Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 1913/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 178/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Vormerkung von Kindererziehungszeiten.
Der 1951 in K geborene Kläger zog am 4. Januar 1996 mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern An (geb. am 1978) und A (geb. am 1982) aus Kasachstan nach Berlin. Er ist Spätaussiedler nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes.
Er stellte am 26. Oktober 1998 einen Antrag auf Kontenklärung und einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten. Mit Kontenklärungsbescheid vom 13. September 1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000 hatte die Beklagte unter anderem die Anerkennung von Kindererziehungszeiten abgelehnt. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage (Aktenzeichen S 7 RA 5335/00) wurde vom Sozialgericht Berlin - SG Berlin -, das die Ehefrau des Klägers als dort Beigeladene zu der Betreuung der Kinder im ersten Lebensjahr befragt hatte, mit Urteil vom 12. November 2001 abgewiesen. Das Landessozialgericht Berlin - LSG Berlin - hat die hiergegen eingelegte Berufung nach Beiziehung der Spätaussiedlerakte vom Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Urteil vom 11. Juni 2004 zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Im Januar 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, in seinem Versicherungsverlauf eine Kindererziehungszeit von Januar bis Dezember 1979 und vom 1. April 1982 bis 31. März 1983 vorzumerken. Die Kindesmutter habe eine schriftliche Stellungnahme in dem Prozess vor dem SG abgegeben, dass die Kindererziehungszeiten dem Vater zugeordnet werden sollen. Es sei unverständlich, dass das LSG Berlin von dem Fehlen einer Erklärung ausgegangen sei. Der Anspruch ergebe sich jedenfalls aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Bereits bei der ersten Aussiedlerberatung sei es Pflicht der zuständigen Sozialarbeiterin gewesen, ihn auf die Fristen zur Abgabe einer Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten hinzuweisen. Die Nichterfüllung dieser Pflicht habe sich die Beklagte zurechnen zu lassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. Januar 2005 den Antrag ab unter Hinweis darauf, dass der Kläger keine für ihn günstigen Unterlagen habe vorlegen können und das SG Berlin mit Urteil vom 12. November 2001 sowie das LSG Berlin mit Urteil vom 11. Juni 2004 einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgeschlossen hätten. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2005 zurück. Eine Rechtswidrigkeit der Bescheide sei nicht zu erkennen.
Dagegen hat der Kläger am 14. April 2005 Klage erhoben. Er macht geltend, seine Ehefrau und er hätten im Vorprozess schriftlich erklärt, dass die Kinder überwiegend von ihm erzogen worden seien. Diese Angabe sei auch in dem Antrag beim Bundesverwaltungsamt erfolgt. Sowohl die Beklagte als auch die Sozialarbeiterin - im Rahmen der ersten Aussiedlerberatung - hätten Beratungspflichten verletzt.
Das SG Berlin hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 15. Juni 2005 abgelehnt. Das LSG Berlin-Brandenburg hat die dagegen vom Kläger eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 4. Oktober 2005 zurückgewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2006 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen. Es hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides sowie auf das Urteil des LSG Berlin vom 11. Juni 2004 und auf die Beschlüsse im Prozesskostenhilfeverfahren Bezug genommen. Ein Beratungsfehler sei nicht erkennbar. Eine tatsächliche überwiegende Erziehung der Kinder durch den Kläger im geltend gemachten Zeitraum sei nicht nachgewiesen.
Gegen den ihm am 26. Januar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 7. Februar 2006 eingelegten Berufung, die er unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens begründet. Er ist der Auffassung, Art. 6 des Grundgesetzes - GG - werde vorliegend dadurch verletzt, dass keinem Elternteil vorliegend die Kindererziehungszeiten zugeordnet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Berlin vom 13. Januar 2006 und dem Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 13. September 1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000 teilweise zurückzunehmen und in seinem Versicherungsverlauf die Kindererziehungszeiten vom 1. Januar bis 31. Dezember 1979 und vom 1. April 1982 bis 31. März 1983 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichtes Berlin zum Aktenzeichen S 7 RA 5335/00 und S 5 R 1913/05 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf - teilweise - Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 13. September 1999 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000) ist § 44 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Der Bescheid vom 13. September 1999 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000) war bei seinem Erlass nicht rechtswidrig und ist durch nachfolgende Rechtsänderungen auch nicht rechtswidrig geworden.
