Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1803/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 18/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 4 000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Beigeladene zu 4) im Zeitraum vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stand.
Die Klägerin wurde am 25. Juni 1990 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Geschäftsgegenstand war die Anwendung des Desktop Publishing und ab dem 16. Februar 1994 das Betreiben jeder Art von Werbung, die Gesamtherstellung von Druckerzeugnissen, Film- und Videoproduktionen sowie die Konzipierung und Planung von Werbe- und Marketingstrategien. Sie firmierte zunächst unter dem Namen A, G, V GmbH, dann als A, ab 07. Juli 1994 als C GmbH und nunmehr seit 25. Oktober 2004 als S GmbH.
Im streitigen Zeitraum war der Beigeladene zu 4), Herr A E, für die Klägerin tätig. Der Beigeladene zu 4) ist 1968 geboren und hat nach seinen Angaben zunächst eine kaufmännische Ausbildung durchlaufen. Von Oktober 1992 bis September 1993 studierte er zwei Semester Volkswirtschaftslehre an der FB und von Oktober 1993 bis zur Exmatrikulation im September 2002 18 Semester soziale Verhaltenswissenschaften an der Fernuniversität H. Am 07. Juli 1994 erteilte die Klägerin ihm Prokura mit der Maßgabe, dass er diese zusammen mit einem Geschäftsführer der Klägerin vertreten konnte.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 02. August 2002 eine Betriebsprüfung durch und stellte dabei fest, dass der Beigeladene zu 4) in den Jahren 1996, 1997 und 1998 der Klägerin monatlich Abrechnungen jeweils wortgleich "für die im Monat in Ihrem Hause erbrachte kaufmännische Beratung und Planung" in Rechnung gestellt hatte. Die niedrigste Rechnung war für den Dezember 1997 mit 5 750,00 DM, die höchste für den Monat Januar 1998 mit 8 360,00 DM. In den Monaten Juni, Juli, September, Oktober und Dezember 1998 sowie Januar, Februar, März, April und Mai 1999 betrug die Rechnungssumme jeweils 6 350,00 DM und von Juli bis Oktober 1990 monatlich jeweils 6 750,00 DM. Zuzüglich war jeweils die Mehrwertsteuer ausgewiesen.
Daraufhin übersandte die Beklagte dem Beigeladenen zu 4) am 04. Dezember 2002 ihren Fragebogen zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung, den dieser am 18. Dezember 2002 zurücksandte. Darin gab er an, er sei zwischen 1993 und Oktober 1999 als Berater für Organisationsentwicklung für die Klägerin tätig gewesen. Er sei mit der Entwicklung kaufmännischer Instrumente zur Planung und zum Controlling des allgemeinen Geschäftsbetriebes befasst gewesen. Hierzu hätten Tätigkeiten gehört wie Jahreskostenplanung, Monatsplanungen, Soll Ist Vergleiche, Potentialanalysen und die Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Einen anderen Auftraggeber habe er in diesem Zeitraum nicht gehabt. Er habe ausschließlich für die Klägerin gearbeitet und selbst keine Arbeitnehmer gehabt. Er habe am Betriebssitz der Klägerin gearbeitet, soweit dies organisatorisch erforderlich gewesen sei, und keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten gehabt. Weisungen seien insoweit erfolgt, als eine Abstimmung hinsichtlich der Beratungstätigkeit erfolgte. Die Klägerin habe sein Einsatzgebiet nicht ohne seine Zustimmung verändern können. Sein eigenes unternehmerisches Handeln bezüglich eigenen Kapitaleinsatzes, eigener Kalkulation, Preisgestaltung, Werbung und Ablehnung von Aufträgen habe darin bestanden, dass er Aufwendungen für einen häuslichen Arbeitsplatz gehabt habe.
