Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2923/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 378/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Der Streitwert wird auf 1 807,26 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Höhe von 1 807,26 EUR zu zahlen.
Die Klägerin betreibt ein Pflegeunternehmen, das vom Juni 2002 bis 31. März 2005 verschiedene Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber mehreren Versicherten der BKK (im Folgenden ebenfalls Beklagte genannt), die sich zum 01. Januar 2004 mit der BKK Hamburg zur Beklagten vereinigt hat, erbrachte. Diese Leistungen rechnete sie gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des zum 01. September 1999 in Kraft getretenen Rahmenvertrages gemäß § 132 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V in Verbindung mit Anlage 6 (Vergütungsvereinbarung) vom 05. Juli 1999, den die Mehrzahl der Krankenkassen mit den Leistungserbringern, unter anderem der Klägerin, abgeschlossen hatte. Diese Vergütungsvereinbarung regelte in den Abs. 4 und 5 Folgendes: Diese Vergütungsvereinbarung gilt bis einschließlich 31. August 2000. Die Vertragsparteien verpflichteten sich einvernehmlich, rechtzeitig vor Beendigung der Laufzeit gemäß Abs. 4 in Verhandlungsgespräche einzutreten. Es wird Bereitschaft erklärt, eine neue Vergütungssystematik für die häusliche Krankenpflege zu erarbeiten. Sofern bis zum 31. August 2000 kein abschließendes Verhandlungsergebnis vorliegt, verlängert sich die Laufzeit dieser Vergütungsvereinbarung entsprechend, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2000.
Die Beklagte, für die der Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 nicht gilt, zahlte unter Kürzung der Rechnungsbeträge und begründete dies damit, dass ab September 1999 neue Vertragssätze gültig seien.
Die Beklagte und andere Betriebskrankenkassen hatten bereits zuvor mit einigen Leistungserbringern einen eigenen Vertrag (so genannten BKK-Vertrag) abgeschlossen, der für die einzelnen Leistungen jeweils eine geringere Vergütung vorsieht. Die Beklagte hat dies der Klägerin mitgeteilt und ihr ein entsprechendes Vertragsangebot gemacht. In diesem Schreiben heißt es weiter: "Damit unsere Versicherten nicht auf die von Ihnen gewohnte Pflege verzichten müssen, sind wir weiterhin bereit, auch ohne Vertrag die notwendigen Leistungen zu übernehmen. Bitte haben Sie Verständnis, wenn dies nur zu einem Preis erfolgen kann, den auch unsere Vertragspartner für ihre Leistungen erhalten."
Die Klägerin hat am 12. Dezember 2005 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und Zahlung von 1 807,26 EUR für die im Zeitraum vom 01. Juni 2002 bis 31. März 2005 erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege verlangt.
Sie hat vorgetragen: Sie sei in einer Vielzahl von Fällen von der Beklagten mit der Erbringung von Leistungen beauftragt worden. Da keine vertraglichen Beziehungen bestünden, ergebe sich der Anspruch der Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG aus Konditionsrecht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1 807,26 EUR nebst acht Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat eine Rechtsgrundlage für die erhobene Forderung nicht erkennen können. Insbesondere sei Bereicherungsrecht nicht anwendbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1 807,26 EUR nebst fünf Prozent Zinsen seit dem 23. Dezember 2005 zu zahlen. Sie sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, B 3 KR 2/03 R) zur Zahlung verpflichtet.
Gegen den ihr am 28. August 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 14. September 2006 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, ein Anspruch komme aus Bereicherungsrecht nicht in Betracht. Das BSG verneine einen solchen Anspruch, wenn der Leistende für die Leistung erkennbar keine Gegenleistung habe erwarten können, sein Verlangen nach Wertersatz also widersprüchlich wäre. Jede andere Betrachtungsweise würde dazu führen, dass jemand, der keinen Vertrag habe, über die schlichte Aufdrängung der Leistung diese nach Bereicherungsrecht einfordern könnte.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Über sie konnte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124, 155 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 1 807,26 EUR nebst den im Tenor genannten Zinsen zu zahlen.
Rechtsgrundlage der geltend gemachten Ansprüche ist § 69 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative, § 818 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch BGB.
