Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 2176/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3318/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruht.
Die 1981 geborene Klägerin absolvierte vom 03.08.1998 bis 25.07.2001 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hotel St. Leonhard I ... Danach war sie vom 15.08.2001 bis 31.05.2003 in ihrem Ausbildungsberuf als Chef de rang im Hotel Engel, B., vom 01.06.2003 bis 10.07.2003 als Rezeptionistin im Hotel-Restaurant "Zur Krone" in A. und ab dem 15.09.2003 im Waldhotel Schatten, S., als Empfangsmitarbeiterin tätig. Dort erzielte sie bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden in der Zeit von Dezember 2003 bis November 2004 ein durchschnittliches monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 1.772,91 EUR. Dieses - unbefristete - Arbeitsverhältnis kündigte die Klägerin zum 14.12.2004. Bereits am 25.11.2004 nahm sie im Waldhotel Bellevue in D./Schweiz eine bis zum 15.04.2005 befristete Tätigkeit als Servicefachmitarbeiterin (Saisonanstellung) auf. Dort erzielte sie bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden ein Gehalt von monatlich 3.700,- SFr (ca. 2.300,- EUR).
Am 14.04.2005 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 16.04.2005 arbeitslos und beantragte Alg. Hierbei gab sie zur Begründung der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten an, in ihrem Beruf als Hotelfachfrau sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrungen zu erwerben und vorzuweisen.
Mit Bescheid vom 25.05.2005 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 16.04.2005 bis 08.07.2005 fest. Die Klägerin habe ihr unbefristetes Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten durch eigene Kündigung zugunsten eines befristeten Arbeitsverhältnisses selbst gelöst. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um ein Viertel der Anspruchsdauer.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, in ihrem Beruf sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrung vorzuweisen. Außerdem habe sie im -Hotel erst gekündigt, nachdem sie einen Anschlussarbeitsvertrag gehabt habe. Auch jetzt habe sie sich sofort wieder um eine Arbeitsstelle bemüht und am 20.05.2005 eine neue Stelle angetreten. Zudem habe sie in der Zeit von Mitte April bis Mitte Mai 2005 bei der IHK Balingen eine Prüfung zur Ausbilderin erfolgreich abgeschlossen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten durch eigene Kündigung selbst gelöst, ohne Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zu haben. Sie habe damit nach Ablauf des befristeten Beschäftigungsverhältnisses mit dem Eintritt der Arbeitslosigkeit rechnen müssen. Die Arbeitsaufgabe sei für die erst später eingetretene Arbeitslosigkeit ursächlich gewesen, da das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die von der Klägerin angeführte Begründung, im Beruf der Hotelfachfrau sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrungen zu erwerben, stelle keinen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung dar. Ihr sei insbesondere zuzumuten gewesen, das unbefristete Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten zumindest bis zum Beginn einer Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber im Ausland fortzusetzen.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.07.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Beklagten erklärt, für die Zeit der Ausbildung der Klägerin im April/Mai 2005 werde Verfügbarkeit gemäß § 120 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) anerkannt.
Mit Urteil vom 18.05.2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 Alg zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, in der streitbefangenen Zeit lägen alle Voraussetzungen für die Gewährung von Alg vor. Der Anspruch auf Alg habe auch nicht wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht. Die Klägerin habe die ab dem 16.04.2005 bestehende Arbeitslosigkeit zwar zumindest grob fahrlässig selbst durch die Kündigung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten herbeigeführt. Sie könne sich jedoch für ihr Verhalten auf einen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitvorschriften berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 26.10.2004, SozR 4-4300 § 144 Nr. 9) müsse Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offenstehen, befristete - ihnen attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse zugunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Die Besonderheiten des Falles rechtfertigten die Annahme eines wichtigen Grundes. Für eine Hotelfachfrau wie die Klägerin sei es für die weitere berufliche Karriere von besonderer Bedeutung, in verschiedenen Betrieben und insbesondere auch im Ausland berufliche Erfahrungen zu sammeln. Dass dies weitgehend - jedenfalls bei Saisonanstellungen in der Schweiz - nur in befristeten Arbeitsverhältnissen verwirklicht werden könne, werde auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Der Klägerin wäre eine berufliche Weiterentwicklung faktisch verwehrt, wenn die Auslandstätigkeit nur im Wege einer unbefristeten Anstellung erfolgen dürfe.
