L 17 RA 6/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 RA 6996/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 6/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 9. März 1962 bis 30 Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz AVltech (Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen. Der Kläger ist 1937 geboren. Am 15. Juli 1961 erhielt er die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war dann ab 4. September 1961 beim VEB T B als Bauingenieur beschäftigt. Seit dem 9. März 1962 war er bei der Produktionsgenossenschaft des Handwerks – PGH B als Bauingenieur beschäftigt. Am 5. Mai 2000 beantragte er, die Feststellung der Zeit vom 4. September 1961 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVltech. Mit Bescheid vom 4. Juli 2001 stellte die Beklagte die Zeit vom 4. September 1961 bis 7. März 1962 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVltech fest. Für den Zeitraum vom 9. März 1962 bis 30. Juni 1990 lehnte sie den Antrag ab. In dieser Zeit sei keine Beschäftigung im Geltungsbereich eines Zusatzversorgungssystems ausgeübt worden. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Tätigkeiten und Rahmenbedingungen seien in volkseigenen Betrieben – VEB und in PGH gleich gewesen. Durch die Rechtsprechung werde Art. 3 des Grundgesetzes – GG verletzt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2001 zurückgewiesen. Genossenschaften seien volkseigenen Betrieben nicht gleichgestellt gewesen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben (eingegangen am 27. November 2001) und sich auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren bezogen. Mit Urteil vom 28. November 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe im Juni 1990 nicht mehr darauf vertrauen können, dass ihm im Leistungsfall eine Versorgungszusage erteilt werde. Er habe keine Beschäftigung ausgeübt, die in der AVItech-VO bzw. in der 2. Durchführungsbestimmung hierzu 2. DB AVltech aufgeführt worden sei. Hierin sei die Tätigkeit in einem volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb vorgesehen gewesen. In einem solchen Betrieb habe der Kläger aber nicht gearbeitet.

Gegen das dem Kläger am 7. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich seine am 30. Januar 2003 eingegangene Berufung. Er bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen und beanstandet vor Allem die Ungleichbehandlung mit Ingenieuren, die in volkseigenen Betrieben eine vergleichbare Arbeit verrichtet haben. Aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich der Antrag entnehmen, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2002 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2001 zu ändern und diese zu verurteilen, die Zeit vom 9. März 1962 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 38 RA 6996/01 und die die Zusatzversorgung betreffenden Akten der Beklagten -65 010637 B 026 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2002 ist zutreffend. Soweit der Bescheid vom 4. Juli 2001 zur Überprüfung steht, ist er rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung von Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVltech sowie der in diesen Zeiten erzielten Entgelte. Dazu ist die Beklagte nur verpflichtet, wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG unterfällt (§ 1 Abs. 1 AAÜG). Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem hier der AVItech zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG). Gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2). Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne es § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Einen Anspruch auf Versorgung hatte er bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991, schon deshalb nicht, weil bis dahin kein Versorgungsfall (z. B. Alter, Invalidität) eingetreten war. Er war aber auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Er war nämlich in die Zusatzversorgung nicht einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden. Es kann dahinstehen, ob der Kläger auf Grund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hat, denn dies reicht nicht aus. Vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 B 4 RA 12/04 R ). Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Anwartschaft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 10. Februar 2005 B 4 RA 47/04 R ), der sich der Senat anschließt, haben auch diejenigen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten, die aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (BSG, Urteile vom 9. April 2002, SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 7). Ein solcher Anspruch hängt im Bereich der AVltech gemäß AVltech-VO und der 2. DB davon ab, dass drei Voraussetzungen erfüllt waren: • Es musste sich um Personen handeln, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, (persönliche Voraussetzung). • Die Personen müssen tatsächlich eine ihrer Qualifikation entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung). • Die Tätigkeit muss in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein (betriebliche Voraussetzung). Der Kläger hat im streitigen Zeitraum (und damit auch am maßgeblichen Stichtag) die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Er hat nicht in einem volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb gearbeitet, sondern in einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks. Auf Betriebe in dieser Rechtsform hat sich die AVltech nicht erstreckt. Dies bestreitet der Kläger auch nicht. Er beanstandet vielmehr, dass er schlechter gestellt wird, als Versicherte, die in anderen Betrieben als Ingenieure tätig waren. Hierin liegt jedoch entgegen seiner Auffassung kein Verstoß gegen Art. 3 GG. Die fiktive Einbeziehung in Versorgungssysteme hat die Rechtsprechung in verfassungskonformer Auslegung des § 1 AAÜG entwickelt. Ausgangspunkt war hierbei, dass die Personen, die am 30. Juni 1990 den objektiven Regeln einer Versorgungsordnung unterfielen hier kommt nur die AVltech-VO und die 2. DB AVItech-VO in Betracht , noch darauf vertrauen konnten, in die Versorgung einbezogen zu werden. Nur dieser Personenkreis wird fiktiv einbezogen. Hingegen geht es nicht darum, Versicherte mit bestimmten Berufen, Tätigkeiten und in bestimmten Betrieben zu begünstigen. Ihre Begünstigung ist lediglich die Folge davon, dass sie bereits zu DDR-Zeiten begünstigt waren und bei Inkrafttreten des AAÜG noch darauf vertrauen konnten Das Sozialgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt, soweit eine Ungleichbehandlung auf in der DDR bestehenden Ungleichbehandlungen beruht. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, dies nachträglich zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -. Sie entspricht dem Ergebnis In der Hauptsache. Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Grund zur Zulassung nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich ist.
Rechtskraft
Aus
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