Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 2 Kr 113/89
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kr 639/91
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 9 Abs. 1 VRG begründet zugunsten der zuständigen Einzugsstelle keinen eigenen von dem Anspruch des Arbeitnehmers unabhängigen Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge.
§ 9 Abs. 1 VRG beschränkt die Insolvenzsicherung auf die Person des Arbeitnehmers und stellt mit der Formulierung „wie ein Arbeitgeber” lediglich klar, daß auch die auf das Vorruhestandsgeld entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von dem Verpflichteten – der Bundesanstalt für Arbeit oder der jeweiligen nach Tarifvertrag zuständigen Ausgleichskasse – abzuführen sind.
§ 9 Abs. 1 VRG beschränkt die Insolvenzsicherung auf die Person des Arbeitnehmers und stellt mit der Formulierung „wie ein Arbeitgeber” lediglich klar, daß auch die auf das Vorruhestandsgeld entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von dem Verpflichteten – der Bundesanstalt für Arbeit oder der jeweiligen nach Tarifvertrag zuständigen Ausgleichskasse – abzuführen sind.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. Mai 1991 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen beider Instanzen zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte die Sozialversicherungsbeiträge für zehn Vorruhestandsgeldempfänger im Rahmen einer tarifvertraglichen Insolvenzsicherung an die Klägerin zu entrichten hat.
Bei der Klägerin waren zehn ehemalige Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 2), des früheren Bauunternehmens K. H., und Sohn oHG in T., als Vorruhestandsempfänger krankenversichert. Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er zieht als Einzugsstelle die Beiträge zur Finanzierung der Vorruhestandsleistungen von den tarifunterworfenen baugewerblichen Arbeitgebern ein und erstattet den Arbeitgebern auf Antrag die von diesen erbrachten Vorruhestandsleistungen. Die Sozialversicherungsbeiträge werden von dem Beklagten abgeführt, wenn nicht der Arbeitgeber erklärt, er werde die Sozialversicherungsbeiträge für alle ausgeschiedenen Arbeitnehmer selbst abführen.
Hier hat die Beigeladene zu 2) bei dem Beklagten die jeweils erforderlichen Erstattungsanträge gestellt und als Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge für die zehn Vorruhestandsgeldempfänger selbst an die Klägerin abgeführt.
Dieser Verpflichtung zur Beitragsabführung an die Klägerin kam die Beigeladene zu 2) ab Juni 1985 nicht mehr nach. Das Vorruhestandsgeld zahlte sie jedoch bis einschließlich September 1985 an die zehn ehemaligen Arbeitnehmer aus. Der Beklagte übernahm ab 1. Oktober 1985 als Insolvenzsicherung für die in Vermögensverfall geratene Beigeladene zu 2) die Zahlung des Vorruhestandsgeldes für die zehn ehemaligen Arbeitnehmer und führte auch ab Oktober 1985 die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge an die Klägerin ab. Über das Vermögen der Beigeladenen zu 2) wurde am 29. November 1985 das Konkursverfahren eröffnet.
Mit Schreiben vom 17. Januar 1986 und 12. Dezember 1986 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und forderte diesen zur Zahlung der für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 noch ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge für die zehn Vorruhestandsempfänger in Höhe von insgesamt 25.997,08 DM auf. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 16. Oktober 1986 und 3. Februar 1987 die Erfüllung des Anspruchs abgelehnt hatte, ließ sich die Klägerin zwischen dem 7. Mai und 23. Juni 1987 von neun Vorruhestandsgeldempfängern und der Witwe des zehnten inzwischen verstorbenen Vorruhestandsgeldempfängers deren Ansprüche gegen den Beklagten auf Zahlung bzw. Übernahme der Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 abtreten. Die unter Berufung auf diese Abtretungserklärungen erneut mit Schreiben vom 24. Juni 1987 geltend gemachte Forderung wies der Beklagte endgültig am 7. Juli 1987 zurück.
Am 11. Dezember 1987 hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden Klage erhoben unter Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung von 25.997,08 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Juli 1987. Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 15. März 1988 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für eine Klage auf Zahlung oder Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn die Klägerin könne ihr Begehren durch Verwaltungsakt geltend machen. Dieses Urteil hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 4. November 1988 aufgehoben und den Rechtsstreit aufgrund des Hilfsantrags der Klägerin an das Sozialgericht Wiesbaden verwiesen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne gegenüber dem Beklagten keine Beitragsbescheide erlassen. Denn der Beklagte sei nicht als Arbeitgeber anzusehen. Ihrem Klagebegehren sei zu entsprechen, weil der Beklagte nach den maßgeblichen Bestimmungen des Vorruhestandsgesetzes und denen des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe bei Insolvenz des Arbeitgebers die Vorruhestandsleistungen "wie ein Arbeitgeber” zu erbringen habe. Demzufolge habe der Beklagte auch die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 zu zahlen, da insoweit die in Vermögensverfall geratene Arbeitgeberin, die Beigeladene zu 2), ihre Verpflichtung gegenüber den Vorruhestandsgeldempfängern nicht erfüllt habe. Nach den Regeln des Vorruhestandsgesetzes und den diesen Regeln nachgebildeten tarifvertraglichen Bestimmungen seien die Vorruhestandsleistungen, "soweit” sie der Arbeitgeber nicht mehr gezahlt oder entrichtet habe, von dem Beklagten im Rahmen der Insolvenzsicherung zu übernehmen.