Die Klägerin legte mit zwei Schreiben vom 22. Oktober 2002 und 20. November 2002 die Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) bei ihr dar. Danach sei dieser vom 01. Januar 1993 bis 31. Oktober 1999 mit wöchentlich zwischen 15 bis 20 Stunden für sie als selbständiger Berater tätig gewesen. Die erbrachten Tätigkeiten seien typisch für einen Betriebs- beziehungsweise Unternehmensberater gewesen. Notwendig seien sie gewesen, da die Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin lediglich über Kenntnisse des technischen Teils der Tätigkeit der Klägerin verfügten, nicht jedoch über kaufmännische. Hierfür habe man sich neben der Beratung durch Steuerberater, Rechtsanwälte und Notare der des Beigeladenen zu 4) bedient. Dieser habe mit einem sich stetig steigernden Zeitvolumen begonnen, wobei kein Stundenhonorar, sondern eine Monatspauschale vereinbart gewesen sei, die allerdings nach der Intensität der Beraterleistungen variiert habe. Die Anstellung als fester Mitarbeiter habe sich nicht angeboten, weil der Beigeladene zu 4) in bestimmten Zeiträumen nicht ausgelastet beziehungsweise in anderen Zeiträumen überlastet gewesen wäre. Der Beigeladene zu 4) sei für die Klägerin auch nach außen tätig gewesen. Seine Beratungstätigkeit habe sich auf folgende Bereiche erstreckt:
- Vorbereitung von/und die Verhandlungen mit der Hausbank, - Ansprechpartner (insbesondere telefonisch) für Fragen der Buchhaltungsmitarbeiter, - Erarbeitung von Controlling-Instrumenten sowie Vorschlägen zu deren Implementierung und Kontrolle mittels Monitoring der Abläufe, - Feststellung von Struktur und Prozesskennzahlen für Liquidität und Cashflow, Rentabilität, Produktivität, Finanzierung, Kapitalstruktur und Vermögen, - Erstellung einer Jahreskostenplanung, - Vorschläge für Monatsumsatzplanung, - Vorschläge für Investitionsplanung, - Vorschläge für eine Agentursoftware, - Verhandlungen mit Lieferanten und - Ermittlungen von Einsparpotentialen
Er habe Ausarbeitungen gefertigt und bei Beratergesprächen der Geschäftsführung und den Gesellschaftern diese dargelegt und erläutert. Dazu sei es vorteilhaft gewesen, dass er über einen längeren Zeitraum tätig gewesen sei, um die von ihm vorgeschlagenen Projekte zu betreuen. Über einen Arbeitsraum bei der Klägerin habe der Beigeladene zu 4) nicht verfügt. Er habe sich jedoch bei ihr zu Terminen eingefunden. Die Arbeitsmittel seien ihm zur Verfügung gestellt worden. Weisungen seien ihm nicht erteilt worden, allerdings habe er nach außen die zuvor mit der Klägerin gemeinsam erarbeiteten Betriebsziele vertreten. Weil er auch Lieferanten und das Kreditinstitut im Rahmen der von ihm als Berater betreuten Projekte aufgesucht und insoweit Entscheidungsmacht gehabt habe, sei ihm die Prokura erteilt worden, die zu einer Entlastung der Geschäftsleitung geführt habe.
Mit Bescheid vom 31. Dezember 2002 stellte die Beklagte fest, der Beigeladene zu 4) habe vom 01. Januar 1993 bis zum 30. Oktober 1999 bei der Klägerin in einem dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung im Wesentlichen vorgetragen wurde, entgegen der Auffassung der Beklagten habe es sich um eine klassische Unternehmensberatung gehandelt und auch aus der Erteilung der Prokura lasse sich nicht auf eine abhängige Beschäftigung schließen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene zu 4) sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und habe kein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Da es sich um eine Dienstleistung höherer Art gehandelt habe, spreche auch die weitgehend eigenverantwortliche Tätigkeit nicht gegen eine abhängige Beschäftigung.
Dagegen hat sich die am 17. Oktober 2003 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten wurde, die Prokura des Beigeladenen zu 4) sei kein Indiz einer abhängigen Beschäftigung. Auch Rechtsanwälten und Steuerberatern werde Vollmacht erteilt, ohne dass hierdurch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet werde.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 4) bei ihr nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, bereits aus § 94 Einkommenssteuergesetz EStG ergebe sich ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Im Gegensatz zu Rechtsanwälten oder Steuerberatern habe der Beigeladene zu 4) auf die Infrastruktur der Klägerin zurückgegriffen und er habe kein Unternehmerrisiko getragen. Dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorgelegen habe und die üblichen Arbeitnehmerschutzrechte darin nicht vereinbart wurden, sei unerheblich, da dies nicht Voraussetzung, sondern Rechtsfolge eines Arbeitsverhältnisses sei.
Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2005 den Beigeladenen zu 4) zu seiner Tätigkeit für die Klägerin gehört. Dieser hat dargelegt, er sei nunmehr mit einer eigenen Werbeagentur selbständig und habe für die Klägerin zwischen zwei und drei Stunden und bis zu 50 Stunden die Woche gearbeitet. Das Honorar sei nicht streng nach Zeitaufwand berechnet worden, wobei dieser jedoch auch eine Rolle gespielt habe. Er habe auch Stundenzettel anderer Mitarbeiter der Klägerin bearbeitet. Er sei während dieser Tätigkeit nie krank gewesen, habe allerdings Urlaub gemacht und auch während dieser Zeit eine Vergütung erhalten. Die Prokura habe er genutzt, um Rahmenverträge mit Lieferanten und Kunden zu schließen. Eine Berufshaftpflichtversicherung habe er nicht.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Bei der Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) sprechenden Indizien überwögen diejenigen, die für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Er sei in eine vorgegebene Ordnung der Klägerin eingefügt gewesen, habe kein Unternehmerrisiko getragen, sei ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen und habe von dieser sowohl Prokura als auch in der Urlaubszeit eine Vergütung erhalten. Zudem sei die Vergütung zumindest auch nach dem Zeitaufwand bemessen worden. Die Tatsache, dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag mit Ansprüchen auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geschlossen worden sei, spräche weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung. Diese Ansprüche entstünden bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses kraft Gesetzes. Im Übrigen sei eine solche fehlende Vereinbarung typisch für Vertragsgestaltungen, bei denen von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werde, um die Risiken, die diese Rechte absichern, einseitig dem Arbeitnehmer aufzuerlegen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 13. Januar 2006, zu deren Begründung sie vortragen, der Beigeladene zu 4) sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden und nicht von dieser persönlich abhängig gewesen. Er habe mit seinem häuslichen Arbeitsplatz und Computer eigene Arbeitsmittel verwendet und seine Arbeitskraft im Wesentlichen frei gestaltet. Die Tatsache schließlich, dass der Kläger auch in Monaten, in denen er teilweise in Urlaub war, Vergütung erhalten hat, könne nicht als bezahlter Urlaub angesehen werden, da dies daraus folgte, dass er in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2003 festzustellen, dass der Beigeladene zu 4) vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 im Betrieb der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Betriebsprüfung bei der Klägerin betreffend, Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 4) im Zeitraum vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 im Betrieb der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Das Sozialgericht hat die Klage hiergegen daher zu Recht abgewiesen.
Für die Feststellung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Gesetzlichen Sozialversicherung (Gesetzliche Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) ist im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28 p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Beklagte zuständig.
Sozialversicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (Krankenversicherung), § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Rentenversicherung), § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. ab 01. Januar 1998 § 24 Abs. 1 SGB III (Arbeitslosenversicherung) und ab 01. Januar 1995 § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI (Pflegeversicherung) waren im fraglichen Zeitraum Arbeitnehmer. Arbeitnehmer sind Personen, die einer Beschäftigung in Form nichtselbständiger Tätigkeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis nachgehen (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Die Versicherungs- beziehungsweise Beitragspflicht richtet sich nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis in der Sozialversicherung entwickelt haben. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie dies insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt.
Im vorliegenden Fall war festzustellen, dass der Kläger eine Dienstleistung höherer Art für die Beklagte durchgeführt hat und dass dieses Dienstverhältnis sozialversicherungspflichtig war.
Der Beigeladene zu 4) war fast acht Jahre für den Betrieb der Klägerin tätig, davon über sechs Jahre als Prokurist. Daneben war er an der Fernuniversität H immatrikuliert, ohne sein Studium in diesem Zeitraum abzuschließen, was dafür spricht, dass er sich überwiegend der Tätigkeit für die Klägerin gewidmet hat. Er hat nach seinen Angaben keine anderen Einkünfte erzielt als diejenigen bei der Klägerin, hat keine Anteile an der Klägerin besessen und war in die von den Gesellschaftern der Klägerin vorgegebene Betriebsordnung eingebunden. Er konnte seine Tätigkeit lediglich im Rahmen dieser Ordnung ausüben und ihm unliebsame Beschlüsse der Gesellschafter und Anweisungen zu seiner Tätigkeit nicht verhindern. Auch wenn solche Anweisungen, von der Art der Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) ausgehend, kaum erfolgten, sondern kooperativ erarbeitet wurden, weil er gerade wegen seiner Fachkenntnisse benötigt wurde, war er jedenfalls gehalten, seine Beratertätigkeit stets dann auszuüben, wenn sich das Erfordernis hierfür aus den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin ergab. Er war der Kaufmann des Betriebes, weil es keinen anderen gab, der über die entsprechenden Kenntnisse verfügte. Auch das Schreiben von "Stundenzetteln" für andere Beschäftigte zeigt eine Integration in den Betrieb, denn diese Tätigkeit musste jedenfalls zeitnah entsprechend den jeweils geleisteten Arbeiten der anderen Mitarbeiter erfolgen. Es spricht insgesamt nichts dafür, dass der Beigeladene zu 4) seine Tätigkeit losgelöst von den täglichen Betriebserfordernissen der Klägerin ausgeübt hat. Wenn die Klägerin vorträgt, eine "Festanstellung" habe sich nicht angeboten, weil der Beigeladene zu 4) dabei zu verschiedenen Zeiten nicht ausgelastet oder zu anderen Zeiten überlastet gewesen wäre, belegt dies jedenfalls, dass seine Leistungen für den Betrieb – wenn auch in wechselnder Intensität – regelmäßig erforderlich waren. Er diente in seiner gesamten Tätigkeit nicht eigenen "Betriebs" - Interessen, sondern dem Betriebszweck der Klägerin. Er war damit in eine fremd gegebene vorbestimmte Ordnung eines Betriebes eingebunden und unterlag insoweit auch einem allgemeinen Weisungsrecht, nämlich die zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen und damit dieser Betriebsordnung zu dienen.
