Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 61/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 5053/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2005 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 12. Juli 2003 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 12. Juli 2003 einen Arbeitsunfall erlitt.
Der 1980 geborene Kläger, im Hauptberuf Schornsteinfeger, erlitt am 12. Juli 2003 gegen 15 Uhr einen Unfall, als er einen mobilen Hochsitz mit einem Schlepper von S. nach B. bringen wollte und ein nachfolgender PKW auf sein Gespann auffuhr. Hierbei zog er sich eine Distorsion von HWS und LWS sowie eine Thoraxprellung rechts zu.
Der Kläger handelte dabei im Auftrag seines Vaters K. K., der zusammen mit B. B. und G. F. Pächter und Mitunternehmer der bei der Beklagten versicherten Jagd war. Das Umstellen des Hochsitzes hätte etwa zwei Stunden gedauert. Erfolgen sollte es, nachdem K.K. im Wald in B. Rehfährten entdeckt hatte. K.K. konnte es wegen einer Urlaubsreise nicht selbst vornehmen. Eine offizielle Jagd war nicht geplant. Auf Rehe angesessen hätten die anderen Jagdpächter. Der Kläger war im Besitz eines gültigen Jagd- und Begehungsscheines und verfügte über eine Ausbildung als Jagdaufseher, war jedoch noch nicht von der unteren Jagdbehörde bestätigt. Üblicherweise war der Kläger für K.K., wenn dieser selbst verhindert war, mit Arbeiten in der Jagd beschäftigt (Fütterung, Bauen und Umstellen von Hochsitzen, Erlegen von Raubwild, Erfüllung des Abschlussplans, Freischneiden von Hochsitzen, Hilfe bei der Planung und Durchführung von Jagden, Führen von Jagdteilnehmern zu ihren Standplätzen, Hilfe bei Abtransport und Einlagerung bzw. Weiterverarbeitung des erlegten Wildes). Wildunfälle meldete die Polizei dem Kläger. K.K. sah ihn als seinen "persönlichen Vertreter". Der Kläger hielt sich etwa an einem Tag in der Woche einige Stunden im Revier auf, um dort anfallende Arbeiten zu erledigen. Ein Entgelt erhielt er von K.K. bzw. der Jagdgesellschaft nicht. An Jagden nahm er teil, hauptsächlich aber als Mithelfender.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 und Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalles ab, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Kläger sei weder versicherter Jagdpächter bzw. bei Vertretung des K.K. versicherter Mitpächter, noch - weil er zu keinem der Jagdpächter in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, insbesondere nicht als Jagdaufseher - versicherter Beschäftigter gewesen. Er sei auch nicht als "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen, da die in dem Revier regelmäßig von ihm verrichteten Tätigkeiten nicht unter arbeitnehmerähnlichen Umständen erfolgt seien. Er habe im eigenen Interesse gehandelt. Um die Jagd ausüben zu können, habe er die Arbeiten verrichtet. Er sei Jagdgast gewesen und habe einen Jagdschein besessen. Arbeiten und die Berechtigung zur Ausübung der Jagd im selben Revier seien eine Einheit und der Jagdgasttätigkeit zuzurechnen. Hierunter fielen auch Aufstellen bzw. Verstellen eines mobilen Hochsitzes zur Vorbereitung einer Jagd oder dem Ermöglichen einer Jagdtätigkeit. Dies sei daher grundsätzlich eine private unversicherte Tätigkeit, bei der die Liebhaberei im Vordergrund stehe. Die Tätigkeit sei die eines gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherungsfreien Jagdgastes.
