Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 5/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 552/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der im Jahre 1963 geborene Kläger, ein portugiesischer Staatsangehöriger, hat nach seinen Angaben weder eine Berufsausbildung durchlaufen noch irgendeine berufliche Abschlussprüfung abgelegt. In seinem Heimatland war er von September 1981 bis August 1991, Juni 1992 bis Dezember 1997 und Juli/August 1998 versicherungspflichtig beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland stand er von Oktober 1999 bis Juli 2001 in vier versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen als Hilfsarbeiter, Bauarbeiter, Dachdecker-Helfer und Bauhelfer.
Die Zeit danach ist gekennzeichnet durch Bezug von Verletztengeld (Kniescheibenbruch links als Folge des Arbeitsunfalls vom 20.07.2001), Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe (ab 29.12.2002, unterbrochen durch kurze Zeiten geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung im Jahre 2003) bzw. Arbeitslosengeld II. Nach einem sozialgerichtlichen Rechtsstreit erhielt er mit Bescheid der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 01.12.2005 Verletztenrente ab 01.01.2004 nach einer MdE um 20 v.H. wegen der Unfallfolgen "Gehirnerschütterung, Platzwunde an der Unterlippe, Alveolarfortsatzbruch am linken Oberkiefer vorn, Kniescheibentrümmerbruch links", wobei nach einem Vergleich in zweiter Instanz vom 14.12.2005 noch zu entscheiden ist, ob diese Rente dem Kläger zu einem früheren Zeitpunkt - diskutiert wurden u.a. der 21.07.2003 oder der 01.05.2003 - zusteht.
Am 15.07.2003 stellte er bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung unter der Berufsbezeichnung "Bauunternehmer". Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil (vorerst) die Wartezeit allein mit den ab Oktober 1999 vorliegenden Beiträgen nicht erfüllt sei, wozu allerdings - wegen der portugiesischen Zeiten - noch ermittelt werde. Abgesehen davon könne der Kläger trotz des festgestellten Verschleißes des linken Kniescheibengelenks nach Kniescheibenbruch noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten. Dem zugrunde lag das Gutachten des Arbeitsamtsarztes Dr.H. vom 05.06.2002: leichte Tätigkeiten ohne wesentliche Kniescheibenbelastung vollschichtig), die gleichlautende Stellungnahme des Dr.H. vom 23.09.2002 und das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten des Orthopäden Dr.W. vom 05.09.2003; nach letzterem wurde bei fehlenden Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks und fehlender Ergussbildung aus Röntgenbildern und aus klinischen Zeichen (retropatellares Reiben) geschlossen, dass der Kläger noch leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Arbeiten im Hocken oder Knien sechs Stunden und mehr verrichten könne. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit einem Attest des Orthopäden Dr.H. vom 13.10.2003 begründet, wonach der Kläger wegen Dauerschadens am Kniegelenk nach Patellafraktur Arbeiten auf dem Bau nicht oder nur massiv eingeschränkt durchführen könne, und zurückgewiesen mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2003.
Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Befundberichte des Internisten Dr.K. (Diagnose: Chondromalacia patellae) mit einem Arztbrief des Orthopäden Dr.H. , der Kieferchirurgin Dr.S. (Wurzelresektion von drei Zähnen) und des Orthopäden Dr.W. (momentan Arbeiten am Bau wegen posttraumatischer Arthrose nicht möglich) ein und wies die Klage - nach Ablauf der Frist für einen anheim gestellten Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - mit Urteil vom 22.07.2004 ab. Es legte dar, dass die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nicht gegeben seien, und wies darauf hin, dass Ansprüche aufgrund von Berufsunfähigkeit bereits wegen des Alters des Klägers, der nach dem gesetzlichen Stichtag vom 02.01.1961 geboren war, nicht im Gesetz vorgesehen seien. Dem von einem Rechtsanwalt vertretenen Kläger wurden außerdem wegen Führung eines aussichtslosen Rechtsstreits Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 EUR auferlegt.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrt der Kläger Erwerbsminderungsrente, weil er erwerbslos sei, Arbeitslosenhilfe beziehe und ihm niemand bei der Lösung seiner Probleme helfe.
Der Senat hat die Versichertenakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts K. , die Unfallakten der damaligen Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen, die Klageakten des Sozialgerichts Augsburg S 14 RJ 5/04 und S 3 U 112/04, die Berufungsakte des Bayer. Landessozialgerichts L 3 U 235/04 sowie zahlreiche Röntgenfilme beigezogen. Aus den Fremdakten gehen zahlreiche ärztliche Unterlagen und Unfallgutachten der Chirurgen Dr.W. vom 02.07.2002, Dr.W. vom 30.10.2003 und Prof.Dr.R. vom 05.08.2004 hervor. Eingeholt worden sind ferner Krankenberichte des Klinikums K. aus den Jahren 2001, 2002 und 2003 und Befundberichte des Internisten Dr.K. , des Orthopäden Dr.W. und des Orthopäden Dr.H.
