S 15 SO 66/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 66/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SO 41/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9b SO 24/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Beklagte gewährt dem im Caritas-Altenpflegezentrum St. G. in M. untergebrachten, am 1943 geborenen Kläger seit dem 15. Juni 2000 Sozialhilfe als Hilfe zur Pflege in Höhe der ungedeckten Heimpflegekosten. Dabei wurde im zeitlichen Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) erweiterte Hilfe im Sinne von § 29 BSHG gewährt. An dieser Abrechnungsweise wurde seit dem 1. Januar 2005 nichts geändert. Nach der letzten in der vorgelegten Behördenakte befindlichen Abrechnung vom 16. Juni 2005 über den Monat Juni 2005 hatte der Beklagte für den Kläger an den Heimträger 1.559,60 Euro Sozialhilfe für Pflegekosten Stufe 3, Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten und Ausbildungsvergütungsumlage abzüglich der Pflegekassenleistung in Höhe von 1.432,00 Euro zu leisten.

Der Kläger steht unter Betreuung seiner Ehefrau, die zugleich seine Generalbevollmächtigte ist. Er besitzt einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den Merkzeichen B, G, H und RF und erhält von der AOK Memmingen laut Bescheid vom 26. Juni 2000 Pflegekassenleistungen entsprechend der Pflegestufe III in Höhe von monatlich 1.432,00 Euro. Er bezieht eine Altersrente, die sich bei Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Zwölftes Buch (SGB XII) auf 523,58 Euro belief.

Die am 1941 geborene Ehefrau des Klägers besitzt ebenfalls einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 ohne Merkzeichen. Sie bezog am 1. Januar 2005 eine Altersrente in Höhe von 747,42 Euro monatlich. Nach ausführlicher Berechnung des Beklagten betrugen ihre Unterkunftskosten nach Abzug von Betriebskosten, unterkunftsbezogenen Darlehensverpflichtungen und einem damals glaubhaft gemachten Erhaltungsaufwand in Höhe von 17,35 Euro monatlich ab 1. Januar 2005 jeweils monatlich 247,92 Euro bzw. 196,79 Euro ab 1. April 2005.

Für den Erwerb eines geleasten Autos hat die Ehefrau von ihrem Sohn ein Darlehen in Höhe von 2.556,46 Euro in monatlichen Raten von 50,00 Euro wegzufertigen. Beiträge zu verschiedenen Versicherungen leistet sie in Höhe von 42,38 Euro monatlich. Der Kläger hat insoweit Ausgaben in Höhe von 4,39 Euro monatlich.

Mit nach vorheriger Anhörung erlassenem und der Ehefrau des Klägers am 18. Februar 2005 mit Postzustellungsurkunde zugestelltem Leistungsbescheid vom 15. Februar 2005 verpflichtete der Beklagte den Kläger und seine als Betreuerin bestellte Ehefrau als Gesamtschuldner zur Leistung eines monatlichen Kostenbeitrags in Höhe von 589,41 Euro ab dem 1. Januar 2005. Auf die Begründung des Bescheids, die auf der ausführlichen Berechnung des Einkommens beider Ehegatten, des Grundsicherungsbedarfs des Klägers nach § 42 SGB XII, des Bedarfs an Hilfe zum Lebensunterhalt beider Ehegatten nach § 35 SGB XII, der Vergleichsberechnung nach § 82 Abs. 4 SGB XII, der Garantieberechnung für verbleibenden Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abzug häuslicher Einsparungen beruht und zu einem einzusetzenden Einkommen in o.g. Höhe gelangt, wird Bezug genommen (Blatt 421 der Behördenakte). Insbesondere gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger rechnerisch ein ungedeckter Bedarf für seine Grundsicherung in Höhe von 70,22 Euro besteht (vgl. unten abgedruckte Tabelle), während sich bei der Ehefrau bei dem Vergleichsbedarf (Hilfe zum Lebensunterhalt) rechnerisch ein bedarfsübersteigendes Einkommen in Höhe von mindestens 116,12 Euro ergibt (vgl. a.a.O.), das zur Folge hat, dass die Ehegatten gesamtschuldnerisch zum einen das gesamte bereinigte Einkommen des Klägers in Höhe von 519,19 Euro, zum anderen aus dem Einkommen der Ehefrau den dann noch ungedeckten Bedarf des Klägers in Höhe von 70,22 Euro zu dessen Heimunterbringungskosten beitragen müssen.