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Klage fehle das Rechtsschutzinteresse, da der Klägerin eigene Durchsetzungsmöglichkeiten gegeben seien. Auch sei ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht begründet. Die ehemalige Arbeitgeberin habe bis einschließlich 30. September 1985 Vorruhestandsgeld gezahlt. Er hafte aufgrund der tarifvertraglichen Regelung erst dann, wenn der Insolvenzfall eingetreten sei. Vor dem 1. Oktober 1985 habe ein solcher Insolvenzfall nicht vorgelegen. Im übrigen sei er nach der Insolvenzsicherungsregelung zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nur für die Monate verpflichtet, für die er auch unmittelbar an den Vorruheständler Vorruhestandsgeld ausgezahlt habe. Derjenige Arbeitgeber, der das Vorruhestandsgeld auszahle, sei allein für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge des gleichen Bemessungszeitraumes verantwortlich. Denn nur derjenige könne den Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung einbehalten, der auch das Vorruhestandsgeld auszahle. Der Beklagte werde aufgrund der tarifvertraglichen Insolvenzsicherungsregel nicht zum Rechtsnachfolger des bisherigen Arbeitgebers. Vielmehr bleibe der Anspruch des Vorruheständlers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber bestehen und gehe lediglich auf den Beklagten über, soweit er Vorruhestandsleistungen erbracht habe.
Die von dem Sozialgericht beigeladene Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz hat mitgeteilt, bei den jeweiligen Rentenfeststellungen für die betreffenden Vorruhestandsgeldempfänger sei die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 als Beitragszeit berücksichtigt worden. Denn die ehemalige Arbeitgeberin habe für diese Zeit jeweils die Netto-Vorruhestandsgelder ausbezahlt.
Das Sozialgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 14. Mai 1991 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dem als allgemeine Leistungsklage geltend gemachten Klagebegehren fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Klägerin habe im Verwaltungsrechtsweg als Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge ihre Forderung durchsetzen können. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die im Vorruhestandsgesetz genannten Insolvenzereignisse für den Eintritt der Insolvenzsicherung seien im streitbefangenen Zeitraum nicht eingetreten. Die Voraussetzungen des Insolvenzsicherungsfalles seien eng auszulegen. Deshalb sei nicht schon bei Einstellung von Teilleistungen der Insolvenzsicherungsfall gegeben. Auch spreche das Gesetz von Vorruhestandsgeld und nicht von Vorruhestandsleistungen. Vorruhestandsleistungen beinhalteten das Netto-Vorruhestandsgeld sowie die Sozialversicherungsbeiträge, während das Vorruhestandsgeld nur das Netto-Vorruhestandsgeld umfasse. Letzteres habe die ehemalige Arbeitgeberin jedoch bis einschließlich September 1985 ausgezahlt.
Gegen dieses der Klägerin durch Empfangsbekenntnis am 21. Juni 1991 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 24. Juni 1991 – eingegangen am 28. Juni 1991 – beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie macht geltend, aus der tarifvertraglichen Verpflichtung des Beklagten könne kein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem abgeleitet werden. Auch hafte der Beklagte nicht für die Verbindlichkeiten der ehemaligen Arbeitgeberin als Hauptschuldnerin. Es sei ihr deshalb verwehrt gewesen, gegenüber dem Beklagten einen Verwaltungsakt zu erlassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. Mai 1991 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeiter in Höhe von insgesamt 25.997,08 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Juli 1987 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung hat das Sozialgericht zutreffend entschieden.
Die Beigeladene zu 2) hat erklärt, die Forderung der Klägerin sei auch als Masseschuldforderung im Konkursverfahren geltend gemacht. Auf Masseschuldforderungen dieses Ranges könne jedoch auf keinen Fall eine Leistung erbracht werden.
Die Beigeladene zu 3) hat sich im wesentlichen der Auffassung des Beklagten angeschlossen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben keine eigenen Anträge gestellt.
