Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 583/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 3/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 23.11.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufstockung des Regelsatzes um 200,00 EUR monatlich bzw. in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen wegen krankheitsbedingter erhöhter Aufwendungen für Medikamente und Hautpflegemittel gemäß § 23 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1967 geborene Antagstellerin (ASt) leidet unter Neurodermitis. Am 07.09.2005 beantragte sie nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zum 28.09.2005 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) und mit Schreiben vom 30.08.2005 begehrte sie die Übernahme der Kosten für die wegen der Hauterkrankung anfallenden zusätzlichen Aufwendungen für Medikamente und Hautpflegemittel als Mehrbedarf. Der Regelsatz genüge hierfür nicht. Sie legte hierzu u.a. ihren Allergiepass vor, der eine Überempfindlichkeit gegen Latex und Amalgam ausweist. Wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld im September 2005 lehnte die Antragsgegnerin (Ag) die Bewilligung von Alg II für September 2005 ab (Bescheid vom 23.09.2005) und bewilligte mit bestandkräftigem Bescheid vom 28.09.2005 Alg II für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.03.2006 in Höhe von 710,83 EUR. Auf den Fortzahlungsantrag hin bewilligte die Ag Alg II mit Bescheid vom 15.03.2006, geändert durch Bescheid vom 29.03.2006 Alg II für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006. Gegen den Bescheid vom 29.03.2006 legte die ASt Widerspruch u.a. mit der Bitte ein, auch den geltend gemachten Mehrbedarf zu berücksichtigen. Dazu legte sie ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Naturheilkunde und Chirotherapie Dr.R. vor, der bestätigte, die ASt benötige wegen der Ekzeme Medikamente, die die Krankenkasse nicht mehr erstatte. Zudem übersandte sie verschiedene Belege (u.a. Rezepte für Medikamente und Rechnungen einer Apotheke über Hautpflegemittel). Mit Bescheid vom 14.06.2006 half die Ag dem Widerspruch teilweise ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2006 im Übrigen bezüglich des geltend gemachten Mehrbedarfes zurück. Die Regelleistung lasse eine Berücksichtigung der individuellen Bedarfssituation nur bei einem einmaligen Bedarf zu.
Auf weiteren Fortzahlungsantrag hin bewilligte die Ag Alg II für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 (bestandskräftiger Bescheid vom 17.08.2006).
Gegen die Bescheide vom 15.03.2006 in der Fassung des Bescheides vom 29.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Verurteilung der Ag begehrt, einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung und lebensnotwendige Utensilien anzuerkennen und der Berechnung der laufenden Leistungen zugrundezulegen. Gleichzeitig hat sie den diesbezüglichen Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 23.11.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für die Geltendmachung von Leistungen für die Vergangenheit fehle es an einem Anordnungsgrund. Neben einem Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung, der der ASt bereits zugestanden sei, sei eine weitere Erhöhung der Regelleistung nicht vorzunehmen.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Beschwerde hat die ASt vorgetragen, aus den von ihr vorgelegten Belegen sei ersichtlich, dass sie erhöhte Ausgaben für Hautpflegeprodukte und Medikamente habe. Dieser medizinisch notwendige Bedarf werde weder durch die Krankenversicherung noch durch die Regelleistung nach dem SGB II gedeckt. Aus ihrem eigenen Vermögen könne sie diese erhöhten Aufwendungen nicht mehr erbringen. Sie beantragt, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 200,00 EUR monatlich bzw. in Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Kosten monatlich zu zahlen, solange dies medizinisch erforderlich sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 und vom 22.11.2002 aaO).
Vorliegend fehlt es sowohl an der Glaubhaftmachtung eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches.
