Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 176/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 1131/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2003 in der Fassung des Bescheides vom 9. Februar 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides für eine im Privathaushalt der Klägerin beschäftigte Haushaltshilfe.
Die Klägerin beschäftigte ab Dezember 2002 in ihrem Privathaushalt eine Haushaltshilfe. Die monatliche Arbeitszeit betrug im Dezember 2002 40 Stunden.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2003 setzte die Beklagte für das Kalenderjahr 2002 einen Beitrag in Höhe von 45 EUR fest. Aufgrund des Beschlusses des Vorstandes vom 25. Juni 2001 gelte bei einer Beschäftigung bis zu 2 Kalendermonaten im Kalenderjahr unabhängig von der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ein Beitrag von 45 EUR. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Beitrages seien § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII und § 7 der Verordnung über die Unfallkasse Berlin vom 9. Dezember 1997 i.V.m. § 16 Abs. 2 der Satzung der Unfallkasse Berlin in der Fassung vom 16. Dezember 1998.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Satzung sei rechtwidrig, weil sie wegen willkürlicher, nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechender Festlegung der Beiträge nicht dem Kostendeckungsprinzip entspreche.
Durch Bescheid vom 9. Februar 2004 änderte die Beklagte die Begründung des Beitragsbescheides dahingehend, dass aufgrund des Beschlusses des Vorstandes vom 25. Juni 2001 folgende Beiträge gälten: Bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit bis zu 10 Stunden 45 EUR, bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit über 10 Stunden 90 EUR. Da die Haushaltshilfe der Klägerin im Dezember 2002 insgesamt 40 Stunden tätig gewesen sei, habe die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bis zu 10 Wochenstunden betragen, so dass der reduzierte pauschale Jahresbeitrag fällig geworden sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 185 Abs. 4 SGB VII richte sich die Höhe der Beiträge nach der Einwohnerzahl, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten. Die Satzung des jeweiligen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand bestimme den Beitragsmaßstab und regele das Nähere über seine Anwendung; sie könne einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Durch die Erhebung eines einheitlichen Mindestbeitrages solle der gesetzliche Unfallversicherungsträger mindestens den Beitrag erhalten, der zur anteiligen Deckung seiner Verwaltungskosten nötig sei. Insbesondere bei geringen Tätigkeiten wäre der Verwaltungsaufwand im Vergleich zu den beispielsweise aus dem Entgelt berechneten Beiträgen unverhältnismäßig hoch. Nach § 16 Abs. 2 S. 5 ihrer Satzung würden die Aufwendungen für Haushalte auf die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen durch einheitliche Jahresbeiträge umgelegt, die der Vorstand nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt festlege. Laut Vorstandsbeschluss vom 25. Juni 2001 betrage der Beitrag bei einer Beschäftigungsdauer bis zu 10 Stunden in der Woche 45 EUR.
Mit der hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe nicht die Grenzen der Ermächtigungsnorm beachtet. Zwar könne nach § 185 Abs. 4 S. 2 SGB VII ein einheitlicher Mindestbeitrag bestimmt werden. S.2 beziehe sich jedoch auf S.1 der Vorschrift, wonach sich die Höhe der Beiträge nach der Zahl der Einwohner, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten richte. Dem Vorstandsbeschluss lägen derartige Überlegungen nicht zugrunde. Auch sei keine nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelte Festlegung erfolgt, indem nur zwei Jahresbeitragssätze festgesetzt worden seien. Hierdurch werde evident Ungleiches gleich behandelt, wenn etwa eine Haushaltshilfe über ein ganzes Jahr 10 Stunden wöchentlich arbeite, sich also als ein zwölfmal so hohes Risiko darstelle.
