Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 AL 419/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 130/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 47/07 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 1. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg wird in Ziffer II. (Verfahrensgebühr) aufgehoben.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des 1942 geborenen Klägers auf Rücknahme eines Bescheides vom 06.11.2002, mit welchem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ab 04.11.2002 aufgehoben hatte.
Den bindend gewordenen Bescheid begründete die Beklagte damit, dass der Kläger infolge seiner Ortsabwesenheit (Aufenthalt in Polen) nicht mehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Zuvor hatte der Kläger, der seit 1989 im Leistungsbezug stand, am 01.07.2002 mit Fortzahlungsmitteilung vom gleichen Tage Arbeitslosenhilfe bis zum 11.08.2003 bewilligt bekommen. Am 02.09.2002 hatte er sich erneut arbeitslos gemeldet und daraufhin mit Überweisungen vom 30.09.2002, 28.10.2002 und 06.11.2002 insgesamt 997,92 Euro Arbeitslosenhilfe ab 02.09.2002 erhalten. Am 11.10.2002 teilte der Kläger mit, dass er sich ab dem 14.10.2002 für einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen "freistellen lassen" müsse. Am 04.11.2002 hat dann der Sohn des Klägers bei der Beklagten vorgesprochen und eine weiter andauernde Ortsabwesenheit angezeigt. Die Leistungen wurden daraufhin bis zum neuen Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 29.01.2003 eingestellt. Am 06.11.2002 erfolgte dann ausweislich der Zahlungsnachweise der Beklagten ein Aufhebungsbescheid ab dem 04.11.2002. Am 13.03.2003 legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 24.10.2002 vor, in welcher ein Arzt für Allgemeinmedizin in Polen psychiatrische Erkrankungsbilder diagnostizierte und eine Vorsprache des Klägers attestierte.
Am 05.06.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 04.11.2002 bis 28.01.2003, woraufhin die Beklagte mitteilte, dass ein entsprechender Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt werden müsste. Nach weiterer Intervention des Klägers lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 31.03.2004 ab, den Bescheid vom 06.11.2002 im Sinne von § 44 SGB X zurückzunehmen. Dem Kläger seien nicht zu Unrecht Leistungen versagt worden, weil der genannte Bescheid der Sach- und Rechtslage entsprochen habe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.04.2004).
Nach Vorlage einer weiteren Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 29.06.2004, wonach der Gesundheitszustand die Ausübung der Berufstätigkeit unmöglich gemacht habe, ließ die Beklagte die Arbeitsunfähigkeit durch die zuständige Ortskrankenkasse überprüfen. Dieser fehlten zum Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit die Bezugnahme auf den Status des Klägers als Arbeitsloser (anstelle einer Berufstätigkeit) sowie die Art der Behandlung und der verordneten Medikamente. Auch fehlten Hinweise auf eine mangelnde Reisefähigkeit des Klägers. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Überprüfung im Sinne von § 44 SGB X erneut, nunmehr mit Bescheid vom 16.07.2004 bzw. Widerspruchsbescheid vom 27.08.2004 ab.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben, welches am 01.03.2005 bei Anwesenheit des Klägers durch Urteil die Klage zurückwies und ihm Verschuldenskosten von 400,00 Euro auferlegte. Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und diese damit begründet, dass ihm wegen Krankheit Wiedereinsetzung wegen seines versäumten Widerspruchs hätte gewährt werden müsse. Auch sei die Arbeitsagentur dafür verantwortlich, dass seine Krankenkasse nicht geleistet habe, die unter Berufung auf die Weigerung der Arbeitsagentur das ärztliche Attest ebenfalls nicht anerkannt habe.
Den am 02.05.2005 gestellten Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe wies der Senat mit Beschluss vom 17.11.2006 zurück.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 01.03.2005 sowie des Bescheides vom 16.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2004 zu verpflichten, den Bescheid vom 06.11.2002 aufzuheben und ihm Arbeitslosenhilfe vom 04.11.2002 bis zum 28.01.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Voraussetzungen eines Gerichtsbeschlusses gegeben sind und dessen Erlass mehrmals angekündigt worden ist. Der Kläger hat davon Kenntnis erlangt und sich dazu geäußert.
Gegenstand des Verfahrens ist die Versagung der Rücknahme gemäß § 44 SGB X des Bescheides vom 06.11.2002 durch die Beklagte (Bescheid vom 16.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27.08.2004). Die hiergegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Rechtsverhältnis durch Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2002 erneut zu gestalten.