Gegen das am 12.06.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.06.2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Klägerin könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten nicht berufen. Zwar sei es unbestritten, dass in der Gastronomie Auslandserfahrung von Vorteil sei. Der Bezeichnung "Servicefachkraft" könne jedoch nichts Näheres über die Art der Beschäftigung entnommen werden. Sollte es sich hierbei lediglich um das Bedienen von Gästen handeln, könne nicht von einer beruflichen Weiterentwicklung im engeren Sinne ausgegangen werden. Die Anerkennung eines wichtigen Grundes für die Aufgabe der unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit der Absicht, einen beruflichen Vorteil wegen Auslandsbeschäftigung zu erlangen, könne nicht im Sinne der Beitragszahler sein, zumal ein nicht sozialversicherungspflichtiges befristetes Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz eingegangen worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die von ihr ausgeübte Servicetätigkeit als Chef de rang stelle qualitativ hohe Anforderungen. Sie habe sich in D. zudem sprachlich weitergebildet und fachlich bis zur stellvertretenden Restaurant-Leiterin hochgearbeitet. Die Klägerin hat hierzu das Empfehlungsschreiben des Waldhotel D. vom 15.04.2005 vorgelegt. Darin wird u.a. ausgeführt, die Klägerin habe während der ganzen Wintersaison hervorragende Leistungen erbracht, ihre Kenntnisse in den Fremdsprachen Englisch und Französisch vertieft sowie ihr Fachwissen in den Bereichen Speisen und Weine bei der fachlichen und qualifizierten Beratung der internationalen und anspruchsvollen Gäste um vieles verbessert. Weiteres detailliertes und qualifiziertes Fachwissen habe sie durch die Vertretung des Barkeepers in den Bereichen Spirituosen, Cocktails und Tabak sowie beim A la carte-Service des mit 14 GaultMillau-Punkten bewerteten Gourmet-Restaurant des Hotels erworben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend die Beklagte verurteilt, der Klägerin in der Zeit vom 16.04. bis 19.05.2005 Alg zu gewähren, weil in der Zeit vom 16.04. bis 08.07.2005 keine Sperrzeit eingetreten ist und auch die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt waren. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils wird deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117 ff. SGB III) in der Zeit vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 vorgelegen haben, und dass insbesondere die Fortbildung der Klägerin zur Ausbilderin der Verfügbarkeit nicht entgegenstand, wie der Beklagtenvertreter vor dem SG ausdrücklich erklärt hat. Auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, da nach dem hier maßgeblichen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 (BGBl I 1983, 579) Zeiten der schweizerischen beitragspflichtigen unselbständigen Beschäftigung für den Anspruch auf deutsches Alg so berücksichtigt werden, als wären sie nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden (Art. 7 Abs. 1).
Es ist auch keine Minderung des Alg nach § 140 SGB III in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung eingetreten, da die Beschäftigung der Klägerin in der Schweiz kein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von § 37b SGB III darstellt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.07.2006 - B 11a AL 55/05 R -, zit. nach juris) hat der Arbeitslose einen wichtigen Grund für die Lösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses, wenn mit dem Wechsel in ein anderes Berufsfeld eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten verbunden ist. Bei der Aufnahme eines anderen Berufs werde die durch Art. 12 GG geschützte Berufswahlfreiheit in ihrem Kernbereich betroffen. Wäre dem Arbeitnehmer nur der Wechsel in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis eröffnet, so wäre ihm ein Wechsel in Berufsfelder praktisch verwehrt, in denen befristete Arbeitsverhältnisse die Regel bildeten.