Durch Urteil vom 20. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beitragserhebung verstoße weder gegen einfaches Recht noch gegen Rechte mit Verfassungsrang. Im Rahmen der Satzungsautonomie habe die Beklagte einen weiten Regelungsspielraum. Sie habe sich bei der Festlegung der grundsätzlich zulässigen Mindestbeiträge an der Beschäftigungsdauer der Haushaltshilfen orientiert. Die Beschäftigungsdauer bestimme unmittelbar die Höhe des Arbeitsentgelts. Mittelbar liege somit eine nach § 185 Abs. 4 S. 1 SGB VII statthafte Anknüpfung an die Zahl der Versicherten und die Arbeitsentgelte vor. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder gegen den Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich. Auch habe ein Beitrag von 45 bzw. 90 EUR offensichtlich keine Erdrosselungswirkung. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die Beitragserhebung für Haushaltshilfen bisher obergerichtlich nicht geklärt sei.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, die Beklagte habe sich bei der Festlegung der Mindestbeiträge nicht an der Beschäftigungsdauer orientiert, weil sich der Jahresbeitrag nur nach den Stunden der wöchentlichen Beschäftigungszeit richte. Auch liege keine Anknüpfung an das Arbeitsentgelt vor, weil die Wochenarbeitszeit ohne Berücksichtigung der tatsächlich im Jahr geleisteten Wochenarbeitszeit der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werde. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2003 in der Fassung des Bescheides vom 9. Februar 2004und des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Umlageerhebung für Beschäftigte in Privathaushalten erfolge nach § 16 der Satzung grundsätzlich nach der Zahl der Versicherten, wobei darauf abgestellt werde, dass in einem Privathaushalt im Regelfall nur eine versicherte Person als Haushaltshilfe tätig werde. In diesem Regelfall werde ein Jahresbeitrag in Höhe von 90 EUR erhoben, der nochmals nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt werde. Eine Überschreitung der gesetzlich zugewiesenen Regelungskompetenz sei nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Akte des sozialgerichtlichen Verfahrens und des die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 25. Juli 2003 in der Fassung des Bescheides vom 9. Februar 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Bescheid entspricht zwar den Vorgaben des Vorstandsbeschlusses vom 25. Juni 2001, der § 16 Abs. 2 S. 5 der Satzung der Beklagten umsetzt. Diese ist jedoch nicht mit der Ermächtigungsnorm des § 185 Abs. 4 SGB VII vereinbar. Welche Beitragsmaßstäbe u.a. innerhalb der Umlagegruppe "Haushalte" zulässig sind und in der Satzung des Unfallversicherungsträgers festgesetzt werden dürfen, ist in § 185 Abs. 4 und 5 SGB VII geregelt. Nach Abs. 4 S. 1 richtet sich die Höhe der Beiträge nach der Einwohnerzahl, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten. Die Satzung bestimmt den Beitragsmaßstab und regelt das Nähere über seine Anwendung; sie kann einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Die Aufzählung der denkbaren Beitragsmaßstäbe ist abschließend, weil sie keine weiteren Zusätze enthält, die etwa auf einen sonstigen angemessenen Maßstab hinweisen (so auch BSG, Urteil vom 6. Mai 2003, B 2 U 35/02 = SozR 4-2700 § 185 Nr. 1).
