L 7 B 976/06 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 863/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 976/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Dezember 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage abgelehnt wird.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) bewilligte dem 1952 geborenen Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.), der bis 28.07.2006 Arbeitslosengeld (Alg) I bezogen hatte, mit Bescheid vom 24.08.2006 für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.01.2007 Alg II in Höhe von monatlich 654,00 Euro. Mit Bescheid vom 25.10.2006 hob sie diese Bewilligung für die Zeit ab 01.11.2006 auf und führte aus, es werde eine gegenseitige Einstehungsgemeinschaft nach § 7 Abs.3a SGB II mit Frau T.K. angenommen, weshalb diese zur Bedarfsgemeinschaft gehöre. Deren Bedürftigkeit habe nicht nachgewiesen bzw. nicht überprüft werden können. Der Bf. habe acht Jahre in W. bei Frau T.K. gewohnt und sei mit ihr zusammen nach K. gezogen. Mit dem Umzug habe er seinen Lebensmittelpunkt und die gewohnte Lebensumgebung aufgegeben. Dass dies nur zur Fortsetzung eines guten Mietverhältnisses geschehen sei, sei zumindest ungewöhnlich. Er dürfe über das Kfz von Frau T.K. verfügen, ein Indiz für ein tieferes Vertrauensverhältnis. Derzeit würden bis zum Abschluss von Umbaumaßnahmen Küche und Bad gemeinschaftlich genutzt, es handle sich bei der von ihm angegebenen Mietwohnung um keine abgeschlossene Einliegerwohnung. Wie aus seinem letzten Schreiben vom 16.10.2006 zu folgern sei, würde Frau T.K. im Falle einer Arbeitsaufnahme tagsüber seinen Hund versorgen. Dies alles seien Dinge, die über ein gewöhnliches gutes Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter weit hinaus gingen. Er habe keine Argumente vorgebracht, die diese Vermutung entkräften könnten. Eine Widerlegung der Gemeinschaftsvermutung vor Ort durch einen Hausbesuch am 13.09.2006 sei auf seinen Wunsch nicht möglich gewesen. Die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs.2 habe nicht erfolgen können, da die mit Schreiben angeforderten Einkommens- und Vermögensunterlagen von Frau T.K. nicht vorgelegt worden seien.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. Widerspruch eingelegt und beim Sozialgericht Augsburg (SG) beantragt, per einstweiligen Rechtsschutz die fortlaufende Zahlung zu sichern. Er habe seine Bedürftigkeit bei Antragstellung nachgewiesen. Da Frau T.K. nicht zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehöre, habe sie ihm die Überlassung von Unterlagen verweigert. Er habe in W. acht Jahre bei den Eheleuten T.K. zur Miete gewohnt. Diese hätten sehr kurzfristig ihr Haus in W. verkaufen können, wobei der Käufer nicht bereit gewesen sei, ihn und seinen Schäferhund als Untermieter zu übernehmen. Eine gleichwertige möblierte Wohnung sei in W. nicht zu bekommen gewesen. Der Grund seines Umzuges nach K. sei nicht in der Person von Frau T.K. zu suchen, sondern in dem ihm angebotenen Wohnraum. Das Kfz von Frau T.K. habe er nutzen dürfen, um bei seiner Arbeitssuche mobiler agieren zu können; diese Nutzung sei ihm mittlerweile untersagt worden.

