S 16 U 173/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 173/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 64/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger Rente nach einem höheren Grad der MdE als 20 vom Hundert beanspruchen kann.

Der 1965 geborene Kläger befand sich am 05.04.2001 mit seinem Motorrad auf dem Weg zur Arbeit als er mit einem PKW zusammenstieß. Im Durchgangsarztbericht ist von einer offenen Fraktur des rechten Unterschenkels, von multiplen Prellungen, einer Halswirbelsäulendistorsion und einer Schädelprellung die Rede. Während des stationären Aufenthaltes des Klägers vom 05. bis zum 31.05.2001 im Allgemeinen Krankenhaus W1 wurde der Bruch osteosynthetisch versorgt. Eine CT-Untersuchung am 20.08.2001 ergab eine ausgeprägte Osteoporose im Bereich der Talusgelenkrolle. Später wurde eine chronische Ostiitis sowie eine Pseudartrhose undeine Überempfindlichkeit im Bereich des Nervus peronaeus rechts festgestellt. Ein Sequester musste am 10.10.2001 operativ entfernt werden. Am 07.11.2001 wurde in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E-C1 eine Spongiosatransplantation vom rechten hinteren Beckenkamm zum rechten Schienbeinschaft durchgeführt. Zwecks Eingliederung des Klägers in das Erwerbsleben veranlasste die Beklagte eine arbeitsplatzspezifische Rehabilitation, die zum 03.07.2003 abgeschlossen wurde. Verletztengeld zahlte die Beklagte bis zum 31.03.2004. Zur Feststellung der verbliebenen Unfallfolgen hörte die Beklagte chirurgischerseits die U und M1, die unter Berücksichtigung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von N-H die unfallbedingte Gesamt-MdE auf 20 vom Hundert schätzten. Auf dieser medizinischen Grundlage bewilligte die Beklagte ab dem 01.04.2004 Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert (Bescheid vom 26.03.2004). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.06.2004). Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, seine psychischen Probleme seien auf den Unfall und die breitgefächerten negativen Auswirkungen auf die Arbeitsstelle seine Arbeitsunfähigkeit, die Beziehung zur Lebensgefährtin und den Wegfall jeglicher sozialer Kontakte zurückzuführen. Es sei unerfindlich, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfall geleugnet werde. Die psychischen Veränderungen seien als posttraumatische Belastungsstörungen zu deuten. Dazu bezieht sich der Kläger auf einen Entlassungsbericht (vom 12.05.2006) über einen stationären Aufenthalt vom 04.04. bis zum 02.05.2006 im N2-Klinikum für Rehabilitation, indem von einem PTBS, einer somatischen Schmerzstörung sowie von einem chronischen Schmerzsyndrom des linken Unterschenkels nach distalem Unterschenkelbruch 2001 die Rede ist.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 26.03.2004 und des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2004 den zutreffenden Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von mindestens 30 vom Hundert festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat während des Klageverfahrens eine chirurgische Nachbegutachtung durch N3 und eine neurologisch-psychiatrische Nachbegutachtung durch W2 veranlasst und bezieht sich auf das Ergebnis dieser Begutachtungen.

Das Gericht hat neurologisch-psychiatrischerseits C2 und chirurgischerseits T gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes im Einzelen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 26.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2004 ist rechtmäßig. Der Kläger kann Rente nach einem höheren Grad der MdE als 20 vom Hundert nicht beanspruchen. Mit dieser Auffassung schließt sich die Kammer den Beurteilungen der Sachverständigen an. Danach ist es trotz der erheblichen Heilungskomplikationen mit Sequesterentfernung und Spondylosaplastik zu einer guten knöchernden Konsolidierung des Unterschenkelbruchs gekommen. Dieser ist in idealer Stellung knöchern fest verheilt. Als wesentliche Unfallfolgen sind lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Fußgelenk sowie eine leichte Muskelminderung und Schwäche des rechten Beines verblieben. Neurologischerseits besteht eine Berührungsempfindlichkeit in den Narbengebieten im Bereich des rechten Unterschenkels sowie eine Großzehenheberschwäche rechts, die sich allerdings nicht auf das Gangbild auswirkt. Mit den Sachverständigen geht die Kammer davon aus, dass diese Gesundheitsstörungen keinen höheren Grad der MdE als 20 vom Hundert bedingen. Dies lässt sich auch anhand der unfallmedizinischen Erfahrungswerte veranschaulichen, an denen sich die Kammer wegen der verfassungsmäßig geboten Gleichbehandlung der Verletzten orientiert. Diese Erfahrungswerte sehen etwa bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung eine MdE von 15 vom Hundert und bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung eine MdE um 25 vom Hundert vor. Ein in stärkerer O-Stellung verheilter Unterschenkelbruch bedingt eine MdE von 20 vom Hundert. Im Hinblick auf diese Vergleichswerte lässt sich die Bewertung der Sachverständigen nicht beanstanden, zumal T das Gangbild des Klägers (mit handelsüblichem Schuhwerk) als unauffällig beschrieben hat. Weitere unfallbedingte Gesundheitsschäden liegen beim Kläger nicht vor. Zwar bestehen bei ihm Phasen depressiver Störungen. Diese sind jedoch eher Folgen von Veränderungen im privaten Bereich des Klägers. Vom Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung kann nicht ausgegangen werden. Darin sind sich C2 und W2 einig. Der Kläger war bei dem Unfall nicht einem katastrophalem Ereignis mit längerer Hilflosigkeit, akuter Lebensbedrohung oder sontigen dramatischen Umständen ausgesetzt, wie es die Definition dieses Krankheitsbildes erfordert. C2 hat darauf hingewiesen, dass der Unfall selbst rasch abgelaufen ist, unfallnah keine psychische Symptomatik beschrieben wird und der Kläger in der Lage ist, das Unfallereignis selbst distanziert zu beschreiben. Das Wiedererinnern des Klägers an den Unfall und an die negativen Begleitfolgen entspricht - so W2 - allgemeinen Erlebnisweisen von Unfallopfern, auch wenn bei diesen eine krankheitswertige erlebnisreaktive Störung nicht eingetreten ist. Eine erlebnisreaktive posttraumatische Belastungsstörung lässt sich daraus nicht ableiten. Mit den Sachverständigen und W2 geht die Kammer deshalb davon aus, dass neurologischerseits lediglich sensible Missempfindungen ohne motorische Störungen zurückgeblieben sind, so dass sich Funktionseinbußen nur aus den chirurgischerseits beschriebenen Veränderungen ergeben und die MdE daher mit 20 vom Hundert angemessen bewertet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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