Nach § 16 Abs. 2 S. 5 der Satzung der Beklagten werden die Aufwendungen der Umlagegruppe 70 (Haushalte) auf die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen durch einheitliche Jahresbeiträge umgelegt, die der Vorstand nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt festlegt. Dadurch wird als Beitragsmaßstab weder an die Zahl der Versicherten noch an das Arbeitsentgelt angeknüpft. Auch eine mittelbare Anknüpfung an das Arbeitsentgelt besteht nicht, weil Bemessungsgrundlage ein einheitlicher Jahresbeitrag ist, der nur hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit differenziert wird. Dadurch wird aber nicht auf das im Jahr erzielte Arbeitsentgelt abgestellt, weil allein die wöchentliche Arbeitszeit als Differenzierungsmaßstab herangezogen wird, die in keiner Relation zum Umfang der Beschäftigung innerhalb eines Jahres steht. Denn die wöchentliche Arbeitszeit soll auch dann maßgeblich ein, wenn nur in einem Monat eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt worden ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Grundlage der Beitragsberechnung auch nicht die Zahl der Versicherten. Denn der Jahresbeitrag wird für "die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen" einheitlich festgelegt, d.h. es wird grundsätzlich ein einheitlicher Betrag für jeden Betrieb erhoben. Dass nach Angaben der Beklagten in einem Privathaushalt im Regelfall nur eine versicherte Person als Haushaltshilfe tätig ist, ändert nichts daran, dass gerade nicht an die Zahl der Versicherten, also die in dem Betrieb "Haushalt" Beschäftigten, sondern an den Betrieb als solchen angeknüpft wird. Davon, dass im Regelfall nur eine Person beschäftigt wird, geht im übrigen auch die Beklagte selbst nicht aus, da sie in ihrem Anmeldeformular die gleichzeitige Anmeldung von bis zu drei Haushaltshilfen vorsieht.
Als Ermächtigungsgrundlage für die Satzungsbestimmung kann die Beklagte sich auch nicht auf § 185 Abs. 4 S. 2 SGB VII stützen. Danach kann die Satzung einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Die Bestimmung eines Mindestbeitrages ist jedoch von der Festlegung des Beitragsmaßstabes als solchen unabhängig. Zunächst ist ein Beitragmaßstab festzulegen, in dessen Rahmen in einer zweiten Stufe die Möglichkeit eröffnet wird, einem Mindestbeitrag festzulegen.
Da die Satzungsbestimmung der Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist sie nichtig. Infolgedessen ist der angefochtene Beitragsbescheid ohne Rechtsgrundlage ergangen und war antragsgemäß aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt. Insbesondere hat die Rechtssache wegen der zum 1. Januar 2006 geänderten Rechtsgrundlagen der Beitragserhebung keine grundsätzliche Bedeutung.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides für eine im Privathaushalt der Klägerin beschäftigte Haushaltshilfe.
Die Klägerin beschäftigte ab Dezember 2002 in ihrem Privathaushalt eine Haushaltshilfe. Die monatliche Arbeitszeit betrug im Dezember 2002 40 Stunden.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2003 setzte die Beklagte für das Kalenderjahr 2002 einen Beitrag in Höhe von 45 EUR fest. Aufgrund des Beschlusses des Vorstandes vom 25. Juni 2001 gelte bei einer Beschäftigung bis zu 2 Kalendermonaten im Kalenderjahr unabhängig von der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ein Beitrag von 45 EUR. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Beitrages seien § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII und § 7 der Verordnung über die Unfallkasse Berlin vom 9. Dezember 1997 i.V.m. § 16 Abs. 2 der Satzung der Unfallkasse Berlin in der Fassung vom 16. Dezember 1998.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Satzung sei rechtwidrig, weil sie wegen willkürlicher, nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechender Festlegung der Beiträge nicht dem Kostendeckungsprinzip entspreche.
Durch Bescheid vom 9. Februar 2004 änderte die Beklagte die Begründung des Beitragsbescheides dahingehend, dass aufgrund des Beschlusses des Vorstandes vom 25. Juni 2001 folgende Beiträge gälten: Bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit bis zu 10 Stunden 45 EUR, bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit über 10 Stunden 90 EUR. Da die Haushaltshilfe der Klägerin im Dezember 2002 insgesamt 40 Stunden tätig gewesen sei, habe die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bis zu 10 Wochenstunden betragen, so dass der reduzierte pauschale Jahresbeitrag fällig geworden sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 185 Abs. 4 SGB VII richte sich die Höhe der Beiträge nach der Einwohnerzahl, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten. Die Satzung des jeweiligen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand bestimme den Beitragsmaßstab und regele das Nähere über seine Anwendung; sie könne einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Durch die Erhebung eines einheitlichen Mindestbeitrages solle der gesetzliche Unfallversicherungsträger mindestens den Beitrag erhalten, der zur anteiligen Deckung seiner Verwaltungskosten nötig sei. Insbesondere bei geringen Tätigkeiten wäre der Verwaltungsaufwand im Vergleich zu den beispielsweise aus dem Entgelt berechneten Beiträgen unverhältnismäßig hoch. Nach § 16 Abs. 2 S. 5 ihrer Satzung würden die Aufwendungen für Haushalte auf die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen durch einheitliche Jahresbeiträge umgelegt, die der Vorstand nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt festlege. Laut Vorstandsbeschluss vom 25. Juni 2001 betrage der Beitrag bei einer Beschäftigungsdauer bis zu 10 Stunden in der Woche 45 EUR.