Die Beklagte hat im Verfahren nach § 149 Abs. 1, Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI - zu Recht Kindererziehungszeiten beim Kläger nicht berücksichtigt. Zu den Daten gehören u.a. die gesetzlichen Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten, hier von Zeiten der Pflichtversicherung wegen Kindererziehung (§§ 3 Satz 1 Nr. 1, 56, 249 SGB VI). Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes bei Geburten - wie hier - vor dem 1. Januar 1992 in den ersten zwölf Kalendermonaten nach Ablauf des Monats der Geburt (§§ 56 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 SGB VI).
Der Kläger erfüllt für seine beiden Kinder in deren jeweiligem ersten Lebensjahr die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 28 b Fremdrentengesetz - FRG - in Verbindung mit §§ 56, 249 Abs. 6 und 7 SGB VI nicht.
Eine Kindererziehungszeit nach § 56 SGB VI liegt vor, wenn ein Elternteil sein Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten hat, die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen und er nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach dem SGB VI steht nach § 28 b FRG die Erziehung im jeweiligen Herkunftsland gleich.
Welchem Elternteil die Kindererziehungszeiten zuzuordnen sind, bestimmt sich im Einzelnen nach den Regelungen des § 56 Abs. 2 SGB VI. Hat ein Elternteil sein Kind allein erzogen, dann ist diesem Elternteil allein die Kindererziehungszeit zuzuordnen. Dies folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Haben mehrere Elternteile in Ausübung ihres Elternrechts gemeinsam erzogen, dann wird die Erziehungszeit dennoch nur einem Elternteil zugerechnet. Welchem Elternteil die Erziehungszeit in diesen Fällen zuzuordnen ist, beurteilt sich nach dem Umfang der Zuwendung zum Kind. Die Erziehungszeit ist demjenigen Elternteil zuzuordnen, der das Kinder überwiegend erzogen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI). Ändert sich das Verhältnis der Erziehungsbeiträge, ist die Erziehungszeit dem dann überwiegend erziehenden Elternteil zuzuordnen. Ein mehrfacher Wechsel der Zuordnung von Kindererziehungszeiten zu den Elternteilen ist möglich, wobei jedoch die kleinste Zeiteinheit einen Kalendermonat umfasst. Eine Feststellung des Umfanges der Kindererziehung der Eltern durch die Verwaltungsbehörden oder Gerichte ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn die gemeinsam erziehenden Eltern in einer übereinstimmenden Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zugeordnet werden soll (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Die übereinstimmende Erklärung der Eltern ist mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Die Zuordnung kann rückwirkend allenfalls für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen (§ 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI). Nach § 249 Abs. 6 Satz 1 SGB VI in der Fassung vom 15. Dezember 1995, gültig ab dem 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1997 (im Folgenden: § 249 Abs. 6 Satz 1 SGB VI a.F.), können die Eltern, wenn sie ihr Kind in dessen ersten Lebensjahr gemeinsam erzogen haben, bis zum 31. Dezember 1996 übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat; die Kindererziehungszeit wird dann dem Vater zugeordnet. Die Erklärung nach § 56 und dem am 31. Dezember 1996 geltenden § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI sind innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben (§ 28 b Satz 2 FRG).
Eine übereinstimmende Erklärung, dass der Kläger die Kinder An und A überwiegend erzogen hat, wurde von dem Kläger und seiner Ehefrau nicht bis zum 3. Januar 1997 und somit nicht innerhalb der Frist des § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. i.V.m. § 28 b FRG abgegeben. Eine wirksame übereinstimmende Erklärung in diesem Sinne liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einer schriftlichen übereinstimmenden Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau als Kindesmutter. Weder die Rentenakte noch die Spätaussiedlerakte enthält eine entsprechende schriftliche Erklärung. Wie das LSG Berlin in seinem Urteil vom 11. Juni 2004 festgestellt hat, enthält die dort beigezogene Spätaussiedlerakte des Kläger eine solche Erklärung nicht, ebenso wenig die vom Kläger behauptete Ankündigung der Zuordnung der Kindererziehungszeiten in seinem Aufnahmeantrag vom 19. Mai 1992. Die schriftliche, im Vorprozess abgegebene Stellungnahme der Kindesmutter vom 11. Juli 2001 stellt keine Erklärung in diesem Sinne dar, da dort die Kindesmutter allein und nicht gemeinsam und somit übereinstimmend mit dem Kläger eine diesbezügliche Erklärung abgegeben hat. Selbst wenn darin eine übereinstimmende Erklärung gesehen wird, so erfolgte sie nicht innerhalb der hier maßgeblichen Frist, die am 3. Januar 1997 endete.
