L 27 RA 176/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 9/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 RA 176/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) in der Zeit vom 8. September 1969 bis zum 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1943 geborene Kläger studierte an der Ingenieurschule für Maschinenbau W und schloss das Fachschulstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus erfolgreich ab und erhielt mit der Ingenieururkunde vom 25. Juli 1969 das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Außerdem studierte der Kläger an der Ingenieurschule für Automatisierung und Werkstofftechnik H und schloss auch dort das Studium in der Studienrichtung für Datenverarbeitung und Metallurgische Industrie erfolgreich ab und erhielt am 30. Mai 1973 eine entsprechende Ingenieururkunde.

Der Kläger war ab 1969 bei verschiedenen volkseigenen Betrieben (VEB) tätig; ab dem 1. Januar 1987 bis zum 30. April 1990 war er, zuletzt als Leiter EDV/Bauleiter, beim VEB Kreisbaubetrieb E beschäftigt. Vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1991 war der Kläger dann als Mitarbeiter Aufbaustab beim VEB Schlacht- und Verarbeitungskombinat E bzw. bei der Plumrose Schorfheide GmbH in B beschäftigt.

Am 18. März 2002 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung der Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Durch Bescheid vom 17. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da das AAÜG in seinem Fall nicht anwendbar sei. Der Kläger habe am 30. Juni 1990 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, auch habe keine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2003 als unbegründet zurück, da der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem VEB (Industrie oder Bau) oder einem gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 beschäftigt gewesen sei. Der Kläger habe aber auch nicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt und gehöre damit nicht zu dem Kreis der in den Anwendungsbereich des AAÜG einzubeziehenden Personen (vgl. hierzu Bundessozialgericht – BSG –, Az.: B 4 RA 3/02 R).

Mit der am 8. Januar 2004 beim Sozialgericht Frankfurt/Oder (SG) eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz weiter verfolgt. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt, dass er seit dem 8. September 1969 als Diplomingenieur für Maschinenbau in mehreren volkseigenen Produktionsbetrieben gearbeitet habe, die dem Bau- und Versorgungswesen der DDR angehört hätten und auf die Herstellung und Fabrikation von Sachgütern ausgerichtet gewesen seien. Das Abstellen auf einen Stichtag, den 30. Juni 1990, für die Beurteilung eines Anspruchs auf Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der DDR sei weder vom AAÜG noch von anderen bundesrechtlichen Vorschriften vorgesehen noch sachlich vertretbar. Die Entscheidung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, nicht nur auf eine formale Versorgungszusage der DDR, sondern auf die objektiven Anforderungen der die Zusatzversorgungen regelnden Verordnungen abzustellen, bezwecke, Willkürentscheidungen der DDR zu berichtigen. Gerade dann aber seien die jeweiligen Zeiträume der früheren Beschäftigungen heranzuziehen, in denen das Zusatzversorgungssystem bestanden habe und in denen der Kläger einen Anspruch auf Einbeziehung gehabt habe, da es sich um eine vom Berechtigten im Laufe der Jahre erarbeitete Versorgungsanwartschaft gehandelt habe.

Die derzeitige Entscheidungspraxis verletze den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da es ihn gegenüber anderen Angehörigen der technischen Intelligenz benachteilige, sofern letztere am Stichtag 30. Juni 1990 noch in einem VEB beschäftigt gewesen seien und somit ihre gesamte Beschäftigungszeit im VEB Renten steigernd berücksichtigt werde, während die Beschäftigungszeiten des Klägers nicht angerechnet würden. Das Ausmaß dieser Ungleichbehandlung werde umso deutlicher, als ein unbefristeter Arbeitsvertrag als Objektverantwortlicher EDV im VEB Schlacht- und Verarbeitungskombinat E bereits ab dem 1. Mai 1990 hätte zustande kommen sollen und sein Arbeitsverhältnis mit dem Kreisbaubetrieb dementsprechend zum 30. April 1990 aufgehoben worden sei. Aus innerbetrieblichen – von ihm nicht zu vertretenden – Gründen, sei das neue Arbeitsverhältnis aber erst zum 1. Juli 1990 zustande gekommen. Außerdem sei der Wechsel aus pragmatischen Gründen angebracht gewesen, da sich der VEB Kreisbaubetrieb 1990 neu strukturiert habe und der Kläger nicht sicher sein konnte, ob sein Arbeitsplatz bestehen bleibe.