Nach § 69 Sätze 1 und 3 SGB V in der hier ab 01. Januar 2000 maßgebenden Fassung des Art.1 Nr. 26 des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2626) gilt: Dieses (vierte) Kapitel sowie die §§ 63 und 64 SGB V regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse der Bundes- und Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V. Für die Rechtsbeziehungen nach unter anderem Satz 1 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. § 69 Satz 1 SGB V in der für das Jahr 1999 maßgebenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1998, 1311) bestimmte, dass dieses (vierte) Kapitel die Rechtsbeziehungen der Krankenkasse zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern regelt.
Regelungen zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege finden sich in § 132 a SGB V. Nach § 132 a Abs. 1 Sätze 1 und 4 Nr. 6 und Abs. 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Art. 17 des Gesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1997, 1520) gilt: Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene sollen unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abgeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere die Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen zu regeln. Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung schließen die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern.
Zwischen den Beteiligten bestand im streitigen Zeitraum weder ein Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege noch über die Preise und deren Abrechnung, so dass ein vertraglicher Anspruch auf Vergütung zwischen den Beteiligten ausgeschlossen ist.
Zwischen den Beteiligten kamen auch keine Einzelverträge über die Behandlung der jeweiligen Versicherten durch konkludente Willenserklärungen zustande. Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, dass die Beklagte im Falle der weiteren Duldung der Erbringung von Leistungen durch die Klägerin ihr die Vergütung nach dem Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 zahlen würde.
Es könnte zwar erwogen werden, in der weiteren Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten eine konkludente Willenserklärung der Klägerin gerichtet auf Annahme des von der Beklagten gemachten Vertragsangebotes beziehungsweise als nunmehriges gleich lautendes eigenes Vertragsangebot des zunächst abgelehnten Vertragsangebotes der Beklagten zu sehen. Dieses würde jedoch weder der Interessenlage noch dem bisherigen Verhalten der Klägerin und der Beklagten entsprechen. Es lag angesichts des Verhaltens beider Beteiligter in deren Interesse, dass die Klägerin Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten erbringt. Deshalb hat die Beklagte auf die Rechnungen gezahlt. Die Beteiligten konnten sich allein über einen anderen wesentlichen Vertragsbestandteil, nämlich die Höhe der Vergütung, nicht einigen.
Mangels Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile ist damit ein Vertrag nicht zustande gekommen. Es bestand ein offener Dissens nach § 154 Satz 1 BGB. Solange nicht die Beteiligten sich über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Das Rechtsinstitut der Protestatio facto contraria ist nicht anwendbar. Es ist auf solche Fälle zugeschnitten, in denen jemand ohne rechtlichen oder faktischen Zwang eine Leistung in Anspruch nimmt, die im Allgemeinen nur gegen eine Gegenleistung erbracht wird, und dabei ausdrücklich oder konkludent erklärt, die Gegenleistung nicht erbringen zu wollen. An einem solchen widersprüchlichen Verhalten mangelt es, wenn für die beteiligten Vertragsparteien erkennbar ist, dass jeder sich in einer gewissen Zwangslage befindet, aber jeder nur auf der Grundlage seiner Preisvorstellungen den Vertrag abschließen will (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R , abgedruckt in SozR 4-2500 § 132 a Nr. 1).
Fehlt es an einem Vertrag, hilft § 157 BGB, wonach Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, nicht weiter.
Wie das BSG ebenfalls bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R und Urteil vom 25. September 2001 B 3 KR 15/00 R , abgedruckt in SozR 3 2500 § 132 a Nr. 1) steht weder der Krankenkasse ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB, noch dem Leistungserbringer ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB zu. § 612 Abs. 2 BGB, wonach, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, ist ebenfalls nicht anwendbar. Würden die genannten Vorschriften herangezogen, würde § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V seinem Zweck nicht gerecht. Mit der Regelung in § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V ist der Gesetzgeber - der allgemeinen Intention des SGB V zur Kostenreduzierung im Gesundheitswesen entsprechend - davon ausgegangen, dass derartige vertragliche (Verbands- oder Einzel )Abmachungen im freien Spiel der Kräfte geschlossen werden und durch die Verpflichtung der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten einerseits und die Konkurrenz der Leistungserbringer andererseits im Ergebnis marktgerechte und möglichst günstige Bedingungen, insbesondere Preise, für die Versicherten erreicht werden. Wenn solche Vereinbarungen nicht zustande kommen und hilfsweise auf die dargestellten Vorschriften zurückgegriffen werden könnte, würde dadurch der Zwang, der auf Seiten der Krankenkasse einerseits und den Leistungserbringern andererseits lastet, eine einvernehmliche vertragliche Regelung herbeizuführen, mit der Folge aufgehoben, dass der Gesetzeszweck nicht zu erreichen ist. Der Gesetzgeber nahm damit bewusst einen vertragslosen Zustand in Kauf. Mit der Neufassung des § 132 a Abs. 2 SGB V durch das Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl I 2003, 2190) ist allerdings ab 01. Januar 2004 auch für diesen Bereich ein Schiedsverfahren für den Fall der Nichteinigung über die Vertragsinhalte vorgesehen, das (so BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R ) allerdings zunächst vertraglich vereinbart werden muss.