Der Kläger kann auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so gestellt werden, als ob er und seine Ehefrau übereinstimmend die Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. i.V.m. § 28 b FRG abgegeben hätten.
Dieser hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch des Sozialgesetzbuches - SGB I -), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 01. April 2004 - B 7 AL 52/03 R -).
Ob eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte erfolgt ist, kann dahin stehen.
Im Wege eines Herstellungsanspruchs kann eine Erklärung des Versicherten und der Kindesmutter auch dann nicht ersetzt werden, wenn eine fehlerhafte Beratung vorgelegen hat. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 3 zur Meldung bei Arbeitslosigkeit) an, das mit vielfältigen Nachweisen aus der Rechtsprechung ausgeführt hat, Voraussetzung eines Herstellungsanspruchs sei auch, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden könne. Umgekehrt bedeute dies, dass in Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden könne, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibe. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen durch den Herstellungsanspruch "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen sei das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes). Dieses lasse nicht zu, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handele, selbst wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt habe. Demgemäß lasse sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehe. Die Abgabe der Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. hat durch den Versicherten selbst und den zweiten Elternteil zu erfolgen. Sie ist der Gestaltung durch Verwaltungshandeln nicht zugänglich. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 249 Abs. 6 SGB VI a.F., die es den Eltern ermöglichen wollte, selbst zu bestimmen, ob dem Vater, unabhängig von seinem Erziehungsbeitrag, die Kindererziehungszeiten zugeordnet werden sollen. Ein Verwaltungshandeln, mit dem die fehlende Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. ersetzt wird, ist deshalb nicht möglich. Ein entsprechender Anspruch des Klägers besteht nicht. Bei zu Gunsten des Klägers unterstellter Anwendbarkeit des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht im Einzelnen nachprüfbar geschildert. Solches ist auch nicht dem vorgelegten Laufzettel zu entnehmen, aus dem lediglich ersichtlich ist, dass der Kläger nach seiner Ankunft in Berlin bei verschiedenen Sozialbehörden (AOK Berlin, Arbeitsamt II Berlin, Landesversorgungsamt) vorstellig geworden ist. Diese sind nicht - wie von der Rechtsprechung im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches verlangt - vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit "arbeitsteilig" mit dem Rentenversicherungsträger in das Verfahren (hier: auf Zuordnung bzw. Vormerkung von Kindererziehungszeiten) eingeschaltet, so dass sie zu einer spontanen Beratung in Bezug auf derartige Zeiten nicht verpflichtet sind (vgl. dazu BSG, Urteile vom 13. Dezember 2000 - B 14 EG 10/99 R - und vom 22.10.1996 - 13 RJ 69/95 - zitiert nach juris). Dies gilt auch für die Sozialarbeiterin des Aussiedlerheims.
Eine Beratungspflicht dieser Stellen entfällt auch deshalb, weil diese keinen Einblick in die von den Ehegatten zurückgelegten Versicherungszeiten haben und deshalb auch keine Beratung über die zweckmäßigste Zuordnung von Kindererziehungszeiten vornehmen können. Aus demselben Grund kann der Kläger auch der Beklagten aus Anlass der von ihm erwähnten Korrespondenz im Zusammenhang mit der Ausstellung eines Versicherungsausweises keine Verletzung einer Beratungspflicht anlasten.
Eine Zuordnung der Kindererziehungszeiten konnte aufgrund der Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI nicht erfolgen, weil nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar war, dass der Kläger seine Kinder jeweils im ersten Lebensjahr überwiegend erzogen hat.
Anhand von objektiv nachprüfbaren Tatsachen sind die Erziehungsanteile festzustellen, das heißt, es ist zu beurteilen, ob mehr dafür als dagegen spricht, dass der Versicherte das Kind überwiegend erzogen hat (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 60/97 - und vom 31. August 2000 - B 4 RA 28/00 R - zitiert nach juris).
Der Kläger macht zwar geltend, er habe zum größten Teil die Kindererziehung geleistet. In dem Vorprozess gelangten sowohl das SG Berlin als auch das LSG Berlin aufgrund der von ihnen festgestellten Tatsachen zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht angenommen werden könne. Dabei haben das SG Berlin als auch das LSG Berlin die von dem Kläger vorgelegten Erklärungen ebenso gewürdigt wie die Erklärung der Kindesmutter im Verfahren. Neue Gesichtspunkte hat der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht.
Wie bereits das SG Berlin und das LSG Berlin ausgeführt haben, sprechen die tatsächlichen Umstände, wie sie sich nach Aktenlage darstellen, gegen eine überwiegende Erziehung der Kinder durch den Kläger. Von Bedeutung ist insoweit, dass der Kläger jeweils während des ersten Lebensjahres der Kinder vollzeitig beschäftigt gewesen ist, während die Kindesmutter, abgesehen von einer zweimonatigen Tätigkeit gegen Ende des ersten Lebensjahres des Kindes A, nicht berufstätig gewesen ist. Des Weiteren spricht die Erklärung der Kindesmutter im Vorprozess, sie habe sich jeweils im ersten Lebensjahr des Kindes mehr um das Kind gekümmert, gegen eine überwiegende Erziehung durch den Kläger. Die Eintragungen in dem Arbeitsbuch der Kindesmutter in den fraglichen Zeiträumen führen zu keinem anderen Ergebnis, denn sie dokumentieren lediglich, dass in diesen Zeiträumen ein Arbeitsverhältnis bestand. Die Eintragungen besagen nicht, dass in den jeweiligen Zeiträumen auch die Arbeitsleistung erbracht wurde. Ausfallzeiten, beispielsweise wegen Erkrankung oder Mutterschutzfristen, werden dort nicht erwähnt. Konkrete Angaben zu dem zeitlichen Umfang der Erziehung durch den Vater einerseits und die Mutter andererseits erfolgten nicht. Aus den vom Kläger genannten Indizien - deutscher Vorname, Vorlesen von Geschichten etc. - kann nicht auf den zeitlichen Umfang der Erziehung geschlossen werden. Soweit der Kläger sich darauf beruft, die von ihm geleistete Hilfe bei den Hausaufgaben und die Vermittlung deutscher Wertvorstellungen sowie Kulturgutes belege eine überwiegende Erziehung durch ihn, vermag dies schon deshalb nicht zu überzeugen, weil diese Erziehungsbeiträge ihrer Natur nach nicht im ersten Lebensjahr der Kinder erfolgt sein dürften. Da im Fall der gemeinsamen Erziehung - wie vorliegend - naturgemäß beide Elternteile das Kind erziehen, ist die Feststellung des zeitlichen Anteils der Erziehung durch einen Elternteil von wesentlicher Bedeutung, um eine überwiegende Erziehung durch den Vater bejahen zu können. Entsprechende Angaben des Klägers waren bereits im Vorprozess gewürdigt worden. Die nunmehr von dem Kläger benannten Zeugen waren nicht zu hören, da nicht ersichtlich ist, dass sie Auskünfte zum Umfang der Kindererziehung durch den Kläger, die dieser auch im vorliegenden Verfahren in zeitlicher Hinsicht nicht weiter präzisiert hat, zu den hier fraglichen Zeiträumen erteilen können.
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Artikel 6 GG rügt, weil vorliegend keinem Elternteil Kindererziehungszeiten zugeordnet wurden, ist ein solcher nicht erkennbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 7. Juli 1992 (BVerfGE 87, Seite 1 ff) ausgeführt, als Freiheitsrecht verpflichte Art. 6 Abs. 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen (vgl. BVerfGE 6, Seite 55, 76; 80, Seite 81, 92). Darüber hinaus enthalte Art. 6 Abs. 1 GG eine "wertentscheidende Grundsatznorm", die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern (vgl. BVerfGE 6, Seite 55, 76; 82, Seite 60, 81; st. Rspr.). Allerdings sei der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten (vgl. BVerfGE 82, Seite 60, 81 m.w.N.). Eben so wenig folge aus Art. 6 Abs. 1 GG, dass der Staat die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen könne. Der Gesetzgeber habe im Interesse des Gemeinwohls neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten. Nur unter Beachtung dieser Grundsätze lasse sich ermitteln, ob die Familienförderung durch den Staat offensichtlich unangemessen sei und dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr genüge (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 81 f.). Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, ließen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen sei, nicht ableiten. Insoweit bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 39, Seite 316,326; 82, Seite 60, 81 m.w.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. die ihm eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit nicht überschritten, da Art. 6 GG nicht gebietet, auf jedem Fall einem Elternteil Kindererziehungszeiten zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des §§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Vormerkung von Kindererziehungszeiten.
Der 1951 in K geborene Kläger zog am 4. Januar 1996 mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern An (geb. am 1978) und A (geb. am 1982) aus Kasachstan nach Berlin. Er ist Spätaussiedler nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes.
Er stellte am 26. Oktober 1998 einen Antrag auf Kontenklärung und einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten. Mit Kontenklärungsbescheid vom 13. September 1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000 hatte die Beklagte unter anderem die Anerkennung von Kindererziehungszeiten abgelehnt. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage (Aktenzeichen S 7 RA 5335/00) wurde vom Sozialgericht Berlin - SG Berlin -, das die Ehefrau des Klägers als dort Beigeladene zu der Betreuung der Kinder im ersten Lebensjahr befragt hatte, mit Urteil vom 12. November 2001 abgewiesen. Das Landessozialgericht Berlin - LSG Berlin - hat die hiergegen eingelegte Berufung nach Beiziehung der Spätaussiedlerakte vom Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Urteil vom 11. Juni 2004 zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Im Januar 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens, in seinem Versicherungsverlauf eine Kindererziehungszeit von Januar bis Dezember 1979 und vom 1. April 1982 bis 31. März 1983 vorzumerken. Die Kindesmutter habe eine schriftliche Stellungnahme in dem Prozess vor dem SG abgegeben, dass die Kindererziehungszeiten dem Vater zugeordnet werden sollen. Es sei unverständlich, dass das LSG Berlin von dem Fehlen einer Erklärung ausgegangen sei. Der Anspruch ergebe sich jedenfalls aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Bereits bei der ersten Aussiedlerberatung sei es Pflicht der zuständigen Sozialarbeiterin gewesen, ihn auf die Fristen zur Abgabe einer Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten hinzuweisen. Die Nichterfüllung dieser Pflicht habe sich die Beklagte zurechnen zu lassen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. Januar 2005 den Antrag ab unter Hinweis darauf, dass der Kläger keine für ihn günstigen Unterlagen habe vorlegen können und das SG Berlin mit Urteil vom 12. November 2001 sowie das LSG Berlin mit Urteil vom 11. Juni 2004 einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgeschlossen hätten. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2005 zurück. Eine Rechtswidrigkeit der Bescheide sei nicht zu erkennen.
Dagegen hat der Kläger am 14. April 2005 Klage erhoben. Er macht geltend, seine Ehefrau und er hätten im Vorprozess schriftlich erklärt, dass die Kinder überwiegend von ihm erzogen worden seien. Diese Angabe sei auch in dem Antrag beim Bundesverwaltungsamt erfolgt. Sowohl die Beklagte als auch die Sozialarbeiterin - im Rahmen der ersten Aussiedlerberatung - hätten Beratungspflichten verletzt.
Das SG Berlin hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 15. Juni 2005 abgelehnt. Das LSG Berlin-Brandenburg hat die dagegen vom Kläger eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 4. Oktober 2005 zurückgewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2006 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen. Es hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides sowie auf das Urteil des LSG Berlin vom 11. Juni 2004 und auf die Beschlüsse im Prozesskostenhilfeverfahren Bezug genommen. Ein Beratungsfehler sei nicht erkennbar. Eine tatsächliche überwiegende Erziehung der Kinder durch den Kläger im geltend gemachten Zeitraum sei nicht nachgewiesen.
Gegen den ihm am 26. Januar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 7. Februar 2006 eingelegten Berufung, die er unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens begründet. Er ist der Auffassung, Art. 6 des Grundgesetzes - GG - werde vorliegend dadurch verletzt, dass keinem Elternteil vorliegend die Kindererziehungszeiten zugeordnet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Berlin vom 13. Januar 2006 und dem Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 13. September 1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000 teilweise zurückzunehmen und in seinem Versicherungsverlauf die Kindererziehungszeiten vom 1. Januar bis 31. Dezember 1979 und vom 1. April 1982 bis 31. März 1983 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichtes Berlin zum Aktenzeichen S 7 RA 5335/00 und S 5 R 1913/05 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf - teilweise - Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 13. September 1999 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000) ist § 44 Abs. 2 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Der Bescheid vom 13. September 1999 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 1999 und 21. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2000) war bei seinem Erlass nicht rechtswidrig und ist durch nachfolgende Rechtsänderungen auch nicht rechtswidrig geworden.