Diese Grundsätze sind auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Zwar hat die Klägerin nicht ihr Berufsfeld gewechselt, sie hat jedoch zur Verbesserung ihres beruflichen Fortkommens eine zeitlich befristete Tätigkeit im Ausland aufgenommen und hierdurch ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten erweitert. Sie hat ausweislich des Empfehlungsschreibens des Waldhotels D. insbesondere ihre fachspezifischen Kenntnisse in den Fremdsprachen Englisch und Französisch vertieft. Für den Senat ist es unmittelbar nachvollziehbar, dass das berufliche Fortkommen im Berufsfeld der Klägerin wesentlich durch eine Tätigkeit im Ausland gefördert werden kann. Ihr kann deshalb nicht vorgeworfen werden, sie sei ein "nicht sozialversicherungspflichtiges befristetes Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz eingegangen". Für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit ist es kennzeichnend, dass für den beruflichen Aufstieg Tätigkeiten im Ausland nahezu unabdingbar sind. Bei diesen Tätigkeiten im gehobenen Gastronomiebereich handelt es sich zu einem nicht unerheblichen Teil um Saisonarbeitsplätze. Müsste sich die Klägerin darauf verweisen lassen, eine Tätigkeit im Ausland nur in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aufzunehmen, wäre ihr der gesamte Bereich der Saisonarbeit und damit ein für ihre Tätigkeit relevanter Teilbereich verschlossen.
Unbeachtlich ist auch, dass die Klägerin zuvor im Hotel Engel in B. unter der gleichen Tätigkeitsbezeichnung als Chef de rang tätig war. Unter dieser Tätigkeitsbezeichnung können nämlich unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt werden, wie dem Empfehlungsschreiben des Waldhotel D. entnommen werden kann.
Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des BSG auch der Wechsel in ein höher dotiertes befristetes Arbeitsverhältnis ein berechtigtes Interesse im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes darstellen (BSG, Urteil vom 12.07.2006, B 11a AL 57/05 R, zit. nach juris). Die Klägerin hat in dem befristeten Arbeitsverhältnis bei nur geringfügig längerer Arbeitszeit als in ihrem vorherigen Arbeitsverhältnis ein um monatlich über 500,- EUR höheres Entgelt erzielt, so dass auch dadurch die Annahme eines dem Eintritt einer Sperrzeit entgegenstehenden wichtigen Grundes gerechtfertigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt nicht vollständig der vom BSG im Verfahren - B 11a AL 55/05 R - entschiedenen Konstellation entspricht, hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruht.
Die 1981 geborene Klägerin absolvierte vom 03.08.1998 bis 25.07.2001 eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hotel St. Leonhard I ... Danach war sie vom 15.08.2001 bis 31.05.2003 in ihrem Ausbildungsberuf als Chef de rang im Hotel Engel, B., vom 01.06.2003 bis 10.07.2003 als Rezeptionistin im Hotel-Restaurant "Zur Krone" in A. und ab dem 15.09.2003 im Waldhotel Schatten, S., als Empfangsmitarbeiterin tätig. Dort erzielte sie bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden in der Zeit von Dezember 2003 bis November 2004 ein durchschnittliches monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 1.772,91 EUR. Dieses - unbefristete - Arbeitsverhältnis kündigte die Klägerin zum 14.12.2004. Bereits am 25.11.2004 nahm sie im Waldhotel Bellevue in D./Schweiz eine bis zum 15.04.2005 befristete Tätigkeit als Servicefachmitarbeiterin (Saisonanstellung) auf. Dort erzielte sie bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden ein Gehalt von monatlich 3.700,- SFr (ca. 2.300,- EUR).
Am 14.04.2005 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 16.04.2005 arbeitslos und beantragte Alg. Hierbei gab sie zur Begründung der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten an, in ihrem Beruf als Hotelfachfrau sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrungen zu erwerben und vorzuweisen.
