Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 5042/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 219/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 134/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 02.04.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Unfalls vom 07.06.1941 für die Zeit vor dem September 1972.
Der 1924 geborene Kläger erlitt während eines kriegsbedingten Arbeitseinsatzes in Deutschland am 07.06.1941 einen Arbeitsunfall in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Der Unfall verursachte einen Bruch des linken Oberschenkels. Als Folge verblieb eine Verkürzung des linken Beines. Dieser Arbeitsunfall wurde mit Bescheid vom 24.11.1942 von der Beklagten anerkannt und entschädigt. Mit Bescheid vom 23.06.1943 gewährte sie Dauerrente nach einer MdE von 25 vH bis zur Repatriierung des Klägers Ende August 1945.
Am 04.06.1982 ging bei der Beklagten über die Verbindungsstellen des deutsch-polnischen Rentenabkommens der Antrag des Klägers auf Wiedergewährung seiner seit September 1945 ruhenden Rente ein. Mit Bescheid vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 wurden dem Kläger aufgrund des genannten Arbeitsunfalls Rentenleistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Abkommens der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen vom 09.10.1975 nach einer MdE von 35 vH ab dem 01.09.1972 unter Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes bewilligt. Die anlässlich des Antrages auf Wiederaufnahme der Rentenzahlung von der Begutachtungsstelle der Sozialversicherungsanstalt in L. durchgeführte ärztliche Untersuchung hatte eine wesentliche Verschlimmerung in den Unfallfolgen ergeben. Diese Bescheide sind bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 04.11.1991 beantragte der Kläger die Zahlung von Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01.09.1972. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 26.11.1991 und - aufgrund eines weiteren Antrags - mit Bescheid vom 09.12.1993, jeweils ohne Rechtsbehelfsbelehrung, ab. Rechtsgrundlage für die Zahlung der Rente ab 01.09.1972 sei das deutsch-polnische Abkommen, das Rentenleistungen unter Verzicht auf die Anwendung der Verjährungsvorschriften ab dem 01.09.1972 und damit dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen regele. Es entspreche dem ausdrücklichen Willen der Vertragspartner, dass vor diesem Zeitpunkt keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren seien. Einen weiteren Antrag des Klägers lehnte sie mit Bescheid vom 22.02.1995 ab.
Weitere Anfragen des Klägers legte die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich des Bescheides vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 aus und lehnte mit Bescheid vom 26.10.1998 die Aufhebung dieser Bescheide ab. Der Beginn der Rente sei zu Recht auf den 01.09.1972 festgelegt worden. Erst mit dem Austausch sog. Verbalnoten, also völkerrechtlich verbindlicher Erklärungen am 07.10.1975 hätten sich die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen darauf geeinigt, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger vom 01.09.1972 an, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) die gegenseitigen Rentenzahlungen gemäß dem Übereinkommen Nr. 19 aufnehmen würden. Die Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen habe erst für die Zeit ab dem 01.09.1972 zur Gewährung von Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.12.1974, Az 2 RU 105/75). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 führe zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Den vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.1998 zurück.
Auf eine erneute Anfrage des Klägers vom 06.12.1999 verwies die Beklagte auf die Bescheide aus dem Jahr 1998.