Die Beklagte hat im Verfahren nach § 149 Abs. 1, Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI - zu Recht Kindererziehungszeiten beim Kläger nicht berücksichtigt. Zu den Daten gehören u.a. die gesetzlichen Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten, hier von Zeiten der Pflichtversicherung wegen Kindererziehung (§§ 3 Satz 1 Nr. 1, 56, 249 SGB VI). Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes bei Geburten - wie hier - vor dem 1. Januar 1992 in den ersten zwölf Kalendermonaten nach Ablauf des Monats der Geburt (§§ 56 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 SGB VI).
Der Kläger erfüllt für seine beiden Kinder in deren jeweiligem ersten Lebensjahr die Voraussetzungen für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 28 b Fremdrentengesetz - FRG - in Verbindung mit §§ 56, 249 Abs. 6 und 7 SGB VI nicht.
Eine Kindererziehungszeit nach § 56 SGB VI liegt vor, wenn ein Elternteil sein Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten hat, die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen und er nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach dem SGB VI steht nach § 28 b FRG die Erziehung im jeweiligen Herkunftsland gleich.
Welchem Elternteil die Kindererziehungszeiten zuzuordnen sind, bestimmt sich im Einzelnen nach den Regelungen des § 56 Abs. 2 SGB VI. Hat ein Elternteil sein Kind allein erzogen, dann ist diesem Elternteil allein die Kindererziehungszeit zuzuordnen. Dies folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Haben mehrere Elternteile in Ausübung ihres Elternrechts gemeinsam erzogen, dann wird die Erziehungszeit dennoch nur einem Elternteil zugerechnet. Welchem Elternteil die Erziehungszeit in diesen Fällen zuzuordnen ist, beurteilt sich nach dem Umfang der Zuwendung zum Kind. Die Erziehungszeit ist demjenigen Elternteil zuzuordnen, der das Kinder überwiegend erzogen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI). Ändert sich das Verhältnis der Erziehungsbeiträge, ist die Erziehungszeit dem dann überwiegend erziehenden Elternteil zuzuordnen. Ein mehrfacher Wechsel der Zuordnung von Kindererziehungszeiten zu den Elternteilen ist möglich, wobei jedoch die kleinste Zeiteinheit einen Kalendermonat umfasst. Eine Feststellung des Umfanges der Kindererziehung der Eltern durch die Verwaltungsbehörden oder Gerichte ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn die gemeinsam erziehenden Eltern in einer übereinstimmenden Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zugeordnet werden soll (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Die übereinstimmende Erklärung der Eltern ist mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Die Zuordnung kann rückwirkend allenfalls für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen (§ 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI). Nach § 249 Abs. 6 Satz 1 SGB VI in der Fassung vom 15. Dezember 1995, gültig ab dem 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1997 (im Folgenden: § 249 Abs. 6 Satz 1 SGB VI a.F.), können die Eltern, wenn sie ihr Kind in dessen ersten Lebensjahr gemeinsam erzogen haben, bis zum 31. Dezember 1996 übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat; die Kindererziehungszeit wird dann dem Vater zugeordnet. Die Erklärung nach § 56 und dem am 31. Dezember 1996 geltenden § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI sind innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben (§ 28 b Satz 2 FRG).
Eine übereinstimmende Erklärung, dass der Kläger die Kinder An und A überwiegend erzogen hat, wurde von dem Kläger und seiner Ehefrau nicht bis zum 3. Januar 1997 und somit nicht innerhalb der Frist des § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. i.V.m. § 28 b FRG abgegeben. Eine wirksame übereinstimmende Erklärung in diesem Sinne liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einer schriftlichen übereinstimmenden Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau als Kindesmutter. Weder die Rentenakte noch die Spätaussiedlerakte enthält eine entsprechende schriftliche Erklärung. Wie das LSG Berlin in seinem Urteil vom 11. Juni 2004 festgestellt hat, enthält die dort beigezogene Spätaussiedlerakte des Kläger eine solche Erklärung nicht, ebenso wenig die vom Kläger behauptete Ankündigung der Zuordnung der Kindererziehungszeiten in seinem Aufnahmeantrag vom 19. Mai 1992. Die schriftliche, im Vorprozess abgegebene Stellungnahme der Kindesmutter vom 11. Juli 2001 stellt keine Erklärung in diesem Sinne dar, da dort die Kindesmutter allein und nicht gemeinsam und somit übereinstimmend mit dem Kläger eine diesbezügliche Erklärung abgegeben hat. Selbst wenn darin eine übereinstimmende Erklärung gesehen wird, so erfolgte sie nicht innerhalb der hier maßgeblichen Frist, die am 3. Januar 1997 endete.