Deswegen hat der Kläger am 4. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und geltend gemacht, bei den für K.K. verrichteten Tätigkeiten, insbesondere der zum Unfall führenden Tätigkeit, habe es sich nicht um eine solche gehandelt, die von einem Jagdgast anlässlich der unmittelbaren Jagdausübung zu erwarten seien. Sie seien auch den beiden weiteren Jagdpächtern bzw. deren Unternehmen zugute gekommen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, als Begehungsscheininhaber sei der Kläger grundsätzlich Jagdgast, auch wenn er sich zusätzlich im Revier nützlich mache und von ihm eine Beteiligung an den Revierarbeiten vom Jagdausübungsberechtigten erwartet worden sei. Selbst wenn einzelne Arbeiten im Revier versichert wären, fehle es am arbeitnehmerähnlichen Charakter der Tätigkeit. Die allgemeine Anweisung des K.K., den Hochsitz umzustellen genüge nicht, eine arbeitnehmerähnliche und damit versicherte Tätigkeit zu begründen, da der Kläger immer noch ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit gehabt habe. Dies zeige sich auch darin, dass er eine K.K. ähnliche und damit unternehmerähnliche Stellung inne gehabt habe. Die Kriterien einer "Wie-Beschäftigung" seien nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 23. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das am 18. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, er habe in unregelmäßigen Abständen aber doch ständig auf Anordnung der Jagdpächter und in deren Interesse von seiner eigenen jagdlichen Betätigung unabhängige Arbeiten ausgeführt. Die Kriterien einer "Wie-Beschäftigung" seien erfüllt. Die familiäre Beziehung zu K.K. als Mitpächter sei als Abgrenzungskriterium ungeeignet, da die Jagdpächtergemeinschaft aus drei Mitpächtern bestanden habe und er im Interesse aller tätig gewesen sei und nicht im eigenen Jagdinteresse. Er habe nicht nur K.K., sondern auch den übrigen Jagdpächtern oder sonstigen Begehungsberechtigten die Möglichkeit des Ansitzens auf Rehwild bieten wollen. Auch wenn er in gewissem Umfang ein eigenes jagdliches Interesse gehabt habe, sei daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass jedwede Tätigkeit im Jagdrevier ausschließlich eigenverantwortlich und im eigenen Interesse erfolgt sei. Er selbst habe auch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umstellen des Hochsitzes auf Rehe ansitzen wollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2006 sowie den Bescheid vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 12. Juli 2003 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die zum Unfall führende Tätigkeit sei geprägt gewesen vom eigenen Jagdinteresse und von der engen familiären Beziehung zu K.K., dem Mitpächter der Jagd. Auch wenn die Jagdpächtergemeinschaft aus drei Mitpächtern bestehe, sei der Kläger ausdrücklich auf Bitten des verhinderten K.K. tätig gewesen. Die anderen Mitpächter hätten mit der Aktion nichts zu tun gehabt. Das Umstellen eines mobilen Hochsitzes, um auf Rehwild anzusitzen, stelle eindeutig eine Tätigkeit dar, die mit der Jagdausübung im Zusammenhang stehe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Der Vorfall vom 12. Juli 2003 stellt einen Arbeitsunfall dar. Dies ist auf die Feststellungsklage des Klägers festzustellen, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Anhaltspunkte für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bestehen nicht, weil der Kläger weder bei K.K. noch bei der zwischen diesem und seinen Mitpächtern bestehenden Jagdpächtergemeinschaft angestellt war. Insbesondere war er nicht in einem Betrieb eingegliedert, erhielt keine Entlohnung und lagen auch keine sonstigen Merkmale vor, die bei Gesamtbetrachtung auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen ließen. So war er auch kein von der unteren Jagdbehörde bestätigter Jagdaufseher.
Der Kläger war jedoch bei dem Unfall am 12. Juli 2003 wie ein Beschäftigter tätig und versichert (§ 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).
Nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. Ein Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" setzt voraus (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 11. November 2003, B 2 U 41/02 R, in SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 m.w.N. und Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 5 m.w.N.), dass es sich - selbst wenn nur eine vorübergehende Tätigkeit vorliegt - um eine ernstliche Tätigkeit von wirt¬schaftlichem Wert handelt, die dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz), die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen. Eine per¬sönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger war im Interesse seines Vaters, des Jagdpächters, sowie von dessen Mitpächtern und damit des Unternehmers bzw. der Unternehmer tätig, weil er die diesen obliegenden Aufgaben mit dem Willen des K.K. erfüllte. Hätte der Kläger den Hochsitz nicht von S. nach B. verbracht, hätten sein Vater bzw. die Mitpächtergemeinschaft eine andere Person beauftragen können, die auf Weisung - und damit als Arbeitnehmer und nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter - diese Arbeiten ausgeführt hätte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Funktion des Klägers arbeitnehmerähnlich und nicht einem Unternehmer vergleichbar. Auch wenn er bestimmte Entscheidungsspielräume hatte, war er doch prinzipiell den Weisungen der Pächtergemeinschaft und damit auch seines Vaters unterworfen. Dies gilt auch, soweit K. K. den Kläger als seinen "Vertreter" ansah. Die Überlegung der Beklagten, als Vertreter des landwirtschaftlichen Unternehmers nehme man eine unternehmerische Stellung ein, verkennt die Abhängigkeit vom und die Direktionsbefugnis des Vertretenen (s. hierzu Urteil des Senats vom 8. September 2005, L 10 U 2535/04). Bestätigt wird dies auch durch die zum Unfall führende Verrichtung selbst. Der Kläger handelte auf ausdrückliche Bitte seines Vaters, also auf Weisung.
