L 10 R 700/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 5601/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 700/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.1.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1963 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben gelernter Maurer. Sein Versicherungsverlauf weist vor allem auch im Zeitraum von Juli 1993 bis April 1997 eine Lücke auf, weil er in dieser Zeit selbstständig tätig war. Danach arbeitete er rentenversicherungspflichtig als Maurer. Vor allem wegen einer Hepatitis B und C war er ab Ende März 1998 arbeitsunfähig, seit der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug ist er arbeitslos und bezieht Sozialleistungen. Hinsichtlich der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf zum Vormerkungsbescheid vom 16.8.2005 Bezug genommen.

Einen ersten Rentenantrag aus dem Jahre 1998 lehnte die Beklagte bei Annahme von Berufsunfähigkeit wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab (Bescheid vom 10.3.1999). Auch der erneute Rentenantrag vom 3.6.2005 blieb erfolglos (Bescheid vom 16.8.2005, Widerspruchsbescheid vom 13.12.2005). Zu Grunde lag insbesondere das Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Z. , der anhaltende, häufige und wässrige Durchfälle, eine arterielle Hypertonie und eine leichte körperliche Leistungsschwäche bei Trainingsmangel sowie rezidivierende Gonalgien diagnostizierte und ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für zumindest leichte Arbeiten bei Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen (kein Besteigen von Leitern, Treppen und Gerüsten, kein häufiges Knien sowie keine Arbeiten mit Verletzungs- oder Infektionsgefahr) bejahte. Eine Tätigkeit als Maurer sei nicht mehr möglich.

Das hiergegen am 30.12.2005 angerufene Sozialgericht Freiburg hat nach Befragung der behandelnden Ärzte (u.a. Hausärztin Dr. H.: auch leichte Tätigkeiten nur bis zu drei Stunden, wenn eine Toilette in der Nähe ist) ein Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin Dr. Sch. eingeholt. Dieser hat - neben den von Dr. Z. aufgeführten Leiden - vor allem einen Leberparenchymschaden sowie bewegungsabhängige Oberbauchbeschwerden rechts nach abgelaufener Hepatitis B und C und einen Zustand nach Operation eines Nervus ulnaris Syndroms links mit Pelzigkeitsgefühl und Schmerzen im Narbenbereich sowie Sensibilitätsstörungen des vierten und fünften Fingers rechts diagnostiziert und im Wesentlichen die gleiche Leistungsbeurteilung wie Dr. Z. abgegeben. Zusätzlich ausgeschlossen hat er Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeiten in Kälte, Nässe, im Freien und unter Wärmeeinfluss, mit Publikumsverkehr und mit besonderer nervlicher Belastung.

Mit Urteil vom 12.1.2007 hat das Sozialgericht die Klage hierauf gestützt abgewiesen und unter Darstellung der Rechtsgrundlagen für die begehrte Rente (§ 43, § 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -) ausgeführt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI sei, weil er nach den Gutachten noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich verrichten könne. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stehe dem Kläger nicht zu, weil er zwar seit März 1998 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) als Maurer berufsunfähig sei, jedoch - ausgehend von diesem Zeitpunkt des Versicherungsfalles - die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente nicht erfülle. Die später entrichteten Beiträge könnten in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden.

Hiergegen hat der Kläger am 8.2.2007 Berufung eingelegt. Er rügt die Gutachtenserstellung durch Dr. Sch.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.1.2007 und den Bescheid vom 16.8.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, verweist aber darauf, dass der Kläger, weil nach dem 1.1.1961 geboren, nicht zu dem von § 240 SGB VI erfassten Personenkreis gehört.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Zu ergänzen sind die Ausführungen des Sozialgerichts insoweit, als eine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit nach § 240 SGB VI tatbestandsmäßig auch deshalb ausscheidet, weil - wie von der Beklagten zutreffend dargelegt - der Kläger nach dem 1.1.1961 geboren ist.

