Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 139/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 8/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller, der auf Grundlage des § 63 Strafgesetzbuch in dem A Fachklinikum B, Fachklinikum für N, P und P, untergebracht ist, erhob am 07. November 2006 eine Klage ge-gen den "Antragsgegner als überörtlichen Träger der Sozialhilfe" vor dem Sozialgericht Pots-dam (Aktenzeichen S 20 SO 131/06) mit der er die Verurteilung des Antragsgegners begehrt, die Kosten für eine Grippeschutzimpfung zu übernehmen. In der Klageschrift hat der An-tragsteller ausgeführt, es werde wie jedes Jahr eine Kostenübernahme gefordert. Weil er sozi-alhilfebedürftig sei, sei der Beklagte nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen so-wie über den Vollzug gerichtlich angeordneter Unterbringung für psychisch Kranke (Branden-burgisches Psychisch-Kranken-Gesetz - BbgPsychKG -) zu verpflichten.
Mit seinem am 20. November 2006 beim Sozialgericht Potsdam eingegangenen Antrag hat der Antragsteller um Durchführung des Verfahrens im Eilverfahren gebeten. Er macht geltend, er benötige eine Grippeschutzimpfung, weil er 59 Jahre alt sei und an einer unheilbaren Hauter-krankung leide. Er sei auch in den letzten Jahren durch "diese Einrichtung" kostenlos geimpft worden. Er erhalte Sozialhilfe, die eine Kostenbeteilung an einer Impfung ausschließe.
Der Antragsgegner hat geltend gemacht, der Sozialrechtsweg sei nicht eröffnet, da nach § 43 BbgPsychKG in Verbindung mit §§ 109 - 121 Strafvollzugsgesetz - StVollzG - die Strafvoll-zugskammer zuständig sei. Zudem fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 13. Dezember 2006 entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zulässig sei und den Antrag auf Erlass einer einst-weiligen Anordnung abgelehnt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Rechtsstreit eine Angelegenheit der Sozialhilfe betreffe, für die nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a Sozialgerichtsgesetz - SGG - der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben sei. Für die Klärung des Rechtswegs sei es ent-scheidend, ob im Vordergrund für die Beurteilung der Rechtsbeziehung die Anwendung öffent-lich-rechtlicher Rechtsvorschriften des Sozialrechts stehe. Der geltend gemachte Anspruch könne sich nur aus § 48 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - ergeben. Anderweitige Rechtsgrundlagen seien nicht ersichtlich. Eine Vorab- Entscheidung über den Rechtsweg ver-biete sich im Hinblick auf die geltend gemachte Eilbedürftigkeit. In der Sache habe der Antrag keine Aussicht auf Erfolg, weil es der Antragsteller in der Hand habe, durch den Einsatz ver-gleichsweise geringfügiger finanzieller Mittel (5,50 Euro) die geltend gemachte Beeinträchti-gung abzuwenden.
Gegen den ihm am 18. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und die es dem Landessozialgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt hat (Entscheidung vom 27. Dezember 2006). Er macht geltend, die Verpflichtung des Antragsgegners ergebe sich aus § 46 Abs. 1 BbgPsychKG, nach dem das Land die Kosten des Maßregelvollzuges trage. Er sei nicht verpflichtet, die Kosten der Impfung, die entgegen der Annahme des Sozialgerichts in Höhe von 7,00 Euro anfielen, von seinem Taschengeld in Höhe von 86 Euro monatlich zu tra-gen. Dieses sei bisher so geregelt gewesen.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen den Antrag,
den Beschluss vom 13. Dezember 2006 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Kosten einer Grippeschutzimpfung zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 15. Dezember 2006 zugestellten Beschluss am 12. Januar 2007 Beschwerde eingelegt, mit der die Verweisung an die Strafvollstreckungs-kammer begehrt wird.
Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss vom 13. Dezember 2006 aufzuheben und den Rechtsstreit an das zustän-dige Landgericht Potsdam zu verweisen, hilfsweise die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist die Be-schwerde noch gegeben (§ 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Die Be-schwerdemöglichkeit besteht auch, wenn entgegen § 17 a Abs. 3 GVG der Rechtsweg nicht vorab durch Beschluss, sondern in den Entscheidungsgründen bejaht worden ist. Da das Sozi-algericht nicht, wie nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG bei hier vorliegender Rüge des Rechtswe-ges vorgesehen, im Rahmen einer Vorab-Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges entschieden hat, greift auch die Bindungswirkung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht, wonach das Gericht, dass über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, (BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 7/03, SozR 4-1720 § 17a Nr 1; Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilpro-zessordnung , 59. Auflage, § 17 a GVG Anm. 16 m. w. N.). Die Beschwerde des Antragsgeg-ners ist auch innerhalb der Frist des § 173 SGG eingegangen.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Rechts-weg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für diesen Rechtsstreit zu Recht für zulässig erachtet.
Nach § 51 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich rechtliche Streitigkeiten in den in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 SGG genannten Angelegenheiten. Auszuge-hen ist dabei von dem Begehren des Antragstellers. Begehrt der Antragsteller - wie hier - eine Leistung, so bestimmt sich die Zulässigkeit des Rechtsweges nach seinem - unter Umständen auszulegenden - Antrag (Zeihe, Sozialgerichtsgesetz, 36. Lfg. Std. 10/02, § 51 Anm. 3 f). Ob der Antragsteller zu Recht sein Begehren auf eine bestimmte Norm gegen einen Antragsgegner richtet, ist hingegen keine Frage der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, sondern eine Frage der Begründetheit des Antrages (Zeihe, a. a. O., Anm. 2 f). Danach ist hier für das gel-tend gemachte Begehren der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Im vorliegenden Streitverfahren macht der Antragsteller im einstweiligen Verfahren Ansprü-che gegen den Antragsgegner als dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe geltend. Dies geht aus seiner Klageschrift vom 06. November 2006 hervor. Mit seiner Antragsschrift im einstwei-ligen Rechtsschutzverfahren vom 17. November 2006 benennt er keinen anderen Antragsgeg-ner; er begehrt im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens einstweiligen Rechtsschutz. Nach der insoweit eindeutigen Bezeichnung des Antragsgegners in seiner Funktion als dem überört-lichen Sozialhilfeträger, begehrt der Antragsteller (zumindest auch) Leistungen der Sozialhilfe. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angele-genheiten der Sozialhilfe. Dass der Kläger sein Begehren auch auf die Vorschriften des BbgPsychKG stützt, ändert an der damit gegebenen Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozi-algerichten nichts. Leistungen nach dem BbgPsychKG sind zwar keine Leistungen der Sozial-hilfe, dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger Leistungen der Sozialhilfe begehrt und solche daher Streitgegenstand sind. Soweit der Antragsteller die Übernahme der Kosten der Impfung von dem Antragsgegner als Kostenträger der Unterbringung im Maßregelvollzug (§ 46 BbgPsychKG) begehrt, worauf die Ausführungen des Antragstellers mit der Beschwerde-schrift hinweisen, bestimmt § 17 Abs. 2 GVG, dass das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entschei-den hat. Allein die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem PsychKG führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, zumal der Antragsteller hier diese Leistun-gen als Sozialhilfeleistungen begehrt.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Rege-lung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessord-nung ZPO ). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat weder einen An-ordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Bei der begehrten Leistung, Kostenübernahme für eine Grippeschutzimpfung, handelt es sich um eine Leistung der vorbeugenden Gesundheitshilfe nach § 47 SGB XII. Nach § 52 Abs. 1 SGB XII entsprechen die Leistungen der Krankenhilfe nach den §§ 47 bis 51 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -. Nach dem SGB V gehören Schutzimpfungen nicht (mehr) zu den Regelleistungen der ge-setzlichen Krankenversicherung; nach § 20 Abs. 2 SGB V können die Krankenkassen in ihren Satzungen Schutzimpfungen als Leistungen vorsehen. In diesem Fall entscheidet auch der An-tragsgegner nach dem SGB XII über Umfang und Inhalt der vorbeugenden Gesundheitshilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei scheitert der geltend gemachte Kostenübernahmean-spruch für eine Grippeschutzimpfung hier bereits daran, dass der Antragsteller keine ärztliche Verordnung, Anordnung oder Empfehlung für die begehrte Impfung vorgelegt hat. Nach der von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg mit gesetzlichen Krankenkassen geschlos-senen Vereinbarung über die Durchführung von Schutzimpfungen gegen übertragbare Krank-heiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vom 27. August 2003 - Impfvereinbarung - können Schutzimpfungen von niedergelassenen Ärzten und Ärzten in Einrichtungen durchge-führt werden (§ 2 Impfvereinbarung). Für die Durchführung bzw. Empfehlung von Schutzimp-fungen sind die Empfehlungen der "Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO)" maßgeblich (§ 1 Abs. 3 Impfvereinbarung). Dabei umfassen die Leistungen für die Impfung neben der Verabreichung bzw. Verordnung des Impfstoffes je nach Erfordernis auch u. a. die Erhebung der Anamnese, einschließlich der Befragung über das Vorliegen möglicher Kontraindikationen. Durch die Verknüpfung des Leistungsanspruchs im Rahmen der Kranken-hilfe nach dem SGB XII an die Vorschriften des SGB V wird der Inhalt der Krankenhilfe durch den Arzt konkretisiert (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 52 SGB XII, Anm. 19). Im Rahmen des SGB V obliegt es dem zugelassenen Vertragsarzt, den konkreten Inhalt der ärztlichen Leistung und damit auch der erforderlichen Versorgung mit Heilmitteln zu bestim-men (BSG, Urt. v. 18. 05 1989, 6 RKa 10/88, BSGE 65, 94 - 100; Urt. v. 16.12.1993, 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 280; Urt. v. 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54, 61; BSG, Urteil vom 09.06.1998, B 1 KR 18/96 R, BSGE 82, 158, 161). Grundsätzlich hat das Gesetz die Konkreti-sierung und Erfüllung des subjektiven öffentlichen Rechts auf Gewährung einer Leistung der kassenärztlichen Versorgung übertragen, der Arzt ist damit die "Schlüsselfigur" im Leistungs-recht nach dem SGB V (BSG, Urt. v. 16. 12.1993, 4 RK 5/92, a. a. O.). Der Vertragsarzt ist bei der Verordnung von Krankenbehandlung und Heil- und Hilfsmitteln an die Rahmenbedingun-gen der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Vorschriften, die Richtlinien der Bun-desausschüsse gebunden und hat damit zu gewährleisten, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemeinen an-erkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse auch über seine Verordnung gewährleistet ist. Die näheren Bedingungen für die vertragsärztliche Versorgung und damit für die Versor-gung und Erbringung von Heilmitteln wird in Verträgen zur Sicherstellung der vertragsärztli-chen Versorgung geregelt. Dies gilt auch im Rahmen der Hilfen zur Gesundheit nach dem SGB XII, die ein ausfüllungsbedürftiges Rahmenrecht darstellen (Wahrendorf, a. a. O.)
An einer solchen Konkretisierung eines Anspruchs durch Verordnung eines Arztes unter Be-achtung der Empfehlungen der STIKO fehlt es hier. Der Antragsteller trägt selbst mit der Be-schwerde vor, dass er an einem Termin zur Grippeschutzimpfung teilgenommen habe, nur nicht geimpft worden sei. Da der Antragsteller keine ärztliche Empfehlung für eine Grippe-schutzimpfung für seine Person vorgelegt hat, muss davon ausgegangen werden, dass die Vor-aussetzungen für eine Impfung von Ärzten unter Beachtung der Empfehlungen der STIKO nicht vorliegen. Ohne ärztliche Verordnung oder Empfehlung der begehrten Impfung scheidet daher eine Pflicht zur Kostenübernahme aus. Ein Anspruch auf Kostenübernahme nach dem BbgPsychKG ist ebenfalls nicht gegeben, auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung hierzu wird verwiesen.