Anders als das Sozialgericht meint, war der Kläger auch nicht überwiegend im eigenen Interesse tätig.
Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Recht¬sprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu die¬nen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen (BSG, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4). Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen (BSG, a.a.O.).
Selbstverständlich war das Handeln des Klägers bei der Mithilfe im Revier auch durch die Motivation geprägt, hier seinem Hobby, der Jagd (im weitesten Sinne) nachzugehen. Indessen schließt dies eine fremdnützige Handlungstendenz ebenso wenig aus, wie das Interesse eines Beschäftigten, durch die geleistete Arbeit ein Entgelt zu verdienen. Orientiert waren die Handlungen des Klägers und insbesondere die zum Unfall führende Verrichtung an den Erfordernissen im Jagdrevier und - gerade die zum Unfall führende Verrichtung - an den Weisungen des Jagdpächters. Es handelte sich damit um Tätigkeiten für die Jagdpächter, also um fremdnützige Tätigkeiten.
Es handelte sich auch nicht um eine verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistung. Eine solche liegt dann vor, wenn die Tätigkeit ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhält. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten (BSG, Urteil vom 1. Februar 1979 - 2 RU 65/78 - in SozR 2200 § 539 Nr. 55). Einer - unversicherten - rein familienhaften Mithilfe steht bereits entgegen, dass sowohl die zum Zeitpunkt des Unfalles verrichtete Tätigkeit (Umstellen eines Hochsitzes), als auch die vom Kläger in der Jagd insgesamt verrichteten Tätigkeiten nicht nur für den Vater, sondern auch für die weiteren Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft erfolgten. Darüber hinaus stehen auch der Umfang der übernommenen Aufgaben, deren Art und der damit verbundene zeitliche Aufwand der Annahme von nur familiärer Hilfe entgegen. Die übernommenen Tätigkeiten wie Hilfe bei der Wildfütterung, beim Bauen, Umstellen und Freischneiden von Hochsitzen, beim Erlegen von Raubwild, bei der Erfüllung des Abschlussplanes, bei der Planung und Durchführung von Jagden, beim Führen von Jagdteilnehmern zu ihren Standplätzen, bei Abtransport und Einlagerung bzw. Weiterverarbeitung des erlegten Wildes und bei der Meldung von Wildunfällen durch die Polizei entsprachen im Wesentlichen den Aufgaben eines (bestätigten) angestellten Jagdaufsehers, wenn auch der Kläger tatsächlich nicht Beschäftigter war. Die für den Vater des Klägers übernommenen Tätigkeiten gehen damit nach Auffassung des Senats über eine durch die familiären Beziehungen geprägte Gefälligkeit hinaus.
Allerdings sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII u. a. Personen von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII frei, die aufgrund einer vom Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Jagdgast jagen. Diese Vorschrift greift hier jedoch nicht ein. Sie bezieht sich, wie vom Senat bereits entschieden (Urteil vom 26. Januar 2006, L 10 U 4808/04), ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII und nicht auf die hier vorliegende Versicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII.
Diese Frage braucht hier jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn der Kläger war nicht in der Eigenschaft als Jagdgast tätig.