In der Sache weist der Senat die Berufung zum Teil aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG, das wiederum auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verweist (§ 136 Abs. 3 SGG), als unbegründet zurück und sieht bis auf das folgende von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50). Darüber hinaus wird auf die weitere Darstellung der Sach- und Rechtslage im Beschluss über die Prozesskostenhilfe verwiesen (vgl. Meyer-Ladewig, 8. Aufl., Rndnr. 7d zu § 136 SGG).
Schließlich wird ergänzend ausgeführt, dass der Bescheid vom 06.11.2002 nicht unrichtig war. Zurecht ist damit die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgehoben worden. Durch eine ungenehmigte Ortsabwesenheit ist eine Tatbestandsvoraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld entfallen, ohne dass die Voraussetzungen der Leistungsfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 126 SGB III vorgelegen hätten. Eine Weitergewäh-rung wegen Arbeitsunfähigkeit war mangels deren Nachweis nicht angezeigt. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 08.05.2006 zurecht ausgeführt, dass die Anzeigepflicht der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 311 SGB III strengen Anforderungen unterliegt. Dabei ist eine unverzügliche Anzeige (§ 311 Satz 1 Nr. 1 SGB III) spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung (§ 311 Satz 1 Nr. 2 SGB III) erforderlich. Eine rechtzeitige Anzeige des Klägers von seiner Krankheit und der dadurch bedingten Verhinderung fehlte. Die Anzeige ist formfrei und hätte auch mündlich und telefonisch durch einen Dritten oder einem Familienangehörigen erfolgen können. Eine Bescheinigung im Sinne von § 311 SGB III ist vom Kläger nie vorgelegt worden. Erst Monate später hat er ein Schriftstück eines Arztes aus Polen vom 24.10.2002 vorgelegt, wonach diverse Gesundheitsstörungen, auch auf psychiatrischem Fachgebiet vorlägen. Auch die weitere Bescheinigung vom 29.06.2004 genügte nicht den Anforderungen an eine wirksame Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Den Ausführungen der Ortskrankenkasse in deren Schreiben vom 09.07.2004 ist voll zuzustimmen. Sie entsprechen §§ 44, 92 SGB V in Verbindung mit den vom Bundesausschuss erlassenen Richtlinien zur Arbeitsunfähigkeit.
Damit bestand die Befugnis zur rückwirkenden und zukünftigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X.
Zusammenfassend hat die Berufung keinen Erfolg. Das Urteil des SG erging zurecht.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Wegen der weiteren Kostentscheidung wird auf nachstehendes (Gliederungspunkt III.) verwiesen.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 163 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGG).
III.
Die Verhängung der Missbrauchsgebühr gem. § 192 SGG in der seit dem 02.01.2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. ÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl. I, 2144, 2151) kann durch eine zu begründende Berufungsentscheidung beseitigt werden (§ 192 Abs. 2 Satz 2 SGG). Daran ist der Senat auch nicht durch die Entscheidungsform des Beschlusses gehindert, der nur die Zurückweisung der Berufung betrifft und nicht durch eine Entscheidung über Kosten nach § 192 SGG, die außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses der Beklagten liegen.
Da es sich nicht um Kosten der Beteiligten handelt, ist für eine solche Entscheidung kein Antrag erforderlich (Meyer-Ladewig, § 192 Rz. 19).
Bei der Prüfung von Amts wegen fällt das gem. § 192 Abs. 2 SGG auszuübende Ermessen hier zu Gunsten des Klägers aus. Der Kostenentscheidung des SG ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger mit seinem Beharren auf einer gerichtlichen Entscheidung der Kammer die Missbrauchsschwelle des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG überschritten hat. Erst Recht ergibt sich nicht, dass das SG einen derartigen Missbrauch dem Kläger gegenüber dargelegt hat. Dies hätte beispielsweise in der Darlegung wiederholter Antragstellung nach § 44 SGB X liegen können.