Mangels Anordnungsanspruch kommt es letztlich auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht an.
Sollte der Antragsteller geltend machen, beim Termin zur Grippeschutzimpfung sei er deshalb nicht geimpft worden, weil die Kostenerstattung nicht sichergestellt gewesen sei, was nach der Impfverordnung fernliegend ist, weil über diese die ärztliche Vergütung sichergestellt ist, wäre ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Antragstel-ler nicht zuzumuten ist, die von ihm nunmehr angegebenen Kosten von 7,00 Euro aufzuwen-den und den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Der Antragsteller ist vollstationär untergebracht, seine Verpflegung und Unterkunft sind sichergestellt. Sein Taschengeld von monatlich 86 Euro reicht aus, um den Betrag von 7,00 Euro einmalig aufzubringen. Dagegen- stehende Gründe hat der Antragsteller nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG). Die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Rechtsweg war nicht zuzulassen, da keine Gründe nach § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG vorliegen. Aus diesem Grunde bedurfte es auch keiner Vorab-Entscheidung über den Rechtsweg im Beschwerdeverfahren durch den Senat (BGH, Urteil vom 18.11.1998, VIII ZR 269/97, NJW 1999, S. 651f.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 51 Anm. 62). Eine weitere Beschwerde ist damit nicht zulässig (BSG, Urteil vom 09.02.1993, 12 RK 75/92, BSGE 72, 90 [92]).
Gründe:
I.
Der Antragsteller, der auf Grundlage des § 63 Strafgesetzbuch in dem A Fachklinikum B, Fachklinikum für N, P und P, untergebracht ist, erhob am 07. November 2006 eine Klage ge-gen den "Antragsgegner als überörtlichen Träger der Sozialhilfe" vor dem Sozialgericht Pots-dam (Aktenzeichen S 20 SO 131/06) mit der er die Verurteilung des Antragsgegners begehrt, die Kosten für eine Grippeschutzimpfung zu übernehmen. In der Klageschrift hat der An-tragsteller ausgeführt, es werde wie jedes Jahr eine Kostenübernahme gefordert. Weil er sozi-alhilfebedürftig sei, sei der Beklagte nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen so-wie über den Vollzug gerichtlich angeordneter Unterbringung für psychisch Kranke (Branden-burgisches Psychisch-Kranken-Gesetz - BbgPsychKG -) zu verpflichten.
Mit seinem am 20. November 2006 beim Sozialgericht Potsdam eingegangenen Antrag hat der Antragsteller um Durchführung des Verfahrens im Eilverfahren gebeten. Er macht geltend, er benötige eine Grippeschutzimpfung, weil er 59 Jahre alt sei und an einer unheilbaren Hauter-krankung leide. Er sei auch in den letzten Jahren durch "diese Einrichtung" kostenlos geimpft worden. Er erhalte Sozialhilfe, die eine Kostenbeteilung an einer Impfung ausschließe.