Dass der Kläger eine Jagderlaubnis des Jagdausübungsberechtigten, hier seines Vaters und weiterer Mitpächter, besaß, führt nicht dazu, dass er zwangsläufig bei jedem Gang im Revier als Jagdgast anzusehen ist. Vielmehr kann auch eine Person, die über eine Jagderlaubnis für ein Revier verfügt, in diesem als "Wie-Beschäftigter" gemäß § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig werden (BSG, Urteil vom 11. November 2003, a. a. O. noch zum alten Rechtszustand, wo sich die Jagdgast-Regelung auch auf den Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" bezog). Maßgebend ist die konkrete Situation, anlässlich der sich der Unfall ereignete.
Ob jemand als Jagdgast tätig wird, hängt davon ab, ob die konkrete Verrichtung dem Begriff der Jagd zugeordnet werden kann (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, a.a.O.). Zur Bestimmung dessen, was zur Jagdausübung gehört, ist von den einschlägigen Vorschriften des Jagdrechts auszugehen, weil es einen hiervon unterschiedlichen Begriff der Jagdausübung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gibt. Nach § 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild), zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild (§ 1 Abs. 4 BJagdG). Demgegenüber hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 BJagdG). Zwischen Hege und Jagdausübung ist somit zu unterscheiden, wenngleich zur Hege auch das Jagen von Tieren gehören kann, z.B. um den Bestand bestimmter Tierarten zu verringern (BSG, a.a.O.). Diese grundsätzliche Systematik verkennt die Beklagte, wenn sie Hege prinzipiell der Jagdausübung zuordnet.
Hier war keine konkrete Jagdtätigkeit des Klägers selbst beabsichtigt. Auch war unklar, wann der Vater des Klägers oder dessen Mitpächter, denen die Arbeiten zugute kamen, den umzustellenden Hochsitz für eine jagdliche Tätigkeit nutzen würden. Im Zeitpunkt der Verrichtung war somit keine Jagdausübung geplant. Wenn aber keine Jagd ausgeübt werden sollte, kann der Kläger auch nicht als Jagdgast tätig geworden sein.
Im Ergebnis erlitt der Kläger damit am 12. Juli 2003 einen Arbeitsunfall. Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Sozialgerichts deshalb aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 12. Juli 2003 einen Arbeitsunfall erlitt.
Der 1980 geborene Kläger, im Hauptberuf Schornsteinfeger, erlitt am 12. Juli 2003 gegen 15 Uhr einen Unfall, als er einen mobilen Hochsitz mit einem Schlepper von S. nach B. bringen wollte und ein nachfolgender PKW auf sein Gespann auffuhr. Hierbei zog er sich eine Distorsion von HWS und LWS sowie eine Thoraxprellung rechts zu.
Der Kläger handelte dabei im Auftrag seines Vaters K. K., der zusammen mit B. B. und G. F. Pächter und Mitunternehmer der bei der Beklagten versicherten Jagd war. Das Umstellen des Hochsitzes hätte etwa zwei Stunden gedauert. Erfolgen sollte es, nachdem K.K. im Wald in B. Rehfährten entdeckt hatte. K.K. konnte es wegen einer Urlaubsreise nicht selbst vornehmen. Eine offizielle Jagd war nicht geplant. Auf Rehe angesessen hätten die anderen Jagdpächter. Der Kläger war im Besitz eines gültigen Jagd- und Begehungsscheines und verfügte über eine Ausbildung als Jagdaufseher, war jedoch noch nicht von der unteren Jagdbehörde bestätigt. Üblicherweise war der Kläger für K.K., wenn dieser selbst verhindert war, mit Arbeiten in der Jagd beschäftigt (Fütterung, Bauen und Umstellen von Hochsitzen, Erlegen von Raubwild, Erfüllung des Abschlussplans, Freischneiden von Hochsitzen, Hilfe bei der Planung und Durchführung von Jagden, Führen von Jagdteilnehmern zu ihren Standplätzen, Hilfe bei Abtransport und Einlagerung bzw. Weiterverarbeitung des erlegten Wildes). Wildunfälle meldete die Polizei dem Kläger. K.K. sah ihn als seinen "persönlichen Vertreter". Der Kläger hielt sich etwa an einem Tag in der Woche einige Stunden im Revier auf, um dort anfallende Arbeiten zu erledigen. Ein Entgelt erhielt er von K.K. bzw. der Jagdgesellschaft nicht. An Jagden nahm er teil, hauptsächlich aber als Mithelfender.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 und Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalles ab, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Kläger sei weder versicherter Jagdpächter bzw. bei Vertretung des K.K. versicherter Mitpächter, noch - weil er zu keinem der Jagdpächter in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, insbesondere nicht als Jagdaufseher - versicherter Beschäftigter gewesen. Er sei auch nicht als "Wie-Beschäftigter" versichert gewesen, da die in dem Revier regelmäßig von ihm verrichteten Tätigkeiten nicht unter arbeitnehmerähnlichen Umständen erfolgt seien. Er habe im eigenen Interesse gehandelt. Um die Jagd ausüben zu können, habe er die Arbeiten verrichtet. Er sei Jagdgast gewesen und habe einen Jagdschein besessen. Arbeiten und die Berechtigung zur Ausübung der Jagd im selben Revier seien eine Einheit und der Jagdgasttätigkeit zuzurechnen. Hierunter fielen auch Aufstellen bzw. Verstellen eines mobilen Hochsitzes zur Vorbereitung einer Jagd oder dem Ermöglichen einer Jagdtätigkeit. Dies sei daher grundsätzlich eine private unversicherte Tätigkeit, bei der die Liebhaberei im Vordergrund stehe. Die Tätigkeit sei die eines gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherungsfreien Jagdgastes.
Deswegen hat der Kläger am 4. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben und geltend gemacht, bei den für K.K. verrichteten Tätigkeiten, insbesondere der zum Unfall führenden Tätigkeit, habe es sich nicht um eine solche gehandelt, die von einem Jagdgast anlässlich der unmittelbaren Jagdausübung zu erwarten seien. Sie seien auch den beiden weiteren Jagdpächtern bzw. deren Unternehmen zugute gekommen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, als Begehungsscheininhaber sei der Kläger grundsätzlich Jagdgast, auch wenn er sich zusätzlich im Revier nützlich mache und von ihm eine Beteiligung an den Revierarbeiten vom Jagdausübungsberechtigten erwartet worden sei. Selbst wenn einzelne Arbeiten im Revier versichert wären, fehle es am arbeitnehmerähnlichen Charakter der Tätigkeit. Die allgemeine Anweisung des K.K., den Hochsitz umzustellen genüge nicht, eine arbeitnehmerähnliche und damit versicherte Tätigkeit zu begründen, da der Kläger immer noch ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit gehabt habe. Dies zeige sich auch darin, dass er eine K.K. ähnliche und damit unternehmerähnliche Stellung inne gehabt habe. Die Kriterien einer "Wie-Beschäftigung" seien nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 23. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das am 18. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, er habe in unregelmäßigen Abständen aber doch ständig auf Anordnung der Jagdpächter und in deren Interesse von seiner eigenen jagdlichen Betätigung unabhängige Arbeiten ausgeführt. Die Kriterien einer "Wie-Beschäftigung" seien erfüllt. Die familiäre Beziehung zu K.K. als Mitpächter sei als Abgrenzungskriterium ungeeignet, da die Jagdpächtergemeinschaft aus drei Mitpächtern bestanden habe und er im Interesse aller tätig gewesen sei und nicht im eigenen Jagdinteresse. Er habe nicht nur K.K., sondern auch den übrigen Jagdpächtern oder sonstigen Begehungsberechtigten die Möglichkeit des Ansitzens auf Rehwild bieten wollen. Auch wenn er in gewissem Umfang ein eigenes jagdliches Interesse gehabt habe, sei daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass jedwede Tätigkeit im Jagdrevier ausschließlich eigenverantwortlich und im eigenen Interesse erfolgt sei. Er selbst habe auch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umstellen des Hochsitzes auf Rehe ansitzen wollen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2006 sowie den Bescheid vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 12. Juli 2003 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, die zum Unfall führende Tätigkeit sei geprägt gewesen vom eigenen Jagdinteresse und von der engen familiären Beziehung zu K.K., dem Mitpächter der Jagd. Auch wenn die Jagdpächtergemeinschaft aus drei Mitpächtern bestehe, sei der Kläger ausdrücklich auf Bitten des verhinderten K.K. tätig gewesen. Die anderen Mitpächter hätten mit der Aktion nichts zu tun gehabt. Das Umstellen eines mobilen Hochsitzes, um auf Rehwild anzusitzen, stelle eindeutig eine Tätigkeit dar, die mit der Jagdausübung im Zusammenhang stehe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Der Vorfall vom 12. Juli 2003 stellt einen Arbeitsunfall dar. Dies ist auf die Feststellungsklage des Klägers festzustellen, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Anhaltspunkte für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bestehen nicht, weil der Kläger weder bei K.K. noch bei der zwischen diesem und seinen Mitpächtern bestehenden Jagdpächtergemeinschaft angestellt war. Insbesondere war er nicht in einem Betrieb eingegliedert, erhielt keine Entlohnung und lagen auch keine sonstigen Merkmale vor, die bei Gesamtbetrachtung auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen ließen. So war er auch kein von der unteren Jagdbehörde bestätigter Jagdaufseher.