Mit Schreiben vom 27.02.2002 beantragte der Kläger erneut, ihm Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01. September 1972 zu zahlen. Mit Bescheid vom 24.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab und verwies auf die Begründung des Bescheides vom 26.10.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1998.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Rentenleistungen auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 zu gewähren. Der Entzug der Rente sei ohne Grund erfolgt. Das Abkommen vom 09.10.1975 betreffe nicht seinen Fall, sondern lediglich Personen, die vor diesem Zeitpunkt noch keine Rente erhalten hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Rente habe nach § 625 Reichsversicherungsordnung (RVO) geruht. Erst für die Zeit ab 01.09.1972 sei die Anwendung dieser Regelung durch das Übereinkommen Nr 19 der IAO über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer vom 05.06.1925 ausgeschlossen. In einem am 07.10.1975 vollzogenen Notenwechsel hätten die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen vereinbart, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger ab dem 01.09.1972, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedstaaten der IAO die gegenseitige Rentenzahlung gemäß dem Übereinkommen Nr. 19 aufnehmen würden. Dies bedeute, dass die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten ab dem 01.09.1972 gleichbehandelt werden müssten. Rentenzahlungen für die Zeit vor dem 01.09.1972 seien damit ausgeschlossen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 07.06.2004 Berufung eingelegt. Er macht geltend, das Abkommen betreffe nicht bereits in der Vergangenheit zuerkannte Dauerrenten. Außerdem werde er im Vergleich zu Deutschen ungleich behandelt, weil seine Rente nicht so hoch sei wie die der Deutschen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass ein inländischer Berechtigter unter den gleichen Bedingungen (Jahresarbeitverdienst, MdE) die Leistungen in gleicher Höhe erhalten würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 02.04.2004 und des Bescheides vom 24.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.03.1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 abzuändern und die Bescheide vom 26.11.1991, 09.12.1993, 22.02.1995, 07.08.1997 sowie den Bescheid vom 26.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 15.12.1998 zurückzunehmen und ihm hinsichtlich der anerkannten Unfallfolgen Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 02.04.2004 zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 24.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 und auf Rücknahme der Bescheide vom 26.11.1991, 09.12.1993, 22.02.1995, 07.08.1997 sowie des Bescheides vom 26.10.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1998, denn die Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.06.1941 für die Zeit vor September 1972 abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X ist - soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind - der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Verletztenrente erst für die Zeit ab dem 01.09.1972 angenommen. Für die Zeit davor ruht der Anspruch und kommt nicht zur Auszahlung. Nach § 625 Abs.1 Nr.1 RVO ruhen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, solange der Berechtigte weder Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG noch früherer deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Art. 116 Abs. 2 GG ist und sich freiwillig gewöhnlich außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes aufhält. Diese durch das am 01.07.1963 in Kraft getretene UVNG (Unfallversicherungsneuregelungsgesetz) vom 30.04.1963 (BGBl.I 241) in die RVO eingefügte Vorschrift gilt auch für Arbeitsunfälle, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind (Art.4 § 2 Abs. 1 UVNG).
Diese Voraussetzungen treffen auf den Kläger zu. Er hatte zur Zeit des Unfalls und auch jetzt die polnische Staatsangehörigkeit. Erst für die Zeit ab 01.09.1972 ist die Anwendung des § 625 Abs.1 Nr.1 RVO durch das Übereinkommen Nr.19 der IAO über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer bei Entschädigung aus Anlass von Betriebsunfällen vom 05.06.1925 ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1975, Az.: 2 RU 105/75). Das Übereinkommen Nr.19 ist für das Deutsche Reich am 18.09.1928 in Kraft getreten. Nach dem späteren Austritt des Deutschen Reiches aus der IAO im Jahre 1933 und seinem Zusammenbruch mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland in einer Erklärung vom 12.06.1951 anerkannt, dass die Verpflichtungen aus den vom Deutschen Reich ratifizierten Übereinkommen der IAO für sie verbindlich sind, soweit diese Verpflichtungen im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind oder entstehen. Diese Erklärung gilt auch für das Übereinkommen Nr.19. Es geht der Ruhensvorschrift der § 625 Abs.1 Nr.1 RVO vor (vgl. Art. 25 GG). Nach Art.1 Abs.1 des Übereinkommens Nr.19 verpflichtet sich jedes Mitglied der IAO, das dieses Übereinkommen ratifiziert, den Staatsangehörigen jedes anderen, das Übereinkommen ratifizierenden Mitglieds, die auf seinem Gebiet einen Betriebsunfall erlitten haben, die gleiche Behandlung bei der Entschädigung aus Anlass von Betriebsunfällen zu gewähren wie seinen eigenen Staatsangehörigen. Das in dieser Vorschrift zum Ausdruck gebrachte Prinzip der Gleichbehandlung bedeutet, dass ausländische Staatsangehörige ebenso wie Deutsche zu behandeln sind. Sofern und solange deutsche Staatsangehörige in gewissen Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten, sind solche Leistungen auch den nach dem Übereinkommen Nr.19 berechtigten Personen eines anderen Mitgliedsstaates in diesen Gebieten nicht zu gewähren.