Der Antragsgegner hat geltend gemacht, der Sozialrechtsweg sei nicht eröffnet, da nach § 43 BbgPsychKG in Verbindung mit §§ 109 - 121 Strafvollzugsgesetz - StVollzG - die Strafvoll-zugskammer zuständig sei. Zudem fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 13. Dezember 2006 entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zulässig sei und den Antrag auf Erlass einer einst-weiligen Anordnung abgelehnt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Rechtsstreit eine Angelegenheit der Sozialhilfe betreffe, für die nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a Sozialgerichtsgesetz - SGG - der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben sei. Für die Klärung des Rechtswegs sei es ent-scheidend, ob im Vordergrund für die Beurteilung der Rechtsbeziehung die Anwendung öffent-lich-rechtlicher Rechtsvorschriften des Sozialrechts stehe. Der geltend gemachte Anspruch könne sich nur aus § 48 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - ergeben. Anderweitige Rechtsgrundlagen seien nicht ersichtlich. Eine Vorab- Entscheidung über den Rechtsweg ver-biete sich im Hinblick auf die geltend gemachte Eilbedürftigkeit. In der Sache habe der Antrag keine Aussicht auf Erfolg, weil es der Antragsteller in der Hand habe, durch den Einsatz ver-gleichsweise geringfügiger finanzieller Mittel (5,50 Euro) die geltend gemachte Beeinträchti-gung abzuwenden.
Gegen den ihm am 18. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und die es dem Landessozialgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt hat (Entscheidung vom 27. Dezember 2006). Er macht geltend, die Verpflichtung des Antragsgegners ergebe sich aus § 46 Abs. 1 BbgPsychKG, nach dem das Land die Kosten des Maßregelvollzuges trage. Er sei nicht verpflichtet, die Kosten der Impfung, die entgegen der Annahme des Sozialgerichts in Höhe von 7,00 Euro anfielen, von seinem Taschengeld in Höhe von 86 Euro monatlich zu tra-gen. Dieses sei bisher so geregelt gewesen.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen den Antrag,
den Beschluss vom 13. Dezember 2006 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Kosten einer Grippeschutzimpfung zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat gegen den ihm am 15. Dezember 2006 zugestellten Beschluss am 12. Januar 2007 Beschwerde eingelegt, mit der die Verweisung an die Strafvollstreckungs-kammer begehrt wird.
Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss vom 13. Dezember 2006 aufzuheben und den Rechtsstreit an das zustän-dige Landgericht Potsdam zu verweisen, hilfsweise die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist die Be-schwerde noch gegeben (§ 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Die Be-schwerdemöglichkeit besteht auch, wenn entgegen § 17 a Abs. 3 GVG der Rechtsweg nicht vorab durch Beschluss, sondern in den Entscheidungsgründen bejaht worden ist. Da das Sozi-algericht nicht, wie nach § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG bei hier vorliegender Rüge des Rechtswe-ges vorgesehen, im Rahmen einer Vorab-Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges entschieden hat, greift auch die Bindungswirkung des § 17 a Abs. 5 GVG nicht, wonach das Gericht, dass über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, (BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 7/03, SozR 4-1720 § 17a Nr 1; Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilpro-zessordnung , 59. Auflage, § 17 a GVG Anm. 16 m. w. N.). Die Beschwerde des Antragsgeg-ners ist auch innerhalb der Frist des § 173 SGG eingegangen.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Rechts-weg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für diesen Rechtsstreit zu Recht für zulässig erachtet.