Fehlt es an einer vertraglichen Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch, scheiden allerdings grundsätzlich auch Ansprüche aus Gesetz (§ 683, § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB) aus.
Die gesetzliche Krankenversicherung hat nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung den Zweck, den Versicherten von Krankheitskosten zu entlasten. Ihre Aufgabe ist es nicht, den Leistungsanbieter im Gesundheitswesen vor ungedeckten Kosten zu schützen, wenn dieser an ihre Versicherten Leistungen erbringt. Dies gilt auch insoweit, als die Krankenkasse Aufwendungen einspart, die ihr sonst für eine zum Leistungsumfang gehörende Behandlung des Versicherten entstanden wären. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringungsrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (BSG, Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R, abgedruckt in SozR 3 2500 § 13 Nr. 21; Urteil vom 26. Januar 2000 B 6 KA 59/98 R ; Urteil vom 04. Mai 1994 6 RKa 40/93 , abgedruckt in SozR 3-2500 § 85 Nr. 6). Dies folgt zwischenzeitlich aus § 69 Satz 1 SGB V, wonach das SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen gegenüber unter anderem sonstigen Leistungserbringern regelt. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt oder dem sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Die Regelungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt oder andere Leistungserbringer die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatz aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekämen (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2005 - B 3 KR 2/05 R -).
Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ist zwischen den Beteiligten die grundsätzliche Berechtigung zur Erbringung der Leistungen, für die eine Vergütung begehrt wird, nicht streitig, kommen auch Ansprüche aus Gesetz, insbesondere aus Bereicherungsrecht, in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 04. März 2004 B 3 KR 4/03 R , abgedruckt in SozR 4 2500 § 39 Nr. 1; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R und vom 25. September 2001 B 3 KR 15/00 R ). Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass sich in diesen Fällen der Leistungserbringer nicht gänzlich außerhalb des Leistungserbringungsrechtes bewegt, wenn ihm die Krankenkasse die Leistungserbringung dem Grunde nach erlaubt. Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn die Krankenkasse sich darauf berufen könnte, wegen der abschließenden Regelung der Rechtsbeziehungen ausschließlich auf vertraglicher Grundlage seien gesetzliche Ansprüche, die zumindest ergänzend herangezogen werden können (so auch § 69 Satz 3 SGB V), ausgeschlossen. Die Krankenkasse ist nämlich in gleicher Weise dem Gesetz insoweit unterworfen, als sie Leistungen nur durch solche Leistungserbringer gewähren darf, mit denen sie vertragliche Rechtsbeziehungen hat.
Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB liegen vor.
Danach ist, wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet.
Die Beklagte hat etwas erlangt, denn durch die erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten wurde diese von Verbindlichkeiten befreit, nämlich von der Gewährung entsprechender Sachleistungsansprüche der Versicherten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 37 SGB V. Diese Sachleistungsansprüche sind durch die Leistungserbringung der Klägerin nach § 362 BGB erloschen. Die Klägerin hat die Leistung(en) im Verhältnis zur Beklagten erbracht. Dies folgt daraus, dass die Klägerin im Hinblick auf das Einverständnis der Beklagten und in Erwartung eines von dieser zu erfüllenden Vergütungsanspruches ihr gegenüber eine bewusste und zweckgerichtete Zuwendung erbringen wollte. Von dieser Zweckrichtung der Zuwendung ging auch die Beklagte aus, denn sie zahlte wegen der von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege (einen Teil der geforderten Vergütung) an die Klägerin. Die Beklagte hat die Leistungen der häuslichen Krankenpflege ohne rechtlichen Grund erlangt, denn mangels eines wirksam zustande gekommenen Vertrages steht ihr kein Recht zu, dass Erlangte zu behalten. Deshalb wäre die Beklagte zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Dies ist ihr jedoch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich.
Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert zu ersetzen.
