L 8 AS 6325/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 9123/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 6325/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2006 abgeändert und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Monat Dezember 2006 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 538,19 EUR zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch im Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren.

Der im Jahre 1954 geborene Antragsteller ist seit 01.10.2000 zusammen mit J. R. (R.) Mieter einer Wohnung des Kreiskrankenhauses S. mit einer Wohnfläche von 48 m² (2 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad). Ihm wurden von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewährt, zuletzt mit Bescheid vom 05.05.2006 für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 in Höhe von 544,19 EUR.

Nachdem der Antragsteller die Antragsgegnerin darüber informiert hatte, dass an ihn am 14.06.2006 ein Erbteil in Höhe von 3.553,55 EUR ausbezahlt worden sei, bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Änderungsbescheid vom 21.06.2006 für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 66,54 EUR, da die erhaltene Erbschaft ab 01.07.2006 als Einkommen anzurechnen sei. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 12.10.2006) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Mit weiterem Änderungsbescheid vom 01.12.2006 bewilligte die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2006 dem Antragsteller für die Zeit vom 01.07.2006 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 34,39 EUR (Gesamtbedarf 538,19 EUR abzüglich anzurechnendes Einkommen). Der Bescheid sei Gegenstand des Klageverfahrens.

Inzwischen hatte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.11.2006 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 01.12.2006 ganz abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen lägen nicht vor, weil der Antragsteller seit dem Jahr 2000 mit R. in einer Wohnung wohne. Die Antragsgegnerin stützte sich dabei auf eine Mitteilung des Dr. F. (Dr. F.) vom 12.10.2005, der unter anderem mitteilte, der Antragsteller lebe mit R., die nicht unvermögend sei, in einem eheähnlichen Verhältnis, was alle Bediensteten des Kreiskrankenhauses S. bestätigen könnten. Gegen den Bescheid vom 21.11.2006 erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 29.11.2006 Widerspruch, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 29.11.2006 hat der Antragsteller beim SG außerdem den vorliegend streitigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er ist der Ansicht der Antragsgegnerin, er lebe mit R. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammen, eingehend entgegengetreten und hat einen Vergleichsvorschlag der Antragsgegnerin vom 01.12.2006 abgelehnt.

Mit Beschluss vom 11.12.2006 hat das SG die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 01.12.2006 längstens bis zum 31.05.2007, jedoch längstens bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 21.11.2006, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der R. zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, da der Antragsteller vorgetragen habe, dass zwischen ihm und R. eine reine Wohngemeinschaft mit getrennten Wohnräumen, getrennter Wirtschaftsführung und getrennter Lebensführung vorliege, sei eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes notwendig. Es sei daher anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei habe das öffentliche Interesse gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Sicherung seines Existenzminimums durch Leistungen der Antragsgegnerin zurückzustehen.

Gegen den am 11.12.2006 übersandten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 15.12.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung unter Hinweis auf die Mitteilung des Dr. F. ausgeführt, beim Antragsteller könne hinsichtlich der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab dem 01.12.2006 ohne die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der R. weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund festgestellt werden. Es werde gebeten, zur Beweisführung Bedienstete des Kreiskrankenhauses S. zu hören.

Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Er hat zur Begründung an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten und dieses vertieft. Ergänzend hat er in einem am 05.02.2007 beim Senat eingegangenen Schreiben mitgeteilt, dass er auf Vermittlung der Antragsgegnerin seit 15.12.2006 eine bis 14.09.2007 befristete Anstellung als Verkaufshilfe angetreten habe und einen Bruttostundenlohn in Höhe von 7 EUR bei einer 38,5 Stundenwoche beziehe. Das erste Gehalt aus dieser Tätigkeit sei ihm am 11.01.2007 zugegangen.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend genannt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Der Senat folgt dem SG auch darin, dass hinsichtlich der Frage, ob der Antragsteller zusammen mit R. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt, wie die Antragsgegnerin annimmt, weitere Ermittlungen notwendig sind und dass bei der danach vorzunehmenden Folgenabwägung das Interesse des Antragstellers dem öffentlichen Interesse vorgeht. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und verweist zur Begründung seiner eigenen Entscheidung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hierzu vom SG im angefochtenen Beschluss gemachten Ausführungen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt auszuführen:

Die Mitteilung des Dr. F. reicht auch nach Ansicht des Senates nicht aus, vom Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit R. auszugehen. Dass die Antragsgegnerin hierzu eigene Ermittlungen angestellt hat, ist nicht ersichtlich. In der vorgelegten Akte finden sich keine Unterlagen, die das eingehende Vorbringen des Antragstellers in Zweifel ziehen. Zu weiteren Ermittlungen durch Vernehmung von Bediensteten des Kreiskrankenhauses S. besteht im vorliegenden Eilverfahren kein Anlass und müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, zumal die Antragsgegnerin es im Übrigen unterlassen hat, die Bediensteten namentlich zu benennen.

Einem Anordnungsanspruch des Antragstellers für den Monat Dezember 2006 steht nicht entgegen, dass an ihn am 14.06.2006 ein Erbteil in Höhe von 3.553,55 EUR ausbezahlte wurde. Der Senat hält es (zumindest) für offen, ob die Ansicht der Antragsgegnerin, dieser Auszahlungsbetrag, der den Vermögensfreibetrag nicht übersteigt, sei ab 01.07.2006 für die Dauer von sieben Monaten anteilig in Höhe von 477,65 EUR als Einkommen des Antragstellers zu berücksichtigen, rechtmäßig ist. Zudem hat der Antragsteller in seinem Antrag vom 30.10.2006 angegeben, dass das ausbezahlte Erbe aufgebraucht sei, wozu er allerdings keine näheren Angaben gemacht oder Belege vorgelegt hat. Der Senat hält es jedoch im Hinblick auf die Höhe des Erbteils nicht für ausgeschlossen, dass das Vorbringen des Antragstellers zutrifft.

Der Tenor des angefochtenen Beschlusses des SG war zu konkretisieren. Dabei hat sich der Senat für den Monat Dezember 2006 an den im Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.12.2006 zugrunde gelegten Gesamtbedarf des Antragstellers in Höhe von monatlich 538,19 EUR orientiert. Insoweit war die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Für die Zeit ab 01.01.2007 hat die Beschwerde der Antragsgegnerin - unabhängig von dem oben Ausgeführten - Erfolg, weil der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen im Beschwerdeverfahren nach dem Ergehen des angefochtenen Beschlusses ab 15.12.2006 eine Anstellung gefunden hat und aufgrund des dabei erzielten Gehalts, das ihm am 11.01.2007 erstmals zugegangen ist (Bruttostundenlohn in Höhe von 7 EUR bei einer 38,5 Stundenwoche), ab Januar 2007 nicht mehr hilfebedürftig im Sinne des SGB II sein dürfte, jedenfalls ist aber ab diesem Zeitpunkt ein Anordnungsgrund nicht mehr glaubhaft gemacht. Insoweit war der angefochtene Beschluss des SG abzuändern und der Antrag des Antragstellers abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass ohne das nach Ergehen des angefochtenen Beschlusses eingetretene Ereignis der Arbeitsaufnahme des Antragstellers die Beschwerde der Antragsgegnerin ohne Erfolg geblieben wäre.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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