Einkommen ...Kläger ...Ehefrau
Altersrente ...523,58 EUR ...747,42 EUR
abzügl. Unfallversicherung ...- 15,14 EUR
abzügl. Sterbegeldversicherung ...-4,39 ...-3,92 EUR
abzügl. Hausrat-/Glasversicherung ...-14,97 EUR
abzügl. Haftpflichtversicherung ...-8,35 EUR
bereinigtes Einkommen ...519,19 EUR ...705,04 EUR

Bedarf

Grundsicherungsbedarf (4. Kap. SGB XII) Kläger
Regelsatz Haushaltsangehöriger (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII) ...-273,00 EUR
fiktive Miete Heimbewohner (§ 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) ...-270,00 EUR
Mehrbedarf SchwB mit Mz G (§ 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII) ...-46,41 EUR
Summe Bedarf ...-589,41 EUR
Anrechnung bereinigtes Einkommen ...519,19 EUR
ungedeckter Bedarf ...-70,22 EUR

Bedarf Hilfe zum Lebensunter- ...Ehefrau bis ...Ehefrau ab
halt (3. Kap. SGB XII) ...31. März 2005 ...1. April 2005
Regelsatz Haushaltsvorstand (§ 28 SGB XII) ...-341,00 EUR ...-341,00 EUR
angemessene Unterkunftskosten incl. Heizung (§ 29 SGB XII) ...-247,92 EUR ...-196,79 EUR
Mehrbedarf (§ 30 SGB XII) ...0,00 EUR ...0,00 EUR
Summe Bedarf ...-588,92 EUR ...-537,79 EUR
Anrechnung bereinigtes Einkommen ...705,04 EUR ...705,04 EUR
bedarfsübersteigendes Einkommen ...116,12 EUR ...167.25 EUR

Am 8. März 2005 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegen den Bescheid vom 15. Februar 2005 Widerspruch. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der angefochtene Bescheid berücksichtige nicht hinreichend die Vorschrift des § 82 Abs. 4 SGB XII.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2005 wies die Regierung von Schwaben den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Gesamtbedarf des Klägers setze sich aus den Kosten für den Lebensunterhalt im Heim und dem Pflegebedarf zusammen. Die Deckung der verschiedenen Bedarfe sei getrennt voneinander und nacheinander zu prüfen. Dabei kämen die für den jeweiligen Hilfebedarf nach § 19 SGB XII zu beachtenden Regelungen zum Einkommens- und Vermögenseinsatz zur Anwendung. Nach § 19 Abs. 2 Satz 3 SGB XII gehe ein etwaiger Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) vor. Diese wiederum seien vor dem Anspruch auf besondere Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel zu prüfen.

Für die Berechnung des Grundsicherungsbedarfs des Klägers bzw. des notwendigen Lebensunterhalts seiner Ehefrau im Sinne der §§ 27, 28 SGB XII seien die nicht getrennt lebenden Ehegatten gemäß § 43 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB XII als Einstandsgemeinschaft zu betrachten. Der jeweilige Einkommensbezieher sei somit nach dem Grundsatz der individuellen Anspruchsberechtigung verpflichtet, zunächst seinen eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf zu decken. Das Einkommen, das diesen Bedarf übersteige, sei auf den Ehegatten zur Bedarfsdeckung zu übertragen. Gemäß § 82 Abs. 1 SGB XII gehörten zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Der durch Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3305) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eingefügte § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII, wonach von einem Leistungsberechtigten, der in einer stationären Einrichtung untergebracht sei, die Aufbringung der Mittel nur verlangt werden könne, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden, komme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil er sich nur auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII beziehe. Die Vorschrift schütze daher nach ihrem klaren Wortlaut nicht Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII wie den Kläger.

Am 12. Juli 2005 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten beim Sozialgericht Augsburg Klage. Er beantragte zuletzt,

