Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 6 Kr 571/89
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kr 12/91
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Schüler allgemeinbildender Schulen gehören nicht zum Kreis der kraft Gesetzes pflichtversicherten Personen.
Sofern sie selbst freiwillig in der Krankenversicherung versichert sind, richtet sich die Höhe ihres monatlichen Beitrags nach den allgemein geltenden Bemessungsvorschriften für freiwillige Mitglieder.
2) Die durch das Gesundheits-Reformgesetz faktisch eingetretene Verdopplung der monatlichen Krankenversicherungsbeiträge auch für freiwillig versicherte Schüler ist nicht verfassungswidrig.
Sofern sie selbst freiwillig in der Krankenversicherung versichert sind, richtet sich die Höhe ihres monatlichen Beitrags nach den allgemein geltenden Bemessungsvorschriften für freiwillige Mitglieder.
2) Die durch das Gesundheits-Reformgesetz faktisch eingetretene Verdopplung der monatlichen Krankenversicherungsbeiträge auch für freiwillig versicherte Schüler ist nicht verfassungswidrig.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 13. November 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Krankenversicherungsbeiträgen.
Die 1973 geborene Klägerin ist Schülerin und lebt ohne eigenes Einkommen im Haushalt ihrer Eltern, von denen sie freie Kost und Unterhalt erhält. Bei der Beklagten ist sie selbst seit Januar 1977 mit einem monatlichen Beitrag von 128,– DM ab 1. Januar 1989 freiwillig krankenversichert. Die Mutter der Klägerin ist ebenfalls bei der Beklagten freiwillig versichert, der Vater ist privat krankenversichert.
Am 16. Mai 1989 beantragte der Vater der Klägerin deren Umstufung in die Beitragsklasse Stu 280/81 für Studenten mit einem monatlichen Krankenversicherungsbeitrag von 65,25 DM sowie die Erstattung der seit Januar 1989 gezahlten und über diesen Betrag hinausgehenden Beiträge. Die durch das Gesundheits-Reformgesetz erfolgte Beitragserhöhung sei kinder- und familienfeindlich und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Was für Studenten möglich sei, müsse erst recht für Schüler gelten.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1989 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 14. Juni 1989 Widerspruch ein. Für freiwillige Mitglieder, die noch Schüler seien, müsse eine eigene Beitragsklasse eingeführt werden. Da die Beklagte die Belastung mit Beiträgen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausrichten müsse und Schüler finanziell nicht besser gestellt seien als Studenten, dürfe ihr Beitragssatz auch nicht höher sein.
Nach erneuter Anhörung (Schreiben vom 15. Juni 1989) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 1989 zurück. Der Gesetzgeber habe mit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes beitragsgünstige Versicherungsklassen nicht mehr für zulässig erachtet, wenn Leistung und Gegenleistung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Die monatlichen Beiträge der Versicherungsklassen 401 (in der die Klägerin versichert gewesen ist) bis 421 mit Beiträgen von 64,– DM bis 91,– DM hätten die Ausgaben innerhalb dieser Versicherungsklassen nicht mehr decken können. Diese Versicherungsklassen seien deshalb ab 1. Januar 1989 weggefallen. Nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen seien Beiträge in der günstigsten Versicherungsklasse 421 nunmehr mindestens nach Einnahmen in Höhe von derzeit 1.050,– DM im Monat (= 128,– DM) zu erheben. Eine Verpflichtung zur Schaffung einer günstigeren Versicherungsklasse für Schüler gebe es nicht. Für eine Gleichstellung mit Studenten sei angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelungen kein Raum.
Mit ihrer am 18. September 1989 beim Sozialgericht erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und ausgeführt, daß die Beklagte nicht verpflichtet sei, von ihr ab 1. Januar 1989 einen erhöhten monatlichen Beitrag von 128,– DM zu fordern. Sie sei vielmehr berechtigt, die Beiträge ihrer freiwilligen Mitglieder durch Satzung zu bestimmen. Da sie als Schülerin über keinerlei Einnahmen verfüge, sei es nicht zulässig, ihrer Beitragsbemessung einen fiktiven Bruchteil der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Da gerade Schüler selten krank seien, werde bestritten, daß der bis zum 31. Dezember 1988 monatlich zu entrichtende Beitrag von 64,– DM nicht kostendeckend gewesen sei. Ihr sei nicht nachvollziehbar, warum nur Studenten und Auszubildende des 2. Bildungsweges sowie Berufsfachschüler bei der Beklagten für einen Monatsbeitrag von lediglich 65,25 DM versichert würden, nicht aber auch sie als Schülerin eines Gymnasiums.
