Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 178/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 857/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
I. Die Streitsache L 4 B 859/06 KR PKH wird zum führenden Verfahren L 4 B 857/06 KR ER verbunden.
II. Die Beschwerde gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Augsburg vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1950 geborene Kläger war von Oktober 1983 bis Ende März 1992 in der gesetzlichen Krankenversicherung und anschließend privat gegen Krankheit versichert. Am 01.05.1996 schloss er mit C. H. einen Vertrag über die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "Physikalische Therapie im A." in D ... Er war bis 31.03.2004 außerdem Mitgesellschafter des Unternehmens L., H. und M.S. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (L. Gesundheitszentrum D.), das als Untermieter in den Räumlichkeiten der vorgenannten Gesellschaft ein Gesundheitszentrum betrieb; der Kläger verkaufte seinen Gesellschaftsanteil (1/3 an der Gesellschaft) an J. K ... Außerdem war er Mitgesellschafter im "Therapiezentrum D. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts", die aus ihm und C. H. bestand.
Der Kläger teilte am 20.12.2005 der Beklagten mit, er sei nunmehr ab 15.11.2005 als Raumpfleger im "Gesundheitszentrum D." mit einem monatlichen Bruttolohn von 800,00 Euro beschäftigt. Am 15.11.2005 schloss er mit der Gesellschaft "Therapiezentrum D." gleichfalls einen Arbeitsvertrag (mit Wirkung ab 01.12.2005). Aus der der Beklagten vorgelegten Vereinbarung vom 26.11.2005 ergibt sich, dass er mit der Gesellschafterin H. überein gekommen ist, dass er zum 15.11.2005 aus dem "Therapiezentrum D." als Mitgesellschafter ausgeschieden ist. Im Gewerberegister der Gemeinde D. wurde der Kläger laut Auskunft vom 20.12.2005 noch als Gesellschafter der "S. , L. und H. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts" geführt.
Mit Bescheid vom 04.01.2006 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf diese Auskunft eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zum 15.11.2005 ab. Der Kläger legte hiergegen am 11.01.2006 Widerspruch ein; er sei bereits ab 01.04.2004 wegen Veräußerung seines Gesellschaftsanteils nicht mehr Mitgesellschafter der Gesellschaft "L. Gesundheitszentrum D." gewesen. Wegen eines Antrags des Finanzamts A. auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger habe er in der neuen Gesellschaft "Gesundheitszentrum D." eine Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft erhalten. Auf Grund des Insolvenzverfahrens und zur Vermeidung einer Gefährdung der anderen Mitgesellschafter sei er auch aus dem "Therapiezentrum D." ausgeschieden und habe mit dieser Gesellschaft mit Wirkung ab 01.12.2005 einen weiteren Arbeitsvertrag geschlossen. Beide Tätigkeiten unterlägen der Sozialversicherungspflicht. Das Amtsgericht A. eröffnete mit Beschluss vom 25.01.2006 das Insolvenzverfahren gegen den Kläger.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 14.02.2006 darauf hin, dass der Kläger am 15.11.2005 noch Mitgesellschafter der Firma "Therapiezentrum" im Wohnstift A. D. gewesen sei; werde über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet, scheide nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Gesellschafter erst mit Eintritt der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses aus der Gesellschaft aus. Somit sei der Kläger bis Ende Januar 2006 noch hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger gewesen und unterliege damit nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, jedoch in den übrigen Versicherungszweigen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2006 den Widerspruch zurück und stellte fest, in der Beschäftigung bei dem "Gesundheitszentrum D." ab 15.11.2005 unterliege der Kläger nicht der Krankenversicherungspflicht, da er gleichzeitig Geschäftsführer/Gesellschafter und damit hauptberuflich selbständig erwerbstätig gewesen sei. Nach dem Ausscheiden sei er wegen Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungsfrei. In der daneben zum 01.12.2005 aufgenommenen Beschäftigung sei er gleichfalls wegen Vollendung des 55. Lebensjahres am 20.11.2005 versicherungsfrei.