den Bescheid des Beklagten vom 15. Februar 2005 in der Ge stalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 17. Juni 2005 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, die Erhöhung des bisherigen Heimkostenbeitrags um 359,41 Euro monatlich stelle eine unbillige Härte für die Ehefrau des Klägers dar. Diese könnte mit dem ihr zu belassenden Bedarf nicht einmal mehr den Unterhalt für das in die Ehe eingebrachte und in ihrem Alleineigentum stehende Eigenheim aufbringen und wäre längerfristig zum Auszug gezwungen. Im Übrigen sei die Ehefrau selbst schwerbehindert und leide laut vorgelegtem ärztlichem Attest unter Depressionen. Die Erhöhung des Kostenbeitrags durch den Beklagten sei auch deshalb ungerecht, weil der Bezirkstagspräsident von Oberbayern dem Vernehmen nach am 1. Juni 2005 Weisung erteilt habe, Vergleichsfälle weiterhin nach dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Recht des BSHG zu behandeln.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erhöhung des laufenden Kostenbeitrags ab dem 1. Januar 2005 sei Folge einer grundlegenden Änderung des SGB XII gegenüber dem BSHG. Da der Gesetzgeber die Vorschrift des § 27 Abs. 3 BSHG nicht in das SGB XII übernommen habe, umfasse die gewährte Haupthilfe nicht mehr alle weiteren gewährten Hilfen mit der Folge, dass für alle Hilfen nicht mehr eine einzige, dem Gesamteinkommen der Kostenbeitragspflichtigen gegenüberzustellende Einkommensgrenze gelte. Vielmehr sei nunmehr jede in einer Einrichtung gewährte Hilfeart gesondert nach ihren Grundsätzen des Einsatzes von Einkommen und Vermögen zu betrachten, wobei nach § 19 Abs. 2 Satz 3 SGB XII ein etwaiger Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt) vorgehe. Da bei der Grundsicherung anders als bei der Hilfe zum Lebensunterhalt keine Bedarfsgemeinschaft, sondern eine Einstandsgemeinschaft vorliege, habe der Leistungsberechtigte ebenso wie der außerhalb der Einrichtung lebende Ehegatte vorrangig seinen eigenen Bedarf zu decken und, wenn dann noch Einkommen übrig bleibe, das übersteigende Einkommen dem Ehegatten zur Verfügung zu stellen, wenn dessen Bedarf nicht aus eigenem Einkommen gedeckt werden könne. Wie sich aus der Berechnung des Beklagten ergebe, reiche das Einkommen des Klägers nicht aus, seinen Grundsicherungsbedarf in der Einrichtung zu decken, so dass seine Ehefrau dasjenige Einkommen, das ihren eigenen Bedarf übersteige, dem Kläger voll zur Verfügung stellen müsse.

Der in einer stationären Einrichtung lebende Kläger könne sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB XII berufen, wonach die Aufbringung der Mittel für Leistungen nach dem Dritten Kapitel von ihm nur verlangt werden könne, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden, weil er keine Leistungen nach dem Dritten, sondern nach dem Vierten Kapitel beziehe. Die Richtigkeit dieser Auffassung sei vom Bayerischen Landessozialgericht ausdrücklich bestätigt worden. Ein Ermessen sei dem Beklagten bei der Berechnung der Kostenbeteiligung nicht eingeräumt. Gleiches gelte für die Möglichkeit, zur Verringerung des Kostenbeitrags wegen Vorliegens einer "unbilligen Härte". Schließlich könne wegen der Schwerbehinderung der Ehefrau des Klägers kein Mehrbedarf angesetzt werden, weil ihr nicht das Merkzeichen G zuerkannt worden sei, wie es § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII verlange.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 136 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 17. Juni 2005 ist rechtmäßig. Der Beklagte zieht den Kläger zu Recht gesamtverbindlich mit dessen Ehefrau in Höhe von 589,41 Euro monatlich zu den durch die Pflegekassenleistung in Höhe von 1.432,00 Euro nicht gedeckten Heimkosten in Höhe von monatlich (z.B. im Juni 2005) 1.559,60 Euro heran.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII. Danach haben Personen, die in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannt sind und denen gegenüber Leistungen erbracht worden sind, dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in dem Umfang zu ersetzen, in dem ihnen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne des § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII möglich oder im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII zuzumuten ist. Mehrere Verpflichtete haften dabei als Gesamtschuldner (§ 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII).

Dem Kläger gegenüber werden Monat für Monat Sozialhilfeleistungen in einem Umfang erbracht, die den ihm abverlangten Aufwendungsersatz bei weitem übersteigen. Der Träger der Sozialhilfe ist auch ohne ausdrücklich geregelte, dem bisherigen § 29 Satz 1 BSHG vergleichbare Anspruchsgrundlage (auf entsprechenden Ermessensgebrauch zur Erbringung erweiterter Hilfe) im SGB XII berechtigt, bei fehlender Bedürftigkeit einer leistungsberechtigten Person erweiterte Sozialhilfe zu leisten, und zwar in den Fällen, in denen eigentlich der Leistungsberechtigte und/ oder eine(r) der in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Personen der Einsatzgemeinschaft die Aufwendungen im Wege der Selbsthilfe durch Einsatz ihres berücksichtigungsfähigen Einkommens und Vermögens hätten selbst tragen müssen (Schoch in LPK-SGB XII, 7. Aufl. 2005, zu § 19, Rdnr. 77, 78). Da das SGB XII den Begriff der sog. erweiterten Hilfe aus dem bisherigen § 29 Satz 1 BSHG nicht übernommen hat, spricht man neuerdings insoweit nur noch von "unechter Sozialhilfe" (Schoch, a.a.O., Rdnr. 78, 83).