Im Auftrag des Senats hat der Orthopäde Dr.F. den Kläger untersucht und das Gutachten vom 04.04.2006 erstellt. Der Sachverständige diagnostizierte initiale Chondrosis intervertebralis C4 bis C5, Spondylochondrose und Uncovertebralarthrose C5 bis C6, Fehlhaltung der Halswirbelsäule; Spondylolisthese des Grades I nach Meyerding, Chondrosis intervertebralis L5/S1; unter Defektbildung verheilte Patellafraktur links, Retropatellararthrose links (mit der Folge der Minderung der Oberschenkelmuskulatur um 2 cm) und leichte Gonarthrose beidseits, weiterhin als derzeit unerhebliche Gesundheitsstörungen initiale Bouchard-Arthrose und mäßiges Übergewicht. Dr.F. hielt leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie ohne Knien und Hocken mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar. Gehende und stehende Tätigkeiten sollten nicht den wesentlichen Teil der Arbeitszeit umfassen, und möglichst sitzende Tätigkeiten sollten durch gelegentliches Aufstehen und Umhergehen unterbrochen werden können; ungünstig seien Arbeiten am Fließband. Die Gehfähigkeit des Klägers sei im Hinblick auf das viermalige Zurücklegen von Wegstrecken von etwas mehr als 500 m erhalten.
Beigezogen worden sind vom Senat die Ergebnisse der im Berufsförderungswerk M. durchgeführten Arbeitserprobung und der arbeitsmedizinischen Begutachtung. Die Ärztin für Allgemeinmedizin und Leitende Ärztin im Berufsförderungswerk Dr.D. und der Betriebsmediziner B. haben in einem nicht datierten Gutachten, beruhend auf einer eigenen Untersuchung des Klägers am 28.04.2005 und einer ERGOS-Untersuchung zur Beurteilung der funktionellen Leistungsfähigkeit unter Arbeitsbelastung vom 29.04.2005 ausgeführt, dass der Kläger bei wechselnder Körperhaltung (kein ausschließliches Stehen oder Sitzen) bis zu über acht Stunden mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges Treppen steigen, ohne Arbeiten im Knien, in der Hocke und häufig auf Leitern und Gerüsten sowie ohne sehr lange Wege zu Fuß verrichten könne. Beigelegen haben diesem Gutachten 14 Blätter der Einzelergebnisse der funktionellen Arbeitserprobung.
Der Senat hat weiterhin das Unfallgutachten des Orthopäden Dr.K. vom 02.06.2006 beigezogen. Dieser kam unter Berücksichtigung der Vorgutachten zu dem Ergebnis, dass der Kniescheibenstückbruch unter deutlicher Stufenbildung und Defektbildung an der Kniescheibenrückfläche stabil zur Ausheilung gekommen sei, wobei derzeit keine Ergussbildung, keine Bewegungseinschränkung, keine Lockerung des Kapselapparats und keine Beschädigung des Meniskus feststellbar gewesen seien. Reizzustände im Kniegelenk mit entsprechenden Beschwerden und einer Belastungsminderung des linken Kniegelenks seien in der Vergangenheit wiederholt festgestellt worden und auch im Hinblick auf eine Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur von 4 cm glaubhaft. Im Laufe der Zeit sei es durch knorpelige und knöcherne Defektbildung zu reaktiven Umbauvorgängen im Sinne einer posttraumatischen Arthrose gekommen, die ehemals nicht bestanden und heute im mittelgradigen Ausmaße vorlägen, so dass die MdE mit 20 v.H. eingeschätzt werden könne. Dr.K. erklärte Schmerzen, Kraftminderung und hieraus folgende Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenks durch Pressdruck der Kniescheibe auf die femorale Gleitrinne bei Abwinkeln des Kniegelenks, wie er z.B. beim Abwärtsgehen von Treppen und Bergen, bei Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder bei Übergang der Arbeitshaltung in die Kniehocke auftrete.
Der Bevollmächtigte des Klägers hielt aufgrund der bei diesem festgestellten Behinderungen und der fehlenden Deutschkenntnisse den Arbeitsmarkt für verschlossen und zog gegenwärtig eine Rücknahme der Berufung wegen der in erster Instanz verhängten Verschuldenskosten nicht in Betracht. Nachdem der Senat den Kläger vorsorglich Verweisungstätigkeiten (Entgraten von Kunststoffteilen, Bohren verschiedener Kleinteile) mit drei tariflichen Arbeitsplatzbeschreibungen übersandt und nochmals Hinweise auf die Sach- und Rechtslage gegeben hatte, legte der Bevollmächtigte des Klägers das Mandat nieder.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 22.07.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2003 aufzuheben oder abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund des Rentenantrags vom 15.07.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die oben genannten beigezogenen Akten und Unterlagen zur Entscheidung vor. Zur Ergänzung des Tatbestands wird hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen insbesondere auf die vorhandenen Gutachten Bezug genommen.