Nach von dem Beklagten eingereichten Unterlagen hat der Beklagte der Beigeladenen zu 2) die an die zehn Arbeitnehmer ausgezahlten Vorruhestandsleistungen bis einschließlich Januar 1985 erstattet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogenen Unterlagen der Klägerin sowie des Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung auch in Abwesenheit des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) bis 3) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten dem zugestimmt hat und die Beigeladenen zu 1) bis 3) auf diese Möglichkeit in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden sind (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht erhoben sowie an sich statthaft (§§ 143, 141 Sozialgerichtsgesetz). Der Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage steht hier nicht entgegen, daß die Klägerin als Krankenversicherungsträger und Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge ihren Anspruch durch Beitragsbescheid gegenüber dem Beklagten hätte geltend machen können (vgl. BSG SozR 2200 § 381 RVO Nr. 26). Zwar wird in der Regel einer seitens der Verwaltung erhobenen Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn die Verwaltung das Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt regeln und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren durchsetzen kann. Denn dies wird meist der einfachere, schnellere und billigere Weg sein. Jedoch fehlt für eine Leistungsklage dann nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn – wie hier – damit zu rechnen ist, daß der Betroffene den Verwaltungsakt anficht oder über die Zulässigkeit eines Verwaltungsaktes Zweifel bestehen (vgl. BSG SGb 84, 161; BSG SozR 1300 § 50 SGB X Nr. 17; BSGE 66, 176, 181; 66, 188, 190).
Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil die Klägerin gegenüber dem Beklagten weder aus eigenem noch aus abgeleitetem Recht einen Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 hat. Ein solcher Anspruch ist gegenüber dem Beklagten nicht entstanden.
Beitragsschuldner war ursprünglich die Beigeladene zu 2) als Arbeitgeberin. Auch für den hier streitigen Bemessungszeitraum, d.h. bis zum 1. Oktober 1985, ist sie alleinige Beitragsschuldnerin geblieben.
Vertragspartner der Vorruhestandsvereinbarung, deren Voraussetzungen und Inhalt sich nach den tarifvertraglichen Bestimmungen richtet (§ 2 ff. des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe – Vorruhestandstarifvertrag – vom 26. September 1984), sind der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist Leistungsverpflichteter. Er hat das Vorruhestandsgeld an den berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen (§ 5 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag) und ist verpflichtet, die Hälfte des sich auf der Grundlage des Vorruhestandsgeldes zu berechnenden Beitrags zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu tragen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Vorruhestandstarifvertrag). Hinsichtlich der Beitragsabführung gelten für das Vorruhestandsgeld die für das Arbeitsentgelt geltenden Grundsätze (vgl. die hier noch maßgeblichen alten Fassungen von § 180 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz RVO – gültig bis 1. Januar 1989, § 1227 Abs. 2 Satz 3 RVO – gültig bis 1. Januar 1992, § 2 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AVG – gültig bis 1. Januar 1992). Dementsprechend ist in § 7 Abs. 3 des Vorruhestandstarifvertrages geregelt, daß der Arbeitgeber den Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hat. Zwar regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (TV Vorruhestandsverfahren vom 12. Dezember 1984), daß der Beklagte mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge (§ 7 Abs. 1 und 3 Vorruhestandstarifvertrag) abzuführen hat. Jedoch gilt dies nicht, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Beklagten mitgeteilt hat, daß er die Sozialversicherungsbeiträge für alle ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Vorruhestand selbst abführen werde (§ 12 Abs. 3 Satz 1 TV Vorruhestandsverfahren). Hier hat die Beigeladene zu 2) als ehemalige Arbeitgeberin von ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht und die Sozialversicherungsbeiträge selbst an die Klägerin abgeführt. An dieses von ihr gewählte Verfahren war die Arbeitgeberin für die Dauer des laufenden Kalenderjahres gebunden, denn nach § 12 Abs. 3 Satz 3 TV Vorruhestandsverfahren kann dieses Verfahren jeweils nur zum Ablauf eines Kalenderjahres geändert werden. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beitragsabführung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 TV Vorruhestandsverfahren bestand deshalb im vorliegenden Fall nicht.
Eine Verpflichtung des Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, daß dieser als Einzugsstelle die Beiträge zur Finanzierung der Vorruhestandsleistungen von den Arbeitgebern einzuziehen (§ 17 TV Vorruhestandsverfahren i.V.m. § 12 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1984 – Verfahrenstarifvertrag, VTV –) und dem Arbeitgeber auf dessen Antrag (§ 7 TV Vorruhestandsverfahren) und Nachweis monatlich die von ihm erbrachten Vorruhestandsleistungen (§§ 5, 7 Vorruhestandstarifvertrag) zu erstatten hat (§ 10 Vorruhestandstarifvertrag und § 14 TV Vorruhestandsverfahren). Denn Inhaber dieses tarifvertraglichen Erstattungsanspruchs ist der Arbeitgeber. Die Klägerin kann aus diesen Erstattungsregelungen für sich keinen direkten Anspruch ableiten. Ein solcher Anspruch bestünde nur dann, wenn die Beigeladene zu 2) ihren Erstattungsanspruch an die Klägerin abgetreten hätte. Es spielt deshalb keine Rolle, ob oder inwieweit der Beklagte gegenüber der Beigeladenen zu 2) seine Erstattungspflicht erfüllt hat, ob der Erstattungsanspruch fällig geworden (§ 14 Abs. 2 TV Vorruhestandsverfahren) oder bereits gemäß § 18 TV Vorruhestandsverfahren verjährt ist.