Der größte Teil der dem Kläger gegenüber erbrachten Sozialhilfe wird ihm als im vorgenannten Sinne "echte" Sozialhilfe in Form von Hilfe zur Pflege erbracht. Der Kläger ist zum einen eine leistungsberechtigte Person, die in § 19 Abs. 3 SGB XII genannt ist. Nach dieser Vorschrift ist u.a. Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII zu leisten, soweit der leistungsberechtigten Person und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Der Kläger ist eine Person, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf und der deswegen gemäß dem im Siebten Kapitel des SGB XII stehenden § 61 Abs. 1 Hilfe zur Pflege zu leisten ist. Diese umfasst u.a. stationäre Pflege (§ 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Der Frage, ob dem Kläger und seiner Ehefrau die Aufbringung der für seine Pflege zu erbringenden Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII zuzumuten ist, braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Beklagte hinsichtlich dieser Leistungsart keinen Aufwendungsersatz geltend macht. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 19 Abs. 5 Satz 1 SGB XII wegen Leistungen im Sinne des § 19 Abs. 3, § 61 SGB XII ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Zum anderen ist der Kläger aber auch eine leistungsberechtigte Person, die in § 19 Abs. 2 SGB XII genannt ist. Aufgrund dieser Vorschrift ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den besonderen Voraussetzungen des Vierten Kapitels des SGB XII Personen zu leisten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder - wie im vorliegenden Fall - das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Dabei sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt übersteigen, zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 SGB XII).

Daraus folgt, dass hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts des Klägers zunächst sein sozialhilferechtlicher Bedarf nach Maßgabe des Vierten Kapitels des SGB XII zu ermitteln ist. Sodann ist gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII und damit nach Maßgabe der im Elften Kapitel des SGB XII stehenden §§ 82 bis 84 und 90 sein einzusetzendes Einkommen und Vermögen zu berechnen. Reicht das Einkommen - ein Vermögenseinsatz scheidet vorliegend aus - zur Deckung des ermittelten Lebensunterhaltsbedarfs nicht aus, so ist als nächster Schritt der notwendige Lebensunterhaltsbedarf des Ehegatten nach dem für diesen maßgeblichen Kapitel des SGB XII zu ermitteln und dessen nach Maßgabe des Elften Kapitels berücksichtigungsfähigem Einkommen und Vermögen gegenüberzustellen. Ergibt sich bei dem Ehegatten ein Überschuss des Einkommens und Vermögens über den Bedarf, so ist dieser bei dem Ehegatten festgestellte Überschuss zur Deckung des Bedarfs des Klägers heranzuziehen.

Nach dem im Vierten Kapitel des SGB XII stehenden § 41 Abs. 1 Nr. 2 können zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches - Sechstes Buch (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, auf Antrag die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Der Kläger ist wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein und damit voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen nach § 42 SGB XII, soweit hier einschlägig, den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII, wobei bei Leistungen in einer stationären oder teilstationären Einrichtung - wie im vorliegenden Fall - als Kosten für Unterkunft und Heizung fiktive Beträge in Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete eines Einpersonenhaushalts im Bereich des nach § 98 SGB XII zuständigen Trägers der Sozialhilfe zugrunde zu legen sind, die Mehrbedarfe entsprechend § 30 SGB XII sowie die einmaligen Bedarfe entsprechend § 31 SGB XII. Die somit zu Recht angestellte Berechnung des Beklagten nach Maßgabe des Vierten Kapitels des SGB XII ist zu dem zutreffenden und jedenfalls von dem Kläger nicht substantiiert angegriffenen Ergebnis gekommen, dass sein hiernach gegebener Grundsicherungsbedarf 589,41 Euro monatlich beträgt. Insbesondere ist für ihn, da er im Heim lebt, nur der Regelsatz eines Haushaltsangehörigen maßgeblich (§ 42 Satz 1 Nr. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, Nr. 82.10 Abs. 2 Satz 2 der Sozialhilferichtlinien - SHR -, abgedruckt in: Boorberg- Verlag, Sozialhilferecht in Bayern, Stand: 1. Januar 2006).