Das SG hat dem Vorbringen des Klägers als Antrag entnommen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2003 zu verpflichten, den Beschäftigungszeitraum vom 8. September 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 des AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum hieraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass es für die Anwendung des AAÜG unerheblich sei, aus welchen Gründen eine Beschäftigung bereits vor dem 30. Juni 1990 aufgegeben worden sei. Auch die Regelungen über die Privatisierung der VEB enthielten keine Besitzschutzregelungen hinsichtlich der zusätzlichen Altersversorgungen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 28. April 2004 abgewiesen und zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG Bezug genommen. Hiernach sei das AAÜG nur "einschlägig", wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 1. August 1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden bzw. die Voraussetzungen hierfür am 30. Juni 1990 vorgelegen hätten oder wenn einmal vor dem 30. Juni 1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren Systemen eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden und nach den Regelungen der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfallen sei (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG). Eine Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hätten auch diejenigen gehabt, die am 30. Juni 1990 (und deswegen auch am 1. August 1991) nach Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der "Beschäftigungsstelle" aus bundesrechtlicher Sicht obligatorisch im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" und ohne Entscheidung des Versorgungsträgers wegen Vorliegens der abstrakt-generellen Voraussetzungen in den Kreis der Versorgungsberechtigten einzubeziehen gewesen seien (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 34/01 R).

Gegen das dem Kläger am 10. Mai 2004 zugestellte Urteil hat dieser über seine Prozessbevollmächtigte am 7. Juni 2004 bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, dass das vom SG zitierte Urteil des BSG zur Stichtagsregelung (Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 34/01 R) nicht den Fall des Klägers betreffe, der über mehrere Jahre hinweg entsprechend den abstrakt-generellen Voraussetzungen der Versorgungssysteme der DDR als Angehöriger der betreffenden Berufsgruppe eine Beschäftigung in einem VEB ausgeübt habe, welcher er aber am 30. Juni 1990 nicht mehr nachgegangen sei. Das Neueinbeziehungsverbot gebiete nicht, vor dem 30. Juni 1990 liegende Beschäftigungszeiten nicht anzuerkennen, sofern die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen des jeweiligen DDR-Versorgungssystems gegeben seien. Auch das BSG gehe davon aus, dass die abstrakt generellen Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem zu einem vor dem 1. Juli 1990 liegenden Zeitraum gegeben sein müssten, wie sich aus der Formulierung, jemand müsse "rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen fiktiven Anspruch auf Versorgungszusage gehabt haben", ergebe (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 3/02 R; BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az.: B 4 RA 34/01; BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, Az.: B 4 RA 107/00 R). Das BSG habe bisher allerdings nur in Fällen entschieden, in denen die Betroffenen entweder im Hinblick auf ihre Berufsbezeichnung, die Art der Beschäftigung oder den Betrieb nicht die abstrakt generellen Voraussetzungen des jeweiligen Versorgungssystems erfüllt hätten, nicht aber in Fällen, in denen schon zum Zeitpunkt 30. Juni 1990 eine Anwartschaft durch eine Beschäftigung als Ingenieur in einem VEB erworben worden sei. Da derartige Verfahren aber bei dem BSG anhängig seien, sollte der Ausgang dieser Verfahren abgewartet werden.

Das angefochtene Urteil verletze den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, da es ihn gegenüber anderen Angehörigen der technischen Intelligenz, die am Stichtag 30. Juni 1990 noch in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen seien, benachteilige. Die Ungleichbehandlung sei sachlich nicht gerechtfertigt, insbesondere nicht durch den Umstand der begrenzten Mittel der Rentenkassen, denn das würde bedeuten, dass die Rechtsprechung einem kleinen Personenkreis aus finanziellen Beweggründen ein Sonderopfer auferlege.

Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers als Antrag, das Urteil des Sozialgericht Frankfurt/Oder vom 28. April 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2003 in Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 15. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 8. September 1969 bis zum 30. April 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen,

und bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten (44 140243 F 027) und den Inhalt der Gerichtsakten, die dem Senat vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 8. September 1969 bis zum 30. April 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt.

Nach § 8 Abs. 1 und 2 AAÜG hat der Versorgungsträger die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören neben den Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, Az.: B 4 RA 6/01 R).

Einen Anspruch auf die Erteilung eines solchen Verwaltungsakt hat der Kläger schon deshalb nicht, weil er nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG fällt.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten die Regelungen des AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Derartige Ansprüche hatte der Kläger noch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme, am 30. Juni 1990, war er noch nicht versorgungsberechtigt.