Den geltend gemachten Anspruch kann die Klägerin auch nicht auf die Insolvenzsicherungsregelung des § 11 des Vorruhestandstarifvertrages i.V.m. § 9 Abs. 1 Vorruhestandsgesetz (VRG) stützen.
Nach dieser tarifvertraglichen Bestimmung hat der Beklagte Vorruhestandsleistung (§§ 5, 7 Vorruhestandstarifvertrag) unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VRG wie ein Arbeitgeber zu gewähren. Durch § 9 Abs. 1 VRG wird die Bundesanstalt für Arbeit verpflichtet, wie ein Arbeitgeber Vorruhestandsgeld zu zahlen, soweit der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Zahlung von Vorruhestandsgeld nicht erfüllt und der Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung für den Fall der Zahlungseinstellung durch den Arbeitgeber nicht geschützt ist, wenn die unter den Nrn. 1 bis 4 genannten Insolvenztatbestände – die hier offensichtlich nicht vorliegen – eingetreten sind. Des weiteren ist Vorruhestandsgeld nach Satz 2 auch zu gewähren, soweit die Durchsetzung des Anspruchs gegen den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Durchsetzung des Anspruchs ist insbesondere dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber die Zahlung des Vorruhestandsgeldes wegen wirtschaftlicher Notlage eingestellt hat. Zu dem Vorruhestandsgeld i.S.d. § 9 Abs. 1 VRG gehören auch die abzuführenden Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, da nach dem Wortlaut des Gesetzes die Bundesanstalt für Arbeit "Vorruhestandsgeld wie ein Arbeitgeber” zu zahlen hat (vgl. BT Drucks. 10/880, S. 17 f.).
Auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 VRG liegen nicht vor. Denn für die Zeit von Juni bis einschließlich September 1985 haben die zehn Arbeitnehmer Vorruhestandsgeld von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Beigeladenen zu 2), erhalten. Die Frage, ob der jeweilige Arbeitnehmer seinen für diesen Zeitraum bestehenden Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen kann, stellt sich deshalb nicht. Nach Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 2 VRG kann die Regelung dann keine Anwendung finden, wenn der Arbeitnehmer das ihm zustehende Vorruhestandsgeld erhalten hat und der Arbeitgeber lediglich seinen Nebenpflichten, d.h. der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, nicht nachgekommen ist. Denn durch die Insolvenzsicherungsregelung des § 9 Abs. 1 VRG soll in erster Linie der Vorruhestandsgeldempfänger finanziell abgesichert werden, weil das Vorruhestandsgeld ebenso wie das Arbeitsentgelt oder eine Rente der Sicherung des Lebensunterhalts dient. Nur wenn es dem Vorruhestandsgeldberechtigten nicht zumutbar ist, seinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen, soll die Insolvenzsicherung greifen. Der Begriff der Zumutbarkeit ist nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT Drucks. 10/880 S. 18) eng auszulegen. Deshalb wird in der Regel auch eine Unzumutbarkeit zu verneinen sein, wenn der Arbeitgeber an den Vorruhestandsgeldberechtigten lediglich einen Teil des Vorruhestandsgeldes ausgezahlt hat (vgl. Durchführungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit, Runderlaß vom 25. Juli 1984 – 114/84 S. 32). Im übrigen kann im Rahmen der Insolvenzsicherung ein eigenständiger Anspruch auf Abführung der Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung auch deshalb nicht entstehen, weil es sich hierbei nur um die Erfüllung einer Nebenpflicht handelt, die mit Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung von Vorruhestandsgeld entsteht (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5; BSGE 22, 106). Deshalb kann der Beklagte nur insoweit von der Klägerin als Beitragsschuldner in Anspruch genommen werden, als er auch Schuldner der Hauptpflicht, d.h. des an den Vorruhestandsgeldberechtigten auszuzahlenden Vorruhestandsgeldes, ist. Dies folgt auch aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 VRG und des damit korrespondierenden § 11 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag. Denn dieser beschränkt die Insolvenzsicherung auf die Person des Arbeitnehmers und stellt mit der Formulierung "wie ein Arbeitgeber” lediglich klar, daß auch die auf das Vorruhestandsgeld entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von dem Verpflichteten – der Bundesanstalt für Arbeit oder der jeweiligen nach Tarifvertrag zuständigen Ausgleichskasse – abzuführen sind. Die Klägerin als Einzugsstelle erhält mit § 9 Abs. 1 Satz 1 VRG und § 11 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag jedoch keinen eigenen von dem Anspruch des Arbeitnehmers unabhängigen Anspruch auf Zahlung der Beiträge. Eine dem § 141 n Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechende Regelung findet sich im VRG und den damit korrespondierenden Regelungen des Tarifvertrages nicht.
