9) Die Unterkunft wird gem. Vereinbarung nicht von der Fa. G. K. & Co. gestellt.
10) Außer den hier im Vertrag genannten Kosten entstehen uns keine weiteren Verpflichtungen oder sonstige Unkosten.
11) Schäden, die von Ihren Leuten verursacht werden, sei es bei Montagen oder in der Werkstatt, werden von Ihnen getragen. Sie erklären, daß Sie entsprechend versichert sind.
12) Bezahlung der gearbeiteten Stunden erfolgt jeden Freitag. Zum ersten Mal Freitag, den 21.2.1969 über die geleisteten Stunden von Montag bis Freitag.
13) Für Werkzeuge, die an Ihre Leute ausgeliehen wurde, übernehmen Sie die volle Gewähr für ordnungsgemäße und unbeschädigte Rückgabe. Andernfalls leisten Sie uns kostenlosen Ersatz.
14) Auswechseln der uns zur Verfügung gestellten Facharbeiter kann nur mit unserer Genehmigung vorgenommen werden.
15) Sollte irgend ein Punkt dieses Vertrages seine Gültigkeit verlieren, so bleiben die übrigen Punkte voll gültig.
16) Es wird vereinbart, daß für beide Partner S. der Gerichtsstand ist.”
Aufgrund dieses Vertrages wurden in der Zeit vom 17. Februar bis 25. April 1969 Arbeiter auf der A.-Baustelle der Klägerin in F., tätig. Anzahl und Identität dieser Arbeiter ist nicht mehr feststellbar.
Nach Auskunft des Niederländischen R. v. A. vom 8. Mai 1969 war Inhaber der Fa. H., Herr G., in den Niederlanden nicht als Arbeitgeber eingetragen, so daß die beschäftigen Arbeitnehmer nach Art. 12 der 3. EWG-VO für ihre Beschäftigung in Deutschland der deutschen Sozialversicherung unterlagen.
Durch Bescheid vom 18. Juni 1970 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Beschäftigung der von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.133,41 DM mit der Begründung, der Inhaber der Fa. H., Herr G., könne nicht als Unternehmer angesehen werden, weil er als Subunternehmer lediglich deutschen Unternehmen Arbeitskräfte zur Durchführung von Arbeiten zur Verfügung gestellt habe. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchbescheid vom 9. November 1970, zurückgewiesen mit der Begründung, die von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und daher als deren Arbeitnehmer zu behandeln.
Im Klageverfahren trug die Klägerin vor, es habe sich ausschließlich um Arbeitnehmer der Fa. H. gehandelt. Sie seien nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und hätten auch keine Arbeitspapiere erhalten. Direktor G. von der Fa. H. habe den leitenden Herren der Klägerin mehrfach versichert, daß diese Arbeitnehmer auch in Holland sozialversichert würden. Die Fa. H. sei im Handelsregister in R. als Fa. Für Isolierungen eingetragen. Die Beklagte trug demgegenüber vor, daß Herr G. während des streitigen Zeitraums nicht als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinn in Holland anerkannt gewesen sei.
Durch Urteil vom 7. Dezember 1971 hat das Sozialgericht Frankfurt a.M. die Klage abgewiesen mit der Begründung, die von der Fa. H. zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert worden, da sie den Weisungen des Aufsichtspersonals der Klägerin Folge zu leisten gehabt hätten. Die Fa. H. sei kein Unternehmer gewesen. Hierfür hätten alle Kriterien gefehlt. Sie habe kein Kapital eingesetzt und kein Unternehmerrisiko getragen. Sie sei vielmehr nur als Vermittler von Arbeitskräften für die Klägerin aufgetreten. Nach Art. 12 Abs. 1 der EWG-VO Nr. 3 unterlägen diese Arbeitskräfte dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie seien nicht im Besitz des Vordruckes E 1 gewesen. Es sei müßig, darüber zu streiten, ob, wann und wo G. in niederländischen Registern eingetragen sei. Gegen dieses am 16. Dezember 1971 zu gestellte Urteil richtet sich die am 5. Januar 1972 beim Hess. Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, aus der Tatsache, daß die holländischen Arbeitnehmer der deutschen Sozialversicherung unterlegen hätten, folge noch nicht, daß auch die Klägerin deren Arbeitgeber gewesen sei. Aus dem zwischen der Klägerin und der Fa. H. geschlossenen Vertrag gehe vielmehr hervor, daß diese nicht Vermittler von Arbeitskräften, sondern selbst Unternehmerin gewesen sei. Die Fa. H. sei insoweit vergleichbar mit Zeitarbeitsunternehmen. Diese seien Schuldner der Sozialversicherungsbeiträge, obwohl ihre Arbeitskräfte in den Betrieb der Unternehmer eingegliedert seien, die ihre Dienste in Anspruch nehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 7. Dezember 1971 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 1970 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1970 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stützt ihre Rechtsauffassung weiter auf das Urteil des Hess. LSG vom 24. Mai 1967, L-3/U – 56/65.
Die beigeladene LVA Hessen schließt sich dem Antrag der Beklagten an und trägt vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes komme es für die Arbeitgebereigenschaft auf die Verfügungsgewalt über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers an. Diese bestehe in dem Recht auf Erteilung von Anweisungen Überwachung, Regelung der Arbeitszeit, der Arbeitsfolge und des Arbeitsverfahrens. Diese Rechte hätten der Klägerin zugestanden. Für ihre Rechnung sei auch der Lohn bezahlt worden; ihr sei der Erfolg der Arbeitsleistung zugute gekommen.
Die beigeladene Bundesanstalt für Arbeit schließt sich ebenfalls dem Antrag der Beklagten an und ist der Auffassung, nach objektiver Beurteilung aller Merkmale sei davon auszugehen, daß überwiegend die Klägerin als Entleiher die Arbeitgeberfunktion ausgeübt habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der völligen Einordnung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb der Klägerin.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Kassenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil konnte nicht aufrecht erhalten werden; es hält zu Unrecht die Klägerin für den Arbeitgeber der ihr von der Fa. H. zur Verfügung gestellten holländischen Arbeitskräfte und damit als Beitragsschuldner (§§ 393 ff. RVO). Diese Rechtsauffassung wird weder dem Inhalt des zwischen der Klägerin und der Fa. H. geschlossenen Vertrags noch dem tatsächlichen Verhältnissen Gerecht. Hierbei ist es in der Tat müßig, darüber zu streiten, ob, wenn und in welchen Registern Herr G. als Inhaber der Fa. H. eingetragen war. Die Unternehmereigenschaft hängt nicht von der Eintragung in bestimmten Registern ab. Daß Herr G. in den Niederlanden nicht als Arbeitgeber eingetragen war, hat nur zur Folge, daß die von ihm in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterlagen. Seiner Arbeitgebereigenschaft nach deutschem Recht steht die fehlende niederländische Eintragung nicht entgegen.
Herr G. war als Inhaber der Fa. H. Unternehmer und Arbeitgeber der der Klägerin zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte. Er trug unternehmerische Risiken, die regelmäßig nur ein Arbeitgeber tragen muß. So war die Klägerin nur verpflichtet, für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden eine Vergütung an Herrn G. zu leisten. Sie war nicht verpflichtet, im Falle der Krankheit einer Arbeitskraft nach den gesetzlichen Bestimmungen den Lohn weiterzuzahlen. Dies oblag vielmehr Herrn G. (vgl. BAG v. 8.3.1972 – 5 AZR 378/70). Die Klägerin hatte auch keinen Einfluß auf die Höhe des den holländischen Arbeitskräften zu zahlenden Lohnes. Nach dem Arbeitsvertrag war vielmehr die Entlohnung alleinige Angelegenheit des Herrn G ... Es spricht nichts dafür, daß dieser den von der Klägerin vertragsgemäß gezahlten Stundenlohn lediglich unter seine Mitarbeiter aufteilte; nach den gesamten Umständen ist vielmehr davon auszugehen, daß Herr G. einen Teil der Vergütung für sich behielt und die holländischen Arbeitskräfte nach besonderen, der Klägerin nicht bekannten Vereinbarungen, entlohnte. Vereinbarungen über den Lohn sind aber wesentliche Bestandteile eines Arbeitsvertrages. Schon hiernach ist Herr G. als Unternehmer anzusehen; er entlohnte die holländischen Arbeitskräfte und trug das Risiko der Arbeitsunfähigkeit, weil in diesem Fall die Klägerin insoweit von der Leistungspflicht befreit war.
Hierin unterschied sich G. auch von einem Arbeitsvermittler. Dessen Tätigkeit ist mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages beendet. Die mit einer späteren Arbeitsunfähigkeit verbundenen wirtschaftlichen Risiken (Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Lohnfortzahlungsgesetz) hat er nicht mehr zu tragen (vgl. BAG a.a.O.).
Darüberhinaus trug Herr G. noch das Risiko der Arbeitsausführung. Nach Nr. 11 des Arbeitsvertrages waren Schäden, die von den holländischen Arbeitnehmern verursacht wurden, von ihm zu tragen. Nach Nr. 13 dieses Vertrages übernahm er die volle Gewähr für ordnungsgemäße und unbeschädigte Rückgabe der an die holländischen Arbeitnehmer ausgeliehenen Werkzeugs. Derartige Risiken trägt regelmäßig der Arbeitgeber; allenfalls kommt noch ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht. Die Haftung Dritter kann sich höchstens aus einer Bürgschaft oder kumulativen Schuldübernahme ergeben. Es bestehen im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, daß dies von den vertragschließenden Parteien gewollt war. Nach Sinn und Zweck des Arbeitsvertrages ist vielmehr davon auszugehen, daß die Klägerin gerade nicht die Rolle eines Arbeitgebers spielen wollte. Sie war zum Ausgleich dafür bereit, an Herrn G. für jede Arbeitsstunde eine Vergütung zu zahlen, die nicht unerheblich über dem üblichen Lohn eines Arbeitnehmers lag. Infolgedessen gehen die vertragschließenden Parteien davon aus, daß Herr G. für die Höhe seiner Vergütung auch die Risiken eines Arbeitgebers übernahm. Diese Risiken gehen auch weit über die hinaus, die ein Arbeitsvermittler nach der Natur seiner Vermittlungstätigkeit übernimmt. Ein Vermittler pflegt für eine vermittele Arbeitskraft allenfalls eine Provision zu beanspruchen. Eine Garantie übernimmt er höchstens für die faktische und persönliche Eignung des von ihm vermittelten Arbeitnehmers. Schuldner des Lohnanspruches ist niemals der Vermittler, sondern der Arbeitgeber. Nach Nr. 6 des Arbeitsvertrages war jedoch hier die Entlohnung allein von Herrn G. vorzunehmen.
Der Unternehmereigenschaft des Herrn G. steht auch nicht entgegen, daß der Klägerin das Arbeitsergebnis wirtschaftlich zugute kam. Hierzu ist zunächst festzustellen, daß auch Herr G. an dem Arbeitsergebnis partizipierte, indem er für jede geleistete Arbeitsstunde eine Vergütung erhielt, über die er disponieren konnte. Im übrigen ist das wirtschaftliche Ergebnis der Arbeitsleistung nicht unbedingt ein geeignetes Kriterium für die Arbeitgeber- oder Unternehmereigenschaft. Grundsätzlich kommt z.B. der wirtschaftliche Wert von Bauarbeiten unmittelbar dem Bauherrn als dem Eigentümer des Bauwerkes zugute. Hierauf ist es ohne Einfluß, ob das Bauwerk von einem selbständigen Bauunternehmer errichtet wird oder der Bauherr zu diesem Zweck selbst Arbeitnehmer einstellt. Im letzten Fall verbleibt ihm höchstens der sog. Unternehmergewinn, der ihm von einem selbständigen Bauunternehmer im Rahmen der Kalkulation in Rechnung gestellt würde. Dieser Unternehmergewinn hat mit der wirtschaftlichen Zuordnung des Arbeitsergebnisses nichts zu tun; er ist im vorliegenden Fall übrigens nicht der Klägerin, sondern Herrn G. zugeflossen. Somit eignet sich das wirtschaftliche Arbeitsergebnis als Kriterium nur in der Richtung, wer das Risiko für sein Zustandekommen trägt.
Dies war im vorliegenden Fall Herr G., weil er für die Bereitstellung von Arbeitskräften zu sorgen hatte und eine Vergütung nur für tatsächlich geleistete Arbeit erhielt. Unter diesem Aspekt war er Unternehmer. Als solcher beschäftigte er fremde Arbeitskräfte, die er im Wege von Dienstverschaffungsverträgen anderen Unternehmern wie der Klägerin gegen Entgelt zur Arbeitsleistung überließ.