Der Kläger hat hiergegen am 19.05.2006 beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben, Prozesskostenhilfe beantragt und ferner beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm eine vorläufige, ab 15.11.2005 gültige Mitgliedsbescheinigung auszustellen und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage eine vorläufige Mitglieds- bzw. Versichertenkarte auszustellen und auszuhändigen. Aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens sei er nicht in der Lage, die Arztkosten, insbesondere eine Zahnbehandlung wegen Zahnschmerzen, selbst zu bezahlen.
Das SG hat mit den Beschlüssen vom 17.08.2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung und Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden und es liege auch kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Hauptsacheklage vor. Es müsse von einer selbständigen Tätigkeit bis zum 26.11.2005 ausgegangen werden. Da der Kläger am 20.11.2005 das 55. Lebensjahr vollendet hatte, komme eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung als Pflichtmitglied nicht mehr in Frage. Prozesskostenhilfe könne nicht gewährt werden, da der Kläger eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat.
Hiergegen richten sich die Beschwerden des Klägers vom 25.09.2006, denen das SG nicht abgeholfen hat. In der Beschwerdebegründung vom 16.01.2007 macht der Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, die Auskunft des Gewerbeamts der Gemeinde D. über die Gesellschafterstellung des Klägers sei unzutreffend. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag könne im gegenseitigen Einvernehmen jederzeit abgeändert oder beendet werden, insbesondere wegen eines drohenden Insolvenzverfahrens. Die Aufnahme der zweiten Arbeitnehmertätigkeit sei aus rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus erfolgt.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.
II.
Die beiden Rechtsstreitigkeiten werden gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zur gemeinsamen Entscheidung unter dem Az.: L4 B 857/06 KR ER verbunden. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 171, 173, 174 SGG).
Die Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben sind. Der Anordnungsanspruch liegt im materiellen Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtschutz sucht und der Anordnungsgrund in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung, d.h. der Unzumutbarkeit des Abwartens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). An beiden Voraussetzungen fehlt es hier.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen und pauschalen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Verfahren zu verpflichten ist, dem Kläger eine Krankenversichertenkarte auszustellen (§ 15 Abs. 6 Sozialgesetzbuch V). Nach dieser gesetzlichen Vorschrift erhält jeder Versicherte die Krankenversichertenkarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Der Kläger ist jedoch in seinen beiden angegebenen Tätigkeiten für die Gesellschaften (Therapiezentrum/Gesundheitszentrum GbR), deren Mitgesellschafter er früher gewesen ist, weder ab 15.11.2005 noch ab 01.12.2005 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV -. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sind u. a. versicherungspflichtig Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Selbst wenn der Senat im vorliegenden Verfahren unterstellt, dass der Kläger in zwei Beschäftigungsverhältnissen tätig geworden ist (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IV), fehlt es an der Versicherungspflicht.
Der Kläger hatte am 26.11.2005 mit der Mitgesellschafterin des "Therapiezentrums D." eine Vereinbarung getroffen, dass er am 25.11.2005, also rückwirkend, ausgeschieden sei. Diese Vereinbarung lässt den Schluss zu, dass der Kläger noch bis 26.11.2005 Mitgesellschafter gewesen ist. Bereits am 20.11.2005 ist jedoch gemäß § 6 Abs. 3a SGB V Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten, weil der Kläger zu diesem Tag das 55. Lebensjahr vollendet hatte und er in der letzten fünf Jahren nach seinen Angaben nicht gesetzlich versichert war. Diese Versicherungsfreiheit wirkte sich auf beide Beschäftigungsverhältnisse aus.