Die Prozessbeteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss ohne vorausgehende mündliche Verhandlung angehört worden.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.
Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass dem Kläger ein Rentenanspruch nicht zusteht. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI). Danach ist teilweise erwerbsgemindert der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Für den Kläger ist vielmehr § 43 Abs.3 SGB VI zutreffend, wonach derjenige nicht erwerbsgemindert ist, der unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Letzteres bedeutet u.a., dass - wie schon die jahrzehntelange vorausgehende Rechtsprechung immer wieder betont hat - Arbeitslosigkeit, selbst über viele Jahre hinweg und im fortgeschrittenen Alter eines Versicherten, kein Grund für eine Berentung darstellt. Nicht maßgeblich ist ferner, ob der Kläger seine bisherige Berufstätigkeit nicht mehr ausüben kann; Renten wegen Berufsunfähigkeit sind für Versicherte nur dann vorgesehen, wenn sie vor dem 02.01.1961 geboren sind (§ 240 Abs.1 Nr.1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung).
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stehen die Folgen des Arbeitsunfalls am linken Kniegelenk. Wenig bedeutsam sind die Veränderungen an Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule, die nur gelegentlich der Beweisaufnahme festgestellt worden sind und in der vorausgehenden Krankengeschichte keine Erwähnung finden.
An der Halswirbelsäule zeigten sich röntgenologisch eine leichte seitliche Verbiegung, eine mäßige Verschmälerung der Bandscheibe C5/C6, eine minimal enge Bandscheibe C4/C5 und spondylotische Ausziehungen an mehreren Wirbelkörpern. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war bei der Untersuchung des Dr.F. und des Dr.W. nicht eingeschränkt, und Zeichen einer floriden Nervenwurzelirritation hatten sich nicht ergeben. Über wesentliche Beschwerden hat der Kläger im Laufe der vorausgehenden Jahre nie geklagt, und einschlägige Behandlungen auf orthopädischem und neurologischem Gebiet haben auch nicht stattgefunden (vgl. die Befundberichte der Dres.W. , H. und K.).
Dies gilt auch für die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule. Insoweit brachte der Kläger erst spät Beschwerden bei Dr.F. und bei der ERGOS-Arbeitsbelastung vor. Gleichwohl war die Beweglichkeit voll erhalten (z.B. Finger-Boden-Abstand von 10 cm und Schober von 10 bis 13 cm bzw. 10 bis 15,5 cm laut Gutachten von Dr.D./B. und Dr.F.). Die an der Lendenwirbelsäule bei Zwangshaltungen des Rumpfes auftretenden Beschwerden erklären sich durch einen Gleitwirbel im letzten Segment der Lendenwirbelsäule. Allerdings ist der Gleitvorgang gering ausgeprägt und Anhaltspunkte für eine damit verbundene Nervenwurzelreizerscheinung haben nie bestanden. Obwohl es sich bei dem Gleitwirbel um eine Anlageanomalie handelt, ist es in mehr als vier Jahrzehnten nicht zu einem wesentlichen Bandscheibenschaden gekommen, ebenso fehlen Schlifffurchen an den Dornfortsätzen oder bedeutsame Randspornbildungen an den Wirbelkörpern. Aufgrund der Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule sind, wie Dr.F. und Dr.D./B. schlüssig dargelegt haben, langdauernde Zwangshaltungen, wie sie bei Fließbandarbeit oder bei Arbeiten mit dauernd vorgestrecktem Kopf auftreten können, zu vermeiden, weiterhin häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten (maximal 23 kg innerhalb 30 % der Arbeitszeit oder 11,5 kg bei häufigerem Heben und Tragen laut arbeitsmedizinischer Beurteilung des Berufsförderungswerks M.). Nur gelegentlich und kurzzeitig ist bei einer (ausschließlich) sitzenden Tätigkeit zur Entlastung der Wirbelsäule Gelegenheit zum Stehen und Gehen zu geben, was bei eigenbestimmtem Arbeitsverlauf ohne Weiteres gewährleistet ist und sogar bei Arbeit am Fließband aufgrund der zu beachtenden Arbeitsplatzschutzvorschriften ermöglicht wird.
