Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 327/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 989/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 6. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten.
III. Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller betreibt als Internist eine vertragsärztliche Praxis in W. mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie. Er bietet auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der onkologischen Behandlung eine Hyperthermietherapie als individuelle Gesundheitsleistung (IGEL) mit Geräten an, die er sich mit einem finanziellen Aufwand von ungefähr 100.000,00 Euro beschafft hat, nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 18.01.2005 beschlossen hatte, die Hyperthermie in die (damals) so genannten Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) in die Anlage B "nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" aufzunehmen.
Der Antragsteller beantragte am 15.02.2006 bei der Antragsgegnerin für eine bei ihr Versicherte, die an einem inoperablen Pankreas-Corpuskarzinom leidet, die Kostenübernahme für die bereits angewandte Hyperthermie. Die Antragsgegnerin lehnte mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 16.02.2006 die Kostenübernahme im ambulanten Bereich wegen der bei der Anwendung der Hyperthermie bestehenden Risiken beziehungsweise lebensbedrohlichen Komplikationen ab und teilte der Versicherten eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit als stationäre Leistung in einer zugelassenen Klinik in Bad B. mit.
Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers forderte mit Schreiben vom 10.05.2006 von der Antragsgegnerin die Abgabe einer fristgebundenen strafbewährten Unterlassungserklärung; die Aussagen der Antragsgegnerin seien tatsächlich und rechtlich unzutreffend.
Nachdem die Antragsgegnerin sich mit Schreiben vom 22.05.2006 geweigert hatte, eine derartige Unterlassungserklärung abzugeben, hat der Prozessbevollmächtigte beim Sozialgericht Regensburg (SG) am 25.10.2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, derzufolge der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, zu verbieten, gegenüber Versicherten auf die Risiken bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Hyperthermiebehandlung und auf eine Kostenübernahme im stationären Bereich sowie die Behandlungsmöglichkeit in einem Vertragskrankenhaus in Bad B. hinzuweisen. Der Streitwert ist mit 100.000,00 Euro angegeben worden. Es sei ihm wegen des drohenden finanziellen Nachteils auf Grund einer Störung des Wettbewerbs im privatärztlichen Betätigungsfeld in seiner Praxis nicht zuzumuten, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Unzutreffend sei auch die Ansicht der Antragsgegnerin, sie habe die Kosten für eine Hyperthermiebehandlung im Rahmen einer stationären Behandlung zu erstatten; hierdurch werde ein Konkurrent des Antragstellers bevorzugt. Er habe grundrechtliche Abwehransprüche aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 (Berufsausübungsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 (Diskriminierungsverbot) Grundgesetz (GG) i.V.m. § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das SG hat mit Beschluss vom 06.11.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig abgelehnt. Es fehle an dem hierfür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Hyperthermiebehandlung sei im ambulanten Bereich durch einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses ausgeschlossen. Insoweit greife die Antragsgegnerin nicht in den geschützten Bereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs des Antragstellers ein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei eine Krankenkasse gegenüber den Versicherten zur Aufklärung verpflichtet, dass eine beantragte Behandlung statt ambulant auch in verschiedenen Krankenhäusern stationär angeboten und in diesem Rahmen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung vergütet wird.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 11.12.2006, der das SG nicht abgeholfen hat. Entgegen dem SG sei ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, die Antragsgegnerin erteile unzutreffende Informationen über die Risiken der Hyperthermiebehandlung und deren Abrechnungsmöglichkeiten gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen.
Der Prozessbevollmächtige beantragt, 1. den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 06.11.2006 aufzuheben, 2. der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 150.000,00 Euro; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu verbieten, gegenüber ihren Versicherten folgende Aussagen zu treffen, 1.1 "Es bestehen Risiken bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Hyperthermiebehandlung. Aufgrund des Patientenschutzes ist daher eine Kostenübernahme nur im stationären Bereich möglich"; und/oder 1.2. "Ein Vertrag hierüber besteht zum Beispiel mit der B.Klinik Bad B.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich bezüglich der Risiken der Hyperthermiebehandlung auf den Abschlussbericht des Gemeinsamen Bundesausschusses; sie habe mit dem Hinweis an die Versicherte auf eine stationäre Behandlungsmöglichkeit nur dafür gesorgt, dass diese eine Leistung zeitnah erhält.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und der beigezogenen Akte des SG Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig.