Der Kläger war jedoch bei dem Unfall am 12. Juli 2003 wie ein Beschäftigter tätig und versichert (§ 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).
Nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. Ein Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" setzt voraus (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 11. November 2003, B 2 U 41/02 R, in SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 m.w.N. und Urteil vom 31. Mai 2005, B 2 U 35/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 5 m.w.N.), dass es sich - selbst wenn nur eine vorübergehende Tätigkeit vorliegt - um eine ernstliche Tätigkeit von wirt¬schaftlichem Wert handelt, die dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz), die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen. Eine per¬sönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen ist demgegenüber nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ist auch, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder unentgeltlich handelte.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger war im Interesse seines Vaters, des Jagdpächters, sowie von dessen Mitpächtern und damit des Unternehmers bzw. der Unternehmer tätig, weil er die diesen obliegenden Aufgaben mit dem Willen des K.K. erfüllte. Hätte der Kläger den Hochsitz nicht von S. nach B. verbracht, hätten sein Vater bzw. die Mitpächtergemeinschaft eine andere Person beauftragen können, die auf Weisung - und damit als Arbeitnehmer und nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter - diese Arbeiten ausgeführt hätte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Funktion des Klägers arbeitnehmerähnlich und nicht einem Unternehmer vergleichbar. Auch wenn er bestimmte Entscheidungsspielräume hatte, war er doch prinzipiell den Weisungen der Pächtergemeinschaft und damit auch seines Vaters unterworfen. Dies gilt auch, soweit K. K. den Kläger als seinen "Vertreter" ansah. Die Überlegung der Beklagten, als Vertreter des landwirtschaftlichen Unternehmers nehme man eine unternehmerische Stellung ein, verkennt die Abhängigkeit vom und die Direktionsbefugnis des Vertretenen (s. hierzu Urteil des Senats vom 8. September 2005, L 10 U 2535/04). Bestätigt wird dies auch durch die zum Unfall führende Verrichtung selbst. Der Kläger handelte auf ausdrückliche Bitte seines Vaters, also auf Weisung.
Anders als das Sozialgericht meint, war der Kläger auch nicht überwiegend im eigenen Interesse tätig.
Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Recht¬sprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu die¬nen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen (BSG, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4). Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen (BSG, a.a.O.).
Selbstverständlich war das Handeln des Klägers bei der Mithilfe im Revier auch durch die Motivation geprägt, hier seinem Hobby, der Jagd (im weitesten Sinne) nachzugehen. Indessen schließt dies eine fremdnützige Handlungstendenz ebenso wenig aus, wie das Interesse eines Beschäftigten, durch die geleistete Arbeit ein Entgelt zu verdienen. Orientiert waren die Handlungen des Klägers und insbesondere die zum Unfall führende Verrichtung an den Erfordernissen im Jagdrevier und - gerade die zum Unfall führende Verrichtung - an den Weisungen des Jagdpächters. Es handelte sich damit um Tätigkeiten für die Jagdpächter, also um fremdnützige Tätigkeiten.