Mit der hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe nicht die Grenzen der Ermächtigungsnorm beachtet. Zwar könne nach § 185 Abs. 4 S. 2 SGB VII ein einheitlicher Mindestbeitrag bestimmt werden. S.2 beziehe sich jedoch auf S.1 der Vorschrift, wonach sich die Höhe der Beiträge nach der Zahl der Einwohner, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten richte. Dem Vorstandsbeschluss lägen derartige Überlegungen nicht zugrunde. Auch sei keine nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelte Festlegung erfolgt, indem nur zwei Jahresbeitragssätze festgesetzt worden seien. Hierdurch werde evident Ungleiches gleich behandelt, wenn etwa eine Haushaltshilfe über ein ganzes Jahr 10 Stunden wöchentlich arbeite, sich also als ein zwölfmal so hohes Risiko darstelle.
Durch Urteil vom 20. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beitragserhebung verstoße weder gegen einfaches Recht noch gegen Rechte mit Verfassungsrang. Im Rahmen der Satzungsautonomie habe die Beklagte einen weiten Regelungsspielraum. Sie habe sich bei der Festlegung der grundsätzlich zulässigen Mindestbeiträge an der Beschäftigungsdauer der Haushaltshilfen orientiert. Die Beschäftigungsdauer bestimme unmittelbar die Höhe des Arbeitsentgelts. Mittelbar liege somit eine nach § 185 Abs. 4 S. 1 SGB VII statthafte Anknüpfung an die Zahl der Versicherten und die Arbeitsentgelte vor. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder gegen den Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich. Auch habe ein Beitrag von 45 bzw. 90 EUR offensichtlich keine Erdrosselungswirkung. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die Beitragserhebung für Haushaltshilfen bisher obergerichtlich nicht geklärt sei.
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, die Beklagte habe sich bei der Festlegung der Mindestbeiträge nicht an der Beschäftigungsdauer orientiert, weil sich der Jahresbeitrag nur nach den Stunden der wöchentlichen Beschäftigungszeit richte. Auch liege keine Anknüpfung an das Arbeitsentgelt vor, weil die Wochenarbeitszeit ohne Berücksichtigung der tatsächlich im Jahr geleisteten Wochenarbeitszeit der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werde. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2003 in der Fassung des Bescheides vom 9. Februar 2004und des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Umlageerhebung für Beschäftigte in Privathaushalten erfolge nach § 16 der Satzung grundsätzlich nach der Zahl der Versicherten, wobei darauf abgestellt werde, dass in einem Privathaushalt im Regelfall nur eine versicherte Person als Haushaltshilfe tätig werde. In diesem Regelfall werde ein Jahresbeitrag in Höhe von 90 EUR erhoben, der nochmals nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt werde. Eine Überschreitung der gesetzlich zugewiesenen Regelungskompetenz sei nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Akte des sozialgerichtlichen Verfahrens und des die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 25. Juli 2003 in der Fassung des Bescheides vom 9. Februar 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Bescheid entspricht zwar den Vorgaben des Vorstandsbeschlusses vom 25. Juni 2001, der § 16 Abs. 2 S. 5 der Satzung der Beklagten umsetzt. Diese ist jedoch nicht mit der Ermächtigungsnorm des § 185 Abs. 4 SGB VII vereinbar. Welche Beitragsmaßstäbe u.a. innerhalb der Umlagegruppe "Haushalte" zulässig sind und in der Satzung des Unfallversicherungsträgers festgesetzt werden dürfen, ist in § 185 Abs. 4 und 5 SGB VII geregelt. Nach Abs. 4 S. 1 richtet sich die Höhe der Beiträge nach der Einwohnerzahl, der Zahl der Versicherten oder den Arbeitsentgelten. Die Satzung bestimmt den Beitragsmaßstab und regelt das Nähere über seine Anwendung; sie kann einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Die Aufzählung der denkbaren Beitragsmaßstäbe ist abschließend, weil sie keine weiteren Zusätze enthält, die etwa auf einen sonstigen angemessenen Maßstab hinweisen (so auch BSG, Urteil vom 6. Mai 2003, B 2 U 35/02 = SozR 4-2700 § 185 Nr. 1).