Deutschen Staatsangehörigen, die in der Volksrepublik Polen wohnten, wurden in der Vergangenheit in der Regel keine Leistungen von einem deutschen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt. Nach den Ausführungen der Bundesregierung in der Denkschrift zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung und der Vereinbarung über die pauschale Abgeltung von Rentenansprüchen vom 09.10.1975 wurden Renten aus der deutschen Rentenversicherung und Unfallversicherung nach Polen im Allgemeinen nicht gezahlt (BR-Drucks.633/75 vom 17.10.1975, S.16). Da deutschen Staatsangehörigen in die hier betreffenden Gebiete keine Renten aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt worden sind, ist das Prinzip der Gleichbehandlung nicht verletzt, wenn auch polnische Staatsangehörige keine Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung erhalten haben.
In der Erkenntnis, dass der Zustand der gesetzlich nicht geregelten gegenseitigen Leistungsverweigerung nicht länger haltbar war und für die Zukunft eine Klärung herbeigeführt werden musste, hat die Bundesrepublik Deutschland das Rentenabkommen vom 09.10.1975 geschlossen. Im sachlichen Zusammenhang mit dem Rentenabkommen haben die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen in einem am 07.10.1975 vollzogenen Notenwechsel vereinbart, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger vom 01.09.1972 an, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedsstaaten der IAO die gegenseitige Rentenzahlung gemäß dem Übereinkommen Nr.19 aufnehmen werden. Die Verbalnoten vom 07.10.1975 sind ihrem Inhalt nach als eine völkerrechtliche Vereinbarung im Sinne des Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens Nr.19 anzusehen. Die Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen führt daher erst für die Zeit ab 01.09.1972 zur Gewährung von Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Durch den Notenwechsel vom 07.10.1975 ist die tatsächliche Aufnahme der Zahlungen durch die Versicherungsträger beider Vertragsstaaten völkerrechtlich verbindlich vereinbart worden.
Aufgrund dieser Rechtslage kann der Kläger für die Zeit vor dem 01.09.1972 keine Leistungen erhalten, da der Anspruch ruht. Das Ruhen der Leistung bedeutet, dass der Anspruch grundsätzlich besteht, aber nicht zur Auszahlung kommt. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind daher rechtmäßig.
Die in der Begründung abweichende Auffassung des 8. Senats des BSG (Urteil vom 22.10.1975, 8 RU 236/74, Reg.Nr.5728), wonach das Ruhen der Leistung auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 durch das Übereinkommen Nr.19 der IAO ausgeschlossen ist, führt für den Kläger zu keinem anderen Ergebnis. Diese Auffassung stützt sich darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland anlässlich ihrer "Wiederaufnahme" in die IAO am 12. Juni 1951 eine Erklärung dahingehend abgegeben hat, dass die Verpflichtungen aus dem vom Deutschen Reich vor seinem Austritt ratifizierten Übereinkommen für sie verbindlich sind, soweit diese Verpflichtungen im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind oder entstehen. Diese Erklärung bedeute, dass das Übereinkommen Nr.19 bei im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstandenen Arbeitsunfällen unmittelbar von ihren Unfallversicherungsträgern anzuwenden sei. Das am 09.10.1975 unterzeichnete Abkommen bestätige in Art.15 Abs. 4 diese Rechtsauffassung und bringe außerdem zum Ausdruck, dass es das vorliegende Urteil unberührt lasse.
Diesem Urteil ist entgegenzuhalten, dass das Problem der Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen als Voraussetzung für die Anwendung des Übereinkommens Nr.19 und die Auswirkungen der Verbalnoten vom 07.10.1975 nicht behandelt wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1975, Az.: 2 RU 105/75).
