L 17 R 381/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 5349/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 381/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 1. März 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1949 in G geborene Kläger hat nach seinen Angaben in Ägypten die Berufs(Hoch)schule besucht und 1971 den Beruf des Drehers erlernt. Er reiste 1971 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein Asylantrag wurde anerkannt. Er war ab 1975 oder 1976 zwei Jahre als Dreher tätig. 1978/1979 absolvierte er nach seinen Angaben eine einjährige Ausbildung zum Krankenpflegehelfer und war im Pflegedienst von Krankenhäusern tätig, zunächst vom 1. Mai 1978 bis 31. März 1987 im E Krankenhaus und sodann vom 1. April 1987 an in den Kliniken des T-W-W. Nach Aktenlage besteht das Arbeitsverhältnis fort.

Der Kläger erlitt am 8. März 2001 einen Arbeitsunfall (Sturz nach Ausrutschen auf einer Matte) und war vom 9. März 2001 an arbeitsunfähig erkrankt. Er erhielt zunächst Krankengeld, ab September 2002 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe.

In Juni 2002 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung und machte geltend, wegen eines Bandscheibenvorfalles, Rückenschmerzen, Depression seit 1985 und insulinabhängiger Diabetes mellitus seit 1990 erwerbsgemindert zu sein.

Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z vom 3. Juli 2002 ein, der für eine Tätigkeit des Kläger als Krankenpflegehelfer in einer psychiatrischen Klinik ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich und für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen ohne besondere Stressfaktoren (großer Zeitdruck, hohe Verantwortung, Patienten- und Publikumskontakte) ein vollschichtiges Leistungsvermögen sah. Wegen eines Wirbelsäulenleidens könne der Kläger keine körperlich schweren Arbeiten in der Krankenpflege mehr verrichten. Durch chronische Schmerzen, einen aktuellen Ehekonflikt und die Sorge um Verwandte und Bekannte im G-S sei der Kläger psychisch belastet. Die psychiatrischen und insbesondere die psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft, der Kläger sei diesbezüglich nicht motiviert. Der von der Beklagten beauftragte Arzt für Innere Medizin Dr. B stellte in seinem Gutachten vom 3. Juli 2002 ein Leistungsvermögen des Klägers für eine Tätigkeit als Krankenpfleger und für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von sechs Stunden täglich und mehr fest. Der Kläger werde als Diabetiker nicht optimal medikamentös behandelt.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. vom 15. Juli 2002, der den Kläger für eine Tätigkeit als Krankenpflegehelfer unter drei Stunden täglich und für leichte Arbeiten ohne hohe seelische Belastungen und ohne häufiges Arbeiten im Bücken sechs Stunden täglich und mehr leistungsfähig sah, mit Bescheid vom 4. September 2002 ab. Sie führte zur Begründung aus, der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er Bezug nehmend auf die Atteste von Dr. B vom 7. Oktober 2002 und Dr. S vom 1. November 2002 begründete. Die Beklagte holte ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H ein, der in seinem Gutachten vom 28. Mai 2003 feststellte, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Krankenpflegehelfer nicht mehr ausüben könne. Leichte körperliche Arbeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen von Lasten verbunden seien und ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichtet würden. Tätigkeiten, die mit gehäuftem Knien, Hocken, Bücken sowie Treppensteigen verbunden seien und Zwangshaltungen der Wirbelsäule erforderten sowie Überkopfarbeiten sollten vermieden werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 1. Oktober 2003 Klage erhoben und geltend gemacht, aufgrund seiner orthopädischen und psychischen Erkrankungen könne er auch keine leichten Arbeiten mehr verrichten. Eine Tätigkeit, die er unter Beachtung der von den Gutachtern genannten Einschränkungen noch verrichten könne, sei nicht vorstellbar.

Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. S vom 21. Januar 2004 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 19. Februar 2004 eingeholt und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A zum Sachverständigen ernannt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 8. Oktober 2004 die Diagnosen: Dysthymia Lumboischialgie, HWS-Schmerzsyndrom Diabetes mellitus Typ II und führte zum Leistungsvermögen des Klägers aus, er könne - ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten - regelmäßig täglich vollschichtig körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten bei frei wählbarem Haltungswechsel ohne einseitige körperliche Belastung, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne besondere Belastungen der Wirbelsäule verrichten. Hinsichtlich der Diabetes mellitus sei der Kläger bei konsequenter Einstellung des Blutzuckers voll belastbar. Der Kläger sei in der Ausübung einfacher bis mittelschwerer geistiger Arbeiten nicht eingeschränkt. In den einzelnen kognitiven und Wahrnehmungsfunktionen wie auch in der Umstellungs-, Anpassungs- und Kontaktfähigkeit sei der Kläger nicht wesentlich eingeschränkt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu beachten.

Der Kläger ist dem Gutachten unter Bezugnahme auf Atteste des Arztes für Chirurgie Dr. S vom 6. Januar 2005 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 11. Januar 2005 entgegen getreten.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 1. März 2005 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht berufsunfähig. Zumutbar seien dem Kläger alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Kläger noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. Das Sozialgericht ist bei der Beurteilung des Leistungsvermögens dem Sachverständigen Dr. Albrecht gefolgt. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder vollständiger Erwerbsminderung sei ebenfalls nicht gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids Bezug genommen.

Gegen den ihm am 29. März 2005 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 29. April 2005 eingelegten Berufung. Den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. A könne nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der psychischen Störung sei mit dem behandelnden Arzt von einer Therapieresistenz auszugehen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen könne aus dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht auf eine gute berufliche Integration gefolgert werden. Der Kläger verheimliche seiner Familie aus Scham seine seit 2001 erfolgende psychiatrische Behandlung, weshalb auch nicht von einer guten familiären Integration ausgegangen werden könne.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 1. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 4.September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2003 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm seit 1. Juli 2002 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Leistungsakte der früheren Bundesanstalt für Arbeit und die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 35 RA 5349/03 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid vom 1. März 2005 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat, wie vom Sozialgericht zutreffend entschieden wurde, keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI - in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch dann Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der genannten Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert, da ihm eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich trotz seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen noch möglich ist.

Der Kläger ist nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 38/02 R - zitiert nach juris). Grundsätzlich ist dies die letzte ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat. Hat sich der Versicherte von einer - höherwertigen - Beschäftigung oder Tätigkeit gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinne des § 240 SGB VI. Eine Lösung von einem Beruf liegt vor, wenn der Versicherte nicht nur vorübergehend eine andere - geringerwertige - Tätigkeit aufnimmt und die Aufgabe der höherwertigen Tätigkeit vom Willen des Versicherten getragen ist, das heißt, wenn der Versicherte einer Tätigkeit in diesem Beruf erkennbar nicht mehr nachgehen will und sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 - 5 RKn 9/77 - SozR 2600 § 45 Nr. 22; Urteil vom 30. Oktober 1985 - 4a RJ 53/84 - SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Für die Hinwendung zu einer anderen versicherungspflichtigen Tätigkeit reicht es nicht allein, dass objektiv eine Tätigkeit durch Kündigung oder aus nicht gesundheitsbedingten Gründen beendet worden ist. Der insoweit maßgebende innere Wille ist anhand äußerer Umstände festzustellen (BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 - 5 RJ 20/97 - zitiert nach juris). Musste der Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden, liegt grundsätzlich keine Lösung im Sinne des Rentenrechts vor, weil gerade solche Gründe zu einer Lösung geführt haben, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hat (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 9/86 - SozR 2200 § 1246 Nr. 158).

