L 19 B 865/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AS 537/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 865/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Das Verfahren ist gerichtet auf einstweilige Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Der 1959 geborene Antragsteller erhielt von April 2005 bis August 2005 und ab dem 1. März 2006 von der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 413,79 Euro monatlich. Der Antragsteller ist Erbbauberechtigter eines Einfamilienhauses in der Sgasse , W, welches er vermietet hat. Er erhielt zunächst eine monatliche Miete in Höhe von 600,- Euro und zuletzt (ausweislich der Kontoauszüge seit April 2005) in Höhe von 700,- Euro. Am 1. Februar 2006 stellte er einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller mit vorläufigem Bescheid vom 14. März 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 1. März 2006 bis 31. Juli 2006 in Höhe von 413,79 Euro monatlich. Sie teilte ihm mit Schreiben vom 14. März 2006 mit, dass über seinen Antrag nur vorläufig entschieden werden könne, da die Angaben in dem Antragsvordruck Zusatzblatt 3 in Bezug auf Mieteinnahmen unvollständig seien und forderte ihn auf, bis zum 31. März 2006 seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. In seiner Erklärung vom 28. März 2006 bezifferte der Antragsteller die Miete mit 600,- Euro und die Belastungen mit ungefähr 600,- Euro. Die Antragsgegnerin hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 6. April 2006 gemäß § 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X - an, da er nach ihren Erkenntnissen in der Zeit vom 1. April 2005 bis 30. April 2006 Arbeitslosengeld II aufgrund von Mieteinnahmen zu Unrecht bezogen habe. Mit Bescheid vom 6. April 2006 hob die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit Wirkung vom 1. Mai 2006 aus gleichem Grund auf. Am 11. April 2006 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid ein und beantragte den "Erlass einer einstweiligen Anordnung" mit dem Antrag, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, bis zum "Abschluss des Widerspruchsverfahrens Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß SGB II ab Mai 2006 zu zahlen". Nach Durchführung eines Hausbesuches am 27. April 2006 durch ihren Prüf- und Ermittlungsdienst hat die Antragsgegnerin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen vom Antragsteller erhobene Klage wird beim Sozialgericht Potsdam unter dem Aktenzeichen S 6 AS 926/06 geführt.

Mit Beschluss vom 22. Mai 2006 hat das Sozialgericht Potsdam den "Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung" abgelehnt. Es hat ausgeführt, dass der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsgrundes bezüglich seiner Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Seine Behauptung, den Mieteinnahmen stünden etwa gleich hohe Ausgaben gegenüber, habe er nicht durch Vorlage geeigneter aktueller Nachweise über seine Mieteinnahmen und seine tatsächlichen Belastungen belegt. Die eingereichten, aus den vorangegangenen Kalenderjahren datierenden Unterlagen seien als Belege für den streitgegenständlichen Zeitraum ungeeignet. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller mit Frau W in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe und ihr etwaiges Einkommen auf seinen Bedarf anzurechnen sei. Auch darüber habe der Antragsteller bislang keine Nachweise zur Akte gereicht. Vor dem Hintergrund des Ermittlerberichtes über den Hausbesuch sei das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit Frau W als erwiesen anzusehen. Er genieße ein mietfreies Wohnrecht, dieses sei ebenfalls als Indiz anzusehen. Ansonsten ließe sich die kostenlose Gewährung von Kost und Logis nicht erklären.

Gegen diesen dem Antragsteller am 27. Mai 2006 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit seiner am 12. Juni 2006 eingegangenen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.

Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit Frau W nicht bestehe und den Mieteinnahmen Belastungen und Ausgaben entgegenstünden, die er im Einzelnen bezeichnet.

Der Senat geht, nachdem auf einen richterlichen Hinweis bezüglich des Streitgegenstandes ein konkreter Antrag nicht gestellt wurde, davon aus, der Antragsteller wolle beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Mai 2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 6. April 2006 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

II. Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde bestand weder bei Eingang der Beschwerde noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde als dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2006 - L 10 B 488/06 AS ER -).

Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde ist ein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist grundsätzlich gegeben bei Beschwer des Rechtsmittelführers. Vorliegend ist der Antragsteller zwar formell beschwert, da ihm etwas versagt wurde, was er beantragt hatte. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedoch dann, wenn die Beschwer prozessual überholt und dadurch gegenstandslos geworden ist (Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 8. Auflage, § 176 Rz. 2 m.w.N.). Aufgrund des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2006 erledigte sich vorliegend das Begehren des Antragstellers.

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ab Mai 2006 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende zu zahlen. In der Sache wendet er sich, wie seinem Antrag unter Berücksichtigung der Begründung zu entnehmen ist, gegen den Aufhebungsbescheid vom 6. April 2006, mit dem die Entscheidungen über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Bescheid vom 14. März 2006) für den Zeitraum ab 1. Mai 2006 aufgehoben wurden (§ 40 Abs. 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB II - i.V.m. § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X -). Bei Antragstellung bestand ein Rechtsschutzbedürfnis, weil gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Abs. 1 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Aufhebungsbescheid keine aufschiebende Wirkung haben. Nach dieser Regelung haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung.

Die Antragsgegnerin hat nach der Entscheidung des Sozialgerichts vom 22. Mai 2006 und vor Eingang der Beschwerde am 12. Juni 2006 den Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2006 erlassen. Das Widerspruchsverfahren ist mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides abgeschlossen worden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 6. April 2006 kann daher nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht mehr angeordnet werden. Infolge Zeitablaufs ist die vom Antragsteller begehrte Anordnung nicht mehr möglich und nötig. Die aufschiebende Wirkung der Widerspruchs über den Erlass des Widerspruchsbescheides hinaus anzuordnen war nicht möglich, da dies dem eindeutigen Antragsbegehren des Antragstellers widerspricht und damit einen Verstoß gegen § 123 SGG darstellen würde, was von dem Sozialgericht bei seiner Auslegung des Antrages nicht beachtet wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Gegen diese Entscheidung sieht das Gesetz keinen ordentlichen Rechtsbehelf vor (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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