Mit Bescheid vom 25.05.2005 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 16.04.2005 bis 08.07.2005 fest. Die Klägerin habe ihr unbefristetes Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten durch eigene Kündigung zugunsten eines befristeten Arbeitsverhältnisses selbst gelöst. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um ein Viertel der Anspruchsdauer.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, in ihrem Beruf sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrung vorzuweisen. Außerdem habe sie im -Hotel erst gekündigt, nachdem sie einen Anschlussarbeitsvertrag gehabt habe. Auch jetzt habe sie sich sofort wieder um eine Arbeitsstelle bemüht und am 20.05.2005 eine neue Stelle angetreten. Zudem habe sie in der Zeit von Mitte April bis Mitte Mai 2005 bei der IHK Balingen eine Prüfung zur Ausbilderin erfolgreich abgeschlossen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten durch eigene Kündigung selbst gelöst, ohne Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zu haben. Sie habe damit nach Ablauf des befristeten Beschäftigungsverhältnisses mit dem Eintritt der Arbeitslosigkeit rechnen müssen. Die Arbeitsaufgabe sei für die erst später eingetretene Arbeitslosigkeit ursächlich gewesen, da das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die von der Klägerin angeführte Begründung, im Beruf der Hotelfachfrau sei es üblich und erwünscht, Auslandserfahrungen zu erwerben, stelle keinen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitregelung dar. Ihr sei insbesondere zuzumuten gewesen, das unbefristete Beschäftigungsverhältnis beim Waldhotel Schatten zumindest bis zum Beginn einer Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber im Ausland fortzusetzen.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.07.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Beklagten erklärt, für die Zeit der Ausbildung der Klägerin im April/Mai 2005 werde Verfügbarkeit gemäß § 120 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) anerkannt.
Mit Urteil vom 18.05.2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 Alg zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, in der streitbefangenen Zeit lägen alle Voraussetzungen für die Gewährung von Alg vor. Der Anspruch auf Alg habe auch nicht wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht. Die Klägerin habe die ab dem 16.04.2005 bestehende Arbeitslosigkeit zwar zumindest grob fahrlässig selbst durch die Kündigung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten herbeigeführt. Sie könne sich jedoch für ihr Verhalten auf einen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitvorschriften berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 26.10.2004, SozR 4-4300 § 144 Nr. 9) müsse Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offenstehen, befristete - ihnen attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse zugunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Die Besonderheiten des Falles rechtfertigten die Annahme eines wichtigen Grundes. Für eine Hotelfachfrau wie die Klägerin sei es für die weitere berufliche Karriere von besonderer Bedeutung, in verschiedenen Betrieben und insbesondere auch im Ausland berufliche Erfahrungen zu sammeln. Dass dies weitgehend - jedenfalls bei Saisonanstellungen in der Schweiz - nur in befristeten Arbeitsverhältnissen verwirklicht werden könne, werde auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Der Klägerin wäre eine berufliche Weiterentwicklung faktisch verwehrt, wenn die Auslandstätigkeit nur im Wege einer unbefristeten Anstellung erfolgen dürfe.
Gegen das am 12.06.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.06.2006 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Klägerin könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung ihres unbefristeten Arbeitsverhältnisses beim Waldhotel Schatten nicht berufen. Zwar sei es unbestritten, dass in der Gastronomie Auslandserfahrung von Vorteil sei. Der Bezeichnung "Servicefachkraft" könne jedoch nichts Näheres über die Art der Beschäftigung entnommen werden. Sollte es sich hierbei lediglich um das Bedienen von Gästen handeln, könne nicht von einer beruflichen Weiterentwicklung im engeren Sinne ausgegangen werden. Die Anerkennung eines wichtigen Grundes für die Aufgabe der unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit der Absicht, einen beruflichen Vorteil wegen Auslandsbeschäftigung zu erlangen, könne nicht im Sinne der Beitragszahler sein, zumal ein nicht sozialversicherungspflichtiges befristetes Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz eingegangen worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die von ihr ausgeübte Servicetätigkeit als Chef de rang stelle qualitativ hohe Anforderungen. Sie habe sich in D. zudem sprachlich weitergebildet und fachlich bis zur stellvertretenden Restaurant-Leiterin hochgearbeitet. Die Klägerin hat hierzu das Empfehlungsschreiben des Waldhotel D. vom 15.04.2005 vorgelegt. Darin wird u.a. ausgeführt, die Klägerin habe während der ganzen Wintersaison hervorragende Leistungen erbracht, ihre Kenntnisse in den Fremdsprachen Englisch und Französisch vertieft sowie ihr Fachwissen in den Bereichen Speisen und Weine bei der fachlichen und qualifizierten Beratung der internationalen und anspruchsvollen Gäste um vieles verbessert. Weiteres detailliertes und qualifiziertes Fachwissen habe sie durch die Vertretung des Barkeepers in den Bereichen Spirituosen, Cocktails und Tabak sowie beim A la carte-Service des mit 14 GaultMillau-Punkten bewerteten Gourmet-Restaurant des Hotels erworben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend die Beklagte verurteilt, der Klägerin in der Zeit vom 16.04. bis 19.05.2005 Alg zu gewähren, weil in der Zeit vom 16.04. bis 08.07.2005 keine Sperrzeit eingetreten ist und auch die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt waren. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils wird deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg (§§ 117 ff. SGB III) in der Zeit vom 16.04.2005 bis 19.05.2005 vorgelegen haben, und dass insbesondere die Fortbildung der Klägerin zur Ausbilderin der Verfügbarkeit nicht entgegenstand, wie der Beklagtenvertreter vor dem SG ausdrücklich erklärt hat. Auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, da nach dem hier maßgeblichen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 (BGBl I 1983, 579) Zeiten der schweizerischen beitragspflichtigen unselbständigen Beschäftigung für den Anspruch auf deutsches Alg so berücksichtigt werden, als wären sie nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden (Art. 7 Abs. 1).