Durch Urteil vom 13. November 1990 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, daß die Beitragseinstufung und die monatliche Beitragshöhe den neuen gesetzlichen Bestimmungen folge. Der im Gesetz bestimmte Mindestbeitrag könne von den Krankenkassen nicht unterschritten werden, auch wenn dies für freiwillige Mitglieder, die zuvor nach dem früheren Mindestbeitrag eingestuft gewesen seien, zu einer Verdoppelung der Beiträge und somit zu Härten führe. Auch verfassungsrechtlich sei die getroffene Regelung nicht zu beanstanden. Freiwillige Mitglieder könnten jederzeit aus der Krankenversicherung ausscheiden und sich einer als zu hoch empfundenen Beitragsbelastung entziehen. Da die Klägerin nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen Personen gehöre, könne sie auch nicht beanspruchen, so wie Studenten, Praktikanten und Auszubildende des 2. Bildungsweges behandelt zu werden. Daß Schüler nicht in der Krankenversicherung versicherungspflichtig seien, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Lebenssituation von Schülern unterscheide sich typischerweise von Studenten und Schülern des 2. Bildungsweges erheblich. Während Schüler allgemeinbildender Schulen in der Regel zu Hause im Familienverband der Eltern lebten, führten Studenten und Schüler des 2. Bildungsweges typischerweise ein eigenes und selbständiges Leben außerhalb der Familie. Wenn der Gesetzgeber deshalb Schüler allgemeinbildender Schulen nicht in die Versicherungspflicht einbezogen habe, könne hierin keine Verletzung des Gleichheitssatzes gesehen werden, auch wenn eine bessere Gestaltungsmöglichkeit vorgelegen hätte. Schließlich werde die Klägerin auch nicht von der begünstigenden Satzungsregelung für solche Mitglieder erfaßt, die berufsbildende Schulen oder sonstige Bildungseinrichtungen besuchen. Im übrigen sei sehr zweifelhaft, ob die durch die Satzungsbestimmung vorgenommene Gleichstellung dieses Personenkreises mit Studenten noch im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehe.
Gegen dieses der Klägerin mit Einschreiben-Rückschein am 12. Dezember 1990 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1990 – eingegangen beim Sozialgericht Marburg am 28. Dezember 1990 – eingelegte Berufung, mit der sich die Klägerin unter Wiederholung ihres Rechtsstandpunktes gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wendet. Sofern Schüler freiwillige Mitglieder einer Krankenkasse seien, müsse der Beitrag für alle Schüler gleich sein und dürfe sich der Höhe nach nicht je nach Schultyp unterscheiden.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 13. November 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie ab 1. Januar 1989 in die Beitragsklasse Stu 280/281 einzustufen und ihr die Differenz zwischen diesem Beitrag und den tatsächlich entrichteten, höheren Beiträgen, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe und ihr bisheriges Vorbringen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. September 1991 war die Klägerin weder erschienen noch vertreten.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung auch in Abwesenheit der Klägerin aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sie hierauf in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 SGG).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg ist zu Recht ergangen, denn ein Anspruch der Klägerin auf Einstufung in eine günstigere Versicherungsklasse besteht ebensowenig wie ein Anspruch auf Erstattung von Beiträgen.
Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Abs. 2 bis 5 der Vorschrift bestimmen im übrigen den Rahmen, innerhalb dessen die Krankenkassen Satzungsregelungen treffen können. Gemäß § 240 Abs. 4 SGB V gilt als beitragspflichtige Einnahmen mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die Satzung kann auch Beitragsklassen vorsehen (§ 240 Abs. 5 SGB V).