Nach § 51 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich rechtliche Streitigkeiten in den in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 SGG genannten Angelegenheiten. Auszuge-hen ist dabei von dem Begehren des Antragstellers. Begehrt der Antragsteller - wie hier - eine Leistung, so bestimmt sich die Zulässigkeit des Rechtsweges nach seinem - unter Umständen auszulegenden - Antrag (Zeihe, Sozialgerichtsgesetz, 36. Lfg. Std. 10/02, § 51 Anm. 3 f). Ob der Antragsteller zu Recht sein Begehren auf eine bestimmte Norm gegen einen Antragsgegner richtet, ist hingegen keine Frage der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, sondern eine Frage der Begründetheit des Antrages (Zeihe, a. a. O., Anm. 2 f). Danach ist hier für das gel-tend gemachte Begehren der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
Im vorliegenden Streitverfahren macht der Antragsteller im einstweiligen Verfahren Ansprü-che gegen den Antragsgegner als dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe geltend. Dies geht aus seiner Klageschrift vom 06. November 2006 hervor. Mit seiner Antragsschrift im einstwei-ligen Rechtsschutzverfahren vom 17. November 2006 benennt er keinen anderen Antragsgeg-ner; er begehrt im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens einstweiligen Rechtsschutz. Nach der insoweit eindeutigen Bezeichnung des Antragsgegners in seiner Funktion als dem überört-lichen Sozialhilfeträger, begehrt der Antragsteller (zumindest auch) Leistungen der Sozialhilfe. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angele-genheiten der Sozialhilfe. Dass der Kläger sein Begehren auch auf die Vorschriften des BbgPsychKG stützt, ändert an der damit gegebenen Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozi-algerichten nichts. Leistungen nach dem BbgPsychKG sind zwar keine Leistungen der Sozial-hilfe, dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger Leistungen der Sozialhilfe begehrt und solche daher Streitgegenstand sind. Soweit der Antragsteller die Übernahme der Kosten der Impfung von dem Antragsgegner als Kostenträger der Unterbringung im Maßregelvollzug (§ 46 BbgPsychKG) begehrt, worauf die Ausführungen des Antragstellers mit der Beschwerde-schrift hinweisen, bestimmt § 17 Abs. 2 GVG, dass das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entschei-den hat. Allein die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem PsychKG führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, zumal der Antragsteller hier diese Leistun-gen als Sozialhilfeleistungen begehrt.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Rege-lung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessord-nung ZPO ). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Antragsteller hat weder einen An-ordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Bei der begehrten Leistung, Kostenübernahme für eine Grippeschutzimpfung, handelt es sich um eine Leistung der vorbeugenden Gesundheitshilfe nach § 47 SGB XII. Nach § 52 Abs. 1 SGB XII entsprechen die Leistungen der Krankenhilfe nach den §§ 47 bis 51 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -. Nach dem SGB V gehören Schutzimpfungen nicht (mehr) zu den Regelleistungen der ge-setzlichen Krankenversicherung; nach § 20 Abs. 2 SGB V können die Krankenkassen in ihren Satzungen Schutzimpfungen als Leistungen vorsehen. In diesem Fall entscheidet auch der An-tragsgegner nach dem SGB XII über Umfang und Inhalt der vorbeugenden Gesundheitshilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei scheitert der geltend gemachte Kostenübernahmean-spruch für eine Grippeschutzimpfung hier bereits daran, dass der Antragsteller keine ärztliche Verordnung, Anordnung oder Empfehlung für die begehrte Impfung vorgelegt hat. Nach der von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg mit gesetzlichen Krankenkassen geschlos-senen Vereinbarung über die Durchführung von Schutzimpfungen gegen übertragbare Krank-heiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vom 27. August 2003 - Impfvereinbarung - können Schutzimpfungen von niedergelassenen Ärzten und Ärzten in Einrichtungen durchge-führt werden (§ 2 Impfvereinbarung). Für die Durchführung bzw. Empfehlung von Schutzimp-fungen sind die Empfehlungen der "Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO)" maßgeblich (§ 1 Abs. 3 Impfvereinbarung). Dabei