Der Verpflichtung zum Wertersatz steht § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
Die Leistungskondiktion ist nach dieser Vorschrift somit nur ausgeschlossen, wenn der Leistende im Zeitpunkt der Leistung positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit hatte. Dafür ist erforderlich, dass der Leistende aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffende Schlussfolgerung gezogen hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Damit schließen bloße Zweifel des Leistenden über den Bestand der Verbindlichkeit die Rückforderung grundsätzlich nicht aus. Bei § 814 erste Alternative BGB handelt es sich um einen gesetzlich geregelten Fall des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens, des venire contra factum proprium (BGHZ 73, 202, 205).
Es war auch nicht so, dass die Klägerin für die Leistung erkennbar keine Gegenleistung erwartet hätte, so dass ihr Verlangen nach Wertersatz deswegen auch nicht als widersprüchlich erscheint (vgl. so auch BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 2/03 R -).
Der Sachverhalt einer aufgedrängten Bereicherung liegt ebenfalls nicht vor. Solange das Erlangte herausgegeben werden kann, stellt sich das Problem der aufgedrängten Bereicherung nicht. Eine aufgedrängte Bereicherung kann allerdings vorliegen, wenn Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB zu leisten ist. Voraussetzung dafür ist, dass eine ohne seine Zustimmung eingetretene objektive Werterhöhung für den Bereicherten ohne subjektives Interesse ist (vgl. Palandt-Bassenge, a. a. O., § 951 Rdnrn. 18, 21). Selbst wenn damit eine gewisse Subjektivierung des nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Wertes stattfindet (vgl. dazu auch Lieb in Münchener Kommentar, 4. Auflage § 812 Rdnrn 311, 313, 314), bedeutet dies nicht, dass sich die Frage der aufgedrängten Bereicherung nach dem jeweiligen Belieben des Empfängers der Leistung richtet. Vielmehr ist der Wert des erlangten Vorteils unter Berücksichtigung der individuellen und tatsächlich vorhandenen Verhältnisse einer bestimmten Person ausgehend von einer objektiven Betrachtung zu bestimmen.
Unter Berücksichtigung dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege für die Beklagte ohne subjektives Interesse waren, also als aufgedrängte Bereicherung zu bewerten sind. Dem steht bereits entgegen, dass die Beklagte nach § 37 SGB V verpflichtet war, diese Leistungen zu erbringen, was im Übrigen zwischen den Beteiligten außer Streit steht. Die Beklagte hatte somit ein eigenes maßgebendes Interesse daran, dass solche Leistungen erbracht wurden. Dies war schließlich der Grund, weswegen sie mit dem entsprechenden Tätigwerden der Klägerin einverstanden war.
Der Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB bestimmt sich nach dem objektiven Verkehrswert des Erlangten (Palandt-Sprau, a. a. O., § 818 Rdnr. 18). Dieser Wert stellt den finanziellen Aufwand dar, den die Beklagte ihrerseits erspart hat. Dies entspricht der Werteinschätzung, welche die verkehrsbeteiligten Kreise einer solchen "Freistellung" entgegen bringen. Es sind hierbei die Vergütungssätze zugrunde zu legen, die während des streitigen Zeitraumes üblicherweise von anderen Krankenkassen an Krankenpflegeunternehmen gezahlt wurden. Dabei darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit die beklagte Krankenkasse selbst mit weiteren Pflegeunternehmen Vergütungsvereinbarungen zu niedrigeren Vergütungssätzen abgeschlossen hatte, sofern dadurch die Versorgung ihrer Versicherten mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege gesichert war (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 2/03 R -).
Es werden von der Beklagten auch keine neuen Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen würde, die Versorgung ihrer Versicherten sei mit den Pflegeunternehmen des BKK-Vertrages sichergestellt gewesen.
Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass die Beklagte mangels ausreichender Kapazitäten notgedrungen andere Pflegeunternehmen zu den höheren Vergütungssätzen nach dem Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 in Anspruch hätte nehmen müssen, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Damit stellen die von der Klägerin geforderten Vergütungssätze für die einzelnen Leistungen der häuslichen Krankenpflege den objektiven Verkehrswert des Erlangten dar.
Die Beklagte ist mithin verpflichtet, an die Klägerin den (weiteren) Betrag von 1 807,26 EUR zu zahlen.
Für die ab Klageerhebung fälligen Forderungen gilt, dass eine Geldschuld für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09. Juni 1998 (BGBl I. S. 1242) zu verzinsen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem Ergebnis der Hauptsache (§ 197 a SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Höhe von 1 807,26 EUR zu zahlen.