Die Beschwerde ist unbegründet; das SG hat zu Recht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt, wie alle Rechtsbehelfe, ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Es gilt hier der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Im vorliegenden Fall fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der von dem Antragsteller genannte Bescheid gegenüber einer Versicherten der Antragsgegnerin vom 16.02.2006 nicht in die Rechte des Antragstellers eingreift. Es muss hier die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden, nicht lediglich wirtschaftlicher Interessen.
Dem Antragsteller geht es im vorliegenden Verfahren darum, wie der Beschwerdebegründung zu entnehmen ist (Ziff. 3.), für die Versicherte die bereits geplante ambulante Hyperthermietherapie in seiner Praxis zulasten der Antragsgegnerin zu ermöglichen. Damit betreibt er die Feststellung der Leistungspflicht der Antragsgegnerin im Verhältnis zur Versicherten. In einem vergleichbaren, auf Kostenübernahme bzw. -freistellung einer außervertraglichen Behandlung gerichteten Rechtsstreit hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 17.03.1999 (SozR 3-2500 § 13 Nr. 19 m.w.N.) die Klagebefugnis des Arztes verneint. Auch im vorliegenden Fall ist der Antragsteller durch die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts nicht beschwert. Der Einwand, dass der die Leistungsfeststellung beantragende Arzt durch die Verweigerung der Kostenübernahme betroffen ist, weil unter Umständen der Versicherte von einer anderen Behandlungsmöglichkeit Gebrauch macht, ist nach dem BSG unbegründet. Beschwert kann zwar auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Eine rein wirtschaftliche Betroffenheit reicht dafür jedoch nicht aus. Die Klagebefugnis fehlt, wenn die als verletzt angesehene Rechtsnorm keinen drittschützenden Charakter in dem Sinne hat, dass sie zumindest auch der Verwirklichung individueller rechtlicher Interessen des Antragstellers (Arzt) zu dienen bestimmt ist. Dies ist bei dem hier zu Grunde liegenden Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) nicht der Fall. Die Regelung soll nämlich von der Bindung an einen Sachleistungsgrundsatz befreien, wo dieser wegen eines Mangels im Leistungssystem die notwendige Krankenbehandlung nicht gewährleisten kann. Die Regelung betrifft ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse; die Wahrung beruflicher oder wirtschaftlicher Interessen der behandelnden Ärzte wird damit auch nicht mittelbar bezweckt.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch, wenn das Begehren des Antragstellers so ausgelegt wird (§ 123 SGG), dass er eine allgemeine Klärung der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme der Hyperthermiebehandlung anstrebt. Denn es ist nicht Aufgabe der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, Rechtsfragen ohne Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis zu klären (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Schließlich besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers in Bezug auf die wettbewerbsrechtliche Frage, ob die Antragsgegnerin berechtigt gewesen ist, ihre Versicherte auf die stationäre Behandlungsmöglichkeit mit der Hyperthermie in einem zugelassenen Krankenhaus hinzuweisen, das der Antragsteller als Konkurrenten ansieht. Denn die Antragsgegnerin ist mit diesem Hinweis ihrer Verpflichtung nach § 14 Sozialgesetzbuch I (SGB I) nachgekommen, wonach jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch hat. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Hierbei kann es offen bleiben, ob die Versicherte die Antragsgegnerin um Auskunft über eine andere Behandlungsmöglichkeit gebeten hat oder ob der Hinweis auf die stationäre Behandlung durch die Antragsgegnerin ohne Antrag erfolgt ist. Denn eine Beratung kann auch von Amts wegen erfolgen, insbesondere wenn sich aus der Sicht der Krankenkasse ein Beratungsbedarf aufdrängt. Ist nämlich das von den Krankenkassen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf einem Gebiet bereitgestellte Leistungsangebot für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist dies geboten. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist (BSG vom 04.04.2006, Die Sozialgerichtsbarkeit 2006, 346). Außerdem hat die Antragsgegnerin hiermit ihre Auskunftspflicht gemäß § 15 Abs. 1 SGB I erfüllt, die die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. Hierbei handelt es sich gleichfalls nicht um drittschützende Normen, aus denen der Antragsteller als mittelbar Betroffener eigene Rechte herleiten könnte.