Da die Klägerin demzufolge für die Zeit von Juni bis einschließlich September 1985 gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen beider Instanzen zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte die Sozialversicherungsbeiträge für zehn Vorruhestandsgeldempfänger im Rahmen einer tarifvertraglichen Insolvenzsicherung an die Klägerin zu entrichten hat.
Bei der Klägerin waren zehn ehemalige Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 2), des früheren Bauunternehmens K. H., und Sohn oHG in T., als Vorruhestandsempfänger krankenversichert. Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er zieht als Einzugsstelle die Beiträge zur Finanzierung der Vorruhestandsleistungen von den tarifunterworfenen baugewerblichen Arbeitgebern ein und erstattet den Arbeitgebern auf Antrag die von diesen erbrachten Vorruhestandsleistungen. Die Sozialversicherungsbeiträge werden von dem Beklagten abgeführt, wenn nicht der Arbeitgeber erklärt, er werde die Sozialversicherungsbeiträge für alle ausgeschiedenen Arbeitnehmer selbst abführen.
Hier hat die Beigeladene zu 2) bei dem Beklagten die jeweils erforderlichen Erstattungsanträge gestellt und als Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge für die zehn Vorruhestandsgeldempfänger selbst an die Klägerin abgeführt.
Dieser Verpflichtung zur Beitragsabführung an die Klägerin kam die Beigeladene zu 2) ab Juni 1985 nicht mehr nach. Das Vorruhestandsgeld zahlte sie jedoch bis einschließlich September 1985 an die zehn ehemaligen Arbeitnehmer aus. Der Beklagte übernahm ab 1. Oktober 1985 als Insolvenzsicherung für die in Vermögensverfall geratene Beigeladene zu 2) die Zahlung des Vorruhestandsgeldes für die zehn ehemaligen Arbeitnehmer und führte auch ab Oktober 1985 die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge an die Klägerin ab. Über das Vermögen der Beigeladenen zu 2) wurde am 29. November 1985 das Konkursverfahren eröffnet.
Mit Schreiben vom 17. Januar 1986 und 12. Dezember 1986 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und forderte diesen zur Zahlung der für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 noch ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge für die zehn Vorruhestandsempfänger in Höhe von insgesamt 25.997,08 DM auf. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 16. Oktober 1986 und 3. Februar 1987 die Erfüllung des Anspruchs abgelehnt hatte, ließ sich die Klägerin zwischen dem 7. Mai und 23. Juni 1987 von neun Vorruhestandsgeldempfängern und der Witwe des zehnten inzwischen verstorbenen Vorruhestandsgeldempfängers deren Ansprüche gegen den Beklagten auf Zahlung bzw. Übernahme der Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 abtreten. Die unter Berufung auf diese Abtretungserklärungen erneut mit Schreiben vom 24. Juni 1987 geltend gemachte Forderung wies der Beklagte endgültig am 7. Juli 1987 zurück.
Am 11. Dezember 1987 hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden Klage erhoben unter Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung von 25.997,08 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Juli 1987. Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 15. März 1988 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für eine Klage auf Zahlung oder Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn die Klägerin könne ihr Begehren durch Verwaltungsakt geltend machen. Dieses Urteil hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 4. November 1988 aufgehoben und den Rechtsstreit aufgrund des Hilfsantrags der Klägerin an das Sozialgericht Wiesbaden verwiesen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne gegenüber dem Beklagten keine Beitragsbescheide erlassen. Denn der Beklagte sei nicht als Arbeitgeber anzusehen. Ihrem Klagebegehren sei zu entsprechen, weil der Beklagte nach den maßgeblichen Bestimmungen des Vorruhestandsgesetzes und denen des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe bei Insolvenz des Arbeitgebers die Vorruhestandsleistungen "wie ein Arbeitgeber” zu erbringen habe. Demzufolge habe der Beklagte auch die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 zu zahlen, da insoweit die in Vermögensverfall geratene Arbeitgeberin, die Beigeladene zu 2), ihre Verpflichtung gegenüber den Vorruhestandsgeldempfängern nicht erfüllt habe. Nach den Regeln des Vorruhestandsgesetzes und den diesen Regeln nachgebildeten tarifvertraglichen Bestimmungen seien die Vorruhestandsleistungen, "soweit” sie der Arbeitgeber nicht mehr gezahlt oder entrichtet habe, von dem Beklagten im Rahmen der Insolvenzsicherung zu übernehmen.