Mehr behindernd im Erwerbsleben wirken sich die Unfallfolgen aus. Hierbei zu berücksichtigen ist allerdings, dass in der dem Arbeitsunfall folgenden Zeit es aufgrund der relativ frischen Verletzung zu zeitweise verstärkten Beschwerden und erheblichen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gekommen ist, wohingegen es für die Rentengewährung wegen des Rentenantrags vom 15.07.2003 auf die für eine Berentung frühestmögliche Zeit ab April 2003 ankommt (§ 99 Abs.1 SGB VI). In diese Zeit fiel - bei bereits erfolgter knöcherner Ausheilung der Fraktur - lediglich eine stationäre Behandlung vom 04. bis 05.06.2003 (Arthroskopie mit Synovektomie bei komplikationslosem Verlauf und rascher Mobilisierung im schmerzfreien Rahmen laut Bericht des Klinikums K. vom 05.06.203 und eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 02.06. bis 20.07.2003, die als vorübergehende, kürzere Zeit einer stärkeren Behinderung ohne rentenrechtliche Relevanz ist. Zu berücksichtigen sind vielmehr seit Frühjahr 2003 eine geringe funktionelle Behinderung des linken Kniegelenks (10 Grad Streckhemmung laut Gutachten des Dr.W. vom 30.10.2003, 15 Grad Beugedefizit bei Messung bis 150 Grad laut Gutachten des Prof.Dr.R. vom 05.08.2004, 5 Grad Streckdefizit bei passiver Ausgleichbarkeit laut Gutachten des Dr.F. vom 04.04.2006 und fehlendes Streck- und Beugedefizit laut Gutachten des Dr.K. vom 02.06.2006), wobei aber durch die röntgenologisch deutliche Stufen- und Defektbildung in der Gleitfläche der linken Kniescheibe effektiv eine Minderbelastbarkeit für bestimmte Arbeitsvorgänge auftritt, wie sie neben Dr.F. vor allem im arbeitsmedizinischen Gutachten des Berufsförderungswerks M. und im orthopädischen Gutachten des Dr.K. deutlich herausgearbeitet worden ist. Die vom Kläger auch anamnestisch laut Berichten der behandelnden Ärzte angegebenen Beschwerden u.a. beim Treppabgehen und bei Steigen auf Leitern und Gerüsten erscheint im Hinblick auf die Bewegungsabläufe sowie auch gelegentlich auftretenden (leichten) Kniegelenksergüssen und der Schonhaltung mit der Folge einer Abnahme der Oberschenkelmuskulatur links um ca. 4 cm (Letztstand laut Gutachten des Dr.K.) glaubhaft.
Dem Kläger sind Erwerbstätigkeiten nur ohne die oben genannten Belastungen zumutbar; vermieden werden müssen auch Arbeiten im Knien, Hocken sowie im ausschließlichen Gehen und Stehen (auf ebenem Gelände). Die Geh- und Stehfähigkeit ist aber unter Mitberücksichtigung einer geringen Gonarthrose des rechten Kniegelenks nicht in rentenrelevantem Umfang eingeschränkt.
Im Übrigen besteht beim Kläger seit Frühjahr 2003 ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten im zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr. Das Ergebnis des Dr.F. wird durch die Befunde und Schlussfolgerungen in anderen Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises ausgewertet hat, eindrucksvoll bestätigt.
Mit den beim Kläger vorliegenden Einschränkungen des Erwerbsvermögens ist ihm der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Auf seine fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache kam es nicht an, weil es sich insoweit weder um eine Krankheit noch eine Behinderung im Sinne von § 43 SGB VI handelt und das "Handicap" auch nicht aus anderen Gründen Berücksichtigung finden darf (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. u.a. die Urteile vom 23.04.1980 - 4 RJ 29/79 in SozR 2200 § 1246 Nr.61 und vom 15.05.1991 - 5 RJ 92/89 in SozR 3-2200 § 1246 Nr.11).
In Anbetracht eines breiten Arbeitsfeldes bei der Fähigkeit des Klägers auch für ungelernte mittelschwere Arbeiten kann zudem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die zu Ermittlungen hinsichtlich der Offenheit des allgemeinen Arbeitsmarkts für den Kläger führen müsste, nicht angenommen werden. Lediglich vorsorglich hat der Senat geeignete konkrete Arbeitstätigkeiten benannt, die laut Arbeitsplatzbeschreibung dem Leistungsvermögen des Klägers in vollem Umfang gerecht werden (körperlich leichte Arbeiten zu ebenem Gelände im Sitzen, wobei bei frei bestimmtem Arbeitsverlauf auch die Möglichkeit zum gelegentlichen Stehen und Gehen, z.B. bei der Ablage von gefertigten Werkstücken, besteht).
Daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Ein Beschluss ohne vorausgehende mündliche Verhandlung konnte ergehen, weil der Senat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Insoweit hat der Senat keine Veranlassung gesehen, die Kostenentscheidung des Sozialgerichts abzuändern. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt kein Zweifel an der Aussichtslosigkeit der Klage, zumal es nicht auf die Meinung des Klägers über seine "Berufsunfähigkeit" und auf die auch von den behandelnden Ärzten allein bescheinigte Unfähigkeit oder eingeschränkte Fähigkeit für Erwerbstätigkeiten im Baugewerbe ankam. Zudem war der Kläger mit seinem erhöhten Anspruchsdenken anwaltlich vertreten und musste sich die Kenntnisse seines Bevollmächtigten über die objektiv zu sehende Sach- und Rechtslage zurechnen lassen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der im Jahre 1963 geborene Kläger, ein portugiesischer Staatsangehöriger, hat nach seinen Angaben weder eine Berufsausbildung durchlaufen noch irgendeine berufliche Abschlussprüfung abgelegt. In seinem Heimatland war er von September 1981 bis August 1991, Juni 1992 bis Dezember 1997 und Juli/August 1998 versicherungspflichtig beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland stand er von Oktober 1999 bis Juli 2001 in vier versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen als Hilfsarbeiter, Bauarbeiter, Dachdecker-Helfer und Bauhelfer.