Abgesehen davon bestehen auch erhebliche Bedenken an der Beendigung der Gesellschafterstellung des Klägers noch vor Erreichen der Altersgrenze aufgrund des Gesellschaftsvertrags vom 01.05.1996 unter dem Gesichtspunkt der hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit, die eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ausschließt (der Senat geht hierbei trotz der abweichenden Gesellschaftsbezeichnungen davon aus, dass der Betrieb der Gesellschaft "Physikalische Therapie im A." identisch ist mit dem Betrieb "Therapiezentrum"). Denn nach dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag bestand nach § 3 Abs. 1 eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres und die Kündigung musste schriftlich erfolgen. Das in § 20 Abs. 3 des Vertrags geregelte Ausscheiden im Falle der Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters erfolgt erst mit Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Eröffnungsbeschlusses. Da das Amtsgericht A. (Insolvenzgericht) das Insolvenzverfahren am 26.01.2006 eröffnet hatte, hatte der Kläger als Schuldner gemäß § 34 Abs. 2 Insolvenzordnung das Recht der sofortigen Beschwerde; die Beschwerdefrist von zwei Wochen begann ab Zustellung des Beschlusses an den Schuldner (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage, § 34, Rndnr. 23). Somit ist die Auffassung der Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass der Kläger auf jeden Fall bis Ende Januar 2006 hauptberuflich selbständig erwerbstätig war (§ 5 Abs. 5 SGB V) und damit in der Tätigkeit für diese Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer versicherungspflichtig werden konnte (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Es kann hier offen bleiben, wann die selbständige hauptberufliche Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft bzw. mit Kündigung im Jahr 2006 beendet war, da der Kläger bereits am 20.11.2005 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung versicherungsfrei war (§ 6 Abs. 3a SGB V).
Da Angaben zu den Vermögensverhältnissen nicht gemacht worden, geschweige denn glaubhaft gemacht worden sind, spricht nichts für einen Anordnungsgrund.
Das SG hat auch zu Recht Prozesskostenhilfe abgelehnt (§ 73a SGG); denn dem Antrag auf Prozesskostenhilfe ist nach § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Belegen beizufügen und zwar auf dem hierfür vorgesehenen Vordruck. Diese Erklärung ist weder im Antragsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden. Damit war Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Beschwerde gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Augsburg vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1950 geborene Kläger war von Oktober 1983 bis Ende März 1992 in der gesetzlichen Krankenversicherung und anschließend privat gegen Krankheit versichert. Am 01.05.1996 schloss er mit C. H. einen Vertrag über die Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "Physikalische Therapie im A." in D ... Er war bis 31.03.2004 außerdem Mitgesellschafter des Unternehmens L., H. und M.S. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (L. Gesundheitszentrum D.), das als Untermieter in den Räumlichkeiten der vorgenannten Gesellschaft ein Gesundheitszentrum betrieb; der Kläger verkaufte seinen Gesellschaftsanteil (1/3 an der Gesellschaft) an J. K ... Außerdem war er Mitgesellschafter im "Therapiezentrum D. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts", die aus ihm und C. H. bestand.
Der Kläger teilte am 20.12.2005 der Beklagten mit, er sei nunmehr ab 15.11.2005 als Raumpfleger im "Gesundheitszentrum D." mit einem monatlichen Bruttolohn von 800,00 Euro beschäftigt. Am 15.11.2005 schloss er mit der Gesellschaft "Therapiezentrum D." gleichfalls einen Arbeitsvertrag (mit Wirkung ab 01.12.2005). Aus der der Beklagten vorgelegten Vereinbarung vom 26.11.2005 ergibt sich, dass er mit der Gesellschafterin H. überein gekommen ist, dass er zum 15.11.2005 aus dem "Therapiezentrum D." als Mitgesellschafter ausgeschieden ist. Im Gewerberegister der Gemeinde D. wurde der Kläger laut Auskunft vom 20.12.2005 noch als Gesellschafter der "S. , L. und H. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts" geführt.