Eine Entscheidung dazu kann jedoch dahinstehen, da der Kläger daraus keine weitergehenden Rechtsansprüche herleiten kann. Zwar wäre es danach grundsätzlich möglich, ab 1. Juli 1951 erstmals Leistungen zu gewähren. In dem Urteil wird jedoch ausdrücklich der Beginn der Leistungen offen gelassen und auf die Möglichkeit der Einrede der Verjährung nach § 29 RVO hingewiesen. Die Verjährungsbestimmungen seien auf Entschädigungsansprüche von ausländischen Staatsangehörigen, für die das Übereinkommen Nr.19 gelte, ebenso anzuwenden wie auf Ansprüche inländischer Berechtigter. Unter Berücksichtigung der Verjährungsbestimmungen wäre unter Zugrundelegung der Antragstellung vom 04.06.1982 ein Anspruch des Klägers für die Zeit vor dem September 1972 verjährt. Unabhängig von der Geltendmachung der Verjährungseinrede durch die Beklagte käme eine Auszahlung der Rente vor dem September 1972 deswegen nicht in Betracht, weil auch bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 44 Abs.4 SGB X Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht werden. Dabei wird der Zeitraum der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Die Vier-Jahres-Frist des Abs.4 ist absolut, ihre Geltendmachung steht nicht im Ermessen der Behörde (BSG-GS, BSGE 54, 223, 225; Kasseler Kommentar/Steinwedel § 44 SGB X Rdnr. 49). Erfolglose frühere Zugunstenanträge sind unerheblich. Die Vier-Jahres-Frist richtet sich nach dem Antrag, aufgrund dessen zurückgenommen wird, vorliegend der Antrag vom 27.02.2002 (BSGE 72, 8, 11 ff.; BSGE 68, 180, 182; Kasseler Kommentar/Steinwedel § 44 SGB X Rdnr. 50). Leistungen für die Zeit vor dem September 1972 sind daher in jedem Fall ausgeschlossen.
Soweit der Kläger auch geltend macht, er sei gegenüber Deutschen ungleich behandelt, weil seine Leistungen der Höhe nach niedriger seien als diejenige von inländischen Berechtigten, ist dies nicht zutreffend. Ein inländischer Berechtiger würde die Leistungen in gleicher Höhe erhalten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Unfalls vom 07.06.1941 für die Zeit vor dem September 1972.
Der 1924 geborene Kläger erlitt während eines kriegsbedingten Arbeitseinsatzes in Deutschland am 07.06.1941 einen Arbeitsunfall in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Der Unfall verursachte einen Bruch des linken Oberschenkels. Als Folge verblieb eine Verkürzung des linken Beines. Dieser Arbeitsunfall wurde mit Bescheid vom 24.11.1942 von der Beklagten anerkannt und entschädigt. Mit Bescheid vom 23.06.1943 gewährte sie Dauerrente nach einer MdE von 25 vH bis zur Repatriierung des Klägers Ende August 1945.
Am 04.06.1982 ging bei der Beklagten über die Verbindungsstellen des deutsch-polnischen Rentenabkommens der Antrag des Klägers auf Wiedergewährung seiner seit September 1945 ruhenden Rente ein. Mit Bescheid vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 wurden dem Kläger aufgrund des genannten Arbeitsunfalls Rentenleistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Abkommens der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen vom 09.10.1975 nach einer MdE von 35 vH ab dem 01.09.1972 unter Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes bewilligt. Die anlässlich des Antrages auf Wiederaufnahme der Rentenzahlung von der Begutachtungsstelle der Sozialversicherungsanstalt in L. durchgeführte ärztliche Untersuchung hatte eine wesentliche Verschlimmerung in den Unfallfolgen ergeben. Diese Bescheide sind bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 04.11.1991 beantragte der Kläger die Zahlung von Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01.09.1972. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 26.11.1991 und - aufgrund eines weiteren Antrags - mit Bescheid vom 09.12.1993, jeweils ohne Rechtsbehelfsbelehrung, ab. Rechtsgrundlage für die Zahlung der Rente ab 01.09.1972 sei das deutsch-polnische Abkommen, das Rentenleistungen unter Verzicht auf die Anwendung der Verjährungsvorschriften ab dem 01.09.1972 und damit dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen regele. Es entspreche dem ausdrücklichen Willen der Vertragspartner, dass vor diesem Zeitpunkt keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren seien. Einen weiteren Antrag des Klägers lehnte sie mit Bescheid vom 22.02.1995 ab.