Er war sozial abhängig von der Klägerin, da er keine anderen Auftraggeber/Arbeitnehmer hatte und somit auf die Einkünfte aus der Tätigkeit bei der Klägerin angewiesen war. Sein Einkommen resultierte im Wesentlichen aus einer monatlichen Pauschalzahlung, die allerdings nach oben beziehungsweise nach unten variierte, nach den Angaben der Beteiligten danach, ob ein besonders hoher oder besonders niedriger Arbeitsaufwand in diesen Monaten erfolgte. Festzustellen ist jedoch auch, dass es längere Zeiträume gibt, in denen in jedem Monat genau dieselben Summen gezahlt wurden, was zeigt, dass nicht einzelne Aufträge abgerechnet wurden, sondern dass, wie die Klägerin selbst dargelegt hat, der Beigeladene zu 4) in "Projekten" der Klägerin tätig war und diese über längere Zeiträume bearbeitete.
Der Beigeladene zu 4) trug kein Unternehmerrisiko, da er lediglich über einen Heimarbeitsplatz mit Computer verfügte, wie er, insbesondere auch bei Studenten, üblich ist. Ein Unternehmerrisiko an eigenen Betriebsmitteln hat der Beigeladene zu 4) nicht getragen und ein "Unternehmerrisiko" an Wohl und Wehe des Betriebes der Klägerin lediglich mit dem Risiko, das jeder Arbeitnehmer trägt, nämlich der Insolvenz seines Arbeitgebers mit den sich daraus ergebenden Folgen für den Arbeitsplatz. Auch dass in den Monaten, in denen der Beigeladene zu 4) in Urlaub war, die Vergütung weitergezahlt wurde, zeigt, dass tatsächlich laufende Zahlungen geleistet wurden, die nur bedingt von der jeweiligen Arbeitsleistung abhingen. Gegenstand der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4) war demgemäß eine fortlaufende Existenzsicherung des Beigeladenen zu 4) für seine Tätigkeit bei der Klägerin. Dem entspricht auch die dem Beigeladenen zu 4) erteilte Prokura, die übrigens nochmals zeigt, dass dieser in eine vorgegebene Ordnung eingebunden war. Die Klägerin selbst hat dargelegt, dass der Prokurist an die betrieblichen Vorgaben gebunden war. Wenn auch z.B. Rechtsanwälten und Steuerberatern regelmäßig Vollmachten erteilt werden, ohne dass daraus ein Beschäftigungsverhältnis zu entnehmen wäre, dürfte dies bei einer Tätigkeit nur für einen Auftraggeber – entsprechend der hier vorliegenden Situation – nicht anders als im Falle des Beigeladenen zu 4) zu beurteilen sein.
Soweit die Klägerin sich hilfsweise auf Verjährung berufen hat, unterliegt die vorliegende Feststellung der Versicherungs-/Beitragspflicht nicht der Verjährung. Es geht im vorliegenden Verfahren nicht um Beitragsansprüche, die nach § 25 SGB IV verjähren.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Gerichtskostengesetz (GKG). Dieser ist im Urteil enthaltende Streitwertbeschluss wird allerdings nach § 63 Abs. 3 GKG zu ändern sein, weil nicht berücksichtigt wurde, dass § 72 Nr. 1 GKG für ein Rechtsmittel, welches – wie hier – nach dem 01. Juli 2004 eingelegt worden ist, die Anwendung des Gerichtskostengesetzes in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (GKG n.F.) vorschreibt. Nach § 52 Abs. 2 GKG n.F. beträgt der Auffangstreitwert 5000.- Euro.
Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Beigeladene zu 4) im Zeitraum vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stand.