Der Kläger hatte auch keine Versorgungsanwartschaft erworben. Solche Anwartschaften hatten u. a. Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl. II, S. 889 [EinigVtr]) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes war dem Kläger nicht erteilt worden. Er war auch nicht durch Einzelentscheidung der DDR (z. B. auf Grund eines Einzelvertrages) einbezogen worden.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen allerdings in begrenztem Umfang erweitert und damit das Neueinbeziehungsverbot des EinigVtr, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen und neue Versorgungsberechtigungen ab dem 1. Juli 1990 nicht begründet werden dürfen (Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Anlage II Kap VIII Sachgebiet H Abschn. III Nr. 9 a), Satz 1 Halbsatz 2 zum EinigVtr) sowie den nach dem EinigVtr zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8), wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgten, modifiziert. Soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsah, gilt danach dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen waren und aufgrund dessen eine Position inne gehabt hatten, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihnen Versorgungsleistungen gewährt worden wären (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG) über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien. Daher sei § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Anwartschaft auch dann bestehe, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den abstrakt-generellen Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R; Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 34/01; Urteil vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 14/03 R).

Der Kläger fällt aber auch bei einer derart verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Er stand zu dem nach der dargestellten Rechtsprechung maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, hat demnach nicht die sachliche Voraussetzung der AVItech erfüllt und fiel nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, Az ...: B 4 RA 3/05 R).

Auch wenn das Abstellen auf einen so geringen Teil der Lebensarbeitszeit des Klägers, nämlich auf den Zeitraum vom 1. Mai 1990 bis zum 30. Juni 1990, in dem keine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden war, ihm unbillig erscheint, kann eine nachträgliche Einbeziehungen nicht vorgenommen werden. Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für die dargestellte verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG durch das BSG ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme an die Sachlage zum 30. Juni 1990 angeknüpft wird (BSG, Urteile vom 24. März 1998, B 4 RA 27/97 R, und 30. Juni 1998, B 4 RA 11/98 R). Seine Rechtsprechung zum Stichtag 30. Juni 1990 hat das BSG auch in der Folgezeit fortgeführt (Urteile vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R) und klar gestellt, dass kein Anlass bestehe, diese Rechtsprechung zu modifizieren (Urteil vom 8. Juni 2004, B 4 RA 56/03 R, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 12/04 R; Urteil vom 13. Dezember 2005, Az.: B 4 RA 3/05 R; Urteil vom 7. September 2006, Az.: B 4 RA 41/05 R).

Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat nicht nur entschieden, dass sowohl § 1 AAÜG als auch die erweiternde Auslegung durch das BSG einschließlich der Stichtagsregelung verfassungskonform seien (Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005, Az.: 1 BvR 1921/04). Vielmehr ist das Konzept der Rentenüberleitung mit dem Ziel der möglichst schnellen Herstellung eines einheitlichen Rentenrechts trotz der damit verbundenen Härten in ständiger Rechtsprechung des BVerfG gebilligt worden. Der Stichtag für die Prüfung einer fingierten Versorgungsanwartschaft knüpft an das Inkrafttreten des - nach Vorgabe der Ziele im Staatsvertrag - vom DDR-Gesetzgeber erlassenen Rentenangleichungsgesetzes am 1. Juli 1990 an, so dass keine Willkür und damit auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 GG vorliegen (Entscheidungen des BVerfG, BVerfGE 100, 138, 193 f.). Versorgungsrechtliche Nachteile aufgrund einer autonomen Entscheidung der DDR hat die Bundesrepublik Deutschland nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen auszugleichen. Die Fachgerichte sind verfassungsrechtlich nicht gehalten, die aus einer Normsetzung oder Verwaltungspraxis der DDR folgende Ungleichbehandlung von Bürgern zu überprüfen und ggf. zu beseitigen (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 31/01 R).

Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf eine Ungleichbehandlung zu denjenigen Bürgern, denen eine Versorgungszusage erteilt worden und nur die Erstreckung auf einen weiteren Zeitraum begehrt worden ist. Das BVerfG hat ausdrücklich den Unterschied zwischen den Fällen, in denen eine Versorgungszusage erteilt worden und nur die Erstreckung auf einen weiteren Zeitraum begehrt worden ist, zu denjenigen ohne Erteilung einer Versorgungszusage aufgezeigt. Hiernach handelt es sich bei ersteren Fällen nicht um eine Neueinbeziehung in das Zusatzversorgungssystem; auch betrifft dies nur wenige Fälle. Eine Erstreckung auf Personen, die irgendwann zu einem Zeitpunkt vor dem Stichtag die Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllten und damit keine gesicherte Rechtsposition, sondern nur eine Chance oder Aussicht hatten, ist nach Ansicht des BVerfG verfassungsrechtlich nicht geboten. Schließlich würden auch dann wiederum andere Abgrenzungsprobleme gegenüber anderen Personen auftreten.

Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass der Ausgang "exemplarischer Entscheidungen des BSG" abgewartet werden solle, ist nicht ersichtlich, welches "exemplarische" Verfahren bei dem BSG anhängig sein soll. Eine andersartige Entscheidung ist aufgrund der dargelegten gefestigten Rechtsprechung des BSG und der diese bestätigenden Entscheidungen des BVerfG auch nicht zu erwarten.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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