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Klage fehle das Rechtsschutzinteresse, da der Klägerin eigene Durchsetzungsmöglichkeiten gegeben seien. Auch sei ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht begründet. Die ehemalige Arbeitgeberin habe bis einschließlich 30. September 1985 Vorruhestandsgeld gezahlt. Er hafte aufgrund der tarifvertraglichen Regelung erst dann, wenn der Insolvenzfall eingetreten sei. Vor dem 1. Oktober 1985 habe ein solcher Insolvenzfall nicht vorgelegen. Im übrigen sei er nach der Insolvenzsicherungsregelung zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nur für die Monate verpflichtet, für die er auch unmittelbar an den Vorruheständler Vorruhestandsgeld ausgezahlt habe. Derjenige Arbeitgeber, der das Vorruhestandsgeld auszahle, sei allein für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge des gleichen Bemessungszeitraumes verantwortlich. Denn nur derjenige könne den Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung einbehalten, der auch das Vorruhestandsgeld auszahle. Der Beklagte werde aufgrund der tarifvertraglichen Insolvenzsicherungsregel nicht zum Rechtsnachfolger des bisherigen Arbeitgebers. Vielmehr bleibe der Anspruch des Vorruheständlers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber bestehen und gehe lediglich auf den Beklagten über, soweit er Vorruhestandsleistungen erbracht habe.
Die von dem Sozialgericht beigeladene Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz hat mitgeteilt, bei den jeweiligen Rentenfeststellungen für die betreffenden Vorruhestandsgeldempfänger sei die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 als Beitragszeit berücksichtigt worden. Denn die ehemalige Arbeitgeberin habe für diese Zeit jeweils die Netto-Vorruhestandsgelder ausbezahlt.
Das Sozialgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 14. Mai 1991 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dem als allgemeine Leistungsklage geltend gemachten Klagebegehren fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Klägerin habe im Verwaltungsrechtsweg als Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge ihre Forderung durchsetzen können. Die Klage sei aber auch unbegründet. Die im Vorruhestandsgesetz genannten Insolvenzereignisse für den Eintritt der Insolvenzsicherung seien im streitbefangenen Zeitraum nicht eingetreten. Die Voraussetzungen des Insolvenzsicherungsfalles seien eng auszulegen. Deshalb sei nicht schon bei Einstellung von Teilleistungen der Insolvenzsicherungsfall gegeben. Auch spreche das Gesetz von Vorruhestandsgeld und nicht von Vorruhestandsleistungen. Vorruhestandsleistungen beinhalteten das Netto-Vorruhestandsgeld sowie die Sozialversicherungsbeiträge, während das Vorruhestandsgeld nur das Netto-Vorruhestandsgeld umfasse. Letzteres habe die ehemalige Arbeitgeberin jedoch bis einschließlich September 1985 ausgezahlt.
Gegen dieses der Klägerin durch Empfangsbekenntnis am 21. Juni 1991 zugestellte Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 24. Juni 1991 – eingegangen am 28. Juni 1991 – beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie macht geltend, aus der tarifvertraglichen Verpflichtung des Beklagten könne kein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem abgeleitet werden. Auch hafte der Beklagte nicht für die Verbindlichkeiten der ehemaligen Arbeitgeberin als Hauptschuldnerin. Es sei ihr deshalb verwehrt gewesen, gegenüber dem Beklagten einen Verwaltungsakt zu erlassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 14. Mai 1991 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit vom 1. Juni 1985 bis 30. September 1985 Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeiter in Höhe von insgesamt 25.997,08 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Juli 1987 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung hat das Sozialgericht zutreffend entschieden.
Die Beigeladene zu 2) hat erklärt, die Forderung der Klägerin sei auch als Masseschuldforderung im Konkursverfahren geltend gemacht. Auf Masseschuldforderungen dieses Ranges könne jedoch auf keinen Fall eine Leistung erbracht werden.
Die Beigeladene zu 3) hat sich im wesentlichen der Auffassung des Beklagten angeschlossen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben keine eigenen Anträge gestellt.
Nach von dem Beklagten eingereichten Unterlagen hat der Beklagte der Beigeladenen zu 2) die an die zehn Arbeitnehmer ausgezahlten Vorruhestandsleistungen bis einschließlich Januar 1985 erstattet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogenen Unterlagen der Klägerin sowie des Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung auch in Abwesenheit des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) bis 3) aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten dem zugestimmt hat und die Beigeladenen zu 1) bis 3) auf diese Möglichkeit in der schriftlichen Terminsladung hingewiesen worden sind (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 124 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht erhoben sowie an sich statthaft (§§ 143, 141 Sozialgerichtsgesetz). Der Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage steht hier nicht entgegen, daß die Klägerin als Krankenversicherungsträger und Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge ihren Anspruch durch Beitragsbescheid gegenüber dem Beklagten hätte geltend machen können (vgl. BSG SozR 2200 § 381 RVO Nr. 26). Zwar wird in der Regel einer seitens der Verwaltung erhobenen Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn die Verwaltung das Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt regeln und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren durchsetzen kann. Denn dies wird meist der einfachere, schnellere und billigere Weg sein. Jedoch fehlt für eine Leistungsklage dann nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn – wie hier – damit zu rechnen ist, daß der Betroffene den Verwaltungsakt anficht oder über die Zulässigkeit eines Verwaltungsaktes Zweifel bestehen (vgl. BSG SGb 84, 161; BSG SozR 1300 § 50 SGB X Nr. 17; BSGE 66, 176, 181; 66, 188, 190).
Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil die Klägerin gegenüber dem Beklagten weder aus eigenem noch aus abgeleitetem Recht einen Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis einschließlich September 1985 hat. Ein solcher Anspruch ist gegenüber dem Beklagten nicht entstanden.
Beitragsschuldner war ursprünglich die Beigeladene zu 2) als Arbeitgeberin. Auch für den hier streitigen Bemessungszeitraum, d.h. bis zum 1. Oktober 1985, ist sie alleinige Beitragsschuldnerin geblieben.
Vertragspartner der Vorruhestandsvereinbarung, deren Voraussetzungen und Inhalt sich nach den tarifvertraglichen Bestimmungen richtet (§ 2 ff. des Tarifvertrages über den Vorruhestand im Baugewerbe – Vorruhestandstarifvertrag – vom 26. September 1984), sind der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist Leistungsverpflichteter. Er hat das Vorruhestandsgeld an den berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen (§ 5 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag) und ist verpflichtet, die Hälfte des sich auf der Grundlage des Vorruhestandsgeldes zu berechnenden Beitrags zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu tragen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Vorruhestandstarifvertrag). Hinsichtlich der Beitragsabführung gelten für das Vorruhestandsgeld die für das Arbeitsentgelt geltenden Grundsätze (vgl. die hier noch maßgeblichen alten Fassungen von § 180 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz RVO – gültig bis 1. Januar 1989, § 1227 Abs. 2 Satz 3 RVO – gültig bis 1. Januar 1992, § 2 Abs. 3 Satz 3 2. Halbsatz AVG – gültig bis 1. Januar 1992). Dementsprechend ist in § 7 Abs. 3 des Vorruhestandstarifvertrages geregelt, daß der Arbeitgeber den Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen hat. Zwar regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (TV Vorruhestandsverfahren vom 12. Dezember 1984), daß der Beklagte mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge (§ 7 Abs. 1 und 3 Vorruhestandstarifvertrag) abzuführen hat. Jedoch gilt dies nicht, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Beklagten mitgeteilt hat, daß er die Sozialversicherungsbeiträge für alle ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Vorruhestand selbst abführen werde (§ 12 Abs. 3 Satz 1 TV Vorruhestandsverfahren). Hier hat die Beigeladene zu 2) als ehemalige Arbeitgeberin von ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht und die Sozialversicherungsbeiträge selbst an die Klägerin abgeführt. An dieses von ihr gewählte Verfahren war die Arbeitgeberin für die Dauer des laufenden Kalenderjahres gebunden, denn nach § 12 Abs. 3 Satz 3 TV Vorruhestandsverfahren kann dieses Verfahren jeweils nur zum Ablauf eines Kalenderjahres geändert werden. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beitragsabführung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 TV Vorruhestandsverfahren bestand deshalb im vorliegenden Fall nicht.
Eine Verpflichtung des Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, daß dieser als Einzugsstelle die Beiträge zur Finanzierung der Vorruhestandsleistungen von den Arbeitgebern einzuziehen (§ 17 TV Vorruhestandsverfahren i.V.m. § 12 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1984 – Verfahrenstarifvertrag, VTV –) und dem Arbeitgeber auf dessen Antrag (§ 7 TV Vorruhestandsverfahren) und Nachweis monatlich die von ihm erbrachten Vorruhestandsleistungen (§§ 5, 7 Vorruhestandstarifvertrag) zu erstatten hat (§ 10 Vorruhestandstarifvertrag und § 14 TV Vorruhestandsverfahren). Denn Inhaber dieses tarifvertraglichen Erstattungsanspruchs ist der Arbeitgeber. Die Klägerin kann aus diesen Erstattungsregelungen für sich keinen direkten Anspruch ableiten. Ein solcher Anspruch bestünde nur dann, wenn die Beigeladene zu 2) ihren Erstattungsanspruch an die Klägerin abgetreten hätte. Es spielt deshalb keine Rolle, ob oder inwieweit der Beklagte gegenüber der Beigeladenen zu 2) seine Erstattungspflicht erfüllt hat, ob der Erstattungsanspruch fällig geworden (§ 14 Abs. 2 TV Vorruhestandsverfahren) oder bereits gemäß § 18 TV Vorruhestandsverfahren verjährt ist.