Mit Bescheid vom 04.01.2006 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf diese Auskunft eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zum 15.11.2005 ab. Der Kläger legte hiergegen am 11.01.2006 Widerspruch ein; er sei bereits ab 01.04.2004 wegen Veräußerung seines Gesellschaftsanteils nicht mehr Mitgesellschafter der Gesellschaft "L. Gesundheitszentrum D." gewesen. Wegen eines Antrags des Finanzamts A. auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger habe er in der neuen Gesellschaft "Gesundheitszentrum D." eine Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft erhalten. Auf Grund des Insolvenzverfahrens und zur Vermeidung einer Gefährdung der anderen Mitgesellschafter sei er auch aus dem "Therapiezentrum D." ausgeschieden und habe mit dieser Gesellschaft mit Wirkung ab 01.12.2005 einen weiteren Arbeitsvertrag geschlossen. Beide Tätigkeiten unterlägen der Sozialversicherungspflicht. Das Amtsgericht A. eröffnete mit Beschluss vom 25.01.2006 das Insolvenzverfahren gegen den Kläger.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 14.02.2006 darauf hin, dass der Kläger am 15.11.2005 noch Mitgesellschafter der Firma "Therapiezentrum" im Wohnstift A. D. gewesen sei; werde über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet, scheide nach dem Gesellschaftsvertrag der betreffende Gesellschafter erst mit Eintritt der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses aus der Gesellschaft aus. Somit sei der Kläger bis Ende Januar 2006 noch hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger gewesen und unterliege damit nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, jedoch in den übrigen Versicherungszweigen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2006 den Widerspruch zurück und stellte fest, in der Beschäftigung bei dem "Gesundheitszentrum D." ab 15.11.2005 unterliege der Kläger nicht der Krankenversicherungspflicht, da er gleichzeitig Geschäftsführer/Gesellschafter und damit hauptberuflich selbständig erwerbstätig gewesen sei. Nach dem Ausscheiden sei er wegen Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungsfrei. In der daneben zum 01.12.2005 aufgenommenen Beschäftigung sei er gleichfalls wegen Vollendung des 55. Lebensjahres am 20.11.2005 versicherungsfrei.
Der Kläger hat hiergegen am 19.05.2006 beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben, Prozesskostenhilfe beantragt und ferner beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm eine vorläufige, ab 15.11.2005 gültige Mitgliedsbescheinigung auszustellen und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage eine vorläufige Mitglieds- bzw. Versichertenkarte auszustellen und auszuhändigen. Aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens sei er nicht in der Lage, die Arztkosten, insbesondere eine Zahnbehandlung wegen Zahnschmerzen, selbst zu bezahlen.
Das SG hat mit den Beschlüssen vom 17.08.2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung und Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden und es liege auch kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Hauptsacheklage vor. Es müsse von einer selbständigen Tätigkeit bis zum 26.11.2005 ausgegangen werden. Da der Kläger am 20.11.2005 das 55. Lebensjahr vollendet hatte, komme eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung als Pflichtmitglied nicht mehr in Frage. Prozesskostenhilfe könne nicht gewährt werden, da der Kläger eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat.
Hiergegen richten sich die Beschwerden des Klägers vom 25.09.2006, denen das SG nicht abgeholfen hat. In der Beschwerdebegründung vom 16.01.2007 macht der Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, die Auskunft des Gewerbeamts der Gemeinde D. über die Gesellschafterstellung des Klägers sei unzutreffend. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag könne im gegenseitigen Einvernehmen jederzeit abgeändert oder beendet werden, insbesondere wegen eines drohenden Insolvenzverfahrens. Die Aufnahme der zweiten Arbeitnehmertätigkeit sei aus rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus erfolgt.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.
II.
Die beiden Rechtsstreitigkeiten werden gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zur gemeinsamen Entscheidung unter dem Az.: L4 B 857/06 KR ER verbunden. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 171, 173, 174 SGG).