Die ASt begehrt hier die Erhöhung des Regelsatzes um monatlich 200,00 EUR bzw. um die monatlich entstehenden erhöhten Aufwendungen für den krankheitsbedingten Bedarf an Medikamenten und Hautpflegemittel, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden. Dabei hat sich die ASt gegen den Bescheid vom 15.03.2006, geändert durch Bescheid vom 29.03.2006, gewandt. Dieser Bescheid umfasst den Leistungszeitraum vom 01.04.2006 bis 30.09.2006. Streitgegenstand im Rahmen des Hauptsacheverfahrens ist somit gemäß § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II allein ein in der Vergangenheit liegender Zeitraum. Bei Leistungen, die für die Vergangenheit geltend gemacht werden, ist es den Beteiligten jedoch zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anhaltspunkte für ein Abweichen von dieser Auffassung bestehen hier nicht, denn die ASt hat sich, wie sich aus den vorgelegten Belegen ergibt, die ihrer Meinung nach notwendigen Produkte in diesem Zeitraum kaufen können. Auf den genannten Zeitraum ist auch deswegen abzustellen, weil die ASt eine monatliche Erhöhung der laufenden Leistungen begehrt. Sie macht nicht geltend, dass es sich um spezielle, nur sporadisch auftretende besondere Bedarfssituationen handelt, über die außerhalb der Regelleistung durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden wäre.
Es fehlt jedoch auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Die ASt hat dabei gemäß § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II den Nachweis zu erbringen, dass es sich um einen unabweisbaren Bedarf handelt. Bereits an diesem Nachweis fehlt es hier. Zwar hat die ASt verschiedene Rezepte des behandelnden Arztes vorgelegt. Ob diese jedoch aus medizinischen Gründen unbedingt erforderlich sind, ist ebenso offen, wie die Frage, ob die von der ASt in der Apotheke gekauften Hautpflegemittel medizinisch notwendig sind.
Es wird Aufgabe des Hauptsacheverfahrens sein, zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um einen vom Regelsatz umfassten und insbesondere unabweisbaren Bedarf handelt. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob die ASt die von ihr erwähnten Medikamente und Hautpflegemittel überhaupt und speziell in dieser Form bzw. diesem Umfang benötigt und ob monatlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Situation der Klägerin besteht. Sollte es sich tatsächlich um einen unabweisbaren Bedarf handeln, so wäre auch an eine darlehensweise Gewährung der Leistung zu denken, denn eine Rückzahlung dieses Darlehens erfolgt nur durch eine monatliche Belastung der ASt mit höchstens 10 %. Bereits hierdurch könnte gegebenenfalls dem Begehren der ASt gedient sein.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufstockung des Regelsatzes um 200,00 EUR monatlich bzw. in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen wegen krankheitsbedingter erhöhter Aufwendungen für Medikamente und Hautpflegemittel gemäß § 23 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1967 geborene Antagstellerin (ASt) leidet unter Neurodermitis. Am 07.09.2005 beantragte sie nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zum 28.09.2005 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) und mit Schreiben vom 30.08.2005 begehrte sie die Übernahme der Kosten für die wegen der Hauterkrankung anfallenden zusätzlichen Aufwendungen für Medikamente und Hautpflegemittel als Mehrbedarf. Der Regelsatz genüge hierfür nicht. Sie legte hierzu u.a. ihren Allergiepass vor, der eine Überempfindlichkeit gegen Latex und Amalgam ausweist. Wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld im September 2005 lehnte die Antragsgegnerin (Ag) die Bewilligung von Alg II für September 2005 ab (Bescheid vom 23.09.2005) und bewilligte mit bestandkräftigem Bescheid vom 28.09.2005 Alg II für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.03.2006 in Höhe von 710,83 EUR. Auf den Fortzahlungsantrag hin bewilligte die Ag Alg II mit Bescheid vom 15.03.2006, geändert durch Bescheid vom 29.03.2006 Alg II für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006. Gegen den Bescheid vom 29.03.2006 legte die ASt Widerspruch u.a. mit der Bitte ein, auch den geltend gemachten Mehrbedarf zu berücksichtigen. Dazu legte sie ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin, Naturheilkunde und Chirotherapie Dr.R. vor, der bestätigte, die ASt benötige wegen der Ekzeme Medikamente, die die Krankenkasse nicht mehr erstatte. Zudem übersandte sie verschiedene Belege (u.a. Rezepte für Medikamente und Rechnungen einer Apotheke über Hautpflegemittel). Mit Bescheid vom 14.06.2006 half die Ag dem Widerspruch teilweise ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2006 im Übrigen bezüglich des geltend gemachten Mehrbedarfes zurück. Die Regelleistung lasse eine Berücksichtigung der individuellen Bedarfssituation nur bei einem einmaligen Bedarf zu.