Die Klägerin betreibt ein Pflegeunternehmen, das vom Juni 2002 bis 31. März 2005 verschiedene Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber mehreren Versicherten der BKK (im Folgenden ebenfalls Beklagte genannt), die sich zum 01. Januar 2004 mit der BKK Hamburg zur Beklagten vereinigt hat, erbrachte. Diese Leistungen rechnete sie gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des zum 01. September 1999 in Kraft getretenen Rahmenvertrages gemäß § 132 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V in Verbindung mit Anlage 6 (Vergütungsvereinbarung) vom 05. Juli 1999, den die Mehrzahl der Krankenkassen mit den Leistungserbringern, unter anderem der Klägerin, abgeschlossen hatte. Diese Vergütungsvereinbarung regelte in den Abs. 4 und 5 Folgendes: Diese Vergütungsvereinbarung gilt bis einschließlich 31. August 2000. Die Vertragsparteien verpflichteten sich einvernehmlich, rechtzeitig vor Beendigung der Laufzeit gemäß Abs. 4 in Verhandlungsgespräche einzutreten. Es wird Bereitschaft erklärt, eine neue Vergütungssystematik für die häusliche Krankenpflege zu erarbeiten. Sofern bis zum 31. August 2000 kein abschließendes Verhandlungsergebnis vorliegt, verlängert sich die Laufzeit dieser Vergütungsvereinbarung entsprechend, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2000.
Die Beklagte, für die der Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 nicht gilt, zahlte unter Kürzung der Rechnungsbeträge und begründete dies damit, dass ab September 1999 neue Vertragssätze gültig seien.
Die Beklagte und andere Betriebskrankenkassen hatten bereits zuvor mit einigen Leistungserbringern einen eigenen Vertrag (so genannten BKK-Vertrag) abgeschlossen, der für die einzelnen Leistungen jeweils eine geringere Vergütung vorsieht. Die Beklagte hat dies der Klägerin mitgeteilt und ihr ein entsprechendes Vertragsangebot gemacht. In diesem Schreiben heißt es weiter: "Damit unsere Versicherten nicht auf die von Ihnen gewohnte Pflege verzichten müssen, sind wir weiterhin bereit, auch ohne Vertrag die notwendigen Leistungen zu übernehmen. Bitte haben Sie Verständnis, wenn dies nur zu einem Preis erfolgen kann, den auch unsere Vertragspartner für ihre Leistungen erhalten."
Die Klägerin hat am 12. Dezember 2005 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und Zahlung von 1 807,26 EUR für die im Zeitraum vom 01. Juni 2002 bis 31. März 2005 erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege verlangt.
Sie hat vorgetragen: Sie sei in einer Vielzahl von Fällen von der Beklagten mit der Erbringung von Leistungen beauftragt worden. Da keine vertraglichen Beziehungen bestünden, ergebe sich der Anspruch der Klägerin nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG aus Konditionsrecht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1 807,26 EUR nebst acht Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat eine Rechtsgrundlage für die erhobene Forderung nicht erkennen können. Insbesondere sei Bereicherungsrecht nicht anwendbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1 807,26 EUR nebst fünf Prozent Zinsen seit dem 23. Dezember 2005 zu zahlen. Sie sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, B 3 KR 2/03 R) zur Zahlung verpflichtet.
Gegen den ihr am 28. August 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 14. September 2006 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, ein Anspruch komme aus Bereicherungsrecht nicht in Betracht. Das BSG verneine einen solchen Anspruch, wenn der Leistende für die Leistung erkennbar keine Gegenleistung habe erwarten können, sein Verlangen nach Wertersatz also widersprüchlich wäre. Jede andere Betrachtungsweise würde dazu führen, dass jemand, der keinen Vertrag habe, über die schlichte Aufdrängung der Leistung diese nach Bereicherungsrecht einfordern könnte.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Über sie konnte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124, 155 Sozialgerichtsgesetz SGG ).
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 1 807,26 EUR nebst den im Tenor genannten Zinsen zu zahlen.
Rechtsgrundlage der geltend gemachten Ansprüche ist § 69 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative, § 818 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch BGB.
Nach § 69 Sätze 1 und 3 SGB V in der hier ab 01. Januar 2000 maßgebenden Fassung des Art.1 Nr. 26 des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2626) gilt: Dieses (vierte) Kapitel sowie die §§ 63 und 64 SGB V regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse der Bundes- und Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 SGB V. Für die Rechtsbeziehungen nach unter anderem Satz 1 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. § 69 Satz 1 SGB V in der für das Jahr 1999 maßgebenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1998, 1311) bestimmte, dass dieses (vierte) Kapitel die Rechtsbeziehungen der Krankenkasse zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern regelt.