Mit Beschluss vom 07.12.2006 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Dem Bf. sei es nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung des § 7 Abs.3a Nr.1 SGB II zu widerlegen. Er habe bereits vor seinem Zuzug nach K. mit Frau T.K. acht Jahre zusammengelebt. Dass während dieses Zeitraums bereits ein Zusammenleben stattgefunden habe, sei entgegen der Behauptung des Bf. anzunehmen, da er mit Frau T.K. gemeinsam nach K. umgezogen sei. Die Einlassung des Bf., dass er zu diesem Umzug gezwungen gewesen sei, sei in keiner Weise nachvollziehbar. Sollte es sich bei dem Verhältnis zwischen Frau T.K. und dem Bf. um eine bloße Mietbeziehung handeln, hätte Frau T.K. nicht ein Haus angemietet, das Platz für zwei Personen sowie zwei Schäferhunde biete. Naheliegender wäre gewesen, nach Verkauf des Hauses in W. eine Wohnung für sich alleine anzumieten. Unbestritten lägen derzeit auch keine abtrennbaren Räumlichkeiten und damit keine eindeutig abgrenzbare Privatsphäre des Bf. vor. Die enge Verbundenheit zeige sich weiter in der gemeinsamen Sorge um die Hunde sowie das gegenseitige Erledigen von Besorgungen und das zur Verfügungstellen des Autos. Diese Unterstützungshandlungen stellten keine allgemein üblichen Handlungsweisen zwischen Vermieter und Mieter dar, sie zeugten vielmehr von einem darüberhinausgehenden Vertrauensverhältnis. Hierfür spreche weiter, dass Frau T.K. dem Bf. trotz der ausbleibenden Leistungen seit 01.11.2006 nachweislich noch nicht gekündigt bzw. dies überprüfbar auch nicht angedroht habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bf. Er trägt vor, die Gründe, weshalb Frau T.K. ihm in K. Wohnraum angeboten habe, hätten sich aus dem kurzfristigen Verkauf des Hauses in W. ergeben, ihm sei es nicht möglich gewesen, kurzfristig einen gleichwertigen Wohnraum zu bekommen. Es liege nicht in seiner Verantwortung, wenn die Bg. nicht in der Lage sei, einen Hausbesuch durch gesetzestreue Mitarbeiter herbeizuführen. Das Kündigungsschreiben von Frau T.K. sei ihm am 12.11.2006 zugegangen.

Der Bf. hat schließlich den Widerspruchsbescheid der Bg. vom 11.01.2007, mit dem sein Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.10.2006 zurückgewiesen worden ist, sowie die hiergegen erhobene Klage vorgelegt.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Allerdings ist das Begehren des Bf. auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht als Antrag auf einstweilige Anordnung, sondern als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auszulegen, da es sich hierbei um den zulässigen Rechtsbehelf handelt. Die mittlerweile gegen den Bescheid vom 25.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2007 erhobene Klage ist eine Anfechtungsklage, die gemäß § 37 Nr.1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat. Das Begehren des Bf. geht dahin, über den 31.10.2006 hinaus Leistungen aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 24.08.2006 zu erhalten. Der nach § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGG zulässige Antrag ist nicht begründet, da die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Bg., die Aufhebung der Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft ab 01.11.2006 und damit die Ablehnung einer weiteren Zahlung sofort zu vollziehen, das Interesse des Bf., bereits vor Entscheidung in der Hauptsache über die angefochtenen Bescheide die Leistung weiterhin zu erhalten. Wesentlicher Gesichtspunkt hierfür ist, dass gegenwärtig ein Anspruch des Bf. auf Alg II nicht nachgewiesen ist.

Zu Recht verweist das SG auf § 7 Abs.3a Nr.1 SGB II, wonach ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet wird, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Dies ist hier eindeutig gegeben. Weitere, diese Vermutung verstärkende Indizien sind der gemeinsame Umzug des Bf. und der zwar verheirateten aber getrennt lebenden Frau T.K. sowie die übrigen vom SG und der Bg. angeführten Umstände; der Senat folgt insoweit den Ausführungen des SG und sieht gemäß § 142 Abs.2 Satz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Gegenwärtig ist die Vermutung § 7 Abs.3a Nr.1 SGB II nicht widerlegt. Bei dieser Sachlage ist das Verhalten des Bf., am 13.09.2006 einer Prüfung vor Ort durch zwei Sachbearbeiter der Bf. nicht zuzustimmen, nicht verständlich. Zumindest die Besichtigung der vom Bf. angeblich gemieteten und benutzten Räume war allein von seiner Zustimmung und nicht auch von der von T.K. abhängig gewesen; dass er sich dem verweigert hat, muss er sich zurechnen lassen.

Letztlich kommt eine Weiterzahlung von Leistungen aus dem Bescheid vom 24.08.2006 nur nach vollständiger Überprüfung der Sachlage und daraus resultierender Widerlegung der Vermutung nach § 7 Abs.3a SGB II in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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