L 7 AS 1045/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 AS 9210/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1045/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht Stuttgart (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), hat keinen Erfolg.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Der Erlass einer hier allein in Betracht kommenden Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG verlangt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4211/05 ER-B - und vom 12. Dezember 2005 - L 7 SO 4756/05 ER-B - (beide m.w.N.)) und des Weiteren auf der Begründetheitsebene die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Bei besonders folgeschweren Beeinträchtigungen sind die Erfolgsaussichten u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ggf. ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner schon Senatsbeschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris)). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O. (beide m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O. (beide m.w.N.)).

Soweit die Antragstellerin über die vom SG zugesprochenen Zinszahlungen hinaus die Übernahme einer Einmalzahlung rückständiger Raten auf den für die Anschaffung des Wohnmobils aufgenommenen Kredit in Höhe von 2.248,65 EUR begehrt, fehlt es am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs. Die Voraussetzungen der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Vorschrift des § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) liegen nicht vor. Danach können im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Leistungen eine Sicherung der Unterkunft erwarten lassen. Daran fehlt es hier. Die Antragstellerin hat das von ihr als Wohnung genutzte Fahrzeug im Juli 2003 mit einem Darlehensbedarf von 21.000,00 EUR (Gesamtdarlehenssumme einschließlich Gebühren usw. 27.114,30 EUR) erworben. Es ist ihr seit dem Erwerb nicht gelungen, die Darlehenssumme wesentlich zu senken. Im Dezember 2006 betrug das Restdarlehen nach einer Aufstellung der Kredit gebenden Bank noch 22.655,70 EUR (Hauptforderungen 19.729,57 EUR zuzüglich Zinsen, Nebenauslagen und Kosten). Die Bank betreibt derzeit die Sicherstellung des in ihrem Sicherungseigentum stehenden Wohnmobils. Nach dem Darlehensvertrag beträgt die monatliche Rate 377,00 EUR, worin Tilgungsleistungen enthalten sind. Diese Leistung kann die Antragstellerin in ihrer derzeitigen Situation nicht erbringen.

Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, im Rahmen der Sicherung der Unterkunft Tilgungsleistungen zu übernehmen. Die steuerfinanzierten Leistungen nach dem SGB II dienen nicht der privaten Vermögensbildung oder -erhaltung (Hessisches LSG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - ZfSH/SGB 2006, 30). Eine hier nicht in Betracht kommende Ausnahme von diesem Grundsatz ist allenfalls dann zu machen, wenn wegen einer weitgehend abgeschlossenen Finanzierung die Nichtübernahme eine ganz besondere Härte darstellen würde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Oktober 2006 - L 20 AS 39/06 - (juris)). Das bedeutet aber im hier zu entscheidenden Fall, dass auch bei einer Zahlung des verlangten rückständigen Betrages (sogenannte Akontozahlung) damit zu rechnen ist, dass die Sicherstellung - sprich die Rücknahme des Fahrzeugs - weiter betrieben wird. Die in diesem Verfahren vorgelegten Angebote der Bank lassen kein realistisches Finanzierungskonzept erkennen, welches den Erhalt des Fahrzeugs wirklich sichern könnte. Es ist nach dem derzeitigen Stand nicht zu erwarten, dass das Wohnmobil auf Dauer im Besitz der Antragstellerin erhalten werden kann. Die zuletzt vorgeschlagene Tilgungsfreistellung für sechs Monate bei einer Monatsrate von 140,00 EUR löst das Problem nicht dauerhaft. Zum Einen wird auch dabei ersichtlich die Akontozahlung vorausgesetzt, zum Zweiten ist auch völlig unklar, wie nach Ablauf dieser Periode weiter verfahren werden soll. Sollte das Vorbringen der Antragsstellerin so zu verstehen sein, dass sie die Einmalzahlung anderweitig per Darlehen aufgenommen hat, wäre ihre finanzielle Situation weiter verschärft. Ein auch nur mittelfristiges Finanzierungskonzept wird nicht sichtbar.

Angesichts dieser erheblichen Unsicherheiten kann auch die drohende Wohnungslosigkeit keine andere Beurteilung bewirken. Die Antragstellerin kann auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung suchen und hat im Rahmen des Bezuges von Arbeitslosengeld II (Alg II) Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft, sofern diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 SGB II). Sollte ihr das nicht gelingen, kann sie zur Vermeidung von Obdachlosigkeit durch die Ortspolizeibehörde vorübergehend in eine Unterkunft eingewiesen werden. Für den Senat steht der Verlust des Wohnmobils, dessen Eignung als dauerhafte Wohnung - insbesondere auch wegen des Fehlens eines gesicherten Standplatzes - ohnehin fraglich erscheint, einer drohenden Obdachlosigkeit durch Verlust einer eigentlichen Wohnung nicht gleich. Bei dieser Sachlage ist eine dauerhafte Sicherung der Unterkunft in Gestalt des Wohnmobils nicht möglich, weshalb ein Anspruch auf Übernahme von Schulden in diesem Zusammenhang nicht besteht. Der Senat schließt sich insoweit den auf S. 7 des angefochtenen Beschlusses niedergelegten Gründen des SG an.

An der Situation der Antragstellerin ändert sich auch durch die in der Beschwerde mitgeteilte weitere Kreditaufnahme nichts. Angesichts ihrer finanziellen Lage - bei Antragstellung hat sie selber Schufa-Einträge in Höhe von ca. 12.000,00 EUR angegeben - dürfte über weitere Finanzierungsquellen eine dauerhafte Sicherung des Erwerbs des Wohnmobils nicht gewährleistet sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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