Weitere Anfragen des Klägers legte die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich des Bescheides vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 aus und lehnte mit Bescheid vom 26.10.1998 die Aufhebung dieser Bescheide ab. Der Beginn der Rente sei zu Recht auf den 01.09.1972 festgelegt worden. Erst mit dem Austausch sog. Verbalnoten, also völkerrechtlich verbindlicher Erklärungen am 07.10.1975 hätten sich die Bundesrepublik Deutschland und die Volksrepublik Polen darauf geeinigt, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger vom 01.09.1972 an, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) die gegenseitigen Rentenzahlungen gemäß dem Übereinkommen Nr. 19 aufnehmen würden. Die Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen habe erst für die Zeit ab dem 01.09.1972 zur Gewährung von Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.12.1974, Az 2 RU 105/75). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 führe zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Den vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.1998 zurück.
Auf eine erneute Anfrage des Klägers vom 06.12.1999 verwies die Beklagte auf die Bescheide aus dem Jahr 1998.
Mit Schreiben vom 27.02.2002 beantragte der Kläger erneut, ihm Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01. September 1972 zu zahlen. Mit Bescheid vom 24.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab und verwies auf die Begründung des Bescheides vom 26.10.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1998.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Rentenleistungen auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 zu gewähren. Der Entzug der Rente sei ohne Grund erfolgt. Das Abkommen vom 09.10.1975 betreffe nicht seinen Fall, sondern lediglich Personen, die vor diesem Zeitpunkt noch keine Rente erhalten hätten.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Rente habe nach § 625 Reichsversicherungsordnung (RVO) geruht. Erst für die Zeit ab 01.09.1972 sei die Anwendung dieser Regelung durch das Übereinkommen Nr 19 der IAO über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer vom 05.06.1925 ausgeschlossen. In einem am 07.10.1975 vollzogenen Notenwechsel hätten die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen vereinbart, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger ab dem 01.09.1972, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedstaaten der IAO die gegenseitige Rentenzahlung gemäß dem Übereinkommen Nr. 19 aufnehmen würden. Dies bedeute, dass die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten ab dem 01.09.1972 gleichbehandelt werden müssten. Rentenzahlungen für die Zeit vor dem 01.09.1972 seien damit ausgeschlossen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 07.06.2004 Berufung eingelegt. Er macht geltend, das Abkommen betreffe nicht bereits in der Vergangenheit zuerkannte Dauerrenten. Außerdem werde er im Vergleich zu Deutschen ungleich behandelt, weil seine Rente nicht so hoch sei wie die der Deutschen.
Die Beklagte weist darauf hin, dass ein inländischer Berechtigter unter den gleichen Bedingungen (Jahresarbeitverdienst, MdE) die Leistungen in gleicher Höhe erhalten würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 02.04.2004 und des Bescheides vom 24.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 zu verurteilen, den Bescheid vom 28.03.1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 abzuändern und die Bescheide vom 26.11.1991, 09.12.1993, 22.02.1995, 07.08.1997 sowie den Bescheid vom 26.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 15.12.1998 zurückzunehmen und ihm hinsichtlich der anerkannten Unfallfolgen Verletztenrente auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 02.04.2004 zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 24.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 28.03.1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.1984 und auf Rücknahme der Bescheide vom 26.11.1991, 09.12.1993, 22.02.1995, 07.08.1997 sowie des Bescheides vom 26.10.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.1998, denn die Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.06.1941 für die Zeit vor September 1972 abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X ist - soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind - der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Verletztenrente erst für die Zeit ab dem 01.09.1972 angenommen. Für die Zeit davor ruht der Anspruch und kommt nicht zur Auszahlung. Nach § 625 Abs.1 Nr.1 RVO ruhen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, solange der Berechtigte weder Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG noch früherer deutscher Staatsangehöriger im Sinne des Art. 116 Abs. 2 GG ist und sich freiwillig gewöhnlich außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes aufhält. Diese durch das am 01.07.1963 in Kraft getretene UVNG (Unfallversicherungsneuregelungsgesetz) vom 30.04.1963 (BGBl.I 241) in die RVO eingefügte Vorschrift gilt auch für Arbeitsunfälle, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind (Art.4 § 2 Abs. 1 UVNG).