Nach § 16 Abs. 2 S. 5 der Satzung der Beklagten werden die Aufwendungen der Umlagegruppe 70 (Haushalte) auf die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen durch einheitliche Jahresbeiträge umgelegt, die der Vorstand nach dem Beschäftigungsumfang gestaffelt festlegt. Dadurch wird als Beitragsmaßstab weder an die Zahl der Versicherten noch an das Arbeitsentgelt angeknüpft. Auch eine mittelbare Anknüpfung an das Arbeitsentgelt besteht nicht, weil Bemessungsgrundlage ein einheitlicher Jahresbeitrag ist, der nur hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit differenziert wird. Dadurch wird aber nicht auf das im Jahr erzielte Arbeitsentgelt abgestellt, weil allein die wöchentliche Arbeitszeit als Differenzierungsmaßstab herangezogen wird, die in keiner Relation zum Umfang der Beschäftigung innerhalb eines Jahres steht. Denn die wöchentliche Arbeitszeit soll auch dann maßgeblich ein, wenn nur in einem Monat eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt worden ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist Grundlage der Beitragsberechnung auch nicht die Zahl der Versicherten. Denn der Jahresbeitrag wird für "die bei der Unfallkasse gemeldeten Haushaltungen" einheitlich festgelegt, d.h. es wird grundsätzlich ein einheitlicher Betrag für jeden Betrieb erhoben. Dass nach Angaben der Beklagten in einem Privathaushalt im Regelfall nur eine versicherte Person als Haushaltshilfe tätig ist, ändert nichts daran, dass gerade nicht an die Zahl der Versicherten, also die in dem Betrieb "Haushalt" Beschäftigten, sondern an den Betrieb als solchen angeknüpft wird. Davon, dass im Regelfall nur eine Person beschäftigt wird, geht im übrigen auch die Beklagte selbst nicht aus, da sie in ihrem Anmeldeformular die gleichzeitige Anmeldung von bis zu drei Haushaltshilfen vorsieht.
Als Ermächtigungsgrundlage für die Satzungsbestimmung kann die Beklagte sich auch nicht auf § 185 Abs. 4 S. 2 SGB VII stützen. Danach kann die Satzung einen einheitlichen Mindestbeitrag bestimmen. Die Bestimmung eines Mindestbeitrages ist jedoch von der Festlegung des Beitragsmaßstabes als solchen unabhängig. Zunächst ist ein Beitragmaßstab festzulegen, in dessen Rahmen in einer zweiten Stufe die Möglichkeit eröffnet wird, einem Mindestbeitrag festzulegen.
Da die Satzungsbestimmung der Beklagten nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist sie nichtig. Infolgedessen ist der angefochtene Beitragsbescheid ohne Rechtsgrundlage ergangen und war antragsgemäß aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt. Insbesondere hat die Rechtssache wegen der zum 1. Januar 2006 geänderten Rechtsgrundlagen der Beitragserhebung keine grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
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