Den geltend gemachten Anspruch kann die Klägerin auch nicht auf die Insolvenzsicherungsregelung des § 11 des Vorruhestandstarifvertrages i.V.m. § 9 Abs. 1 Vorruhestandsgesetz (VRG) stützen.
Nach dieser tarifvertraglichen Bestimmung hat der Beklagte Vorruhestandsleistung (§§ 5, 7 Vorruhestandstarifvertrag) unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VRG wie ein Arbeitgeber zu gewähren. Durch § 9 Abs. 1 VRG wird die Bundesanstalt für Arbeit verpflichtet, wie ein Arbeitgeber Vorruhestandsgeld zu zahlen, soweit der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Zahlung von Vorruhestandsgeld nicht erfüllt und der Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung für den Fall der Zahlungseinstellung durch den Arbeitgeber nicht geschützt ist, wenn die unter den Nrn. 1 bis 4 genannten Insolvenztatbestände – die hier offensichtlich nicht vorliegen – eingetreten sind. Des weiteren ist Vorruhestandsgeld nach Satz 2 auch zu gewähren, soweit die Durchsetzung des Anspruchs gegen den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Durchsetzung des Anspruchs ist insbesondere dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber die Zahlung des Vorruhestandsgeldes wegen wirtschaftlicher Notlage eingestellt hat. Zu dem Vorruhestandsgeld i.S.d. § 9 Abs. 1 VRG gehören auch die abzuführenden Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung, da nach dem Wortlaut des Gesetzes die Bundesanstalt für Arbeit "Vorruhestandsgeld wie ein Arbeitgeber” zu zahlen hat (vgl. BT Drucks. 10/880, S. 17 f.).
Auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 VRG liegen nicht vor. Denn für die Zeit von Juni bis einschließlich September 1985 haben die zehn Arbeitnehmer Vorruhestandsgeld von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Beigeladenen zu 2), erhalten. Die Frage, ob der jeweilige Arbeitnehmer seinen für diesen Zeitraum bestehenden Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen kann, stellt sich deshalb nicht. Nach Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 2 VRG kann die Regelung dann keine Anwendung finden, wenn der Arbeitnehmer das ihm zustehende Vorruhestandsgeld erhalten hat und der Arbeitgeber lediglich seinen Nebenpflichten, d.h. der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, nicht nachgekommen ist. Denn durch die Insolvenzsicherungsregelung des § 9 Abs. 1 VRG soll in erster Linie der Vorruhestandsgeldempfänger finanziell abgesichert werden, weil das Vorruhestandsgeld ebenso wie das Arbeitsentgelt oder eine Rente der Sicherung des Lebensunterhalts dient. Nur wenn es dem Vorruhestandsgeldberechtigten nicht zumutbar ist, seinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen, soll die Insolvenzsicherung greifen. Der Begriff der Zumutbarkeit ist nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT Drucks. 10/880 S. 18) eng auszulegen. Deshalb wird in der Regel auch eine Unzumutbarkeit zu verneinen sein, wenn der Arbeitgeber an den Vorruhestandsgeldberechtigten lediglich einen Teil des Vorruhestandsgeldes ausgezahlt hat (vgl. Durchführungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit, Runderlaß vom 25. Juli 1984 – 114/84 S. 32). Im übrigen kann im Rahmen der Insolvenzsicherung ein eigenständiger Anspruch auf Abführung der Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung auch deshalb nicht entstehen, weil es sich hierbei nur um die Erfüllung einer Nebenpflicht handelt, die mit Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung von Vorruhestandsgeld entsteht (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 160 Nr. 5; BSGE 22, 106). Deshalb kann der Beklagte nur insoweit von der Klägerin als Beitragsschuldner in Anspruch genommen werden, als er auch Schuldner der Hauptpflicht, d.h. des an den Vorruhestandsgeldberechtigten auszuzahlenden Vorruhestandsgeldes, ist. Dies folgt auch aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 VRG und des damit korrespondierenden § 11 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag. Denn dieser beschränkt die Insolvenzsicherung auf die Person des Arbeitnehmers und stellt mit der Formulierung "wie ein Arbeitgeber” lediglich klar, daß auch die auf das Vorruhestandsgeld entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von dem Verpflichteten – der Bundesanstalt für Arbeit oder der jeweiligen nach Tarifvertrag zuständigen Ausgleichskasse – abzuführen sind. Die Klägerin als Einzugsstelle erhält mit § 9 Abs. 1 Satz 1 VRG und § 11 Abs. 1 Vorruhestandstarifvertrag jedoch keinen eigenen von dem Anspruch des Arbeitnehmers unabhängigen Anspruch auf Zahlung der Beiträge. Eine dem § 141 n Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechende Regelung findet sich im VRG und den damit korrespondierenden Regelungen des Tarifvertrages nicht.
Da die Klägerin demzufolge für die Zeit von Juni bis einschließlich September 1985 gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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