Diese Voraussetzungen treffen auf den Kläger zu. Er hatte zur Zeit des Unfalls und auch jetzt die polnische Staatsangehörigkeit. Erst für die Zeit ab 01.09.1972 ist die Anwendung des § 625 Abs.1 Nr.1 RVO durch das Übereinkommen Nr.19 der IAO über die Gleichbehandlung einheimischer und ausländischer Arbeitnehmer bei Entschädigung aus Anlass von Betriebsunfällen vom 05.06.1925 ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1975, Az.: 2 RU 105/75). Das Übereinkommen Nr.19 ist für das Deutsche Reich am 18.09.1928 in Kraft getreten. Nach dem späteren Austritt des Deutschen Reiches aus der IAO im Jahre 1933 und seinem Zusammenbruch mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland in einer Erklärung vom 12.06.1951 anerkannt, dass die Verpflichtungen aus den vom Deutschen Reich ratifizierten Übereinkommen der IAO für sie verbindlich sind, soweit diese Verpflichtungen im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind oder entstehen. Diese Erklärung gilt auch für das Übereinkommen Nr.19. Es geht der Ruhensvorschrift der § 625 Abs.1 Nr.1 RVO vor (vgl. Art. 25 GG). Nach Art.1 Abs.1 des Übereinkommens Nr.19 verpflichtet sich jedes Mitglied der IAO, das dieses Übereinkommen ratifiziert, den Staatsangehörigen jedes anderen, das Übereinkommen ratifizierenden Mitglieds, die auf seinem Gebiet einen Betriebsunfall erlitten haben, die gleiche Behandlung bei der Entschädigung aus Anlass von Betriebsunfällen zu gewähren wie seinen eigenen Staatsangehörigen. Das in dieser Vorschrift zum Ausdruck gebrachte Prinzip der Gleichbehandlung bedeutet, dass ausländische Staatsangehörige ebenso wie Deutsche zu behandeln sind. Sofern und solange deutsche Staatsangehörige in gewissen Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten, sind solche Leistungen auch den nach dem Übereinkommen Nr.19 berechtigten Personen eines anderen Mitgliedsstaates in diesen Gebieten nicht zu gewähren.
Deutschen Staatsangehörigen, die in der Volksrepublik Polen wohnten, wurden in der Vergangenheit in der Regel keine Leistungen von einem deutschen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt. Nach den Ausführungen der Bundesregierung in der Denkschrift zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung und der Vereinbarung über die pauschale Abgeltung von Rentenansprüchen vom 09.10.1975 wurden Renten aus der deutschen Rentenversicherung und Unfallversicherung nach Polen im Allgemeinen nicht gezahlt (BR-Drucks.633/75 vom 17.10.1975, S.16). Da deutschen Staatsangehörigen in die hier betreffenden Gebiete keine Renten aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt worden sind, ist das Prinzip der Gleichbehandlung nicht verletzt, wenn auch polnische Staatsangehörige keine Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung erhalten haben.
In der Erkenntnis, dass der Zustand der gesetzlich nicht geregelten gegenseitigen Leistungsverweigerung nicht länger haltbar war und für die Zukunft eine Klärung herbeigeführt werden musste, hat die Bundesrepublik Deutschland das Rentenabkommen vom 09.10.1975 geschlossen. Im sachlichen Zusammenhang mit dem Rentenabkommen haben die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen in einem am 07.10.1975 vollzogenen Notenwechsel vereinbart, dass die deutschen und polnischen Versicherungsträger vom 01.09.1972 an, dem Zeitpunkt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, im Rahmen der Verpflichtungen beider Staaten als Mitgliedsstaaten der IAO die gegenseitige Rentenzahlung gemäß dem Übereinkommen Nr.19 aufnehmen werden. Die Verbalnoten vom 07.10.1975 sind ihrem Inhalt nach als eine völkerrechtliche Vereinbarung im Sinne des Art. 1 Abs. 2 des Übereinkommens Nr.19 anzusehen. Die Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen führt daher erst für die Zeit ab 01.09.1972 zur Gewährung von Leistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Durch den Notenwechsel vom 07.10.1975 ist die tatsächliche Aufnahme der Zahlungen durch die Versicherungsträger beider Vertragsstaaten völkerrechtlich verbindlich vereinbart worden.