Der Kläger hat zuletzt den Beruf des Krankenpflegehelfers ausgeübt. Offen bleiben kann, ob der Kläger den Beruf des Drehers in Ägypten gelernt und in der Bundesrepublik Deutschland zwei Jahre ausgeübt hat, da er sich von diesem Beruf gelöst und endgültig dem Beruf des Krankenpflegehelfers zugewandt hat, den er bis zu seiner Erkrankung im Jahr 2001 auch 23 Jahre ausgeübt hat.

Als Krankenpflegehelfer kann der Kläger - was unter den Beteiligten nicht streitig ist - aufgrund seines eingeschränkten Leistungsvermögens nicht mehr tätig sein. Damit liegt Berufsunfähigkeit aber noch nicht vor. Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, führt dies erst dann zur Berufsunfähigkeit, wenn es keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich zu bewältigen vermag.

Der Kläger kann auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in jeder Hinsicht zumutbar verwiesen werden.

Diese sind ihm sozial zumutbar. Eine andere Tätigkeit ist nicht nur dann sozial zumutbar, wenn ihr qualitativer Wert mit dem der zuletzt verrichteten Arbeit übereinstimmt. Es ist auch nicht Voraussetzung, dass sie die gleichen Verdienstmöglichkeiten wie die letzte Beschäftigung eröffnet. Das Gesetz verlangt von einem Versicherten, dass er, immer bezogen auf seinen "bisherigen Beruf", einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf nimmt und sich vor Inanspruchnahme einer Rente auch mit einer geringerwertigen Erwerbstätigkeit zufrieden gibt (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1986 - 4a RJ 73/84 - SozR 2200 § 1246 Nr. 138 m.w.N.).

Zur Beurteilung der Zumutbarkeit ist von der Rechtsprechung des BSG zunächst für die Arbeiterberufe und im Anschluss daran auch für die Angestellten eine Einstufung nach Berufsgruppen (so genanntes Mehrstufenschema) entwickelt worden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Ausbildung überragende Bedeutung für die Qualität eines Berufes hat. Ausgehend von der am geringsten qualifizierten Tätigkeit gibt es - soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung - die Gruppen mit dem Leitberuf des unausgebildeten Arbeiters/Angestellten (Ungelernter), des Arbeiters/Angestellten mit einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren (Angelernter) und des Arbeiters/Angestellten mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung (Facharbeiter/Ausgebildeter). Die Gruppe der Angelernten wird in einen oberen und in einen unteren Bereich zusätzlich unterteilt. Dem oberen Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen. Die Dauer der Ausbildung ist zwar ein wesentliches, jedoch nicht das allein bestimmende Merkmal zur Gruppenzuordnung. Ausschlaggebend sind die Qualitätsanforderungen der verrichteten Arbeit insgesamt, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für den Betrieb. Für die Einstufung ist damit das Gesamtbild des "bisherigen Berufs" maßgebend. Steht die Zuordnung fest, dann ist zu beachten, dass der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe im Verhältnis zu seinem bisherigen Beruf verwiesen werden darf, soweit sie ihn weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 12. September 1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Entspricht die Qualifikation des bisherigen Berufs mindestens dem oberen Bereich der angelernten Tätigkeiten, ist eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen.

Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze ist der Kläger bei einer zu seinen Gunsten angenommenen Anlernzeit von 12 Monaten der Gruppe der Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen. Ihm sind damit sämtliche Tätigkeiten aus dem Bereich der ungelernten Tätigkeiten zumutbar.

Solche Tätigkeiten sind dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar. Ein Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten sieht der Senat aufgrund der Feststellungen der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Gutachter als erwiesen an.

Der Senat folgt dabei dem Gutachten von Dr. A, der den Kläger selbst untersucht, alle aus den Akten hervorgehenden medizinischen Äußerungen gesichtet und nachvollziehbare und somit überzeugende Erklärungen für das von ihm festgestellte Leistungsvermögen abgegeben hat. Nach den Feststellungen des Sachverständigen besteht bei dem Kläger eine Dysthymia, eine Lumboischialgie, ein HWS-Schmerzsyndrom und ein Diabetes mellitus Typ II.