Es ist auch keine Minderung des Alg nach § 140 SGB III in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung eingetreten, da die Beschäftigung der Klägerin in der Schweiz kein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von § 37b SGB III darstellt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.07.2006 - B 11a AL 55/05 R -, zit. nach juris) hat der Arbeitslose einen wichtigen Grund für die Lösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses, wenn mit dem Wechsel in ein anderes Berufsfeld eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten verbunden ist. Bei der Aufnahme eines anderen Berufs werde die durch Art. 12 GG geschützte Berufswahlfreiheit in ihrem Kernbereich betroffen. Wäre dem Arbeitnehmer nur der Wechsel in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis eröffnet, so wäre ihm ein Wechsel in Berufsfelder praktisch verwehrt, in denen befristete Arbeitsverhältnisse die Regel bildeten.
Diese Grundsätze sind auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Zwar hat die Klägerin nicht ihr Berufsfeld gewechselt, sie hat jedoch zur Verbesserung ihres beruflichen Fortkommens eine zeitlich befristete Tätigkeit im Ausland aufgenommen und hierdurch ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten erweitert. Sie hat ausweislich des Empfehlungsschreibens des Waldhotels D. insbesondere ihre fachspezifischen Kenntnisse in den Fremdsprachen Englisch und Französisch vertieft. Für den Senat ist es unmittelbar nachvollziehbar, dass das berufliche Fortkommen im Berufsfeld der Klägerin wesentlich durch eine Tätigkeit im Ausland gefördert werden kann. Ihr kann deshalb nicht vorgeworfen werden, sie sei ein "nicht sozialversicherungspflichtiges befristetes Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz eingegangen". Für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit ist es kennzeichnend, dass für den beruflichen Aufstieg Tätigkeiten im Ausland nahezu unabdingbar sind. Bei diesen Tätigkeiten im gehobenen Gastronomiebereich handelt es sich zu einem nicht unerheblichen Teil um Saisonarbeitsplätze. Müsste sich die Klägerin darauf verweisen lassen, eine Tätigkeit im Ausland nur in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aufzunehmen, wäre ihr der gesamte Bereich der Saisonarbeit und damit ein für ihre Tätigkeit relevanter Teilbereich verschlossen.
Unbeachtlich ist auch, dass die Klägerin zuvor im Hotel Engel in B. unter der gleichen Tätigkeitsbezeichnung als Chef de rang tätig war. Unter dieser Tätigkeitsbezeichnung können nämlich unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt werden, wie dem Empfehlungsschreiben des Waldhotel D. entnommen werden kann.
Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des BSG auch der Wechsel in ein höher dotiertes befristetes Arbeitsverhältnis ein berechtigtes Interesse im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes darstellen (BSG, Urteil vom 12.07.2006, B 11a AL 57/05 R, zit. nach juris). Die Klägerin hat in dem befristeten Arbeitsverhältnis bei nur geringfügig längerer Arbeitszeit als in ihrem vorherigen Arbeitsverhältnis ein um monatlich über 500,- EUR höheres Entgelt erzielt, so dass auch dadurch die Annahme eines dem Eintritt einer Sperrzeit entgegenstehenden wichtigen Grundes gerechtfertigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt nicht vollständig der vom BSG im Verfahren - B 11a AL 55/05 R - entschiedenen Konstellation entspricht, hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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