L 10 AS 86/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 13 AS 312/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 86/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Klägerin, ihr unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten, Rechtsanwalt Z, Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Landessozialgericht zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Dem Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) kann nach der Sach- und Rechtslage, wie sie sich aus dem Vorbringen der Klägerin und dem sonstigen Inhalt der Akte der Beklagten und der Gerichtsakte ergibt, nicht entsprochen werden. Denn auch wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sein sollte, die Kosten eines Rechtsanwaltes für ihre Vertretung in dem von ihr anhängig gemachten Berufungsverfahren zu tragen, fehlt es an der weiteren Voraussetzung: Ihre Rechtsverfolgung ist ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO).

Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 Abs 1 ZPO regelmäßig in summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes ohne strenge Anforderung, d.h. ohne umfassende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Dabei kann für die Gewährung von PKH mit Beiordnung einer Rechtsanwältin die "reale Chance zum Obsiegen" ausreichen, während sie bei einer "nur entfernten Erfolgschance" abzulehnen ist.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zur Ablehnung des Antrages auf PKH, da Erfolgsaussichten der Berufung nicht ersichtlich sind. Die Ausführungen des Sozialgerichtes (SG) Potsdam in dem Urteil vom 28. November 2006 sind hinsichtlich der Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 7 Abs 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz (GG) nicht zu beanstanden. Zwar hat das SG Düsseldorf mit Beschluss vom 27. April 2006 (NJW 2005, 845) dem Verfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 7 Abs 3 Nr 3 Buchstabe b iVm § 9 Abs 2 S 1 SGB II mit Art 3 GG insoweit vereinbar ist, als durch die vorgenannten Vorschriften der verschärften Bedürftigkeitsprüfung als Bedarfsgemeinschaft nur (Lebens-)Gemeinschaften, die aus einem Mann und einer Frau bestehen, unterworfen werden, nicht aber (Lebens-)Gemeinschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren. Das Vorlageverfahren ist indes als unzulässig verworfen worden (Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 17. Januar 2007, 1 BvL 7/06). Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II durch Art 1 Nr 7 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S 1706) hinreichend klargestellt habe, dass er den vom vorlegenden Gericht angenommenen Gleichheitsverstoß nicht, falls das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende verfassungsrechtliche Beanstandung vornehmen würde, durch eine die dortigen Kläger möglicherweise begünstigende Herausnahme der eheähnlichen Gemeinschaft aus der Bedarfsgemeinschaft, sondern nur durch eine für die dortigen Kläger nicht vorteilhafte Erweiterung des Anwendungsbereiches dieser Norm beseitigen würde, die auch die Partner einer nicht eingetragenen Lebenspartnerschaft in die Bedarfsgemeinschaft einbezieht, da sich sonst neue Verfassungsprobleme unter dem Gesichtspunkt der Benachteiligung der der von Art 6 Abs 1 GG besonders geschützten Ehe ergeben würde. Die Auffassung, die Regelung sei verfassungswidrig, ist vereinzelt geblieben. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Regelung nicht beanstandet (vgl. etwa Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 11. April 2005, L 5 B 58/05; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21. Juli 2005, L 7 AS 29/05 Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. August 2005, L 3 B 94/05 AS ER, Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. September 2006, L 7 AS 113/06; alle Entscheidungen zitiert nach juris). Dieser Auffassung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die gesetzliche Regelung des § 7 Abs 3 SGB II in der bis 31. Juli 2006 geltenden Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar. Denn eine Verfassungswidrigkeit kann nicht daraus hergeleitet werden, dass nach § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II in der bis 31. Juli 2006 geltenden Fassung das Einkommen homosexueller Lebenspartner, die keine Lebenspartnerschaft begründet haben, nicht angerechnet wurde. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass eine Gleichbehandlung eheähnlicher Gemeinschaften mit nicht eingetragenen Lebenspartnerschaften im Sinne einer Nichtanrechnung des Partnereinkommens eine Benachteiligung verheirateter Ehepartner bedeuten würde, was gegen Art 6 GG verstoßen würde. Die vom Kläger grundsätzlich zu Recht gerügte "Privilegierung" nicht eingetragener Lebenspartnerschaften hat der Gesetzgeber mittlerweile dadurch korrigiert, dass nach § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I S1706) generell zur Bedarfsgemeinschaft eine Person zählt, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung für einander zu tragen und für einander einzustehen. Damit ist nunmehr klargestellt, dass Lebensgemeinschaften zwischen heterosexuellen und homosexuellen Partnern gleichbehandelt werden. Für die Zeit vor dem 01. August 2006 kann aber aus den dargelegten Gründen nicht von einer verfassungswidrigen Benachteiligung eheähnlicher heterosexueller Gemeinschaften ausgegangen werden.

Da die Rechtsverfolgung mit den im Antrag zur Gewährung der Prozesskostenhilfe allein geltend gemachten verfassungsrechtlichen Fragen keine Aussicht auf Erfolg hat, ist der Umstand ohne Belang, dass bislang eine Auslegung des Klagebegehrens im Hinblick auf die Einzelansprüche aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder nicht erfolgt ist. Ohne Auswirkung bleibt darüber hinaus, dass die Beklagte in dem mit der Klage angegriffene Bescheid nicht berücksichtigt, dass die ältere Tochter der Klägerin im fraglichen Zeitraum über ein ihren Bedarf erfüllendes Einkommen aus Unterhaltszahlungen und Kindergeld verfügt und jedenfalls in dem hier fraglichen Zeitraum nicht zu der Bedarfsgemeinschaft gehört, welche die Klägerin, den Partner der Klägerin und die gemeinsame jüngere Tochter umfasst. Denn auch bei richtiger Aufteilung des Einkommens würde sich eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin oder anderer Mitglieder der sich überlappenden beiden Bedarfsgemeinschaften nicht ergeben.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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