Die Zeit danach ist gekennzeichnet durch Bezug von Verletztengeld (Kniescheibenbruch links als Folge des Arbeitsunfalls vom 20.07.2001), Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe (ab 29.12.2002, unterbrochen durch kurze Zeiten geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung im Jahre 2003) bzw. Arbeitslosengeld II. Nach einem sozialgerichtlichen Rechtsstreit erhielt er mit Bescheid der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vom 01.12.2005 Verletztenrente ab 01.01.2004 nach einer MdE um 20 v.H. wegen der Unfallfolgen "Gehirnerschütterung, Platzwunde an der Unterlippe, Alveolarfortsatzbruch am linken Oberkiefer vorn, Kniescheibentrümmerbruch links", wobei nach einem Vergleich in zweiter Instanz vom 14.12.2005 noch zu entscheiden ist, ob diese Rente dem Kläger zu einem früheren Zeitpunkt - diskutiert wurden u.a. der 21.07.2003 oder der 01.05.2003 - zusteht.
Am 15.07.2003 stellte er bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung unter der Berufsbezeichnung "Bauunternehmer". Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil (vorerst) die Wartezeit allein mit den ab Oktober 1999 vorliegenden Beiträgen nicht erfüllt sei, wozu allerdings - wegen der portugiesischen Zeiten - noch ermittelt werde. Abgesehen davon könne der Kläger trotz des festgestellten Verschleißes des linken Kniescheibengelenks nach Kniescheibenbruch noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten. Dem zugrunde lag das Gutachten des Arbeitsamtsarztes Dr.H. vom 05.06.2002: leichte Tätigkeiten ohne wesentliche Kniescheibenbelastung vollschichtig), die gleichlautende Stellungnahme des Dr.H. vom 23.09.2002 und das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten des Orthopäden Dr.W. vom 05.09.2003; nach letzterem wurde bei fehlenden Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks und fehlender Ergussbildung aus Röntgenbildern und aus klinischen Zeichen (retropatellares Reiben) geschlossen, dass der Kläger noch leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Arbeiten im Hocken oder Knien sechs Stunden und mehr verrichten könne. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit einem Attest des Orthopäden Dr.H. vom 13.10.2003 begründet, wonach der Kläger wegen Dauerschadens am Kniegelenk nach Patellafraktur Arbeiten auf dem Bau nicht oder nur massiv eingeschränkt durchführen könne, und zurückgewiesen mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2003.
Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Befundberichte des Internisten Dr.K. (Diagnose: Chondromalacia patellae) mit einem Arztbrief des Orthopäden Dr.H. , der Kieferchirurgin Dr.S. (Wurzelresektion von drei Zähnen) und des Orthopäden Dr.W. (momentan Arbeiten am Bau wegen posttraumatischer Arthrose nicht möglich) ein und wies die Klage - nach Ablauf der Frist für einen anheim gestellten Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - mit Urteil vom 22.07.2004 ab. Es legte dar, dass die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nicht gegeben seien, und wies darauf hin, dass Ansprüche aufgrund von Berufsunfähigkeit bereits wegen des Alters des Klägers, der nach dem gesetzlichen Stichtag vom 02.01.1961 geboren war, nicht im Gesetz vorgesehen seien. Dem von einem Rechtsanwalt vertretenen Kläger wurden außerdem wegen Führung eines aussichtslosen Rechtsstreits Verschuldenskosten in Höhe von 150,00 EUR auferlegt.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrt der Kläger Erwerbsminderungsrente, weil er erwerbslos sei, Arbeitslosenhilfe beziehe und ihm niemand bei der Lösung seiner Probleme helfe.
Der Senat hat die Versichertenakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts K. , die Unfallakten der damaligen Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen, die Klageakten des Sozialgerichts Augsburg S 14 RJ 5/04 und S 3 U 112/04, die Berufungsakte des Bayer. Landessozialgerichts L 3 U 235/04 sowie zahlreiche Röntgenfilme beigezogen. Aus den Fremdakten gehen zahlreiche ärztliche Unterlagen und Unfallgutachten der Chirurgen Dr.W. vom 02.07.2002, Dr.W. vom 30.10.2003 und Prof.Dr.R. vom 05.08.2004 hervor. Eingeholt worden sind ferner Krankenberichte des Klinikums K. aus den Jahren 2001, 2002 und 2003 und Befundberichte des Internisten Dr.K. , des Orthopäden Dr.W. und des Orthopäden Dr.H.