Bei Gegenüberstellung des so ermittelten Bedarfs des Klägers mit seinem berücksichtigungsfähigen Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII in Höhe von 519,19 Euro monatlich, aus dem er vorrangig seinen Bedarf zu decken hat, ergibt sich ein ungedeckter Bedarfsrest in Höhe von 70,22 Euro monatlich, der nach Möglichkeit aus bedarfsübersteigendem Einkommen - Vermögen scheidet hier ebenfalls aus - der Ehefrau zu decken ist.

Die insoweit anzustellende Berechnung ist ebenfalls zu einem zutreffenden Ergebnis gekommen. Der Beklagte hat zu Recht den notwendigen Lebensunterhalt der noch nicht die besonderen Voraussetzungen des Vierten Kapitels des SGB XII erfüllenden Ehefrau des Klägers nach Maßgabe des Dritten Kapitels des SGB XII mit 588,92 Euro für die Zeit bis zum 31. März 2005 und mit 537,79 Euro für die Zeit ab dem 1. April 2005 berechnet. Substantiierte Einwendungen hiergegen sind nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich. Die Berechnung des Einkommens der Ehefrau nach Maßgabe des Elften Kapitels des SGB XII hat zu dem Ergebnis geführt, dass ihre Altersrente in Höhe von 747,42 Euro, bereinigt um die nach § 82 Abs. 2 SGB XII abzugsfähigen Ausgaben, ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 705,04 Euro monatlich ergeben. Die weiteren zahlreichen laufenden Ausgaben, die der Ehefrau des Klägers entstehen, kann sie entgegen ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung nicht nach vorgenannter Vorschrift von ihrem Einkommen absetzen, sondern sie muss sie vielmehr aus ihrem - den ihr rechnerisch zukommenden Regelsatz gemäß § 28 SGB XII enthaltenden - Einkommen bestreiten, soweit es ihren Bedarf und den für den Kläger zu leistenden Bedarfsdeckungsbeitrag übersteigt.

Da das bedarfsübersteigende Einkommen der Ehefrau des Klägers den für diesen zu leistenden Bedarfsdeckungsbeitrag in Höhe von 70,22 Euro monatlich sowohl für die Zeit vor dem 1. April 2005 als auch für die Zeit nach dem 31. März 2005 übersteigt, können der Kläger und seine Ehefrau auch in dieser Höhe gesamtschuldnerisch zum Aufwendungsersatz herangezogen werden.

Der Kläger kann sich gegenüber der vorgenannten Berechnung nicht mit Erfolg auf § 82 Abs. 4 SGB XII berufen. Diese Vorschrift regelt als Ausnahme zum Grundsatz des § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII, dass von einer Person, lebt sie in einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten Kapitel - das sind die Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt - aus dem eigenen Einkommen nur verlangt werden kann, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. § 82 Abs. 4 SGB XII begünstigt nach seinem klaren Wortlaut aber nur die Leistungsberechtigten nach dem Dritten Kapitel und eben nicht Leistungsberechtigte nach dem Vierten Kapitel, also solche, die wie der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beanspruchen können. Die Kammer schließt sich insoweit ausdrücklich der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 28.07.2005 - L 11 B 249/05 SO ER - FEVS 57, 131 = FamRZ 2006, 296) an. Mit dieser Entscheidung ist auch die Richtigkeit des von dem Beklagten zur Ermittlung seines Aufwendungsersatzanspruchs angewandten Rechenganges bestätigt worden. Dass der Kläger keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, sondern nur Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beanspruchen kann, ergibt sich wiederum aus § 19 Abs. 2 Satz 3 SGB XII. Danach gehen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus § 35 Abs. 1 SGB XII folgern. Diese Vorschrift bestimmt den notwendigen Lebensunterhalt (Bedarfsseite), während § 82 Abs. 4 SGB XII die Frage der Einkommensanrechnung betrifft, so dass aus § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht im Umkehrschluss auf die Anwendbarkeit des § 82 Abs. 4 SGB XII auf Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geschlossen werden kann (BayLSG, a.a.O.).

Die Klage war nach alledem mit der gemäß § 193 Abs. 1 SGG auszusprechenden Kostenfolge, dass aufgrund des Unterliegens des Klägers im Rechtsstreit eine Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten nicht in Betracht kommt, abzuweisen.
Rechtskraft
Aus
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