Es handelte sich auch nicht um eine verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistung. Eine solche liegt dann vor, wenn die Tätigkeit ihr gesamtes Gepräge, insbesondere nach Art, Umfang und Zeitdauer von den familiären Bindungen zwischen Angehörigen erhält. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten (BSG, Urteil vom 1. Februar 1979 - 2 RU 65/78 - in SozR 2200 § 539 Nr. 55). Einer - unversicherten - rein familienhaften Mithilfe steht bereits entgegen, dass sowohl die zum Zeitpunkt des Unfalles verrichtete Tätigkeit (Umstellen eines Hochsitzes), als auch die vom Kläger in der Jagd insgesamt verrichteten Tätigkeiten nicht nur für den Vater, sondern auch für die weiteren Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft erfolgten. Darüber hinaus stehen auch der Umfang der übernommenen Aufgaben, deren Art und der damit verbundene zeitliche Aufwand der Annahme von nur familiärer Hilfe entgegen. Die übernommenen Tätigkeiten wie Hilfe bei der Wildfütterung, beim Bauen, Umstellen und Freischneiden von Hochsitzen, beim Erlegen von Raubwild, bei der Erfüllung des Abschlussplanes, bei der Planung und Durchführung von Jagden, beim Führen von Jagdteilnehmern zu ihren Standplätzen, bei Abtransport und Einlagerung bzw. Weiterverarbeitung des erlegten Wildes und bei der Meldung von Wildunfällen durch die Polizei entsprachen im Wesentlichen den Aufgaben eines (bestätigten) angestellten Jagdaufsehers, wenn auch der Kläger tatsächlich nicht Beschäftigter war. Die für den Vater des Klägers übernommenen Tätigkeiten gehen damit nach Auffassung des Senats über eine durch die familiären Beziehungen geprägte Gefälligkeit hinaus.
Allerdings sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII u. a. Personen von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII frei, die aufgrund einer vom Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Jagdgast jagen. Diese Vorschrift greift hier jedoch nicht ein. Sie bezieht sich, wie vom Senat bereits entschieden (Urteil vom 26. Januar 2006, L 10 U 4808/04), ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII und nicht auf die hier vorliegende Versicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII.
Diese Frage braucht hier jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn der Kläger war nicht in der Eigenschaft als Jagdgast tätig.
Dass der Kläger eine Jagderlaubnis des Jagdausübungsberechtigten, hier seines Vaters und weiterer Mitpächter, besaß, führt nicht dazu, dass er zwangsläufig bei jedem Gang im Revier als Jagdgast anzusehen ist. Vielmehr kann auch eine Person, die über eine Jagderlaubnis für ein Revier verfügt, in diesem als "Wie-Beschäftigter" gemäß § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig werden (BSG, Urteil vom 11. November 2003, a. a. O. noch zum alten Rechtszustand, wo sich die Jagdgast-Regelung auch auf den Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" bezog). Maßgebend ist die konkrete Situation, anlässlich der sich der Unfall ereignete.
Ob jemand als Jagdgast tätig wird, hängt davon ab, ob die konkrete Verrichtung dem Begriff der Jagd zugeordnet werden kann (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, a.a.O.). Zur Bestimmung dessen, was zur Jagdausübung gehört, ist von den einschlägigen Vorschriften des Jagdrechts auszugehen, weil es einen hiervon unterschiedlichen Begriff der Jagdausübung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gibt. Nach § 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wild lebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild), zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Die Jagdausübung erstreckt sich auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild (§ 1 Abs. 4 BJagdG). Demgegenüber hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 BJagdG). Zwischen Hege und Jagdausübung ist somit zu unterscheiden, wenngleich zur Hege auch das Jagen von Tieren gehören kann, z.B. um den Bestand bestimmter Tierarten zu verringern (BSG, a.a.O.). Diese grundsätzliche Systematik verkennt die Beklagte, wenn sie Hege prinzipiell der Jagdausübung zuordnet.
Hier war keine konkrete Jagdtätigkeit des Klägers selbst beabsichtigt. Auch war unklar, wann der Vater des Klägers oder dessen Mitpächter, denen die Arbeiten zugute kamen, den umzustellenden Hochsitz für eine jagdliche Tätigkeit nutzen würden. Im Zeitpunkt der Verrichtung war somit keine Jagdausübung geplant. Wenn aber keine Jagd ausgeübt werden sollte, kann der Kläger auch nicht als Jagdgast tätig geworden sein.
Im Ergebnis erlitt der Kläger damit am 12. Juli 2003 einen Arbeitsunfall. Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Sozialgerichts deshalb aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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