Der Missbrauch staatlichen Rechtsschutzes muss für die Anwendung der Vorschrift des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG objektiv vorliegen. Etwas anderes lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Allein eine ungünstige Beweissituation wird einen Missbrauch nicht begründen können. Vielmehr muss ein gewisses Ausmaß an Aussichtslosigkeit bestehen. Missbräuchliche Rechtsverfolgung i.S. von § 192 Abs. 1 S 1 Nr. 2 SGG i.d.F. des 6. ÄndG kann - wie der Hinweis im Gesetzgebungsverfahren auf § 34 Abs. 2 BVerfGG zeigt - bei Weiterverfolgung eines Rechtsbehelfs trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit vorliegen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 11.12.2002, Az.: L 6 AL 1000/01). In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zu § 34 Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfG vom 12.09.2000 - 2 BvR 1466/00 = AnwBl 2001, 120, vom 17.01.1997 - 2 BvR 35/97 und vom 08.01.1996 - 2 BvR 2796/95) ist deshalb nach einem objektiven Maßstab von Missbräuchlichkeit bei offensichtlich unzulässiger Rechtswahrnehmung auszugehen. Die Missbräuchlichkeit muss aber dem Kläger in einem Termin hinreichend dargelegt werden.
Von einem derartigen Ausmaß der Aussichtslosigkeit und deren Darlegung kann im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden.
Der Kläger war, gestützt auf ein weiteres ärztliches Attest, der Ansicht, dass seine erneuten Bemühungen in einem zweiten Verfahren nach § 44 SGB X zum Nachweis der Anzeige und der Arbeitsunfähigkeit ausreichten. Außer pauschalen Hinweisen auf die Aussichtslosigkeit eines Rechtsbehelfs ist ausweislich des Protokolls sowie des Tatbestands des angefochtenen Urteils kein weiterer Hinweis erfolgt. Darüber hinaus entspricht die Darlegung des SG hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 44 SGB X nicht der Rechtslage. Eine Überprüfung hat nicht nur dann zu erfolgen, wenn neue Tatsachen vorgebracht werden, sondern vielmehr erstreckt sich diese auf die gesamte Sach- und Rechtslage. Nach § 44 Abs. 1 SGB 10 ist der Leistungsträger verpflichtet, auch bei wiederholten Anträgen über die Rücknahme der entgegenstehenden Verwaltungsakte und die Gewährung der beanspruchten Sozialleistung zu entscheiden (vgl. Urteil des BSG vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 32/02 R, Urteil vom 03.02.1988, Az.: 9/9a RV 18/86 , Urteil vom 28.01.1988, Az.: 9 RV 29/80 ). Dies gebietet der Grundsatz der Amtsermittlung, wenn dieser zugegebenermaßen hinsichtlich der Intensität der Ermittlungen auch vom Sachvortrag des Klägers mit bestimmt wird.
II. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg wird in Ziffer II. (Verfahrensgebühr) aufgehoben.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des 1942 geborenen Klägers auf Rücknahme eines Bescheides vom 06.11.2002, mit welchem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ab 04.11.2002 aufgehoben hatte.
Den bindend gewordenen Bescheid begründete die Beklagte damit, dass der Kläger infolge seiner Ortsabwesenheit (Aufenthalt in Polen) nicht mehr der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Zuvor hatte der Kläger, der seit 1989 im Leistungsbezug stand, am 01.07.2002 mit Fortzahlungsmitteilung vom gleichen Tage Arbeitslosenhilfe bis zum 11.08.2003 bewilligt bekommen. Am 02.09.2002 hatte er sich erneut arbeitslos gemeldet und daraufhin mit Überweisungen vom 30.09.2002, 28.10.2002 und 06.11.2002 insgesamt 997,92 Euro Arbeitslosenhilfe ab 02.09.2002 erhalten. Am 11.10.2002 teilte der Kläger mit, dass er sich ab dem 14.10.2002 für einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen "freistellen lassen" müsse. Am 04.11.2002 hat dann der Sohn des Klägers bei der Beklagten vorgesprochen und eine weiter andauernde Ortsabwesenheit angezeigt. Die Leistungen wurden daraufhin bis zum neuen Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 29.01.2003 eingestellt. Am 06.11.2002 erfolgte dann ausweislich der Zahlungsnachweise der Beklagten ein Aufhebungsbescheid ab dem 04.11.2002. Am 13.03.2003 legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 24.10.2002 vor, in welcher ein Arzt für Allgemeinmedizin in Polen psychiatrische Erkrankungsbilder diagnostizierte und eine Vorsprache des Klägers attestierte.
Am 05.06.2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 04.11.2002 bis 28.01.2003, woraufhin die Beklagte mitteilte, dass ein entsprechender Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt werden müsste. Nach weiterer Intervention des Klägers lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 31.03.2004 ab, den Bescheid vom 06.11.2002 im Sinne von § 44 SGB X zurückzunehmen. Dem Kläger seien nicht zu Unrecht Leistungen versagt worden, weil der genannte Bescheid der Sach- und Rechtslage entsprochen habe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.04.2004).