Die Klägerin wurde am 25. Juni 1990 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Geschäftsgegenstand war die Anwendung des Desktop Publishing und ab dem 16. Februar 1994 das Betreiben jeder Art von Werbung, die Gesamtherstellung von Druckerzeugnissen, Film- und Videoproduktionen sowie die Konzipierung und Planung von Werbe- und Marketingstrategien. Sie firmierte zunächst unter dem Namen A, G, V GmbH, dann als A, ab 07. Juli 1994 als C GmbH und nunmehr seit 25. Oktober 2004 als S GmbH.
Im streitigen Zeitraum war der Beigeladene zu 4), Herr A E, für die Klägerin tätig. Der Beigeladene zu 4) ist 1968 geboren und hat nach seinen Angaben zunächst eine kaufmännische Ausbildung durchlaufen. Von Oktober 1992 bis September 1993 studierte er zwei Semester Volkswirtschaftslehre an der FB und von Oktober 1993 bis zur Exmatrikulation im September 2002 18 Semester soziale Verhaltenswissenschaften an der Fernuniversität H. Am 07. Juli 1994 erteilte die Klägerin ihm Prokura mit der Maßgabe, dass er diese zusammen mit einem Geschäftsführer der Klägerin vertreten konnte.
Die Beklagte führte bei der Klägerin am 02. August 2002 eine Betriebsprüfung durch und stellte dabei fest, dass der Beigeladene zu 4) in den Jahren 1996, 1997 und 1998 der Klägerin monatlich Abrechnungen jeweils wortgleich "für die im Monat in Ihrem Hause erbrachte kaufmännische Beratung und Planung" in Rechnung gestellt hatte. Die niedrigste Rechnung war für den Dezember 1997 mit 5 750,00 DM, die höchste für den Monat Januar 1998 mit 8 360,00 DM. In den Monaten Juni, Juli, September, Oktober und Dezember 1998 sowie Januar, Februar, März, April und Mai 1999 betrug die Rechnungssumme jeweils 6 350,00 DM und von Juli bis Oktober 1990 monatlich jeweils 6 750,00 DM. Zuzüglich war jeweils die Mehrwertsteuer ausgewiesen.
Daraufhin übersandte die Beklagte dem Beigeladenen zu 4) am 04. Dezember 2002 ihren Fragebogen zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung, den dieser am 18. Dezember 2002 zurücksandte. Darin gab er an, er sei zwischen 1993 und Oktober 1999 als Berater für Organisationsentwicklung für die Klägerin tätig gewesen. Er sei mit der Entwicklung kaufmännischer Instrumente zur Planung und zum Controlling des allgemeinen Geschäftsbetriebes befasst gewesen. Hierzu hätten Tätigkeiten gehört wie Jahreskostenplanung, Monatsplanungen, Soll Ist Vergleiche, Potentialanalysen und die Ermittlung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Einen anderen Auftraggeber habe er in diesem Zeitraum nicht gehabt. Er habe ausschließlich für die Klägerin gearbeitet und selbst keine Arbeitnehmer gehabt. Er habe am Betriebssitz der Klägerin gearbeitet, soweit dies organisatorisch erforderlich gewesen sei, und keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten gehabt. Weisungen seien insoweit erfolgt, als eine Abstimmung hinsichtlich der Beratungstätigkeit erfolgte. Die Klägerin habe sein Einsatzgebiet nicht ohne seine Zustimmung verändern können. Sein eigenes unternehmerisches Handeln bezüglich eigenen Kapitaleinsatzes, eigener Kalkulation, Preisgestaltung, Werbung und Ablehnung von Aufträgen habe darin bestanden, dass er Aufwendungen für einen häuslichen Arbeitsplatz gehabt habe.