Die dem neurologischen psychiatrischem Beschwerdekreis zuzurechnende Befunde des Klägers sind durch das Gutachten von Dr. A ausführlich auf ihre Auswirkung auf das Leistungsvermögen des Klägers untersucht worden. Die von dem Sachverständigen diagnostizierte Dysthymia schränkt den Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit nicht rentenrechtlich erheblich ein. Der Sachverständige geht von einer relevanten depressiven dysthymen Symptomatik aus. Diese führt nach den Feststellungen des Sachverständigen zu keiner quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers.

Die Leistungsfähigkeit des Klägers ist nicht deshalb als aufgehoben zu betrachten, weil dieser nicht mit zumutbarer Willensanstrengung die Hemmungen, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen, überwinden kann. Der Sachverständige Dr. A hält den Kläger für fähig, die Erkrankung unter ärztlicher Mithilfe zu überwinden. Insoweit bedürfe es der Motivation des Klägers und seiner Mitarbeit durch Behandlungskomplianz und zunehmend selbst gesteuerte Alltagsbelastung. Die ärztliche Behandlung sollte sowohl medikamentöse als auch psychotherapeutische Ansätze umfassen und tätigkeitsbegleitend erfolgen.

Der Sachverständige verneint jedoch eine Therapieresistenz. Diese begründet er nachvollziehbar mit einer unzureichenden Behandlung. Eine solche sieht er darin, dass nur selten ärztliche Konsultationen erfolgten, die medikamentöse Behandlung inkonsequent und zu niedrig dosiert durchgeführt werde, eine ambulante Behandlung abgelehnt und eine stationäre Behandlung und ein Heilverfahren bislang nicht diskutiert worden seien. Der Sachverständige schreibt diese Versäumnisse nicht nur den begrenzten ambulanten Therapieressourcen, sondern auch der mangelnden Motivation des Klägers zu. Der Sachverständige sieht in der jahrelangen guten beruflichen Integration und dem noch bestehenden Arbeitsvertrag Möglichkeiten für den Kläger, die als Reaktion mittlerweile ungünstig sich verfestigende Schonhaltung zu überwinden. Der Sachverständige kommt daher zu der Erkenntnis, dass dem Kläger die notwendige Willensanspannung zur Bewältigung seiner psychischen Fehlhaltung zugemutet und eine wesentliche und dauerhafte Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht nicht festgestellt werden kann.

Der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe eine Therapieresistenz ohne nähere Begründung verneint, ist nicht begründet. Aufgrund des von dem Sachverständigen festgestellten Schweregrades der Erkrankung, der unzureichenden Behandlung und der zuvor guten beruflichen und sozialen Integration gelangt der Sachverständige zu der Auffassung, dass bei dem Kläger keine Therapieresistenz vorliegt. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sein Verschweigen der psychiatrischen Behandlung gegenüber seiner Familie nicht den Schluss auf eine fehlende oder mangelhafte soziale Integration zu. Die Annahme, der Kläger sei gut sozial integriert, wird von dem Sachverständigen überzeugend mit dem familiären Rückhalt trotz der Trennung von seiner zweiten Ehefrau vor seinerzeit drei Jahren begründet. Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der Situation sind insbesondere unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen - dritten - Eheschließung des Klägers nicht ersichtlich. Das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses kann als Indiz für eine gute berufliche Integration herangezogen werden. Dabei ist von Bedeutung, dass der Kläger langjährig bei seinem jetzigen Arbeitgeber beschäftigt war und das Arbeitsverhältnis trotz der mehrjährigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers bislang nicht von Seiten des Arbeitgebers gekündigt wurde. Berufliche Probleme, wie beispielsweise Konflikte am Arbeitsplatz, wurden von dem Kläger nicht berichtet.