Regelungen zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege finden sich in § 132 a SGB V. Nach § 132 a Abs. 1 Sätze 1 und 4 Nr. 6 und Abs. 2 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des Art. 17 des Gesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1997, 1520) gilt: Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene sollen unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abgeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere die Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen zu regeln. Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung schließen die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern.
Zwischen den Beteiligten bestand im streitigen Zeitraum weder ein Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege noch über die Preise und deren Abrechnung, so dass ein vertraglicher Anspruch auf Vergütung zwischen den Beteiligten ausgeschlossen ist.
Zwischen den Beteiligten kamen auch keine Einzelverträge über die Behandlung der jeweiligen Versicherten durch konkludente Willenserklärungen zustande. Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, dass die Beklagte im Falle der weiteren Duldung der Erbringung von Leistungen durch die Klägerin ihr die Vergütung nach dem Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 zahlen würde.
Es könnte zwar erwogen werden, in der weiteren Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten eine konkludente Willenserklärung der Klägerin gerichtet auf Annahme des von der Beklagten gemachten Vertragsangebotes beziehungsweise als nunmehriges gleich lautendes eigenes Vertragsangebot des zunächst abgelehnten Vertragsangebotes der Beklagten zu sehen. Dieses würde jedoch weder der Interessenlage noch dem bisherigen Verhalten der Klägerin und der Beklagten entsprechen. Es lag angesichts des Verhaltens beider Beteiligter in deren Interesse, dass die Klägerin Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten erbringt. Deshalb hat die Beklagte auf die Rechnungen gezahlt. Die Beteiligten konnten sich allein über einen anderen wesentlichen Vertragsbestandteil, nämlich die Höhe der Vergütung, nicht einigen.
Mangels Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile ist damit ein Vertrag nicht zustande gekommen. Es bestand ein offener Dissens nach § 154 Satz 1 BGB. Solange nicht die Beteiligten sich über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Das Rechtsinstitut der Protestatio facto contraria ist nicht anwendbar. Es ist auf solche Fälle zugeschnitten, in denen jemand ohne rechtlichen oder faktischen Zwang eine Leistung in Anspruch nimmt, die im Allgemeinen nur gegen eine Gegenleistung erbracht wird, und dabei ausdrücklich oder konkludent erklärt, die Gegenleistung nicht erbringen zu wollen. An einem solchen widersprüchlichen Verhalten mangelt es, wenn für die beteiligten Vertragsparteien erkennbar ist, dass jeder sich in einer gewissen Zwangslage befindet, aber jeder nur auf der Grundlage seiner Preisvorstellungen den Vertrag abschließen will (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R , abgedruckt in SozR 4-2500 § 132 a Nr. 1).
Fehlt es an einem Vertrag, hilft § 157 BGB, wonach Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, nicht weiter.
Wie das BSG ebenfalls bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R und Urteil vom 25. September 2001 B 3 KR 15/00 R , abgedruckt in SozR 3 2500 § 132 a Nr. 1) steht weder der Krankenkasse ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB, noch dem Leistungserbringer ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB zu. § 612 Abs. 2 BGB, wonach, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist, bei Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, ist ebenfalls nicht anwendbar. Würden die genannten Vorschriften herangezogen, würde § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V seinem Zweck nicht gerecht. Mit der Regelung in § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V ist der Gesetzgeber - der allgemeinen Intention des SGB V zur Kostenreduzierung im Gesundheitswesen entsprechend - davon ausgegangen, dass derartige vertragliche (Verbands- oder Einzel )Abmachungen im freien Spiel der Kräfte geschlossen werden und durch die Verpflichtung der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten einerseits und die Konkurrenz der Leistungserbringer andererseits im Ergebnis marktgerechte und möglichst günstige Bedingungen, insbesondere Preise, für die Versicherten erreicht werden. Wenn solche Vereinbarungen nicht zustande kommen und hilfsweise auf die dargestellten Vorschriften zurückgegriffen werden könnte, würde dadurch der Zwang, der auf Seiten der Krankenkasse einerseits und den Leistungserbringern andererseits lastet, eine einvernehmliche vertragliche Regelung herbeizuführen, mit der Folge aufgehoben, dass der Gesetzeszweck nicht zu erreichen ist. Der Gesetzgeber nahm damit bewusst einen vertragslosen Zustand in Kauf. Mit der Neufassung des § 132 a Abs. 2 SGB V durch das Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl I 2003, 2190) ist allerdings ab 01. Januar 2004 auch für diesen Bereich ein Schiedsverfahren für den Fall der Nichteinigung über die Vertragsinhalte vorgesehen, das (so BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R ) allerdings zunächst vertraglich vereinbart werden muss.