Im Auftrag des Senats hat der Orthopäde Dr.F. den Kläger untersucht und das Gutachten vom 04.04.2006 erstellt. Der Sachverständige diagnostizierte initiale Chondrosis intervertebralis C4 bis C5, Spondylochondrose und Uncovertebralarthrose C5 bis C6, Fehlhaltung der Halswirbelsäule; Spondylolisthese des Grades I nach Meyerding, Chondrosis intervertebralis L5/S1; unter Defektbildung verheilte Patellafraktur links, Retropatellararthrose links (mit der Folge der Minderung der Oberschenkelmuskulatur um 2 cm) und leichte Gonarthrose beidseits, weiterhin als derzeit unerhebliche Gesundheitsstörungen initiale Bouchard-Arthrose und mäßiges Übergewicht. Dr.F. hielt leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Steigen auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie ohne Knien und Hocken mindestens sechs Stunden täglich für zumutbar. Gehende und stehende Tätigkeiten sollten nicht den wesentlichen Teil der Arbeitszeit umfassen, und möglichst sitzende Tätigkeiten sollten durch gelegentliches Aufstehen und Umhergehen unterbrochen werden können; ungünstig seien Arbeiten am Fließband. Die Gehfähigkeit des Klägers sei im Hinblick auf das viermalige Zurücklegen von Wegstrecken von etwas mehr als 500 m erhalten.
Beigezogen worden sind vom Senat die Ergebnisse der im Berufsförderungswerk M. durchgeführten Arbeitserprobung und der arbeitsmedizinischen Begutachtung. Die Ärztin für Allgemeinmedizin und Leitende Ärztin im Berufsförderungswerk Dr.D. und der Betriebsmediziner B. haben in einem nicht datierten Gutachten, beruhend auf einer eigenen Untersuchung des Klägers am 28.04.2005 und einer ERGOS-Untersuchung zur Beurteilung der funktionellen Leistungsfähigkeit unter Arbeitsbelastung vom 29.04.2005 ausgeführt, dass der Kläger bei wechselnder Körperhaltung (kein ausschließliches Stehen oder Sitzen) bis zu über acht Stunden mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges Treppen steigen, ohne Arbeiten im Knien, in der Hocke und häufig auf Leitern und Gerüsten sowie ohne sehr lange Wege zu Fuß verrichten könne. Beigelegen haben diesem Gutachten 14 Blätter der Einzelergebnisse der funktionellen Arbeitserprobung.
Der Senat hat weiterhin das Unfallgutachten des Orthopäden Dr.K. vom 02.06.2006 beigezogen. Dieser kam unter Berücksichtigung der Vorgutachten zu dem Ergebnis, dass der Kniescheibenstückbruch unter deutlicher Stufenbildung und Defektbildung an der Kniescheibenrückfläche stabil zur Ausheilung gekommen sei, wobei derzeit keine Ergussbildung, keine Bewegungseinschränkung, keine Lockerung des Kapselapparats und keine Beschädigung des Meniskus feststellbar gewesen seien. Reizzustände im Kniegelenk mit entsprechenden Beschwerden und einer Belastungsminderung des linken Kniegelenks seien in der Vergangenheit wiederholt festgestellt worden und auch im Hinblick auf eine Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur von 4 cm glaubhaft. Im Laufe der Zeit sei es durch knorpelige und knöcherne Defektbildung zu reaktiven Umbauvorgängen im Sinne einer posttraumatischen Arthrose gekommen, die ehemals nicht bestanden und heute im mittelgradigen Ausmaße vorlägen, so dass die MdE mit 20 v.H. eingeschätzt werden könne. Dr.K. erklärte Schmerzen, Kraftminderung und hieraus folgende Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenks durch Pressdruck der Kniescheibe auf die femorale Gleitrinne bei Abwinkeln des Kniegelenks, wie er z.B. beim Abwärtsgehen von Treppen und Bergen, bei Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder bei Übergang der Arbeitshaltung in die Kniehocke auftrete.
Der Bevollmächtigte des Klägers hielt aufgrund der bei diesem festgestellten Behinderungen und der fehlenden Deutschkenntnisse den Arbeitsmarkt für verschlossen und zog gegenwärtig eine Rücknahme der Berufung wegen der in erster Instanz verhängten Verschuldenskosten nicht in Betracht. Nachdem der Senat den Kläger vorsorglich Verweisungstätigkeiten (Entgraten von Kunststoffteilen, Bohren verschiedener Kleinteile) mit drei tariflichen Arbeitsplatzbeschreibungen übersandt und nochmals Hinweise auf die Sach- und Rechtslage gegeben hatte, legte der Bevollmächtigte des Klägers das Mandat nieder.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 22.07.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2003 aufzuheben oder abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund des Rentenantrags vom 15.07.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die oben genannten beigezogenen Akten und Unterlagen zur Entscheidung vor. Zur Ergänzung des Tatbestands wird hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen insbesondere auf die vorhandenen Gutachten Bezug genommen.