Entgegen seiner Auffassung folgt ein Unterlassungsanspruch nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG. Denn wettbewerbsrechtliche Ansprüche ergeben sich hieraus im Verhältnis der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten und anderen Leistungserbringern sowie ihren Verbänden nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließt § 69 SGB V aus, die Handlungen der Krankenkassen und der von ihnen eingeschalteten Leistungserbringer, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages gegenüber den Versicherten dienen sollen, nach wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen zu beurteilen (BGH vom 23.02.2006 MDR 2006, 1245). Durch die Neufassung des § 69 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 sollte sichergestellt werden, dass Handlungen der gesetzlichen Krankenkassen und der für sie tätigen Leistungserbringer zur Erfüllung des Versorgungsauftrages gegenüber den Versicherten nur nach dem öffentlichen Recht beurteilt werden. Damit sollte der früheren Rechtsprechung (insbesondere des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) die Grundlage entzogen werden, dass solche (schlicht-hoheitlichen) Handlungen wegen ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb gegebenenfalls eine Doppelnatur haben und dementsprechend auch dem Wettbewerbs- oder Kartellrecht unterliegen können. Bereits vor dieser Entscheidung des BGH hat das BSG (Urteil vom 31.03.1998, BSGE 82, 78) festgestellt, dass das für das gewerbliche Wettbewerbsrecht entwickelte Instrumentarium von deliktischen, negatorischen und ergänzenden Ansprüchen, die auf die Beseitigung eines durch unlautere Werbemaßnahmen verursachten Schadens abzielen, auf die Rechtsbeziehungen und den Wettbewerb zwischen gesetzlichen Krankenkassen nicht übertragen werden kann. Eine Rechtsfortbildung durch Schaffung eigener wettbewerbsrechtlicher Ausgleichsansprüche in Analogie zu den entsprechenden Instituten des privaten Wettbewerbsrechts scheidet aus, weil die Bedeutung des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen auf der einen und zwischen Konkurrenten auf der anderen Seite nicht vergleichbar und deshalb kein analogiefähiger Tatbestand gegeben ist. Die hier niedergelegten Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, weil hier gleichfalls ein Rechtsverhältnis im System der Leistungserbringung betroffen ist. Mit Urteil vom 12.05.2005 (SozR 4-2500 § 69 Nr. 1) hat das BSG entschieden, dass in diesem System der Leistungserbringung seit 01.01.2001 alle Behandlungen der Krankenkassen und ihrer Verbände, die ihre Beziehungen zu den Leistungserbringern sowie zu hiervon berührten Dritten betreffen, ausschließlich nach öffentlichem Recht beurteilt werden. Zivilrechtliche Vorschriften sind nicht mehr maßgebend für diese Rechtsbeziehungen, sondern können nur noch lückenfüllend und ergänzend herangezogen werden. Im Folgenden hat das BSG hervorgehoben, dass mit der Neufassung des § 69 SGB V die Ausgrenzung des Zivilrechts einschließlich des Wettbewerbs- und Kartellrechts aus den Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen beabsichtigt war (ebenso BSG vom 25.09.2001; BSGE 89,24).
Da die Antragsgegnerin mit dem Hinweis auf die stationäre Behandlungsmöglichkeit in einer zugelassenen Klinik ihrer Beratungspflicht in sachlicher Art und Weise nachgekommen ist, ergibt sich auch insoweit kein Anhaltspunkt für eine denkbare Rechtsverletzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs.1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert wird mit 30.000,00 Euro festgesetzt (§ 197a Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz), wobei der Senat - ebenso wie das SG - berücksichtigt hat, dass bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes etwa 1/3 des der Bedeutung der Streitsache ergebenden Wertes als Streitwert zu Grunde gelegt wird.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Der Antragsteller trägt die Kosten.
III. Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller betreibt als Internist eine vertragsärztliche Praxis in W. mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie. Er bietet auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen der onkologischen Behandlung eine Hyperthermietherapie als individuelle Gesundheitsleistung (IGEL) mit Geräten an, die er sich mit einem finanziellen Aufwand von ungefähr 100.000,00 Euro beschafft hat, nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 18.01.2005 beschlossen hatte, die Hyperthermie in die (damals) so genannten Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) in die Anlage B "nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" aufzunehmen.
Der Antragsteller beantragte am 15.02.2006 bei der Antragsgegnerin für eine bei ihr Versicherte, die an einem inoperablen Pankreas-Corpuskarzinom leidet, die Kostenübernahme für die bereits angewandte Hyperthermie. Die Antragsgegnerin lehnte mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 16.02.2006 die Kostenübernahme im ambulanten Bereich wegen der bei der Anwendung der Hyperthermie bestehenden Risiken beziehungsweise lebensbedrohlichen Komplikationen ab und teilte der Versicherten eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit als stationäre Leistung in einer zugelassenen Klinik in Bad B. mit.
Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers forderte mit Schreiben vom 10.05.2006 von der Antragsgegnerin die Abgabe einer fristgebundenen strafbewährten Unterlassungserklärung; die Aussagen der Antragsgegnerin seien tatsächlich und rechtlich unzutreffend.
Nachdem die Antragsgegnerin sich mit Schreiben vom 22.05.2006 geweigert hatte, eine derartige Unterlassungserklärung abzugeben, hat der Prozessbevollmächtigte beim Sozialgericht Regensburg (SG) am 25.10.2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, derzufolge der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, zu verbieten, gegenüber Versicherten auf die Risiken bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Hyperthermiebehandlung und auf eine Kostenübernahme im stationären Bereich sowie die Behandlungsmöglichkeit in einem Vertragskrankenhaus in Bad B. hinzuweisen. Der Streitwert ist mit 100.000,00 Euro angegeben worden. Es sei ihm wegen des drohenden finanziellen Nachteils auf Grund einer Störung des Wettbewerbs im privatärztlichen Betätigungsfeld in seiner Praxis nicht zuzumuten, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Unzutreffend sei auch die Ansicht der Antragsgegnerin, sie habe die Kosten für eine Hyperthermiebehandlung im Rahmen einer stationären Behandlung zu erstatten; hierdurch werde ein Konkurrent des Antragstellers bevorzugt. Er habe grundrechtliche Abwehransprüche aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 (Berufsausübungsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 (Diskriminierungsverbot) Grundgesetz (GG) i.V.m. § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das SG hat mit Beschluss vom 06.11.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig abgelehnt. Es fehle an dem hierfür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Hyperthermiebehandlung sei im ambulanten Bereich durch einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses ausgeschlossen. Insoweit greife die Antragsgegnerin nicht in den geschützten Bereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs des Antragstellers ein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei eine Krankenkasse gegenüber den Versicherten zur Aufklärung verpflichtet, dass eine beantragte Behandlung statt ambulant auch in verschiedenen Krankenhäusern stationär angeboten und in diesem Rahmen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung vergütet wird.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 11.12.2006, der das SG nicht abgeholfen hat. Entgegen dem SG sei ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, die Antragsgegnerin erteile unzutreffende Informationen über die Risiken der Hyperthermiebehandlung und deren Abrechnungsmöglichkeiten gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen.
Der Prozessbevollmächtige beantragt, 1. den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 06.11.2006 aufzuheben, 2. der Antragsgegnerin unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 150.000,00 Euro; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu verbieten, gegenüber ihren Versicherten folgende Aussagen zu treffen, 1.1 "Es bestehen Risiken bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen bei der Hyperthermiebehandlung. Aufgrund des Patientenschutzes ist daher eine Kostenübernahme nur im stationären Bereich möglich"; und/oder 1.2. "Ein Vertrag hierüber besteht zum Beispiel mit der B.Klinik Bad B.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich bezüglich der Risiken der Hyperthermiebehandlung auf den Abschlussbericht des Gemeinsamen Bundesausschusses; sie habe mit dem Hinweis an die Versicherte auf eine stationäre Behandlungsmöglichkeit nur dafür gesorgt, dass diese eine Leistung zeitnah erhält.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und der beigezogenen Akte des SG Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig.