Der Kläger kann auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so gestellt werden, als ob er und seine Ehefrau übereinstimmend die Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. i.V.m. § 28 b FRG abgegeben hätten.
Dieser hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch des Sozialgesetzbuches - SGB I -), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 01. April 2004 - B 7 AL 52/03 R -).
Ob eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte erfolgt ist, kann dahin stehen.
Im Wege eines Herstellungsanspruchs kann eine Erklärung des Versicherten und der Kindesmutter auch dann nicht ersetzt werden, wenn eine fehlerhafte Beratung vorgelegen hat. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 3 zur Meldung bei Arbeitslosigkeit) an, das mit vielfältigen Nachweisen aus der Rechtsprechung ausgeführt hat, Voraussetzung eines Herstellungsanspruchs sei auch, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden könne. Umgekehrt bedeute dies, dass in Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden könne, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibe. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen durch den Herstellungsanspruch "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen sei das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes). Dieses lasse nicht zu, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handele, selbst wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt habe. Demgemäß lasse sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehe. Die Abgabe der Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. hat durch den Versicherten selbst und den zweiten Elternteil zu erfolgen. Sie ist der Gestaltung durch Verwaltungshandeln nicht zugänglich. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 249 Abs. 6 SGB VI a.F., die es den Eltern ermöglichen wollte, selbst zu bestimmen, ob dem Vater, unabhängig von seinem Erziehungsbeitrag, die Kindererziehungszeiten zugeordnet werden sollen. Ein Verwaltungshandeln, mit dem die fehlende Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. ersetzt wird, ist deshalb nicht möglich. Ein entsprechender Anspruch des Klägers besteht nicht. Bei zu Gunsten des Klägers unterstellter Anwendbarkeit des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist eine fehlerhafte Beratung durch die Beklagte nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht im Einzelnen nachprüfbar geschildert. Solches ist auch nicht dem vorgelegten Laufzettel zu entnehmen, aus dem lediglich ersichtlich ist, dass der Kläger nach seiner Ankunft in Berlin bei verschiedenen Sozialbehörden (AOK Berlin, Arbeitsamt II Berlin, Landesversorgungsamt) vorstellig geworden ist. Diese sind nicht - wie von der Rechtsprechung im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches verlangt - vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit "arbeitsteilig" mit dem Rentenversicherungsträger in das Verfahren (hier: auf Zuordnung bzw. Vormerkung von Kindererziehungszeiten) eingeschaltet, so dass sie zu einer spontanen Beratung in Bezug auf derartige Zeiten nicht verpflichtet sind (vgl. dazu BSG, Urteile vom 13. Dezember 2000 - B 14 EG 10/99 R - und vom 22.10.1996 - 13 RJ 69/95 - zitiert nach juris). Dies gilt auch für die Sozialarbeiterin des Aussiedlerheims.
Eine Beratungspflicht dieser Stellen entfällt auch deshalb, weil diese keinen Einblick in die von den Ehegatten zurückgelegten Versicherungszeiten haben und deshalb auch keine Beratung über die zweckmäßigste Zuordnung von Kindererziehungszeiten vornehmen können. Aus demselben Grund kann der Kläger auch der Beklagten aus Anlass der von ihm erwähnten Korrespondenz im Zusammenhang mit der Ausstellung eines Versicherungsausweises keine Verletzung einer Beratungspflicht anlasten.
Eine Zuordnung der Kindererziehungszeiten konnte aufgrund der Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI nicht erfolgen, weil nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar war, dass der Kläger seine Kinder jeweils im ersten Lebensjahr überwiegend erzogen hat.
Anhand von objektiv nachprüfbaren Tatsachen sind die Erziehungsanteile festzustellen, das heißt, es ist zu beurteilen, ob mehr dafür als dagegen spricht, dass der Versicherte das Kind überwiegend erzogen hat (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 60/97 - und vom 31. August 2000 - B 4 RA 28/00 R - zitiert nach juris).
Der Kläger macht zwar geltend, er habe zum größten Teil die Kindererziehung geleistet. In dem Vorprozess gelangten sowohl das SG Berlin als auch das LSG Berlin aufgrund der von ihnen festgestellten Tatsachen zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht angenommen werden könne. Dabei haben das SG Berlin als auch das LSG Berlin die von dem Kläger vorgelegten Erklärungen ebenso gewürdigt wie die Erklärung der Kindesmutter im Verfahren. Neue Gesichtspunkte hat der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht.