Die Prozessbeteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss ohne vorausgehende mündliche Verhandlung angehört worden.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.
Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass dem Kläger ein Rentenanspruch nicht zusteht. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI). Danach ist teilweise erwerbsgemindert der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Für den Kläger ist vielmehr § 43 Abs.3 SGB VI zutreffend, wonach derjenige nicht erwerbsgemindert ist, der unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Letzteres bedeutet u.a., dass - wie schon die jahrzehntelange vorausgehende Rechtsprechung immer wieder betont hat - Arbeitslosigkeit, selbst über viele Jahre hinweg und im fortgeschrittenen Alter eines Versicherten, kein Grund für eine Berentung darstellt. Nicht maßgeblich ist ferner, ob der Kläger seine bisherige Berufstätigkeit nicht mehr ausüben kann; Renten wegen Berufsunfähigkeit sind für Versicherte nur dann vorgesehen, wenn sie vor dem 02.01.1961 geboren sind (§ 240 Abs.1 Nr.1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung).
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stehen die Folgen des Arbeitsunfalls am linken Kniegelenk. Wenig bedeutsam sind die Veränderungen an Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule, die nur gelegentlich der Beweisaufnahme festgestellt worden sind und in der vorausgehenden Krankengeschichte keine Erwähnung finden.
An der Halswirbelsäule zeigten sich röntgenologisch eine leichte seitliche Verbiegung, eine mäßige Verschmälerung der Bandscheibe C5/C6, eine minimal enge Bandscheibe C4/C5 und spondylotische Ausziehungen an mehreren Wirbelkörpern. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule war bei der Untersuchung des Dr.F. und des Dr.W. nicht eingeschränkt, und Zeichen einer floriden Nervenwurzelirritation hatten sich nicht ergeben. Über wesentliche Beschwerden hat der Kläger im Laufe der vorausgehenden Jahre nie geklagt, und einschlägige Behandlungen auf orthopädischem und neurologischem Gebiet haben auch nicht stattgefunden (vgl. die Befundberichte der Dres.W. , H. und K.).
Dies gilt auch für die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule. Insoweit brachte der Kläger erst spät Beschwerden bei Dr.F. und bei der ERGOS-Arbeitsbelastung vor. Gleichwohl war die Beweglichkeit voll erhalten (z.B. Finger-Boden-Abstand von 10 cm und Schober von 10 bis 13 cm bzw. 10 bis 15,5 cm laut Gutachten von Dr.D./B. und Dr.F.). Die an der Lendenwirbelsäule bei Zwangshaltungen des Rumpfes auftretenden Beschwerden erklären sich durch einen Gleitwirbel im letzten Segment der Lendenwirbelsäule. Allerdings ist der Gleitvorgang gering ausgeprägt und Anhaltspunkte für eine damit verbundene Nervenwurzelreizerscheinung haben nie bestanden. Obwohl es sich bei dem Gleitwirbel um eine Anlageanomalie handelt, ist es in mehr als vier Jahrzehnten nicht zu einem wesentlichen Bandscheibenschaden gekommen, ebenso fehlen Schlifffurchen an den Dornfortsätzen oder bedeutsame Randspornbildungen an den Wirbelkörpern. Aufgrund der Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule sind, wie Dr.F. und Dr.D./B. schlüssig dargelegt haben, langdauernde Zwangshaltungen, wie sie bei Fließbandarbeit oder bei Arbeiten mit dauernd vorgestrecktem Kopf auftreten können, zu vermeiden, weiterhin häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten (maximal 23 kg innerhalb 30 % der Arbeitszeit oder 11,5 kg bei häufigerem Heben und Tragen laut arbeitsmedizinischer Beurteilung des Berufsförderungswerks M.). Nur gelegentlich und kurzzeitig ist bei einer (ausschließlich) sitzenden Tätigkeit zur Entlastung der Wirbelsäule Gelegenheit zum Stehen und Gehen zu geben, was bei eigenbestimmtem Arbeitsverlauf ohne Weiteres gewährleistet ist und sogar bei Arbeit am Fließband aufgrund der zu beachtenden Arbeitsplatzschutzvorschriften ermöglicht wird.