Die Klägerin legte mit zwei Schreiben vom 22. Oktober 2002 und 20. November 2002 die Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) bei ihr dar. Danach sei dieser vom 01. Januar 1993 bis 31. Oktober 1999 mit wöchentlich zwischen 15 bis 20 Stunden für sie als selbständiger Berater tätig gewesen. Die erbrachten Tätigkeiten seien typisch für einen Betriebs- beziehungsweise Unternehmensberater gewesen. Notwendig seien sie gewesen, da die Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin lediglich über Kenntnisse des technischen Teils der Tätigkeit der Klägerin verfügten, nicht jedoch über kaufmännische. Hierfür habe man sich neben der Beratung durch Steuerberater, Rechtsanwälte und Notare der des Beigeladenen zu 4) bedient. Dieser habe mit einem sich stetig steigernden Zeitvolumen begonnen, wobei kein Stundenhonorar, sondern eine Monatspauschale vereinbart gewesen sei, die allerdings nach der Intensität der Beraterleistungen variiert habe. Die Anstellung als fester Mitarbeiter habe sich nicht angeboten, weil der Beigeladene zu 4) in bestimmten Zeiträumen nicht ausgelastet beziehungsweise in anderen Zeiträumen überlastet gewesen wäre. Der Beigeladene zu 4) sei für die Klägerin auch nach außen tätig gewesen. Seine Beratungstätigkeit habe sich auf folgende Bereiche erstreckt:
- Vorbereitung von/und die Verhandlungen mit der Hausbank, - Ansprechpartner (insbesondere telefonisch) für Fragen der Buchhaltungsmitarbeiter, - Erarbeitung von Controlling-Instrumenten sowie Vorschlägen zu deren Implementierung und Kontrolle mittels Monitoring der Abläufe, - Feststellung von Struktur und Prozesskennzahlen für Liquidität und Cashflow, Rentabilität, Produktivität, Finanzierung, Kapitalstruktur und Vermögen, - Erstellung einer Jahreskostenplanung, - Vorschläge für Monatsumsatzplanung, - Vorschläge für Investitionsplanung, - Vorschläge für eine Agentursoftware, - Verhandlungen mit Lieferanten und - Ermittlungen von Einsparpotentialen
Er habe Ausarbeitungen gefertigt und bei Beratergesprächen der Geschäftsführung und den Gesellschaftern diese dargelegt und erläutert. Dazu sei es vorteilhaft gewesen, dass er über einen längeren Zeitraum tätig gewesen sei, um die von ihm vorgeschlagenen Projekte zu betreuen. Über einen Arbeitsraum bei der Klägerin habe der Beigeladene zu 4) nicht verfügt. Er habe sich jedoch bei ihr zu Terminen eingefunden. Die Arbeitsmittel seien ihm zur Verfügung gestellt worden. Weisungen seien ihm nicht erteilt worden, allerdings habe er nach außen die zuvor mit der Klägerin gemeinsam erarbeiteten Betriebsziele vertreten. Weil er auch Lieferanten und das Kreditinstitut im Rahmen der von ihm als Berater betreuten Projekte aufgesucht und insoweit Entscheidungsmacht gehabt habe, sei ihm die Prokura erteilt worden, die zu einer Entlastung der Geschäftsleitung geführt habe.
Mit Bescheid vom 31. Dezember 2002 stellte die Beklagte fest, der Beigeladene zu 4) habe vom 01. Januar 1993 bis zum 30. Oktober 1999 bei der Klägerin in einem dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung im Wesentlichen vorgetragen wurde, entgegen der Auffassung der Beklagten habe es sich um eine klassische Unternehmensberatung gehandelt und auch aus der Erteilung der Prokura lasse sich nicht auf eine abhängige Beschäftigung schließen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene zu 4) sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen und habe kein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Da es sich um eine Dienstleistung höherer Art gehandelt habe, spreche auch die weitgehend eigenverantwortliche Tätigkeit nicht gegen eine abhängige Beschäftigung.
Dagegen hat sich die am 17. Oktober 2003 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten wurde, die Prokura des Beigeladenen zu 4) sei kein Indiz einer abhängigen Beschäftigung. Auch Rechtsanwälten und Steuerberatern werde Vollmacht erteilt, ohne dass hierdurch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet werde.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 4) bei ihr nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, bereits aus § 94 Einkommenssteuergesetz EStG ergebe sich ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Im Gegensatz zu Rechtsanwälten oder Steuerberatern habe der Beigeladene zu 4) auf die Infrastruktur der Klägerin zurückgegriffen und er habe kein Unternehmerrisiko getragen. Dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorgelegen habe und die üblichen Arbeitnehmerschutzrechte darin nicht vereinbart wurden, sei unerheblich, da dies nicht Voraussetzung, sondern Rechtsfolge eines Arbeitsverhältnisses sei.
Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2005 den Beigeladenen zu 4) zu seiner Tätigkeit für die Klägerin gehört. Dieser hat dargelegt, er sei nunmehr mit einer eigenen Werbeagentur selbständig und habe für die Klägerin zwischen zwei und drei Stunden und bis zu 50 Stunden die Woche gearbeitet. Das Honorar sei nicht streng nach Zeitaufwand berechnet worden, wobei dieser jedoch auch eine Rolle gespielt habe. Er habe auch Stundenzettel anderer Mitarbeiter der Klägerin bearbeitet. Er sei während dieser Tätigkeit nie krank gewesen, habe allerdings Urlaub gemacht und auch während dieser Zeit eine Vergütung erhalten. Die Prokura habe er genutzt, um Rahmenverträge mit Lieferanten und Kunden zu schließen. Eine Berufshaftpflichtversicherung habe er nicht.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Bei der Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) sprechenden Indizien überwögen diejenigen, die für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Er sei in eine vorgegebene Ordnung der Klägerin eingefügt gewesen, habe kein Unternehmerrisiko getragen, sei ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen und habe von dieser sowohl Prokura als auch in der Urlaubszeit eine Vergütung erhalten. Zudem sei die Vergütung zumindest auch nach dem Zeitaufwand bemessen worden. Die Tatsache, dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag mit Ansprüchen auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geschlossen worden sei, spräche weder für noch gegen eine abhängige Beschäftigung. Diese Ansprüche entstünden bei Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses kraft Gesetzes. Im Übrigen sei eine solche fehlende Vereinbarung typisch für Vertragsgestaltungen, bei denen von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werde, um die Risiken, die diese Rechte absichern, einseitig dem Arbeitnehmer aufzuerlegen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 13. Januar 2006, zu deren Begründung sie vortragen, der Beigeladene zu 4) sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden und nicht von dieser persönlich abhängig gewesen. Er habe mit seinem häuslichen Arbeitsplatz und Computer eigene Arbeitsmittel verwendet und seine Arbeitskraft im Wesentlichen frei gestaltet. Die Tatsache schließlich, dass der Kläger auch in Monaten, in denen er teilweise in Urlaub war, Vergütung erhalten hat, könne nicht als bezahlter Urlaub angesehen werden, da dies daraus folgte, dass er in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2005 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2003 festzustellen, dass der Beigeladene zu 4) vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 im Betrieb der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Betriebsprüfung bei der Klägerin betreffend, Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 4) im Zeitraum vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Oktober 1999 im Betrieb der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Das Sozialgericht hat die Klage hiergegen daher zu Recht abgewiesen.
Für die Feststellung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Gesetzlichen Sozialversicherung (Gesetzliche Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) ist im Rahmen einer Betriebsprüfung gemäß § 28 p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Beklagte zuständig.
Sozialversicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (Krankenversicherung), § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Rentenversicherung), § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. ab 01. Januar 1998 § 24 Abs. 1 SGB III (Arbeitslosenversicherung) und ab 01. Januar 1995 § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI (Pflegeversicherung) waren im fraglichen Zeitraum Arbeitnehmer. Arbeitnehmer sind Personen, die einer Beschäftigung in Form nichtselbständiger Tätigkeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis nachgehen (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Die Versicherungs- beziehungsweise Beitragspflicht richtet sich nach den Grundsätzen, die Lehre und Rechtsprechung zum entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis in der Sozialversicherung entwickelt haben. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie dies insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt.
Im vorliegenden Fall war festzustellen, dass der Kläger eine Dienstleistung höherer Art für die Beklagte durchgeführt hat und dass dieses Dienstverhältnis sozialversicherungspflichtig war.
Der Beigeladene zu 4) war fast acht Jahre für den Betrieb der Klägerin tätig, davon über sechs Jahre als Prokurist. Daneben war er an der Fernuniversität H immatrikuliert, ohne sein Studium in diesem Zeitraum abzuschließen, was dafür spricht, dass er sich überwiegend der Tätigkeit für die Klägerin gewidmet hat. Er hat nach seinen Angaben keine anderen Einkünfte erzielt als diejenigen bei der Klägerin, hat keine Anteile an der Klägerin besessen und war in die von den Gesellschaftern der Klägerin vorgegebene Betriebsordnung eingebunden. Er konnte seine Tätigkeit lediglich im Rahmen dieser Ordnung ausüben und ihm unliebsame Beschlüsse der Gesellschafter und Anweisungen zu seiner Tätigkeit nicht verhindern. Auch wenn solche Anweisungen, von der Art der Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) ausgehend, kaum erfolgten, sondern kooperativ erarbeitet wurden, weil er gerade wegen seiner Fachkenntnisse benötigt wurde, war er jedenfalls gehalten, seine Beratertätigkeit stets dann auszuüben, wenn sich das Erfordernis hierfür aus den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin ergab. Er war der Kaufmann des Betriebes, weil es keinen anderen gab, der über die entsprechenden Kenntnisse verfügte. Auch das Schreiben von "Stundenzetteln" für andere Beschäftigte zeigt eine Integration in den Betrieb, denn diese Tätigkeit musste jedenfalls zeitnah entsprechend den jeweils geleisteten Arbeiten der anderen Mitarbeiter erfolgen. Es spricht insgesamt nichts dafür, dass der Beigeladene zu 4) seine Tätigkeit losgelöst von den täglichen Betriebserfordernissen der Klägerin ausgeübt hat. Wenn die Klägerin vorträgt, eine "Festanstellung" habe sich nicht angeboten, weil der Beigeladene zu 4) dabei zu verschiedenen Zeiten nicht ausgelastet oder zu anderen Zeiten überlastet gewesen wäre, belegt dies jedenfalls, dass seine Leistungen für den Betrieb – wenn auch in wechselnder Intensität – regelmäßig erforderlich waren. Er diente in seiner gesamten Tätigkeit nicht eigenen "Betriebs" - Interessen, sondern dem Betriebszweck der Klägerin. Er war damit in eine fremd gegebene vorbestimmte Ordnung eines Betriebes eingebunden und unterlag insoweit auch einem allgemeinen Weisungsrecht, nämlich die zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen und damit dieser Betriebsordnung zu dienen.