Die Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben sind. Der Anordnungsanspruch liegt im materiellen Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtschutz sucht und der Anordnungsgrund in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung, d.h. der Unzumutbarkeit des Abwartens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). An beiden Voraussetzungen fehlt es hier.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen und pauschalen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Verfahren zu verpflichten ist, dem Kläger eine Krankenversichertenkarte auszustellen (§ 15 Abs. 6 Sozialgesetzbuch V). Nach dieser gesetzlichen Vorschrift erhält jeder Versicherte die Krankenversichertenkarte bei der erstmaligen Ausgabe und bei Beginn der Versicherung bei einer Krankenkasse sowie bei jeder weiteren, nicht vom Versicherten verschuldeten erneuten Ausgabe gebührenfrei. Der Kläger ist jedoch in seinen beiden angegebenen Tätigkeiten für die Gesellschaften (Therapiezentrum/Gesundheitszentrum GbR), deren Mitgesellschafter er früher gewesen ist, weder ab 15.11.2005 noch ab 01.12.2005 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV -. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sind u. a. versicherungspflichtig Arbeiter und Angestellte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Selbst wenn der Senat im vorliegenden Verfahren unterstellt, dass der Kläger in zwei Beschäftigungsverhältnissen tätig geworden ist (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IV), fehlt es an der Versicherungspflicht.
Der Kläger hatte am 26.11.2005 mit der Mitgesellschafterin des "Therapiezentrums D." eine Vereinbarung getroffen, dass er am 25.11.2005, also rückwirkend, ausgeschieden sei. Diese Vereinbarung lässt den Schluss zu, dass der Kläger noch bis 26.11.2005 Mitgesellschafter gewesen ist. Bereits am 20.11.2005 ist jedoch gemäß § 6 Abs. 3a SGB V Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten, weil der Kläger zu diesem Tag das 55. Lebensjahr vollendet hatte und er in der letzten fünf Jahren nach seinen Angaben nicht gesetzlich versichert war. Diese Versicherungsfreiheit wirkte sich auf beide Beschäftigungsverhältnisse aus.
Abgesehen davon bestehen auch erhebliche Bedenken an der Beendigung der Gesellschafterstellung des Klägers noch vor Erreichen der Altersgrenze aufgrund des Gesellschaftsvertrags vom 01.05.1996 unter dem Gesichtspunkt der hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit, die eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ausschließt (der Senat geht hierbei trotz der abweichenden Gesellschaftsbezeichnungen davon aus, dass der Betrieb der Gesellschaft "Physikalische Therapie im A." identisch ist mit dem Betrieb "Therapiezentrum"). Denn nach dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag bestand nach § 3 Abs. 1 eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres und die Kündigung musste schriftlich erfolgen. Das in § 20 Abs. 3 des Vertrags geregelte Ausscheiden im Falle der Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters erfolgt erst mit Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Eröffnungsbeschlusses. Da das Amtsgericht A. (Insolvenzgericht) das Insolvenzverfahren am 26.01.2006 eröffnet hatte, hatte der Kläger als Schuldner gemäß § 34 Abs. 2 Insolvenzordnung das Recht der sofortigen Beschwerde; die Beschwerdefrist von zwei Wochen begann ab Zustellung des Beschlusses an den Schuldner (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Auflage, § 34, Rndnr. 23). Somit ist die Auffassung der Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass der Kläger auf jeden Fall bis Ende Januar 2006 hauptberuflich selbständig erwerbstätig war (§ 5 Abs. 5 SGB V) und damit in der Tätigkeit für diese Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer versicherungspflichtig werden konnte (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Es kann hier offen bleiben, wann die selbständige hauptberufliche Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft bzw. mit Kündigung im Jahr 2006 beendet war, da der Kläger bereits am 20.11.2005 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung versicherungsfrei war (§ 6 Abs. 3a SGB V).
Da Angaben zu den Vermögensverhältnissen nicht gemacht worden, geschweige denn glaubhaft gemacht worden sind, spricht nichts für einen Anordnungsgrund.
Das SG hat auch zu Recht Prozesskostenhilfe abgelehnt (§ 73a SGG); denn dem Antrag auf Prozesskostenhilfe ist nach § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Belegen beizufügen und zwar auf dem hierfür vorgesehenen Vordruck. Diese Erklärung ist weder im Antragsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden. Damit war Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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