Die Klägerin ist Schülerin einer allgemeinbildenden Schule (Gymnasium) und gehört deshalb nicht zum Kreis der kraft Gesetzes (§ 5 SGB V) Versicherungspflichtigen Personen. Da ihr Vater als Beamter privat versichert ist, sein Gesamteinkommen im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher ist als das Gesamteinkommen der ebenfalls bei der Beklagten versicherten Mutter, besteht auch keine Familienversicherung (vgl. § 10 Abs. 3 SGB V). Somit gehört die Klägerin zum Kreis derjenigen, die der Krankenversicherung freiwillig beitreten können (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Die Höhe der von ihr zu entrichtenden monatlichen Krankenversicherungsbeiträge folgt deshalb aus § 240 SGB V in Verbindung mit den Satzungsbestimmungen der Beklagten, die insoweit die gesetzlichen Vorgaben bei ihrer Normsetzung beachten muß. Dementsprechend werden freiwillige Mitglieder bei der Beklagten in Versicherungsklassen eingestuft (Abschnitt C § 15 Abs. 1 der ab 1. Januar 1989 geltenden Satzung). Die Versicherungsklasse 421, in der die Klägerin geführt wird, umfaßt beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, auf volle 10,00 DM aufgerundet. Mindestens muß die Beklagte aber Beiträge entsprechend § 240 Abs. 4 SGB V erheben. Bei einer für das Jahr 1989 (1990 u.s.w.) maßgebenden Bezugsgröße von 3.150,00 DM (3.290,00 DM) ergibt dies kalendertäglich 35,00 DM (36,56 DM) und damit (× 30) für den Monat einen Betrag von 1.050,00 DM (1.096,67 DM), aus dem der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung zu berechnen ist. Hiernach ist die von der Beklagten ermittelte Höhe des monatlichen Krankenversicherungsbeitrages nicht zu beanstanden, da von der Klägerin nur die nach dem Gesetz zu erhebenden Mindestbeiträge gefordert werden. Die von der Klägerin beanstandete Anknüpfung an von ihr tatsächlich nicht erzielte Einnahmen bei der Beitragsbemessung war schon vor Inkrafttreten des SGB V geltendes Recht. § 180 Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO – a.F.) enthielt die fiktive Grundlohnbestimmung, daß "für freiwillig Versicherte als Grundlohn mindestens der 180. Teil der Bezugsgröße gilt”. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab 1. Januar 1989 lediglich die Bemessungsgrundlage erhöht und die damit einhergehenden Konsequenzen gesehen und auch beabsichtigt. Das wird bereits aus der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 11/2237, S. 225 zu § 249), der in der Ausschlußberatung unverändert übernommen worden ist (BT-Drucksache 11/3320, S. 133 f.), deutlich. Zu Abs. 4 des § 249 des Entwurfs (= § 240 Abs. 4 SGB V) wird ausgeführt:
"Der Mindestbeitrag für freiwillige Mitglieder wird aufgehoben, da bei dem jetzigen Mindestbeitrag Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Mindestbeitrag beträgt 1988 ca. 65,00 DM. Nach neuem Recht wird er sich verdoppeln.”
Im Hinblick, auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, deren Sinn und Zweck, sowie die zitierte Gesetzesbegründung zur Neuregelung der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der Krankenversicherung, muß § 240 Abs. 4 SGB V in jedem Fall angewandt werden, auch wenn dies individuell zu Härten führen kann. Anders als die Klägerin meint, besteht keine Möglichkeit der Beklagten, bei einer bestimmten Gruppe von Normadressaten diese nicht anzuwenden. Die Problematik einer Beitragsbemessung von freiwillig Versicherten, die weder über Arbeitsentgelt noch über sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt verfügen, war dem Gesetzgeber auch hinreichend bekannt, da bereits unter Geltung des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO a.F. die hier von der Klägerin erneut aufgeworfenen Fragen aufgetreten sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSG SozR 2200 § 385 RVO Nr. 5) hat es wegen der klaren Vorgabe des Gesetzgebers bereits nach der alten Rechtslage – auch in Härtefällen – für ausgeschlossen erachtet, die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung unter die Grenze herabzusetzen, die sich aus dem Mindestgrundlohn ergibt.