Er war sozial abhängig von der Klägerin, da er keine anderen Auftraggeber/Arbeitnehmer hatte und somit auf die Einkünfte aus der Tätigkeit bei der Klägerin angewiesen war. Sein Einkommen resultierte im Wesentlichen aus einer monatlichen Pauschalzahlung, die allerdings nach oben beziehungsweise nach unten variierte, nach den Angaben der Beteiligten danach, ob ein besonders hoher oder besonders niedriger Arbeitsaufwand in diesen Monaten erfolgte. Festzustellen ist jedoch auch, dass es längere Zeiträume gibt, in denen in jedem Monat genau dieselben Summen gezahlt wurden, was zeigt, dass nicht einzelne Aufträge abgerechnet wurden, sondern dass, wie die Klägerin selbst dargelegt hat, der Beigeladene zu 4) in "Projekten" der Klägerin tätig war und diese über längere Zeiträume bearbeitete.
Der Beigeladene zu 4) trug kein Unternehmerrisiko, da er lediglich über einen Heimarbeitsplatz mit Computer verfügte, wie er, insbesondere auch bei Studenten, üblich ist. Ein Unternehmerrisiko an eigenen Betriebsmitteln hat der Beigeladene zu 4) nicht getragen und ein "Unternehmerrisiko" an Wohl und Wehe des Betriebes der Klägerin lediglich mit dem Risiko, das jeder Arbeitnehmer trägt, nämlich der Insolvenz seines Arbeitgebers mit den sich daraus ergebenden Folgen für den Arbeitsplatz. Auch dass in den Monaten, in denen der Beigeladene zu 4) in Urlaub war, die Vergütung weitergezahlt wurde, zeigt, dass tatsächlich laufende Zahlungen geleistet wurden, die nur bedingt von der jeweiligen Arbeitsleistung abhingen. Gegenstand der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4) war demgemäß eine fortlaufende Existenzsicherung des Beigeladenen zu 4) für seine Tätigkeit bei der Klägerin. Dem entspricht auch die dem Beigeladenen zu 4) erteilte Prokura, die übrigens nochmals zeigt, dass dieser in eine vorgegebene Ordnung eingebunden war. Die Klägerin selbst hat dargelegt, dass der Prokurist an die betrieblichen Vorgaben gebunden war. Wenn auch z.B. Rechtsanwälten und Steuerberatern regelmäßig Vollmachten erteilt werden, ohne dass daraus ein Beschäftigungsverhältnis zu entnehmen wäre, dürfte dies bei einer Tätigkeit nur für einen Auftraggeber – entsprechend der hier vorliegenden Situation – nicht anders als im Falle des Beigeladenen zu 4) zu beurteilen sein.
Soweit die Klägerin sich hilfsweise auf Verjährung berufen hat, unterliegt die vorliegende Feststellung der Versicherungs-/Beitragspflicht nicht der Verjährung. Es geht im vorliegenden Verfahren nicht um Beitragsansprüche, die nach § 25 SGB IV verjähren.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Gerichtskostengesetz (GKG). Dieser ist im Urteil enthaltende Streitwertbeschluss wird allerdings nach § 63 Abs. 3 GKG zu ändern sein, weil nicht berücksichtigt wurde, dass § 72 Nr. 1 GKG für ein Rechtsmittel, welches – wie hier – nach dem 01. Juli 2004 eingelegt worden ist, die Anwendung des Gerichtskostengesetzes in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (GKG n.F.) vorschreibt. Nach § 52 Abs. 2 GKG n.F. beträgt der Auffangstreitwert 5000.- Euro.
Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
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