Mehr behindernd im Erwerbsleben wirken sich die Unfallfolgen aus. Hierbei zu berücksichtigen ist allerdings, dass in der dem Arbeitsunfall folgenden Zeit es aufgrund der relativ frischen Verletzung zu zeitweise verstärkten Beschwerden und erheblichen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gekommen ist, wohingegen es für die Rentengewährung wegen des Rentenantrags vom 15.07.2003 auf die für eine Berentung frühestmögliche Zeit ab April 2003 ankommt (§ 99 Abs.1 SGB VI). In diese Zeit fiel - bei bereits erfolgter knöcherner Ausheilung der Fraktur - lediglich eine stationäre Behandlung vom 04. bis 05.06.2003 (Arthroskopie mit Synovektomie bei komplikationslosem Verlauf und rascher Mobilisierung im schmerzfreien Rahmen laut Bericht des Klinikums K. vom 05.06.203 und eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 02.06. bis 20.07.2003, die als vorübergehende, kürzere Zeit einer stärkeren Behinderung ohne rentenrechtliche Relevanz ist. Zu berücksichtigen sind vielmehr seit Frühjahr 2003 eine geringe funktionelle Behinderung des linken Kniegelenks (10 Grad Streckhemmung laut Gutachten des Dr.W. vom 30.10.2003, 15 Grad Beugedefizit bei Messung bis 150 Grad laut Gutachten des Prof.Dr.R. vom 05.08.2004, 5 Grad Streckdefizit bei passiver Ausgleichbarkeit laut Gutachten des Dr.F. vom 04.04.2006 und fehlendes Streck- und Beugedefizit laut Gutachten des Dr.K. vom 02.06.2006), wobei aber durch die röntgenologisch deutliche Stufen- und Defektbildung in der Gleitfläche der linken Kniescheibe effektiv eine Minderbelastbarkeit für bestimmte Arbeitsvorgänge auftritt, wie sie neben Dr.F. vor allem im arbeitsmedizinischen Gutachten des Berufsförderungswerks M. und im orthopädischen Gutachten des Dr.K. deutlich herausgearbeitet worden ist. Die vom Kläger auch anamnestisch laut Berichten der behandelnden Ärzte angegebenen Beschwerden u.a. beim Treppabgehen und bei Steigen auf Leitern und Gerüsten erscheint im Hinblick auf die Bewegungsabläufe sowie auch gelegentlich auftretenden (leichten) Kniegelenksergüssen und der Schonhaltung mit der Folge einer Abnahme der Oberschenkelmuskulatur links um ca. 4 cm (Letztstand laut Gutachten des Dr.K.) glaubhaft.
Dem Kläger sind Erwerbstätigkeiten nur ohne die oben genannten Belastungen zumutbar; vermieden werden müssen auch Arbeiten im Knien, Hocken sowie im ausschließlichen Gehen und Stehen (auf ebenem Gelände). Die Geh- und Stehfähigkeit ist aber unter Mitberücksichtigung einer geringen Gonarthrose des rechten Kniegelenks nicht in rentenrelevantem Umfang eingeschränkt.
Im Übrigen besteht beim Kläger seit Frühjahr 2003 ein Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten im zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr. Das Ergebnis des Dr.F. wird durch die Befunde und Schlussfolgerungen in anderen Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises ausgewertet hat, eindrucksvoll bestätigt.
Mit den beim Kläger vorliegenden Einschränkungen des Erwerbsvermögens ist ihm der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Auf seine fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache kam es nicht an, weil es sich insoweit weder um eine Krankheit noch eine Behinderung im Sinne von § 43 SGB VI handelt und das "Handicap" auch nicht aus anderen Gründen Berücksichtigung finden darf (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. u.a. die Urteile vom 23.04.1980 - 4 RJ 29/79 in SozR 2200 § 1246 Nr.61 und vom 15.05.1991 - 5 RJ 92/89 in SozR 3-2200 § 1246 Nr.11).
In Anbetracht eines breiten Arbeitsfeldes bei der Fähigkeit des Klägers auch für ungelernte mittelschwere Arbeiten kann zudem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die zu Ermittlungen hinsichtlich der Offenheit des allgemeinen Arbeitsmarkts für den Kläger führen müsste, nicht angenommen werden. Lediglich vorsorglich hat der Senat geeignete konkrete Arbeitstätigkeiten benannt, die laut Arbeitsplatzbeschreibung dem Leistungsvermögen des Klägers in vollem Umfang gerecht werden (körperlich leichte Arbeiten zu ebenem Gelände im Sitzen, wobei bei frei bestimmtem Arbeitsverlauf auch die Möglichkeit zum gelegentlichen Stehen und Gehen, z.B. bei der Ablage von gefertigten Werkstücken, besteht).
Daher war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Ein Beschluss ohne vorausgehende mündliche Verhandlung konnte ergehen, weil der Senat nach Anhörung der Beteiligten die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Insoweit hat der Senat keine Veranlassung gesehen, die Kostenentscheidung des Sozialgerichts abzuändern. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt kein Zweifel an der Aussichtslosigkeit der Klage, zumal es nicht auf die Meinung des Klägers über seine "Berufsunfähigkeit" und auf die auch von den behandelnden Ärzten allein bescheinigte Unfähigkeit oder eingeschränkte Fähigkeit für Erwerbstätigkeiten im Baugewerbe ankam. Zudem war der Kläger mit seinem erhöhten Anspruchsdenken anwaltlich vertreten und musste sich die Kenntnisse seines Bevollmächtigten über die objektiv zu sehende Sach- und Rechtslage zurechnen lassen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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