Soweit aus dem Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 22. Februar 1989 an die Spitzenverbände der Krankenkassen u.a. (Die Leistungen 1989, 110, 112) hervorgeht, daß sich die Aufsichtsbehörden dazu bereiterklärt hätten, Satzungsbestimmungen unter dem Mindestbeitrag für bestimmte Gruppen nicht zu beanstanden, führt dies zu keiner anderen Lösung des vorliegenden Rechtsstreits. Abgesehen davon, daß die Beklagte keine entsprechende Satzungsbestimmung zugunsten der Klägerin erlassen hat, ergibt sich aus dem veröffentlichten Besprechungsergebnis keine die Gerichte bindende Vorgabe für ihre Entscheidung. Maßgebend ist der Wille des Gesetzgebers, so wie er im Wortlaut der Vorschrift seinen Ausdruck gefunden hat. Sollte er hieran nicht mehr festhalten wollen, bedarf es – wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – einer Gesetzesänderung.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht hält auch der Senat die gesetzlichen Neuregelungen nicht für verfassungswidrig. Art. 14 Grundgesetz (GG) ist von vornherein nicht berührt. Eigentumsschutz auch von Versicherungsanwartschaften wird nur im Rahmen der Gesetze, zu denen auch das SGB V gehört, gewährt. Der Gesetzgeber kann von ihm selbst gewährte Rechtspositionen ganz oder teilweise weder zurücknehmen, wenn sich – wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – die wirtschaftlichen Voraussetzungen wesentlich ändern und es das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit eines Regelungssystems erfordert. Im übrigen kann sich die Klägerin jederzeit diesem Zugriff auf ihr Vermögen entziehen und sich privat versichern.
Auch der Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht dadurch verletzt, daß die Klägerin, im Unterschied zu Studenten, erheblich höhere Beiträge entrichten muß. Auszugehen ist davon, daß dem Gesetzgeber gerade beim Erlaß von Regelungen zur Finanzierung eines Systems der sozialen Sicherung ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Kreis der Versicherungspflichtigen, der versicherungsfreien und derjenigen Personen zu bestimmen, die freiwillig der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten können. Sein Gestaltungsermessen wird durch den Gleichheitssatz des Grundgesetzes nur insoweit beschränkt, als ihm verwehrt ist, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Willkür liegt aber nicht schon dann vor, wenn der Gesetzgeber im konkreten Fall unter mehreren Lösungen nicht die vernünftigste, zweckmäßigste oder gerechteste gewählt hat, sondern nur dann, wenn sich ein sachlicher Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt (vgl. hierzu: BVerfGE 1, 14, 52; 4, 144, 155; 55, 114, 128). Vorliegend beruhen die unterschiedlichen Regelungen für Studenten (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) und anderen, vergleichbaren pflichtversicherten Personen nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V einerseits sowie der lediglich freiwillig versicherten Klägerin andererseits offensichtlich auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten im Regelfall, die bereits das Sozialgericht beschrieben hat. Diese Differenzierung mag der Klägerin nicht einleuchten. Ein Gleichheitsverstoß kann aber hiermit nicht begründet werden. Das gilt auch hinsichtlich der Rüge der Klägerin, daß die unterschiedliche Behandlung von Schülern und Studenten den Schutz von Ehe und Familie sowie den Sozialstaatsgrundsatz mißachtet. Auch hier gilt wie im Falle des Art. 3 Abs. 1 GG, daß der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis im einzelnen bestimmen kann, wie diese Verfassungsnormen ausgefüllt werden. Daß der Gesetzgeber nicht jedes Kind, ungeachtet der Beziehung seiner Eltern zum System der gesetzlichen Krankenversicherung, zu einem Minimalbeitrag versichert, ist nicht zu beanstanden.
Auch eine Gleichbehandlung mit Versicherten berufsbildender Schulen oder sonstiger Bildungseinrichtungen, die nach § 15 Abs. 11 der Satzung der Beklagten ebenfalls nur den niedrigeren Beitrag für Studenten zahlen müssen, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Wie ausgeführt, ist von der Klägerin ein Mindestbeitrag in der von der Beklagten bestimmten Höhe im Monat zu zahlen. Satzungsbestimmungen der Beklagten können hieran nichts ändern. Darüber hinaus bestehen auch nach Auffassung des Senats Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Satzungsbestimmung. Auf eine Ungleichbehandlung im Unrecht kann sich aber niemand berufen.