Wie bereits das SG Berlin und das LSG Berlin ausgeführt haben, sprechen die tatsächlichen Umstände, wie sie sich nach Aktenlage darstellen, gegen eine überwiegende Erziehung der Kinder durch den Kläger. Von Bedeutung ist insoweit, dass der Kläger jeweils während des ersten Lebensjahres der Kinder vollzeitig beschäftigt gewesen ist, während die Kindesmutter, abgesehen von einer zweimonatigen Tätigkeit gegen Ende des ersten Lebensjahres des Kindes A, nicht berufstätig gewesen ist. Des Weiteren spricht die Erklärung der Kindesmutter im Vorprozess, sie habe sich jeweils im ersten Lebensjahr des Kindes mehr um das Kind gekümmert, gegen eine überwiegende Erziehung durch den Kläger. Die Eintragungen in dem Arbeitsbuch der Kindesmutter in den fraglichen Zeiträumen führen zu keinem anderen Ergebnis, denn sie dokumentieren lediglich, dass in diesen Zeiträumen ein Arbeitsverhältnis bestand. Die Eintragungen besagen nicht, dass in den jeweiligen Zeiträumen auch die Arbeitsleistung erbracht wurde. Ausfallzeiten, beispielsweise wegen Erkrankung oder Mutterschutzfristen, werden dort nicht erwähnt. Konkrete Angaben zu dem zeitlichen Umfang der Erziehung durch den Vater einerseits und die Mutter andererseits erfolgten nicht. Aus den vom Kläger genannten Indizien - deutscher Vorname, Vorlesen von Geschichten etc. - kann nicht auf den zeitlichen Umfang der Erziehung geschlossen werden. Soweit der Kläger sich darauf beruft, die von ihm geleistete Hilfe bei den Hausaufgaben und die Vermittlung deutscher Wertvorstellungen sowie Kulturgutes belege eine überwiegende Erziehung durch ihn, vermag dies schon deshalb nicht zu überzeugen, weil diese Erziehungsbeiträge ihrer Natur nach nicht im ersten Lebensjahr der Kinder erfolgt sein dürften. Da im Fall der gemeinsamen Erziehung - wie vorliegend - naturgemäß beide Elternteile das Kind erziehen, ist die Feststellung des zeitlichen Anteils der Erziehung durch einen Elternteil von wesentlicher Bedeutung, um eine überwiegende Erziehung durch den Vater bejahen zu können. Entsprechende Angaben des Klägers waren bereits im Vorprozess gewürdigt worden. Die nunmehr von dem Kläger benannten Zeugen waren nicht zu hören, da nicht ersichtlich ist, dass sie Auskünfte zum Umfang der Kindererziehung durch den Kläger, die dieser auch im vorliegenden Verfahren in zeitlicher Hinsicht nicht weiter präzisiert hat, zu den hier fraglichen Zeiträumen erteilen können.
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Artikel 6 GG rügt, weil vorliegend keinem Elternteil Kindererziehungszeiten zugeordnet wurden, ist ein solcher nicht erkennbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 7. Juli 1992 (BVerfGE 87, Seite 1 ff) ausgeführt, als Freiheitsrecht verpflichte Art. 6 Abs. 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen (vgl. BVerfGE 6, Seite 55, 76; 80, Seite 81, 92). Darüber hinaus enthalte Art. 6 Abs. 1 GG eine "wertentscheidende Grundsatznorm", die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern (vgl. BVerfGE 6, Seite 55, 76; 82, Seite 60, 81; st. Rspr.). Allerdings sei der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten (vgl. BVerfGE 82, Seite 60, 81 m.w.N.). Eben so wenig folge aus Art. 6 Abs. 1 GG, dass der Staat die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen könne. Der Gesetzgeber habe im Interesse des Gemeinwohls neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten. Nur unter Beachtung dieser Grundsätze lasse sich ermitteln, ob die Familienförderung durch den Staat offensichtlich unangemessen sei und dem Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr genüge (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 81 f.). Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Aus dem Verfassungsauftrag, einen wirksamen Familienlastenausgleich zu schaffen, ließen sich konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen sei, nicht ableiten. Insoweit bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 39, Seite 316,326; 82, Seite 60, 81 m.w.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 249 Abs. 6 SGB VI a.F. die ihm eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit nicht überschritten, da Art. 6 GG nicht gebietet, auf jedem Fall einem Elternteil Kindererziehungszeiten zuzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des §§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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