Die Beschwerde ist unbegründet; das SG hat zu Recht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt, wie alle Rechtsbehelfe, ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Es gilt hier der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Im vorliegenden Fall fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der von dem Antragsteller genannte Bescheid gegenüber einer Versicherten der Antragsgegnerin vom 16.02.2006 nicht in die Rechte des Antragstellers eingreift. Es muss hier die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden, nicht lediglich wirtschaftlicher Interessen.
Dem Antragsteller geht es im vorliegenden Verfahren darum, wie der Beschwerdebegründung zu entnehmen ist (Ziff. 3.), für die Versicherte die bereits geplante ambulante Hyperthermietherapie in seiner Praxis zulasten der Antragsgegnerin zu ermöglichen. Damit betreibt er die Feststellung der Leistungspflicht der Antragsgegnerin im Verhältnis zur Versicherten. In einem vergleichbaren, auf Kostenübernahme bzw. -freistellung einer außervertraglichen Behandlung gerichteten Rechtsstreit hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 17.03.1999 (SozR 3-2500 § 13 Nr. 19 m.w.N.) die Klagebefugnis des Arztes verneint. Auch im vorliegenden Fall ist der Antragsteller durch die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts nicht beschwert. Der Einwand, dass der die Leistungsfeststellung beantragende Arzt durch die Verweigerung der Kostenübernahme betroffen ist, weil unter Umständen der Versicherte von einer anderen Behandlungsmöglichkeit Gebrauch macht, ist nach dem BSG unbegründet. Beschwert kann zwar auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Eine rein wirtschaftliche Betroffenheit reicht dafür jedoch nicht aus. Die Klagebefugnis fehlt, wenn die als verletzt angesehene Rechtsnorm keinen drittschützenden Charakter in dem Sinne hat, dass sie zumindest auch der Verwirklichung individueller rechtlicher Interessen des Antragstellers (Arzt) zu dienen bestimmt ist. Dies ist bei dem hier zu Grunde liegenden Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) nicht der Fall. Die Regelung soll nämlich von der Bindung an einen Sachleistungsgrundsatz befreien, wo dieser wegen eines Mangels im Leistungssystem die notwendige Krankenbehandlung nicht gewährleisten kann. Die Regelung betrifft ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse; die Wahrung beruflicher oder wirtschaftlicher Interessen der behandelnden Ärzte wird damit auch nicht mittelbar bezweckt.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch, wenn das Begehren des Antragstellers so ausgelegt wird (§ 123 SGG), dass er eine allgemeine Klärung der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme der Hyperthermiebehandlung anstrebt. Denn es ist nicht Aufgabe der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, Rechtsfragen ohne Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis zu klären (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Schließlich besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers in Bezug auf die wettbewerbsrechtliche Frage, ob die Antragsgegnerin berechtigt gewesen ist, ihre Versicherte auf die stationäre Behandlungsmöglichkeit mit der Hyperthermie in einem zugelassenen Krankenhaus hinzuweisen, das der Antragsteller als Konkurrenten ansieht. Denn die Antragsgegnerin ist mit diesem Hinweis ihrer Verpflichtung nach § 14 Sozialgesetzbuch I (SGB I) nachgekommen, wonach jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch hat. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Hierbei kann es offen bleiben, ob die Versicherte die Antragsgegnerin um Auskunft über eine andere Behandlungsmöglichkeit gebeten hat oder ob der Hinweis auf die stationäre Behandlung durch die Antragsgegnerin ohne Antrag erfolgt ist. Denn eine Beratung kann auch von Amts wegen erfolgen, insbesondere wenn sich aus der Sicht der Krankenkasse ein Beratungsbedarf aufdrängt. Ist nämlich das von den Krankenkassen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf einem Gebiet bereitgestellte Leistungsangebot für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist dies geboten. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist (BSG vom 04.04.2006, Die Sozialgerichtsbarkeit 2006, 346). Außerdem hat die Antragsgegnerin hiermit ihre Auskunftspflicht gemäß § 15 Abs. 1 SGB I erfüllt, die die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. Hierbei handelt es sich gleichfalls nicht um drittschützende Normen, aus denen der Antragsteller als mittelbar Betroffener eigene Rechte herleiten könnte.
