L 11 R 161/07 AK-A

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 7 R 2203/03
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 161/07 AK-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Beteiligten stritten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der 1954 geborene Kläger beantragte am 21.08.2002 Rente wegen Erwerbsminderung, die die Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung (internistisches Gutachten von Dr. M.) mit Bescheid vom 10.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2003 ablehnte. Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) und begehrte, die Beklagte zu verurteilen, ihm antragsgemäß eine volle Erwerbsminderungsrente ab dem 01.08.2002 zu gewähren. Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen und holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein internistisch-nephrologisches Gutachten ein, das Dr. L. erstattete, ein. Dr. L. ging davon aus, dass der Kläger für leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig leistungsfähig sei. Mit Gerichtsbescheid vom 17.01.2005 wies hierauf das SG die Klage ab. Mit seiner dagegen am 03.02.2005 eingelegten Berufung verfolgte der Kläger sein bisheriges Begehren weiter. Im Berufungsverfahren wurde zunächst eine sachverständige Zeugenauskunft des Internisten und Nephrologen Dr. R. eingeholt und anschließend der Kläger auf internistischem Gebiet zunächst von Prof. Dr. S. (Gutachten vom 02.03.2006) und anschließend von Ärzten des R.-B.-Krankenhauses S. (Gutachten vom 07.09.2006) begutachtet. Die letztgenannten Ärzte vertraten die Auffassung, dass der Kläger auch leichte Tätigkeiten nur noch 3 bis 6 Stunden täglich verrichten könne. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe ab Oktober 2003. Hierauf erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Dezember 2005 befristet vom 01.07.2006 bis 30.06.2009 zu gewähren. Hinsichtlich der Kosten wurde angeboten, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten (Schriftsatz vom 27.10.2006). Der Kläger nahm dieses Anerkenntnis der Beklagten nur als Teilanerkenntnis an. Er vertrat die Auffassung, dass der Versicherungsfall weiter in die Vergangenheit zurückzulegen sei. Hierauf unterbreitete die Beklagte einen Vergleichsvorschlag dahingehend, dass unter Abänderung des Anerkenntnisses vom 27.10.2006, der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung bereits im September 2005 eingetreten sei. Die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung sei ab 01.04.2006 zu leisten (Schriftsatz vom 07.12.2006). Diesen geänderten Vergleichsvorschlag nahm der Kläger an.

Unter Vorlage einer Kostennote vom 28.12.2006 begehrt der Kläger, die Beklagte möge die Kosten des Berufungsverfahrens übernehmen.

Die Beklagte ist lediglich bereit, entsprechend ihrem Anerkenntnis vom 27.10.2006 in Verbindung mit dem Vergleichsvorschlag vom 07.12.2006 die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens zu übernehmen. Sie vertritt die Auffassung, dass lediglich ein Teilanerkenntnis erfolgt sei, nachdem nur eine volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit und nicht auf Dauer anerkannt worden sei.

II.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens des Klägers zu tragen. Nach § 193 Abs. 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird. Der Inhalt dieser Entscheidung richtet sich nach billigem Ermessen ohne Rücksicht auf die Anträge der Beteiligten (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 193 Rdnr. 12 ff.). Grundsätzlich hat das Gericht bei der Ausübung des sachgemäßen oder billigen Ermessens alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Bei Erledigung ohne Urteil hat vor allem der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrensausgang den Ausschlag zu geben (vgl. BSG, Beschluss vom 07.09.1998 - NZS 1999, 264). Der Senat ist hierbei zwar nicht ausschließlich an dem prozessualen Ausgang des Verfahrens gebunden, jedoch ist es in der Regel sachgerecht, dass derjenige die Kosten trägt, der unterliegt. Bedeutsam ist aber auch, ob sich die Sach- und Rechtslage nach Erlass des Bescheides geändert hat; trägt ein Beteiligter dem sofort Rechnung, hat er gegebenenfalls keine Kosten zu tragen. Das ist Ausfluss des Veranlassungsprinzips und trägt dem Rechtsgedanken des § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) Rechnung.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es gerechtfertigt, der Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Hierbei wird berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung insoweit erfolgreich war, als ihm eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt wurde. Zu beachten ist aber auch, dass dem Kläger nur eine befristete Rente gewährt wird und dass der Leistungsfall erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten ist. Darüber hinaus hat die Beklagte auf das Gutachten des R.-B.-Krankenhauses mit einem Teilanerkenntnis reagiert. Insoweit ist aber auch nicht außer acht zu lassen, dass die Beklagte auf das Vorbringen des Klägers den Leistungsfall über das ursprüngliche Teilanerkenntnis hinaus weiter vorverlegt hat. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte entspricht es billigem Ermessen der Beklagten, die sich bereit erklärt hat, die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens zu übernehmen, tatsächlich die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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