Auf weiteren Fortzahlungsantrag hin bewilligte die Ag Alg II für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 (bestandskräftiger Bescheid vom 17.08.2006).
Gegen die Bescheide vom 15.03.2006 in der Fassung des Bescheides vom 29.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Verurteilung der Ag begehrt, einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung und lebensnotwendige Utensilien anzuerkennen und der Berechnung der laufenden Leistungen zugrundezulegen. Gleichzeitig hat sie den diesbezüglichen Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 23.11.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für die Geltendmachung von Leistungen für die Vergangenheit fehle es an einem Anordnungsgrund. Neben einem Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung, der der ASt bereits zugestanden sei, sei eine weitere Erhöhung der Regelleistung nicht vorzunehmen.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Beschwerde hat die ASt vorgetragen, aus den von ihr vorgelegten Belegen sei ersichtlich, dass sie erhöhte Ausgaben für Hautpflegeprodukte und Medikamente habe. Dieser medizinisch notwendige Bedarf werde weder durch die Krankenversicherung noch durch die Regelleistung nach dem SGB II gedeckt. Aus ihrem eigenen Vermögen könne sie diese erhöhten Aufwendungen nicht mehr erbringen. Sie beantragt, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 200,00 EUR monatlich bzw. in Höhe der tatsächlich nachgewiesenen Kosten monatlich zu zahlen, solange dies medizinisch erforderlich sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl. RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 und vom 22.11.2002 aaO).
Vorliegend fehlt es sowohl an der Glaubhaftmachtung eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches.
Die ASt begehrt hier die Erhöhung des Regelsatzes um monatlich 200,00 EUR bzw. um die monatlich entstehenden erhöhten Aufwendungen für den krankheitsbedingten Bedarf an Medikamenten und Hautpflegemittel, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden. Dabei hat sich die ASt gegen den Bescheid vom 15.03.2006, geändert durch Bescheid vom 29.03.2006, gewandt. Dieser Bescheid umfasst den Leistungszeitraum vom 01.04.2006 bis 30.09.2006. Streitgegenstand im Rahmen des Hauptsacheverfahrens ist somit gemäß § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II allein ein in der Vergangenheit liegender Zeitraum. Bei Leistungen, die für die Vergangenheit geltend gemacht werden, ist es den Beteiligten jedoch zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anhaltspunkte für ein Abweichen von dieser Auffassung bestehen hier nicht, denn die ASt hat sich, wie sich aus den vorgelegten Belegen ergibt, die ihrer Meinung nach notwendigen Produkte in diesem Zeitraum kaufen können. Auf den genannten Zeitraum ist auch deswegen abzustellen, weil die ASt eine monatliche Erhöhung der laufenden Leistungen begehrt. Sie macht nicht geltend, dass es sich um spezielle, nur sporadisch auftretende besondere Bedarfssituationen handelt, über die außerhalb der Regelleistung durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden wäre.
Es fehlt jedoch auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Die ASt hat dabei gemäß § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II den Nachweis zu erbringen, dass es sich um einen unabweisbaren Bedarf handelt. Bereits an diesem Nachweis fehlt es hier. Zwar hat die ASt verschiedene Rezepte des behandelnden Arztes vorgelegt. Ob diese jedoch aus medizinischen Gründen unbedingt erforderlich sind, ist ebenso offen, wie die Frage, ob die von der ASt in der Apotheke gekauften Hautpflegemittel medizinisch notwendig sind.
Es wird Aufgabe des Hauptsacheverfahrens sein, zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um einen vom Regelsatz umfassten und insbesondere unabweisbaren Bedarf handelt. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob die ASt die von ihr erwähnten Medikamente und Hautpflegemittel überhaupt und speziell in dieser Form bzw. diesem Umfang benötigt und ob monatlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Situation der Klägerin besteht. Sollte es sich tatsächlich um einen unabweisbaren Bedarf handeln, so wäre auch an eine darlehensweise Gewährung der Leistung zu denken, denn eine Rückzahlung dieses Darlehens erfolgt nur durch eine monatliche Belastung der ASt mit höchstens 10 %. Bereits hierdurch könnte gegebenenfalls dem Begehren der ASt gedient sein.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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