Nach Vorlage einer weiteren Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 29.06.2004, wonach der Gesundheitszustand die Ausübung der Berufstätigkeit unmöglich gemacht habe, ließ die Beklagte die Arbeitsunfähigkeit durch die zuständige Ortskrankenkasse überprüfen. Dieser fehlten zum Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit die Bezugnahme auf den Status des Klägers als Arbeitsloser (anstelle einer Berufstätigkeit) sowie die Art der Behandlung und der verordneten Medikamente. Auch fehlten Hinweise auf eine mangelnde Reisefähigkeit des Klägers. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Überprüfung im Sinne von § 44 SGB X erneut, nunmehr mit Bescheid vom 16.07.2004 bzw. Widerspruchsbescheid vom 27.08.2004 ab.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben, welches am 01.03.2005 bei Anwesenheit des Klägers durch Urteil die Klage zurückwies und ihm Verschuldenskosten von 400,00 Euro auferlegte. Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und diese damit begründet, dass ihm wegen Krankheit Wiedereinsetzung wegen seines versäumten Widerspruchs hätte gewährt werden müsse. Auch sei die Arbeitsagentur dafür verantwortlich, dass seine Krankenkasse nicht geleistet habe, die unter Berufung auf die Weigerung der Arbeitsagentur das ärztliche Attest ebenfalls nicht anerkannt habe.
Den am 02.05.2005 gestellten Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe wies der Senat mit Beschluss vom 17.11.2006 zurück.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 01.03.2005 sowie des Bescheides vom 16.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2004 zu verpflichten, den Bescheid vom 06.11.2002 aufzuheben und ihm Arbeitslosenhilfe vom 04.11.2002 bis zum 28.01.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Voraussetzungen eines Gerichtsbeschlusses gegeben sind und dessen Erlass mehrmals angekündigt worden ist. Der Kläger hat davon Kenntnis erlangt und sich dazu geäußert.
Gegenstand des Verfahrens ist die Versagung der Rücknahme gemäß § 44 SGB X des Bescheides vom 06.11.2002 durch die Beklagte (Bescheid vom 16.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27.08.2004). Die hiergegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Rechtsverhältnis durch Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2002 erneut zu gestalten.
In der Sache weist der Senat die Berufung zum Teil aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG, das wiederum auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verweist (§ 136 Abs. 3 SGG), als unbegründet zurück und sieht bis auf das folgende von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50). Darüber hinaus wird auf die weitere Darstellung der Sach- und Rechtslage im Beschluss über die Prozesskostenhilfe verwiesen (vgl. Meyer-Ladewig, 8. Aufl., Rndnr. 7d zu § 136 SGG).
Schließlich wird ergänzend ausgeführt, dass der Bescheid vom 06.11.2002 nicht unrichtig war. Zurecht ist damit die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgehoben worden. Durch eine ungenehmigte Ortsabwesenheit ist eine Tatbestandsvoraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld entfallen, ohne dass die Voraussetzungen der Leistungsfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 126 SGB III vorgelegen hätten. Eine Weitergewäh-rung wegen Arbeitsunfähigkeit war mangels deren Nachweis nicht angezeigt. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 08.05.2006 zurecht ausgeführt, dass die Anzeigepflicht der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 311 SGB III strengen Anforderungen unterliegt. Dabei ist eine unverzügliche Anzeige (§ 311 Satz 1 Nr. 1 SGB III) spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mit Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung (§ 311 Satz 1 Nr. 2 SGB III) erforderlich. Eine rechtzeitige Anzeige des Klägers von seiner Krankheit und der dadurch bedingten Verhinderung fehlte. Die Anzeige ist formfrei und hätte auch mündlich und telefonisch durch einen Dritten oder einem Familienangehörigen erfolgen können. Eine Bescheinigung im Sinne von § 311 SGB III ist vom Kläger nie vorgelegt worden. Erst Monate später hat er ein Schriftstück eines Arztes aus Polen vom 24.10.2002 vorgelegt, wonach diverse Gesundheitsstörungen, auch auf psychiatrischem Fachgebiet vorlägen. Auch die weitere Bescheinigung vom 29.06.2004 genügte nicht den Anforderungen an eine wirksame Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Den Ausführungen der Ortskrankenkasse in deren Schreiben vom 09.07.2004 ist voll zuzustimmen. Sie entsprechen §§ 44, 92 SGB V in Verbindung mit den vom Bundesausschuss erlassenen Richtlinien zur Arbeitsunfähigkeit.