Da die Beitragseinstufung der Klägerin durch die Beklagte rechtmäßig ist, mußte die Berufung insgesamt erfolglos bleiben und zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Krankenversicherungsbeiträgen.
Die 1973 geborene Klägerin ist Schülerin und lebt ohne eigenes Einkommen im Haushalt ihrer Eltern, von denen sie freie Kost und Unterhalt erhält. Bei der Beklagten ist sie selbst seit Januar 1977 mit einem monatlichen Beitrag von 128,– DM ab 1. Januar 1989 freiwillig krankenversichert. Die Mutter der Klägerin ist ebenfalls bei der Beklagten freiwillig versichert, der Vater ist privat krankenversichert.
Am 16. Mai 1989 beantragte der Vater der Klägerin deren Umstufung in die Beitragsklasse Stu 280/81 für Studenten mit einem monatlichen Krankenversicherungsbeitrag von 65,25 DM sowie die Erstattung der seit Januar 1989 gezahlten und über diesen Betrag hinausgehenden Beiträge. Die durch das Gesundheits-Reformgesetz erfolgte Beitragserhöhung sei kinder- und familienfeindlich und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Was für Studenten möglich sei, müsse erst recht für Schüler gelten.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1989 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 14. Juni 1989 Widerspruch ein. Für freiwillige Mitglieder, die noch Schüler seien, müsse eine eigene Beitragsklasse eingeführt werden. Da die Beklagte die Belastung mit Beiträgen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausrichten müsse und Schüler finanziell nicht besser gestellt seien als Studenten, dürfe ihr Beitragssatz auch nicht höher sein.
Nach erneuter Anhörung (Schreiben vom 15. Juni 1989) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 1989 zurück. Der Gesetzgeber habe mit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes beitragsgünstige Versicherungsklassen nicht mehr für zulässig erachtet, wenn Leistung und Gegenleistung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Die monatlichen Beiträge der Versicherungsklassen 401 (in der die Klägerin versichert gewesen ist) bis 421 mit Beiträgen von 64,– DM bis 91,– DM hätten die Ausgaben innerhalb dieser Versicherungsklassen nicht mehr decken können. Diese Versicherungsklassen seien deshalb ab 1. Januar 1989 weggefallen. Nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen seien Beiträge in der günstigsten Versicherungsklasse 421 nunmehr mindestens nach Einnahmen in Höhe von derzeit 1.050,– DM im Monat (= 128,– DM) zu erheben. Eine Verpflichtung zur Schaffung einer günstigeren Versicherungsklasse für Schüler gebe es nicht. Für eine Gleichstellung mit Studenten sei angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelungen kein Raum.
Mit ihrer am 18. September 1989 beim Sozialgericht erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und ausgeführt, daß die Beklagte nicht verpflichtet sei, von ihr ab 1. Januar 1989 einen erhöhten monatlichen Beitrag von 128,– DM zu fordern. Sie sei vielmehr berechtigt, die Beiträge ihrer freiwilligen Mitglieder durch Satzung zu bestimmen. Da sie als Schülerin über keinerlei Einnahmen verfüge, sei es nicht zulässig, ihrer Beitragsbemessung einen fiktiven Bruchteil der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Da gerade Schüler selten krank seien, werde bestritten, daß der bis zum 31. Dezember 1988 monatlich zu entrichtende Beitrag von 64,– DM nicht kostendeckend gewesen sei. Ihr sei nicht nachvollziehbar, warum nur Studenten und Auszubildende des 2. Bildungsweges sowie Berufsfachschüler bei der Beklagten für einen Monatsbeitrag von lediglich 65,25 DM versichert würden, nicht aber auch sie als Schülerin eines Gymnasiums.