Entgegen seiner Auffassung folgt ein Unterlassungsanspruch nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG. Denn wettbewerbsrechtliche Ansprüche ergeben sich hieraus im Verhältnis der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten und anderen Leistungserbringern sowie ihren Verbänden nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließt § 69 SGB V aus, die Handlungen der Krankenkassen und der von ihnen eingeschalteten Leistungserbringer, die der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages gegenüber den Versicherten dienen sollen, nach wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen zu beurteilen (BGH vom 23.02.2006 MDR 2006, 1245). Durch die Neufassung des § 69 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 sollte sichergestellt werden, dass Handlungen der gesetzlichen Krankenkassen und der für sie tätigen Leistungserbringer zur Erfüllung des Versorgungsauftrages gegenüber den Versicherten nur nach dem öffentlichen Recht beurteilt werden. Damit sollte der früheren Rechtsprechung (insbesondere des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes) die Grundlage entzogen werden, dass solche (schlicht-hoheitlichen) Handlungen wegen ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb gegebenenfalls eine Doppelnatur haben und dementsprechend auch dem Wettbewerbs- oder Kartellrecht unterliegen können. Bereits vor dieser Entscheidung des BGH hat das BSG (Urteil vom 31.03.1998, BSGE 82, 78) festgestellt, dass das für das gewerbliche Wettbewerbsrecht entwickelte Instrumentarium von deliktischen, negatorischen und ergänzenden Ansprüchen, die auf die Beseitigung eines durch unlautere Werbemaßnahmen verursachten Schadens abzielen, auf die Rechtsbeziehungen und den Wettbewerb zwischen gesetzlichen Krankenkassen nicht übertragen werden kann. Eine Rechtsfortbildung durch Schaffung eigener wettbewerbsrechtlicher Ausgleichsansprüche in Analogie zu den entsprechenden Instituten des privaten Wettbewerbsrechts scheidet aus, weil die Bedeutung des Wettbewerbs zwischen Krankenkassen auf der einen und zwischen Konkurrenten auf der anderen Seite nicht vergleichbar und deshalb kein analogiefähiger Tatbestand gegeben ist. Die hier niedergelegten Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, weil hier gleichfalls ein Rechtsverhältnis im System der Leistungserbringung betroffen ist. Mit Urteil vom 12.05.2005 (SozR 4-2500 § 69 Nr. 1) hat das BSG entschieden, dass in diesem System der Leistungserbringung seit 01.01.2001 alle Behandlungen der Krankenkassen und ihrer Verbände, die ihre Beziehungen zu den Leistungserbringern sowie zu hiervon berührten Dritten betreffen, ausschließlich nach öffentlichem Recht beurteilt werden. Zivilrechtliche Vorschriften sind nicht mehr maßgebend für diese Rechtsbeziehungen, sondern können nur noch lückenfüllend und ergänzend herangezogen werden. Im Folgenden hat das BSG hervorgehoben, dass mit der Neufassung des § 69 SGB V die Ausgrenzung des Zivilrechts einschließlich des Wettbewerbs- und Kartellrechts aus den Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen beabsichtigt war (ebenso BSG vom 25.09.2001; BSGE 89,24).
Da die Antragsgegnerin mit dem Hinweis auf die stationäre Behandlungsmöglichkeit in einer zugelassenen Klinik ihrer Beratungspflicht in sachlicher Art und Weise nachgekommen ist, ergibt sich auch insoweit kein Anhaltspunkt für eine denkbare Rechtsverletzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs.1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert wird mit 30.000,00 Euro festgesetzt (§ 197a Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz), wobei der Senat - ebenso wie das SG - berücksichtigt hat, dass bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes etwa 1/3 des der Bedeutung der Streitsache ergebenden Wertes als Streitwert zu Grunde gelegt wird.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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