Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 1523/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 956/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 24. November 2006 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006 angeordnet.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) bewilligte dem 1960 geborenen Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) ab 01.01.2005 Arbeitslosengeld (Alg) II, und zwar bis 31.07.2006. Mit Bescheid vom 18.09.2006 hob sie die Bewilligung der Leistung ab 01.08.2006 im Hinblick auf eine vom Bf. am 19.07.2006 aufgenommene Beschäftigung auf.
Mit weiterem Bescheid vom 18.09.2006 hob sie die Bewilligung der Leistung ab 01.01.2005 auf und forderte die Erstattung der bis 31.07.2006 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.3589,16 EUR. Darüber hinaus forderte sie die Erstattung der für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.570,49 EUR. Es sei davon auszugehen, dass von Anfang an eine Lebenspartnerschaft gemäß § 7 Abs.3 Nr.3b Sozialgesetzbuch (SGB) II mit Frau F. vorgelegen habe. Da keine Vermögens- und Einkommensnachweise von Frau F. erbracht werden könnten, könne nicht beurteilt werden, ob für die Bedarfsgemeinschaft ein Leistungsanspruch bestanden habe; es sei davon auszugehen, dass der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft durch das Einkommen von Frau F. gedeckt werden könne und von Anfang an kein Leistungsanspruch bestanden habe.
Mit seinem Widerspruch machte der Bf. geltend, seit Mai 2004 liege keine Partnerschaft mit Frau F. mehr vor; in der Wohnung sei eine räumliche und private Trennung vollzogen worden, es handele sich um ein reines Untermietverhältnis.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung sei bereits im Jahre 1995 geschlossen worden. Der Vortrag einer im Mai 2004 vollzogenen Trennung sei nicht glaubwürdig. Zudem betrage das Vermögen des Bf. einschließlich eines Fonds von 3.542,71 EUR insgesamt 12.000,65 EUR und liege über dem Freibetrag von 9.550,00 EUR.
Hiergegen hat der Bf. zum Sozialgericht München (SG) Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft habe in dem streitigen Zeitraum nicht bestanden. Bezüglich des Fondsvermögens gehe die Bg. zu Unrecht von seiner Inhaberschaft aus.
Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das SG mit Beschluss vom 24.11.2006 abgelehnt. Der angefochtene Verwaltungsakt sei nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig, weil der Bf. mit Frau F. in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt habe und deren Einkommen oder das den Freibetrag übersteigende Vermögen ausreiche, um sowohl ihren eigenen Bedarf als auch den des Bf. zu decken. Der Vortrag, er habe sich im Mai 2004 von Frau F. nach einer jahrelangen eheähnlichen Beziehung getrennt und lebe mit ihr seitdem in einem bloßen Untermietverhältnis in derselben Wohnung, sei unglaubwürdig, zumal der Zeitpunkt der angeblichen Trennung nun schon zweieinhalb Jahre zurück liege, ohne dass irgendwelche Bemühungen erkennbar wären, die Wohngemeinschaft zu beenden. Zwar seien das Einkommen und Vermögen der Partnerin der Höhe nach nicht bekannt, diese Unkenntnis beruhe aber darauf, dass der Bf. trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht hat. Er habe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen von Frau F. keine eigenen Angaben machen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bf., der sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist sachlich begründet. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Gemäß § 39 Nr.1 SGB II hat die Klage gegen den Bescheid der Bg. vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2006 keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann in diesem Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden. Diese Entscheidung setzt eine Abwägung zwischen den Interessen der Bg., den angefochtenen Bescheid bereits vor Bestandskraft zu vollziehen, mit dem Interesse des Bf., die geforderten Beträge erst nach Entscheidung des Gerichts über die angefochtenen Bescheide zu erstatten, voraus.
Es kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die günstigere Regelung der aufschiebenden Wirkung in § 336a SGB III eine großzügige Anwendung der Möglichkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten ist (so Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr.3 zu § 39). Denn im vorliegenden Fall führt die oben dargestellte Interessenabwägung zu einem für den Bf. günstigen Ergebnis. Denn gegenwärtig steht jedenfalls nicht fest, dass der Bf. zu Unrecht die Leistungen ab 01.01.2005 erhalten hat, da die Höhe des ihm zuzurechnenden Vermögens einerseits und das Einkommen und Vermögen von Frau F. andererseits noch nicht bekannt ist. Zu klären ist im Hauptsacheverfahren, ob die von dem Bf. vorgelegte Bestätigung von Frau F. und drei anderen Personen vom 31.07.2006 zutrifft, dass der auf seinen Namen lautende Vermögensfonds zwar von diesem eröffnet und verwaltet wurde, er jedoch keinen Anspruch auf die noch bestehenden Einlagen mehr besitze.
Bezüglich der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens von Frau F. ist zwar dem SG darin zu folgen, dass die vorliegenden Umstände dafür sprechen, dass in dem streitigen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs.3 Nr.3b SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung vorgelegen hat; jedoch ist das Einkommen und Vermögen von Frau F. nicht bekannt, so dass nicht geprüft werden kann, ob die Anrechnung nach § 9 Abs.2 Satz 1 SGB II den Anspruch des Bf. ausschließt. Die Bg. hat bisher nicht die ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Sie hat bisher lediglich den Bf. aufgefordert, Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau F. vorzulegen. Jedoch hat sie bisher nicht Frau F. selbst aufgefordert, entsprechende Nachweise zu erbringen. Gemäß § 60 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB II ist diese - eine eheähnliche Lebensgemeinschaft unterstellt - verpflichtet, entsprechende Auskunft zu erteilen. Dass Frau F. im Rahmen des an Bf. gerichteten Auskunftverlangens die schriftliche Erklärung vom 16.09.2006 abgegeben hat, "keinerlei Beziehung" zum Bf. zu haben und deshalb keinen Anlass zur Angabe ihrer Vermögens- und Verdienstnachweise zu sehen, steht dem nicht entgegen. In jedem Fall muss die Bg. erst den gegen Frau F. nach § 60 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB II bestehenden Auskunftsanspruch, dessen Nichterfüllung mit der Verhängung einer Geldbuße von bis zu 2.000,00 EUR gemäß § 63 Abs.2 SGB II geahndet werden kann, durch ein ausdrückliches Auskunftsverlangen fällig werden lassen. Solange dies nicht der Fall ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtswidrigkeit der für die Zeit ab 01.01.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide feststeht.
Somit war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) bewilligte dem 1960 geborenen Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) ab 01.01.2005 Arbeitslosengeld (Alg) II, und zwar bis 31.07.2006. Mit Bescheid vom 18.09.2006 hob sie die Bewilligung der Leistung ab 01.08.2006 im Hinblick auf eine vom Bf. am 19.07.2006 aufgenommene Beschäftigung auf.
Mit weiterem Bescheid vom 18.09.2006 hob sie die Bewilligung der Leistung ab 01.01.2005 auf und forderte die Erstattung der bis 31.07.2006 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.3589,16 EUR. Darüber hinaus forderte sie die Erstattung der für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.570,49 EUR. Es sei davon auszugehen, dass von Anfang an eine Lebenspartnerschaft gemäß § 7 Abs.3 Nr.3b Sozialgesetzbuch (SGB) II mit Frau F. vorgelegen habe. Da keine Vermögens- und Einkommensnachweise von Frau F. erbracht werden könnten, könne nicht beurteilt werden, ob für die Bedarfsgemeinschaft ein Leistungsanspruch bestanden habe; es sei davon auszugehen, dass der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft durch das Einkommen von Frau F. gedeckt werden könne und von Anfang an kein Leistungsanspruch bestanden habe.
Mit seinem Widerspruch machte der Bf. geltend, seit Mai 2004 liege keine Partnerschaft mit Frau F. mehr vor; in der Wohnung sei eine räumliche und private Trennung vollzogen worden, es handele sich um ein reines Untermietverhältnis.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung sei bereits im Jahre 1995 geschlossen worden. Der Vortrag einer im Mai 2004 vollzogenen Trennung sei nicht glaubwürdig. Zudem betrage das Vermögen des Bf. einschließlich eines Fonds von 3.542,71 EUR insgesamt 12.000,65 EUR und liege über dem Freibetrag von 9.550,00 EUR.
Hiergegen hat der Bf. zum Sozialgericht München (SG) Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft habe in dem streitigen Zeitraum nicht bestanden. Bezüglich des Fondsvermögens gehe die Bg. zu Unrecht von seiner Inhaberschaft aus.
Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das SG mit Beschluss vom 24.11.2006 abgelehnt. Der angefochtene Verwaltungsakt sei nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig, weil der Bf. mit Frau F. in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt habe und deren Einkommen oder das den Freibetrag übersteigende Vermögen ausreiche, um sowohl ihren eigenen Bedarf als auch den des Bf. zu decken. Der Vortrag, er habe sich im Mai 2004 von Frau F. nach einer jahrelangen eheähnlichen Beziehung getrennt und lebe mit ihr seitdem in einem bloßen Untermietverhältnis in derselben Wohnung, sei unglaubwürdig, zumal der Zeitpunkt der angeblichen Trennung nun schon zweieinhalb Jahre zurück liege, ohne dass irgendwelche Bemühungen erkennbar wären, die Wohngemeinschaft zu beenden. Zwar seien das Einkommen und Vermögen der Partnerin der Höhe nach nicht bekannt, diese Unkenntnis beruhe aber darauf, dass der Bf. trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht hat. Er habe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen von Frau F. keine eigenen Angaben machen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bf., der sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist sachlich begründet. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen vor.
Gemäß § 39 Nr.1 SGB II hat die Klage gegen den Bescheid der Bg. vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2006 keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann in diesem Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden. Diese Entscheidung setzt eine Abwägung zwischen den Interessen der Bg., den angefochtenen Bescheid bereits vor Bestandskraft zu vollziehen, mit dem Interesse des Bf., die geforderten Beträge erst nach Entscheidung des Gerichts über die angefochtenen Bescheide zu erstatten, voraus.
Es kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die günstigere Regelung der aufschiebenden Wirkung in § 336a SGB III eine großzügige Anwendung der Möglichkeit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten ist (so Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr.3 zu § 39). Denn im vorliegenden Fall führt die oben dargestellte Interessenabwägung zu einem für den Bf. günstigen Ergebnis. Denn gegenwärtig steht jedenfalls nicht fest, dass der Bf. zu Unrecht die Leistungen ab 01.01.2005 erhalten hat, da die Höhe des ihm zuzurechnenden Vermögens einerseits und das Einkommen und Vermögen von Frau F. andererseits noch nicht bekannt ist. Zu klären ist im Hauptsacheverfahren, ob die von dem Bf. vorgelegte Bestätigung von Frau F. und drei anderen Personen vom 31.07.2006 zutrifft, dass der auf seinen Namen lautende Vermögensfonds zwar von diesem eröffnet und verwaltet wurde, er jedoch keinen Anspruch auf die noch bestehenden Einlagen mehr besitze.
Bezüglich der Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens von Frau F. ist zwar dem SG darin zu folgen, dass die vorliegenden Umstände dafür sprechen, dass in dem streitigen Zeitraum eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs.3 Nr.3b SGB II in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung vorgelegen hat; jedoch ist das Einkommen und Vermögen von Frau F. nicht bekannt, so dass nicht geprüft werden kann, ob die Anrechnung nach § 9 Abs.2 Satz 1 SGB II den Anspruch des Bf. ausschließt. Die Bg. hat bisher nicht die ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Sie hat bisher lediglich den Bf. aufgefordert, Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau F. vorzulegen. Jedoch hat sie bisher nicht Frau F. selbst aufgefordert, entsprechende Nachweise zu erbringen. Gemäß § 60 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB II ist diese - eine eheähnliche Lebensgemeinschaft unterstellt - verpflichtet, entsprechende Auskunft zu erteilen. Dass Frau F. im Rahmen des an Bf. gerichteten Auskunftverlangens die schriftliche Erklärung vom 16.09.2006 abgegeben hat, "keinerlei Beziehung" zum Bf. zu haben und deshalb keinen Anlass zur Angabe ihrer Vermögens- und Verdienstnachweise zu sehen, steht dem nicht entgegen. In jedem Fall muss die Bg. erst den gegen Frau F. nach § 60 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB II bestehenden Auskunftsanspruch, dessen Nichterfüllung mit der Verhängung einer Geldbuße von bis zu 2.000,00 EUR gemäß § 63 Abs.2 SGB II geahndet werden kann, durch ein ausdrückliches Auskunftsverlangen fällig werden lassen. Solange dies nicht der Fall ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtswidrigkeit der für die Zeit ab 01.01.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide feststeht.
Somit war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
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