Die Rügen des Klägers gegen das Gutachten von Dr. Sch. greifen nicht durch. Die Überzeugungskraft des Gutachtens leidet nicht dadurch, dass der Sachverständige nicht das Ausmaß der behaupteten Beschwerden des Klägers in seine Beurteilung übernommen hat. Bei der sozialmedizinischen Beurteilung dürfen die jeweiligen Angaben des Versicherten über seine Beschwerden gerade nicht unkritisch zu Grunde gelegt werden. Vielmehr ist eine Beurteilung anhand der objektiv zu erhebenden Befunde erforderlich, um auf diese Weise die Angaben über Beschwerden zu verifizieren. Gerade dieser Aufgabe ist der gerichtliche Sachverständige nachgekommen. So hat er insbesondere im Rahmen der Anamnese die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden dargestellt und - wie sich aus der epikritischen Beurteilung ergibt - in seine Überlegungen einbezogen. Dass er damit zu einer anderen Leistungsbeurteilung gelangt ist, als der Kläger, begründet keine Zweifel an seiner Einschätzung.

Im Übrigen steht das Gutachten von Dr. Sch. in Übereinstimmung mit der Beurteilung von Dr. Z. in dem für die Beklagte erstatteten Gutachten. Damit ist die - nicht mit einer Begründung versehene - Beurteilung von Dr. H. widerlegt. Soweit sie - insoweit zutreffend - darauf hinweist, dass wegen der beim Kläger auftretenden Durchfälle bei der Arbeit eine Toilette in der Nähe sein müsse, ist dies angesichts der geltenden Bestimmungen über Arbeitsstätten gewährleistet.

Soweit der Kläger auf Probleme mit seinen Zehen und Knien hinweist, ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. Z. , dass insoweit jedenfalls das Gehen in der Ebene nicht eingeschränkt ist. Diesen Beschwerden wird daher durch die aufgeführten qualitativen Einschränkungen vollauf Rechnung getragen. Hinsichtlich der oberen Gliedmaßen stellte Dr. Z. eine deutliche Beschwielung der Handinnenflächen beidseits fest. Sämtliche Gelenke waren in der Beweglichkeit nicht eingeschränkt, es gab keine Rötung oder sonstigen Entzündungszeichen, die grobe Kraft war beidseits gut. Auch Dr. Sch. hat insoweit keinen auffälligen Befund erhoben, sieht man von Sensibilitätsstörungen und einer Schmerzhaftigkeit im Narbenbereich ab. Damit lassen sich keine Einschränkungen begründen, insbesondere die vom Kläger behaupteten Funktionsstörungen (u.a. er könne mit der linken Hand nichts tragen) nicht nachvollziehen. Die Durchfälle hat der Kläger - so ausdrücklich die Anamnese von Dr. Z. - seit zehn Jahren. Sie bestanden also bereits zu einer Zeit, als der Kläger noch als Maurer tatsächlich tätig war. Dementsprechend kann hieraus keine zeitliche Leistungseinschränkung abgeleitet werden. Die vom Kläger aufgeführten Einschränkungen im täglichen Leben im Zusammenhang mit den Durchfällen (insbesondere was Familienausflüge betrifft) und Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Hepatitis (Vermeidung einer Übertragung von Körperflüssigkeiten über Wunden oder Sexualkontakt) sind für eine leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kein Hindernis. Gleiches gilt für die immer wieder bei endgradigen, maximalen Drehbewegungen des Oberkörpers (so die Feststellung von Dr. Z. ) auftretenden Schmerzen im Oberbauch.

Im Ergebnis sieht der Senat keinen Grund, warum der Kläger gehindert sein sollte, die bereits im Hinweisschreiben erwähnten Bürohilfsarbeiten oder die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise geforderten Verrichtungen, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, kleinere Reinigungstätigkeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr. 8) sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch der Kläger hat hinsichtlich der Bürohilfstätigkeiten nichts vorgetragen. Darauf, ob der Kläger mit seinen Gesundheitsstörungen auf dem Arbeitsmarkt noch einen leidensgerechten Arbeitsplatz findet, kommt es nicht an. Denn nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Das Problem, einen Arbeitsplatz zu bekommen ist damit ein Risiko, das nicht die gesetzliche Rentenversicherung, sondern die Arbeitslosenversicherung - im Rahmen der dort vorgesehenen Leistungen - zu tragen hat.

Damit ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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