Damit bestand die Befugnis zur rückwirkenden und zukünftigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X.
Zusammenfassend hat die Berufung keinen Erfolg. Das Urteil des SG erging zurecht.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Wegen der weiteren Kostentscheidung wird auf nachstehendes (Gliederungspunkt III.) verwiesen.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 163 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGG).
III.
Die Verhängung der Missbrauchsgebühr gem. § 192 SGG in der seit dem 02.01.2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. ÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl. I, 2144, 2151) kann durch eine zu begründende Berufungsentscheidung beseitigt werden (§ 192 Abs. 2 Satz 2 SGG). Daran ist der Senat auch nicht durch die Entscheidungsform des Beschlusses gehindert, der nur die Zurückweisung der Berufung betrifft und nicht durch eine Entscheidung über Kosten nach § 192 SGG, die außerhalb des Prozessrechtsverhältnisses der Beklagten liegen.
Da es sich nicht um Kosten der Beteiligten handelt, ist für eine solche Entscheidung kein Antrag erforderlich (Meyer-Ladewig, § 192 Rz. 19).
Bei der Prüfung von Amts wegen fällt das gem. § 192 Abs. 2 SGG auszuübende Ermessen hier zu Gunsten des Klägers aus. Der Kostenentscheidung des SG ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger mit seinem Beharren auf einer gerichtlichen Entscheidung der Kammer die Missbrauchsschwelle des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG überschritten hat. Erst Recht ergibt sich nicht, dass das SG einen derartigen Missbrauch dem Kläger gegenüber dargelegt hat. Dies hätte beispielsweise in der Darlegung wiederholter Antragstellung nach § 44 SGB X liegen können.
Der Missbrauch staatlichen Rechtsschutzes muss für die Anwendung der Vorschrift des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG objektiv vorliegen. Etwas anderes lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Allein eine ungünstige Beweissituation wird einen Missbrauch nicht begründen können. Vielmehr muss ein gewisses Ausmaß an Aussichtslosigkeit bestehen. Missbräuchliche Rechtsverfolgung i.S. von § 192 Abs. 1 S 1 Nr. 2 SGG i.d.F. des 6. ÄndG kann - wie der Hinweis im Gesetzgebungsverfahren auf § 34 Abs. 2 BVerfGG zeigt - bei Weiterverfolgung eines Rechtsbehelfs trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit vorliegen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 11.12.2002, Az.: L 6 AL 1000/01). In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zu § 34 Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfG vom 12.09.2000 - 2 BvR 1466/00 = AnwBl 2001, 120, vom 17.01.1997 - 2 BvR 35/97 und vom 08.01.1996 - 2 BvR 2796/95) ist deshalb nach einem objektiven Maßstab von Missbräuchlichkeit bei offensichtlich unzulässiger Rechtswahrnehmung auszugehen. Die Missbräuchlichkeit muss aber dem Kläger in einem Termin hinreichend dargelegt werden.
Von einem derartigen Ausmaß der Aussichtslosigkeit und deren Darlegung kann im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden.
Der Kläger war, gestützt auf ein weiteres ärztliches Attest, der Ansicht, dass seine erneuten Bemühungen in einem zweiten Verfahren nach § 44 SGB X zum Nachweis der Anzeige und der Arbeitsunfähigkeit ausreichten. Außer pauschalen Hinweisen auf die Aussichtslosigkeit eines Rechtsbehelfs ist ausweislich des Protokolls sowie des Tatbestands des angefochtenen Urteils kein weiterer Hinweis erfolgt. Darüber hinaus entspricht die Darlegung des SG hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 44 SGB X nicht der Rechtslage. Eine Überprüfung hat nicht nur dann zu erfolgen, wenn neue Tatsachen vorgebracht werden, sondern vielmehr erstreckt sich diese auf die gesamte Sach- und Rechtslage. Nach § 44 Abs. 1 SGB 10 ist der Leistungsträger verpflichtet, auch bei wiederholten Anträgen über die Rücknahme der entgegenstehenden Verwaltungsakte und die Gewährung der beanspruchten Sozialleistung zu entscheiden (vgl. Urteil des BSG vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 32/02 R, Urteil vom 03.02.1988, Az.: 9/9a RV 18/86 , Urteil vom 28.01.1988, Az.: 9 RV 29/80 ). Dies gebietet der Grundsatz der Amtsermittlung, wenn dieser zugegebenermaßen hinsichtlich der Intensität der Ermittlungen auch vom Sachvortrag des Klägers mit bestimmt wird.
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