Durch Urteil vom 13. November 1990 hat das Sozialgericht Marburg die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, daß die Beitragseinstufung und die monatliche Beitragshöhe den neuen gesetzlichen Bestimmungen folge. Der im Gesetz bestimmte Mindestbeitrag könne von den Krankenkassen nicht unterschritten werden, auch wenn dies für freiwillige Mitglieder, die zuvor nach dem früheren Mindestbeitrag eingestuft gewesen seien, zu einer Verdoppelung der Beiträge und somit zu Härten führe. Auch verfassungsrechtlich sei die getroffene Regelung nicht zu beanstanden. Freiwillige Mitglieder könnten jederzeit aus der Krankenversicherung ausscheiden und sich einer als zu hoch empfundenen Beitragsbelastung entziehen. Da die Klägerin nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen Personen gehöre, könne sie auch nicht beanspruchen, so wie Studenten, Praktikanten und Auszubildende des 2. Bildungsweges behandelt zu werden. Daß Schüler nicht in der Krankenversicherung versicherungspflichtig seien, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Lebenssituation von Schülern unterscheide sich typischerweise von Studenten und Schülern des 2. Bildungsweges erheblich. Während Schüler allgemeinbildender Schulen in der Regel zu Hause im Familienverband der Eltern lebten, führten Studenten und Schüler des 2. Bildungsweges typischerweise ein eigenes und selbständiges Leben außerhalb der Familie. Wenn der Gesetzgeber deshalb Schüler allgemeinbildender Schulen nicht in die Versicherungspflicht einbezogen habe, könne hierin keine Verletzung des Gleichheitssatzes gesehen werden, auch wenn eine bessere Gestaltungsmöglichkeit vorgelegen hätte. Schließlich werde die Klägerin auch nicht von der begünstigenden Satzungsregelung für solche Mitglieder erfaßt, die berufsbildende Schulen oder sonstige Bildungseinrichtungen besuchen. Im übrigen sei sehr zweifelhaft, ob die durch die Satzungsbestimmung vorgenommene Gleichstellung dieses Personenkreises mit Studenten noch im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehe.
Gegen dieses der Klägerin mit Einschreiben-Rückschein am 12. Dezember 1990 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1990 – eingegangen beim Sozialgericht Marburg am 28. Dezember 1990 – eingelegte Berufung, mit der sich die Klägerin unter Wiederholung ihres Rechtsstandpunktes gegen die getroffene Entscheidung des Sozialgerichts wendet. Sofern Schüler freiwillige Mitglieder einer Krankenkasse seien, müsse der Beitrag für alle Schüler gleich sein und dürfe sich der Höhe nach nicht je nach Schultyp unterscheiden.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 13. November 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie ab 1. Januar 1989 in die Beitragsklasse Stu 280/281 einzustufen und ihr die Differenz zwischen diesem Beitrag und den tatsächlich entrichteten, höheren Beiträgen, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe und ihr bisheriges Vorbringen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. September 1991 war die Klägerin weder erschienen noch vertreten.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung auch in Abwesenheit der Klägerin aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sie hierauf in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 SGG).
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg ist zu Recht ergangen, denn ein Anspruch der Klägerin auf Einstufung in eine günstigere Versicherungsklasse besteht ebensowenig wie ein Anspruch auf Erstattung von Beiträgen.
Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Abs. 2 bis 5 der Vorschrift bestimmen im übrigen den Rahmen, innerhalb dessen die Krankenkassen Satzungsregelungen treffen können. Gemäß § 240 Abs. 4 SGB V gilt als beitragspflichtige Einnahmen mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die Satzung kann auch Beitragsklassen vorsehen (§ 240 Abs. 5 SGB V).