umfassen die Leistungen für die Impfung neben der Verabreichung bzw. Verordnung des Impfstoffes je nach Erfordernis auch u. a. die Erhebung der Anamnese, einschließlich der Befragung über das Vorliegen möglicher Kontraindikationen. Durch die Verknüpfung des Leistungsanspruchs im Rahmen der Kranken-hilfe nach dem SGB XII an die Vorschriften des SGB V wird der Inhalt der Krankenhilfe durch den Arzt konkretisiert (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 52 SGB XII, Anm. 19). Im Rahmen des SGB V obliegt es dem zugelassenen Vertragsarzt, den konkreten Inhalt der ärztlichen Leistung und damit auch der erforderlichen Versorgung mit Heilmitteln zu bestim-men (BSG, Urt. v. 18. 05 1989, 6 RKa 10/88, BSGE 65, 94 - 100; Urt. v. 16.12.1993, 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 280; Urt. v. 16.09.1997, 1 RK 28/95, BSGE 81, 54, 61; BSG, Urteil vom 09.06.1998, B 1 KR 18/96 R, BSGE 82, 158, 161). Grundsätzlich hat das Gesetz die Konkreti-sierung und Erfüllung des subjektiven öffentlichen Rechts auf Gewährung einer Leistung der kassenärztlichen Versorgung übertragen, der Arzt ist damit die "Schlüsselfigur" im Leistungs-recht nach dem SGB V (BSG, Urt. v. 16. 12.1993, 4 RK 5/92, a. a. O.). Der Vertragsarzt ist bei der Verordnung von Krankenbehandlung und Heil- und Hilfsmitteln an die Rahmenbedingun-gen der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Vorschriften, die Richtlinien der Bun-desausschüsse gebunden und hat damit zu gewährleisten, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemeinen an-erkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse auch über seine Verordnung gewährleistet ist. Die näheren Bedingungen für die vertragsärztliche Versorgung und damit für die Versor-gung und Erbringung von Heilmitteln wird in Verträgen zur Sicherstellung der vertragsärztli-chen Versorgung geregelt. Dies gilt auch im Rahmen der Hilfen zur Gesundheit nach dem SGB XII, die ein ausfüllungsbedürftiges Rahmenrecht darstellen (Wahrendorf, a. a. O.)
An einer solchen Konkretisierung eines Anspruchs durch Verordnung eines Arztes unter Be-achtung der Empfehlungen der STIKO fehlt es hier. Der Antragsteller trägt selbst mit der Be-schwerde vor, dass er an einem Termin zur Grippeschutzimpfung teilgenommen habe, nur nicht geimpft worden sei. Da der Antragsteller keine ärztliche Empfehlung für eine Grippe-schutzimpfung für seine Person vorgelegt hat, muss davon ausgegangen werden, dass die Vor-aussetzungen für eine Impfung von Ärzten unter Beachtung der Empfehlungen der STIKO nicht vorliegen. Ohne ärztliche Verordnung oder Empfehlung der begehrten Impfung scheidet daher eine Pflicht zur Kostenübernahme aus. Ein Anspruch auf Kostenübernahme nach dem BbgPsychKG ist ebenfalls nicht gegeben, auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung hierzu wird verwiesen.
Mangels Anordnungsanspruch kommt es letztlich auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht an.
Sollte der Antragsteller geltend machen, beim Termin zur Grippeschutzimpfung sei er deshalb nicht geimpft worden, weil die Kostenerstattung nicht sichergestellt gewesen sei, was nach der Impfverordnung fernliegend ist, weil über diese die ärztliche Vergütung sichergestellt ist, wäre ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Antragstel-ler nicht zuzumuten ist, die von ihm nunmehr angegebenen Kosten von 7,00 Euro aufzuwen-den und den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Der Antragsteller ist vollstationär untergebracht, seine Verpflegung und Unterkunft sind sichergestellt. Sein Taschengeld von monatlich 86 Euro reicht aus, um den Betrag von 7,00 Euro einmalig aufzubringen. Dagegen- stehende Gründe hat der Antragsteller nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG). Die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Rechtsweg war nicht zuzulassen, da keine Gründe nach § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG vorliegen. Aus diesem Grunde bedurfte es auch keiner Vorab-Entscheidung über den Rechtsweg im Beschwerdeverfahren durch den Senat (BGH, Urteil vom 18.11.1998, VIII ZR 269/97, NJW 1999, S. 651f.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 51 Anm. 62). Eine weitere Beschwerde ist damit nicht zulässig (BSG, Urteil vom 09.02.1993, 12 RK 75/92, BSGE 72, 90 [92]).
Rechtskraft
Aus
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