Fehlt es an einer vertraglichen Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch, scheiden allerdings grundsätzlich auch Ansprüche aus Gesetz (§ 683, § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB) aus.
Die gesetzliche Krankenversicherung hat nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung den Zweck, den Versicherten von Krankheitskosten zu entlasten. Ihre Aufgabe ist es nicht, den Leistungsanbieter im Gesundheitswesen vor ungedeckten Kosten zu schützen, wenn dieser an ihre Versicherten Leistungen erbringt. Dies gilt auch insoweit, als die Krankenkasse Aufwendungen einspart, die ihr sonst für eine zum Leistungsumfang gehörende Behandlung des Versicherten entstanden wären. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringungsrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (BSG, Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R, abgedruckt in SozR 3 2500 § 13 Nr. 21; Urteil vom 26. Januar 2000 B 6 KA 59/98 R ; Urteil vom 04. Mai 1994 6 RKa 40/93 , abgedruckt in SozR 3-2500 § 85 Nr. 6). Dies folgt zwischenzeitlich aus § 69 Satz 1 SGB V, wonach das SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen gegenüber unter anderem sonstigen Leistungserbringern regelt. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt oder dem sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Die Regelungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt oder andere Leistungserbringer die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatz aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekämen (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2005 - B 3 KR 2/05 R -).
Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Ist zwischen den Beteiligten die grundsätzliche Berechtigung zur Erbringung der Leistungen, für die eine Vergütung begehrt wird, nicht streitig, kommen auch Ansprüche aus Gesetz, insbesondere aus Bereicherungsrecht, in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 04. März 2004 B 3 KR 4/03 R , abgedruckt in SozR 4 2500 § 39 Nr. 1; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 2/03 R und vom 25. September 2001 B 3 KR 15/00 R ). Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass sich in diesen Fällen der Leistungserbringer nicht gänzlich außerhalb des Leistungserbringungsrechtes bewegt, wenn ihm die Krankenkasse die Leistungserbringung dem Grunde nach erlaubt. Es verstieße gegen Treu und Glauben, wenn die Krankenkasse sich darauf berufen könnte, wegen der abschließenden Regelung der Rechtsbeziehungen ausschließlich auf vertraglicher Grundlage seien gesetzliche Ansprüche, die zumindest ergänzend herangezogen werden können (so auch § 69 Satz 3 SGB V), ausgeschlossen. Die Krankenkasse ist nämlich in gleicher Weise dem Gesetz insoweit unterworfen, als sie Leistungen nur durch solche Leistungserbringer gewähren darf, mit denen sie vertragliche Rechtsbeziehungen hat.
Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB liegen vor.
Danach ist, wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet.
Die Beklagte hat etwas erlangt, denn durch die erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege an Versicherte der Beklagten wurde diese von Verbindlichkeiten befreit, nämlich von der Gewährung entsprechender Sachleistungsansprüche der Versicherten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 37 SGB V. Diese Sachleistungsansprüche sind durch die Leistungserbringung der Klägerin nach § 362 BGB erloschen. Die Klägerin hat die Leistung(en) im Verhältnis zur Beklagten erbracht. Dies folgt daraus, dass die Klägerin im Hinblick auf das Einverständnis der Beklagten und in Erwartung eines von dieser zu erfüllenden Vergütungsanspruches ihr gegenüber eine bewusste und zweckgerichtete Zuwendung erbringen wollte. Von dieser Zweckrichtung der Zuwendung ging auch die Beklagte aus, denn sie zahlte wegen der von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege (einen Teil der geforderten Vergütung) an die Klägerin. Die Beklagte hat die Leistungen der häuslichen Krankenpflege ohne rechtlichen Grund erlangt, denn mangels eines wirksam zustande gekommenen Vertrages steht ihr kein Recht zu, dass Erlangte zu behalten. Deshalb wäre die Beklagte zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Dies ist ihr jedoch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich.
Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert zu ersetzen.