Die Klägerin ist Schülerin einer allgemeinbildenden Schule (Gymnasium) und gehört deshalb nicht zum Kreis der kraft Gesetzes (§ 5 SGB V) Versicherungspflichtigen Personen. Da ihr Vater als Beamter privat versichert ist, sein Gesamteinkommen im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher ist als das Gesamteinkommen der ebenfalls bei der Beklagten versicherten Mutter, besteht auch keine Familienversicherung (vgl. § 10 Abs. 3 SGB V). Somit gehört die Klägerin zum Kreis derjenigen, die der Krankenversicherung freiwillig beitreten können (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Die Höhe der von ihr zu entrichtenden monatlichen Krankenversicherungsbeiträge folgt deshalb aus § 240 SGB V in Verbindung mit den Satzungsbestimmungen der Beklagten, die insoweit die gesetzlichen Vorgaben bei ihrer Normsetzung beachten muß. Dementsprechend werden freiwillige Mitglieder bei der Beklagten in Versicherungsklassen eingestuft (Abschnitt C § 15 Abs. 1 der ab 1. Januar 1989 geltenden Satzung). Die Versicherungsklasse 421, in der die Klägerin geführt wird, umfaßt beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, auf volle 10,00 DM aufgerundet. Mindestens muß die Beklagte aber Beiträge entsprechend § 240 Abs. 4 SGB V erheben. Bei einer für das Jahr 1989 (1990 u.s.w.) maßgebenden Bezugsgröße von 3.150,00 DM (3.290,00 DM) ergibt dies kalendertäglich 35,00 DM (36,56 DM) und damit (× 30) für den Monat einen Betrag von 1.050,00 DM (1.096,67 DM), aus dem der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung zu berechnen ist. Hiernach ist die von der Beklagten ermittelte Höhe des monatlichen Krankenversicherungsbeitrages nicht zu beanstanden, da von der Klägerin nur die nach dem Gesetz zu erhebenden Mindestbeiträge gefordert werden. Die von der Klägerin beanstandete Anknüpfung an von ihr tatsächlich nicht erzielte Einnahmen bei der Beitragsbemessung war schon vor Inkrafttreten des SGB V geltendes Recht. § 180 Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO – a.F.) enthielt die fiktive Grundlohnbestimmung, daß "für freiwillig Versicherte als Grundlohn mindestens der 180. Teil der Bezugsgröße gilt”. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab 1. Januar 1989 lediglich die Bemessungsgrundlage erhöht und die damit einhergehenden Konsequenzen gesehen und auch beabsichtigt. Das wird bereits aus der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 11/2237, S. 225 zu § 249), der in der Ausschlußberatung unverändert übernommen worden ist (BT-Drucksache 11/3320, S. 133 f.), deutlich. Zu Abs. 4 des § 249 des Entwurfs (= § 240 Abs. 4 SGB V) wird ausgeführt:
"Der Mindestbeitrag für freiwillige Mitglieder wird aufgehoben, da bei dem jetzigen Mindestbeitrag Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Mindestbeitrag beträgt 1988 ca. 65,00 DM. Nach neuem Recht wird er sich verdoppeln.”
Im Hinblick, auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, deren Sinn und Zweck, sowie die zitierte Gesetzesbegründung zur Neuregelung der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der Krankenversicherung, muß § 240 Abs. 4 SGB V in jedem Fall angewandt werden, auch wenn dies individuell zu Härten führen kann. Anders als die Klägerin meint, besteht keine Möglichkeit der Beklagten, bei einer bestimmten Gruppe von Normadressaten diese nicht anzuwenden. Die Problematik einer Beitragsbemessung von freiwillig Versicherten, die weder über Arbeitsentgelt noch über sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt verfügen, war dem Gesetzgeber auch hinreichend bekannt, da bereits unter Geltung des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO a.F. die hier von der Klägerin erneut aufgeworfenen Fragen aufgetreten sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BSG SozR 2200 § 385 RVO Nr. 5) hat es wegen der klaren Vorgabe des Gesetzgebers bereits nach der alten Rechtslage – auch in Härtefällen – für ausgeschlossen erachtet, die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung unter die Grenze herabzusetzen, die sich aus dem Mindestgrundlohn ergibt.