Aufgrund dieser Rechtslage kann der Kläger für die Zeit vor dem 01.09.1972 keine Leistungen erhalten, da der Anspruch ruht. Das Ruhen der Leistung bedeutet, dass der Anspruch grundsätzlich besteht, aber nicht zur Auszahlung kommt. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind daher rechtmäßig.
Die in der Begründung abweichende Auffassung des 8. Senats des BSG (Urteil vom 22.10.1975, 8 RU 236/74, Reg.Nr.5728), wonach das Ruhen der Leistung auch für die Zeit vor dem 01.09.1972 durch das Übereinkommen Nr.19 der IAO ausgeschlossen ist, führt für den Kläger zu keinem anderen Ergebnis. Diese Auffassung stützt sich darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland anlässlich ihrer "Wiederaufnahme" in die IAO am 12. Juni 1951 eine Erklärung dahingehend abgegeben hat, dass die Verpflichtungen aus dem vom Deutschen Reich vor seinem Austritt ratifizierten Übereinkommen für sie verbindlich sind, soweit diese Verpflichtungen im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstanden sind oder entstehen. Diese Erklärung bedeute, dass das Übereinkommen Nr.19 bei im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland entstandenen Arbeitsunfällen unmittelbar von ihren Unfallversicherungsträgern anzuwenden sei. Das am 09.10.1975 unterzeichnete Abkommen bestätige in Art.15 Abs. 4 diese Rechtsauffassung und bringe außerdem zum Ausdruck, dass es das vorliegende Urteil unberührt lasse.
Diesem Urteil ist entgegenzuhalten, dass das Problem der Gleichbehandlung polnischer Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen als Voraussetzung für die Anwendung des Übereinkommens Nr.19 und die Auswirkungen der Verbalnoten vom 07.10.1975 nicht behandelt wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1975, Az.: 2 RU 105/75).
Eine Entscheidung dazu kann jedoch dahinstehen, da der Kläger daraus keine weitergehenden Rechtsansprüche herleiten kann. Zwar wäre es danach grundsätzlich möglich, ab 1. Juli 1951 erstmals Leistungen zu gewähren. In dem Urteil wird jedoch ausdrücklich der Beginn der Leistungen offen gelassen und auf die Möglichkeit der Einrede der Verjährung nach § 29 RVO hingewiesen. Die Verjährungsbestimmungen seien auf Entschädigungsansprüche von ausländischen Staatsangehörigen, für die das Übereinkommen Nr.19 gelte, ebenso anzuwenden wie auf Ansprüche inländischer Berechtigter. Unter Berücksichtigung der Verjährungsbestimmungen wäre unter Zugrundelegung der Antragstellung vom 04.06.1982 ein Anspruch des Klägers für die Zeit vor dem September 1972 verjährt. Unabhängig von der Geltendmachung der Verjährungseinrede durch die Beklagte käme eine Auszahlung der Rente vor dem September 1972 deswegen nicht in Betracht, weil auch bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 44 Abs.4 SGB X Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht werden. Dabei wird der Zeitraum der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Die Vier-Jahres-Frist des Abs.4 ist absolut, ihre Geltendmachung steht nicht im Ermessen der Behörde (BSG-GS, BSGE 54, 223, 225; Kasseler Kommentar/Steinwedel § 44 SGB X Rdnr. 49). Erfolglose frühere Zugunstenanträge sind unerheblich. Die Vier-Jahres-Frist richtet sich nach dem Antrag, aufgrund dessen zurückgenommen wird, vorliegend der Antrag vom 27.02.2002 (BSGE 72, 8, 11 ff.; BSGE 68, 180, 182; Kasseler Kommentar/Steinwedel § 44 SGB X Rdnr. 50). Leistungen für die Zeit vor dem September 1972 sind daher in jedem Fall ausgeschlossen.
Soweit der Kläger auch geltend macht, er sei gegenüber Deutschen ungleich behandelt, weil seine Leistungen der Höhe nach niedriger seien als diejenige von inländischen Berechtigten, ist dies nicht zutreffend. Ein inländischer Berechtiger würde die Leistungen in gleicher Höhe erhalten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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