Der Verpflichtung zum Wertersatz steht § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
Die Leistungskondiktion ist nach dieser Vorschrift somit nur ausgeschlossen, wenn der Leistende im Zeitpunkt der Leistung positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit hatte. Dafür ist erforderlich, dass der Leistende aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffende Schlussfolgerung gezogen hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Damit schließen bloße Zweifel des Leistenden über den Bestand der Verbindlichkeit die Rückforderung grundsätzlich nicht aus. Bei § 814 erste Alternative BGB handelt es sich um einen gesetzlich geregelten Fall des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens, des venire contra factum proprium (BGHZ 73, 202, 205).
Es war auch nicht so, dass die Klägerin für die Leistung erkennbar keine Gegenleistung erwartet hätte, so dass ihr Verlangen nach Wertersatz deswegen auch nicht als widersprüchlich erscheint (vgl. so auch BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 2/03 R -).
Der Sachverhalt einer aufgedrängten Bereicherung liegt ebenfalls nicht vor. Solange das Erlangte herausgegeben werden kann, stellt sich das Problem der aufgedrängten Bereicherung nicht. Eine aufgedrängte Bereicherung kann allerdings vorliegen, wenn Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB zu leisten ist. Voraussetzung dafür ist, dass eine ohne seine Zustimmung eingetretene objektive Werterhöhung für den Bereicherten ohne subjektives Interesse ist (vgl. Palandt-Bassenge, a. a. O., § 951 Rdnrn. 18, 21). Selbst wenn damit eine gewisse Subjektivierung des nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Wertes stattfindet (vgl. dazu auch Lieb in Münchener Kommentar, 4. Auflage § 812 Rdnrn 311, 313, 314), bedeutet dies nicht, dass sich die Frage der aufgedrängten Bereicherung nach dem jeweiligen Belieben des Empfängers der Leistung richtet. Vielmehr ist der Wert des erlangten Vorteils unter Berücksichtigung der individuellen und tatsächlich vorhandenen Verhältnisse einer bestimmten Person ausgehend von einer objektiven Betrachtung zu bestimmen.
Unter Berücksichtigung dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege für die Beklagte ohne subjektives Interesse waren, also als aufgedrängte Bereicherung zu bewerten sind. Dem steht bereits entgegen, dass die Beklagte nach § 37 SGB V verpflichtet war, diese Leistungen zu erbringen, was im Übrigen zwischen den Beteiligten außer Streit steht. Die Beklagte hatte somit ein eigenes maßgebendes Interesse daran, dass solche Leistungen erbracht wurden. Dies war schließlich der Grund, weswegen sie mit dem entsprechenden Tätigwerden der Klägerin einverstanden war.
Der Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB bestimmt sich nach dem objektiven Verkehrswert des Erlangten (Palandt-Sprau, a. a. O., § 818 Rdnr. 18). Dieser Wert stellt den finanziellen Aufwand dar, den die Beklagte ihrerseits erspart hat. Dies entspricht der Werteinschätzung, welche die verkehrsbeteiligten Kreise einer solchen "Freistellung" entgegen bringen. Es sind hierbei die Vergütungssätze zugrunde zu legen, die während des streitigen Zeitraumes üblicherweise von anderen Krankenkassen an Krankenpflegeunternehmen gezahlt wurden. Dabei darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit die beklagte Krankenkasse selbst mit weiteren Pflegeunternehmen Vergütungsvereinbarungen zu niedrigeren Vergütungssätzen abgeschlossen hatte, sofern dadurch die Versorgung ihrer Versicherten mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege gesichert war (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 2/03 R -).
Es werden von der Beklagten auch keine neuen Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen würde, die Versorgung ihrer Versicherten sei mit den Pflegeunternehmen des BKK-Vertrages sichergestellt gewesen.
Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass die Beklagte mangels ausreichender Kapazitäten notgedrungen andere Pflegeunternehmen zu den höheren Vergütungssätzen nach dem Rahmenvertrag vom 05. Juli 1999 in Anspruch hätte nehmen müssen, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Damit stellen die von der Klägerin geforderten Vergütungssätze für die einzelnen Leistungen der häuslichen Krankenpflege den objektiven Verkehrswert des Erlangten dar.
Die Beklagte ist mithin verpflichtet, an die Klägerin den (weiteren) Betrag von 1 807,26 EUR zu zahlen.
Für die ab Klageerhebung fälligen Forderungen gilt, dass eine Geldschuld für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09. Juni 1998 (BGBl I. S. 1242) zu verzinsen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem Ergebnis der Hauptsache (§ 197 a SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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