Soweit aus dem Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 22. Februar 1989 an die Spitzenverbände der Krankenkassen u.a. (Die Leistungen 1989, 110, 112) hervorgeht, daß sich die Aufsichtsbehörden dazu bereiterklärt hätten, Satzungsbestimmungen unter dem Mindestbeitrag für bestimmte Gruppen nicht zu beanstanden, führt dies zu keiner anderen Lösung des vorliegenden Rechtsstreits. Abgesehen davon, daß die Beklagte keine entsprechende Satzungsbestimmung zugunsten der Klägerin erlassen hat, ergibt sich aus dem veröffentlichten Besprechungsergebnis keine die Gerichte bindende Vorgabe für ihre Entscheidung. Maßgebend ist der Wille des Gesetzgebers, so wie er im Wortlaut der Vorschrift seinen Ausdruck gefunden hat. Sollte er hieran nicht mehr festhalten wollen, bedarf es – wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – einer Gesetzesänderung.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht hält auch der Senat die gesetzlichen Neuregelungen nicht für verfassungswidrig. Art. 14 Grundgesetz (GG) ist von vornherein nicht berührt. Eigentumsschutz auch von Versicherungsanwartschaften wird nur im Rahmen der Gesetze, zu denen auch das SGB V gehört, gewährt. Der Gesetzgeber kann von ihm selbst gewährte Rechtspositionen ganz oder teilweise weder zurücknehmen, wenn sich – wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung – die wirtschaftlichen Voraussetzungen wesentlich ändern und es das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit eines Regelungssystems erfordert. Im übrigen kann sich die Klägerin jederzeit diesem Zugriff auf ihr Vermögen entziehen und sich privat versichern.
Auch der Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht dadurch verletzt, daß die Klägerin, im Unterschied zu Studenten, erheblich höhere Beiträge entrichten muß. Auszugehen ist davon, daß dem Gesetzgeber gerade beim Erlaß von Regelungen zur Finanzierung eines Systems der sozialen Sicherung ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Kreis der Versicherungspflichtigen, der versicherungsfreien und derjenigen Personen zu bestimmen, die freiwillig der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten können. Sein Gestaltungsermessen wird durch den Gleichheitssatz des Grundgesetzes nur insoweit beschränkt, als ihm verwehrt ist, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Willkür liegt aber nicht schon dann vor, wenn der Gesetzgeber im konkreten Fall unter mehreren Lösungen nicht die vernünftigste, zweckmäßigste oder gerechteste gewählt hat, sondern nur dann, wenn sich ein sachlicher Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt (vgl. hierzu: BVerfGE 1, 14, 52; 4, 144, 155; 55, 114, 128). Vorliegend beruhen die unterschiedlichen Regelungen für Studenten (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) und anderen, vergleichbaren pflichtversicherten Personen nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V einerseits sowie der lediglich freiwillig versicherten Klägerin andererseits offensichtlich auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten im Regelfall, die bereits das Sozialgericht beschrieben hat. Diese Differenzierung mag der Klägerin nicht einleuchten. Ein Gleichheitsverstoß kann aber hiermit nicht begründet werden. Das gilt auch hinsichtlich der Rüge der Klägerin, daß die unterschiedliche Behandlung von Schülern und Studenten den Schutz von Ehe und Familie sowie den Sozialstaatsgrundsatz mißachtet. Auch hier gilt wie im Falle des Art. 3 Abs. 1 GG, daß der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis im einzelnen bestimmen kann, wie diese Verfassungsnormen ausgefüllt werden. Daß der Gesetzgeber nicht jedes Kind, ungeachtet der Beziehung seiner Eltern zum System der gesetzlichen Krankenversicherung, zu einem Minimalbeitrag versichert, ist nicht zu beanstanden.
Auch eine Gleichbehandlung mit Versicherten berufsbildender Schulen oder sonstiger Bildungseinrichtungen, die nach § 15 Abs. 11 der Satzung der Beklagten ebenfalls nur den niedrigeren Beitrag für Studenten zahlen müssen, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Wie ausgeführt, ist von der Klägerin ein Mindestbeitrag in der von der Beklagten bestimmten Höhe im Monat zu zahlen. Satzungsbestimmungen der Beklagten können hieran nichts ändern. Darüber hinaus bestehen auch nach Auffassung des Senats Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Satzungsbestimmung. Auf eine Ungleichbehandlung im Unrecht kann sich aber niemand berufen.
Da die Beitragseinstufung der Klägerin durch die Beklagte rechtmäßig ist, mußte die Berufung insgesamt erfolglos bleiben und zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
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