Eine Eingliederung der holländischen Arbeitnehmer in den Betrieb der Klägerin, wie sie durch das Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Arbeitsausführung ihren sichtbaren Ausdruck findet (vergl. RVA AN 1931 S.) 179; 1930, S. 87) begründet jedenfalls dann kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn weder rechtlich noch tatsächlich der Eingliederung ein die Versicherungspflicht begründendes Arbeitsverhältnis vorausging. Das Arbeitsverhältnis ist ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis, der Arbeitsvertrag ein gemeinschaftsbegründender Vertrag (so Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Aufl. S. 116). Dies bedeutet, daß die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch einen zwischen ihnen beschlossenen Arbeitsvertrag hergestellt werden, aufgrund dessen der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert wird und dessen Weisungen unterworfen ist. Ist ein Arbeitsvertrag aus irgendwelchen Gründen nicht zustande gekommen, so kann die bloße Eingliederung zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses genügen (sog. faktisches Arbeitsverhältnis). An diese arbeitsrechtlichen Gegebenheiten knüpft das Sozialversicherungsamt an. Es ist jedenfalls im Bereich der Kranken- und Rentenversicherung auf das personenrechtliche Gemeinschaftsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angewiesen, weil die Beiträge nicht für irgendein Beschäftigungsverhältnis schlechthin entrichtet werden, sondern ein Versicherungsverhältnis zugunsten eines bestimmten Arbeitnehmers begründen. Der Arbeitnehmer wird Mitglied der Krankenkasse, er erwirbt durch die für ihn entrichteten Beiträge Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Dieses wesentliche Merkmal des personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses fehlte im vorliegenden Falle bei den Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den holländischen Arbeitnehmern. Nach dem mit Herrn G. geschlossenen Arbeitsvertrag hatte die Klägerin zunächst keinen Einfluß darauf, wer ihr von Herrn G. geschickt wurde. Die Auswahl der Arbeitskräfte oblag vielmehr ausschließlich G ... Offenbar hat sich die Klägerin auch für diese Frage nicht interessiert; denn die Identität der holländischen Arbeitskräfte ist nicht mehr feststellbar. Gerade die Auswahl der zu beschäftigenden Arbeitnehmer ist aber kennzeichnend für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin konnte auch die ihr zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte nicht selbständig auswechseln; dieses Recht stand allein Herrn G. zu. Dieser war in der Ausübung dieses Rechts allerdings nur insofern beschränkt, als er hierfür nach Nr. 14 des Arbeitsvertrages die Genehmigung der Klägerin einzuholen hatte. Das Genehmigungsrecht ist jedoch weit schwächer als das Ausübungsrecht. Wenn auch der Klägerin ein Weisungsrecht gegenüber den holländischen Arbeitskräften vertraglich eingeräumt war, so ist doch zu beachten, daß eine Nichtbefolgung der Weisungen (Arbeitsverweigerung) die Klägerin nicht zur Kündigung im arbeitsrechtlichen Sinne berechtigte. Der Ausdruck "fristlose Kündigung” in der Nr. 3 des Arbeitsvertrages ist vielmehr dahin zu verstehen, daß die Klägerin berechtigt war, von der Weiterbeschäftigung mit sofortiger Wirkung Abstand zu nehmen.
Dies berührte indessen nicht das zwischen der betroffenen Arbeitskraft und Herrn G. bestehende Arbeitsverhältnis. Hier bietet sich eine vergleichende Betrachtung mit den Zeitarbeitsunternehmen an. Diese entsenden die von ihnen beschäftigten Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung für ihre Auftraggeber. Es versteht sich von selbst, daß diese das Recht haben müssen, eine ihnen zur Verfügung gestellte Arbeitskraft wieder wegzuschicken, wenn sie für die geforderte Arbeit entweder ungeeignet ist oder aber durch ihr Verhalten den Arbeitsfrieden erheblich stört. Auf der anderen Seite muß es jedoch dem Zeitarbeitsunternehmen überlassen werden, darüber zu befinden, ob es eine Arbeitskraft trotz eines solchen Vorfalles weiter beschäftigen will oder nicht. Nach den Umständen des vorliegenden Falles spricht nichts dagegen, daß das Recht der Weiterbeschäftigung unabhängig von einem Einsatz bei der Klägerin bei Herrn G. verblieben ist.
Schließlich ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin berechtigt und verpflichtet war, den holländischen Arbeitskräften Urlaub zu gewähren. Auch dies wäre wesentlicher Bestandteil eines Beschäftigungsverhältnisses gewesen.
Mittelbare Arbeitsverhältnisse lagen ebenfalls nicht vor, weil die holländischen Arbeitnehmer nicht als Kolonne unter Leitung von Herrn G. (dieser vergleichbar einem Zwischenmeister) in den Betrieb der Klägerin eingegliedert waren (vgl. Hueck-Nipperdey a.a.O. S. 733, BSG Breithaupt 1964 S. 665). Die Entscheidung des Hess. LSG vom 24. Mai 1967 (L-3/U – 56/65) und die dort zitierte Rechtsprechung beziehen sich auf den Unternehmerbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 658 RVO). In dem hier zu entscheidenden Fall kommt es aber auf den Arbeitgeberbegriff im Sinne der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an.
Nach allem mußte die Berufung Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Arbeitgebereigenschaft der Klägerin vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung über Leiharbeitsverhältnisse eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung beinhaltet.
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