Die die Therapieresistenz betreffende Einschätzung des Sachverständigen Dr. A wird bestätigt durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten von Dr. Z. Dieser hat in seinem Gutachten vom 3. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass er die psychiatrischen und insbesondere die psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten bei dem Kläger für nicht ausgeschöpft halte, in diesem Zusammenhang wies er auf die fehlende Motivation des Klägers und dessen Ablehnung hin. Auch die Angaben zu den Behandlungsintervallen und dem Grund der Arztbesuche in dem Befund- und Behandlungsbericht des Dr. B bestätigen die Auffassung des Sachverständigen Dr. A, denn Dr. B gab in dem Befund- und Behandlungsbericht an, dass der Kläger ihn anfänglich alle drei Monate und später nur zur Rezeptausstellung aufsuchte. Eine Ausschöpfung der therapeutischen Möglichkeiten kann weder dem Befund- und Behandlungsbericht des Herrn Dr. B noch seinem Attest vom 11. Januar 2005 entnommen werden.

Die dem orthopädischen Beschwerdekreis zuzurechnenden Befunde des Klägers wurden durch das Gutachten von Dr. H ausführlich auf ihre Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers hin untersucht. Bei der orthopädischen Untersuchung wurde keine Muskelverschmächtigung oder Minderung der groben Kraftentfaltung festgestellt, die Gebrauchsfähigkeit beider Hände ist erhalten. Die vom Kläger geäußerten Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat ließen sich nach den Feststellungen des Gutachters durch den erhobenen körperlichen röntgenologischen Untersuchungsbefund nicht vollständig erklären. Es ist daher überzeugend, wenn von dem Gutachter angegeben wird, dass die nachgewiesenen Veränderungen an der Wirbelsäule keine Tätigkeiten des Klägers gestatten, die mit Heben und Tragen von Lasten verbunden sind und ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichtet werden und Tätigkeiten, die mit gehäuftem Knien, Hocken und Bücken sowie Treppensteigen verbunden sind und Zwangshaltungen der Wirbelsäule erfordern, sowie Überkopfarbeiten vermieden werden sollen. Der Sachverständige Dr. A hat sich in seinem Gutachten der Einschätzung von Dr. H angeschlossen.

Auch auf internistischem Fachgebiet sieht der Senat den Sachverhalt aufgrund der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten als hinreichend geklärt an. Nach Angaben von Dr. B ist der Kläger aufgrund des diagnostizierten Diabetes mellitus nicht gehindert, vollschichtig seinen Beruf, den er als Krankenhelfer angibt, auszuüben. Die von ihm festgestellte nicht optimale Behandlung der Diabetes mellitus führt zu keinen quantitativen oder qualitativen Leistungseinschränkungen. Zu diesem Ergebnis gelangt auch der Sachverständige Dr. A in seinem Gutachten.

Das vollschichtige Leistungsvermögen des Klägers ist nach den von dem Sachverständigen und den Gutachtern festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auszugehen wäre.

Der Kläger kann nach den von dem Gutachter Dr. H getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls noch leichte körperliche Arbeiten verrichten. Ausgeschlossen sind Tätigkeiten des Klägers, die mit Heben und Tragen von Lasten verbunden sind und ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichtet werden. Tätigkeiten, die mit gehäuftem Knien, Hocken und Bücken sowie Treppensteigen verbunden sind und Zwangshaltungen der Wirbelsäule erfordern, sowie Überkopfarbeiten sollen vermieden werden. Die Leistungseinschätzung von Dr. Heinze stimmt im Wesentlichen mit der Einschätzung von Dr. A überein, wonach der Kläger körperlich leichte Arbeiten ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen bei frei wählbarem Haltungswechsel ohne einseitige körperliche Belastung, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne besondere Belastung der Wirbelsäule verrichten kann. In der Ausübung einfacher bis mittelschwerer geistiger Arbeiten ist der Kläger aus psychiatrischer Sicht nicht eingeschränkt. Der Sachverständige Dr. A hat sich in seinem Gutachten der Einschätzung des Vorgutachters angeschlossen, der das Erfordernis eines freien Wechsels der Haltungsart als Leistungseinschränkung nicht gesehen hat. Er hat jedoch nicht ausgeführt, welche Befunde aufgrund welcher Feststellungen einen freien Wechsel der Haltungsarten erfordern, sodass dem Gutachten des Dr. A insoweit nicht gefolgt werden konnte.

Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - veröffentlicht in juris). Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Fähigkeit der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Unter dem Begriff schwere spezifische Leistungsbehinderung werden vom BSG diejenigen Fälle erfasst, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt das Merkmal Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang weiter einengen können. Jede qualitative Leistungseinschränkung, beispielsweise der Ausschluss von Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, versperrt dem Versicherten eine Gruppe von Arbeitsplätzen, das heißt, alle Tätigkeiten, bei denen - und sei es auch nur gelegentlich - die nicht mehr mögliche Leistungserbringung gefordert wird. Jede weitere Leistungseinschränkung schließt ihrerseits einen anderen Bereich des Arbeitsmarktes aus, wobei sich diese Bereiche überschneiden, aber auch zu einer größeren Einengung des Arbeitsmarktes addieren können. Mit jeder zusätzlichen Einengung steigt die Unsicherheit, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können.

Nach diesen Grundsätzen liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bei dem Kläger vor. Der Ausschluss einseitiger körperlicher Belastungen ist bereits vom Begriff leichte Tätigkeit umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - a.a.O.) wie auch der Ausschluss des Hebens und Tragens schwerer Lasten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 13). Der Ausschluss der Arbeiten unter Zeitdruck zählt nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen (vgl. Großer Senat des BSG in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1995 - GS 2/95 - NZS 1997, Seite 421 ff) ebenso der Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken, Treppen- oder Leitersteigen, Zwangshaltungen sowie Überkopfarbeiten erfordern ( BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 96/96 - zitiert nach juris).

Der Kläger ist auch wegefähig. Zur Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gehört auch seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab. Danach muss der Versicherte grundsätzlich fähig sein, vier mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand, das heißt in weniger als jeweils 20 Minuten, zu Fuß zu bewältigen und zwei mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen und Beförderungsmöglichkeiten, beispielsweise eigener PKW) zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2002 - B 5 RJ 36/01 R - und Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 12/02 R -, jeweils zitiert nach juris).

Die vom Kläger geschilderten Angstzustände in öffentlichen Verkehrsmitteln schränken die Wegefähigkeit des Klägers in rechtlich erheblichem Umfang nicht ein. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Albrecht ist diese Angstsymptomatik mittelschwer ausgeprägt und bei entsprechender Motivation bereits jetzt überwindbar.

Danach kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Eine konkrete Tätigkeit war dem Kläger nicht zu benennen. Ob dem Kläger (der noch in einem Arbeitsverhältnis steht) mit seinen Leistungseinschränkungen und in seinem Lebensalter noch ein (anderer) Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden kann, ist für den Rentenrechtsstreit unerheblich, denn das Risiko der Arbeitslosigkeit ist der Arbeitslosenversicherung und nicht der Rentenversicherung zuzuordnen (§ 43 Abs. 2 Satz 4 2. Hs. SGB VI).

Zur Durchführung weiterer Ermittlungen sah sich der Senat nicht gedrängt, da der Kläger keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend gemacht hat und Anhaltspunkte dafür nach Aktenlage auch nicht bestehen. Die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen war nicht erforderlich. Der Kläger war unter Berücksichtigung seinen unterschiedlichen Fachgebieten zuzurechnenden Erkrankungen auch von Ärzten der jeweiligen Fachgebiete begutachtet worden.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Der Kläger ist nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, da ihm, wie oben ausgeführt, eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens sechs Stunden trotz seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen noch möglich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved