Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 676/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1648/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2005 und des Bescheides der Beklagten vom 20. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 verpflichtet, den Zeitraum vom 9. August 1970 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitentgelte festzustellen. Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und die Feststellung der in diesen Zeiten erzielten Arbeitsentgelte. Er ist 1943 geboren und darf seit 18. Juli 1970 die Berufsbezeichnung Ingenieur führen. Er war von August 1970 bis Dezember 1980 beim VE Tiefbaukombinat C und von Januar 1981 bis Juni 1990 beim VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung tätig. Er arbeitete bis Dezember 1971 als Maschineningenieur, von Januar 1972 bis Dezember 1973 als Ingenieur für Ersatzteile, von Januar 1974 bis Dezember 1978 als Gruppenleiter Ersatzteilwirtschaft, von Januar bis Dezember 1979 als Abteilungsleiter Material/Wirtschaft, von Januar 1980 bis Dezember 1985 als Leiter Materialwirtschaft und von Januar 1986 bis Juni 1990 und weiter als Bereichsleiter Materialwirtschaft. Der Kläger beantragte im März 2000 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech). Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2003 ab. Beim Arbeitgeber VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2003 bestätigte sie diese Entscheidung.
In seiner Klage hiergegen hat der Kläger vorgebracht, bei seinem Arbeitgeber habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung sei mit den Aufgaben Produktion von Ersatzteilen, Produktion von Konsumgütern, Lastaufnahmemitteln, der Koordination und Vergabe von Generalinstandsetzungen sowie des komplexen Anlagenbaus betraut gewesen. Die eigentliche Instandsetzung als Dienstleistung hätten die Kombinatsbetriebe selbst ausführen müssen. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung habe sich nämlich auf Produktion konzentriert. Dies habe sich auch in den Kennzahlen der vorgegebenen Planwerke und in der Ist-Abrechnung niedergeschlagen. Der Betrieb habe auch Leistungen für Dritte bzw. für den Export, überwiegend in die damalige Sowjetunion, erbracht. Der Kläger selbst habe eine leitende Funktion bei der Produktion von Rationalisierungsmitteln eingenommen. Seine Tätigkeit sei entsprechend des Stellenplanes mit Qualifizierungsbeschreibung mit einem Hoch- bzw. Fachschulgehalt der Gehaltsgruppe I 5 klassifiziert und damit mit der höchsten Gehaltseinstufung bewertet gewesen. Die Tätigkeit als Bereichsleiter Materialwirtschaft, die mit der Aufgabenstellung eines Fachdirektors gleichzusetzen sei, habe nach Inhalt, Qualität und Umfang einer herausgehobenen beruflichen Qualifikation entsprochen und habe eine ingenieurtechnische Ausbildung mit Berufserfahrung vorausgesetzt. Unter den damaligen wirtschaftlichen Gegebenheiten sei eine enge Verknüpfung mit den Bereichen Produktion und Technik erfolgt. In allen Phasen, von der Planung bis zur Ausführung, sei eine kontinuierliche und ineinander übergreifende Zusammenarbeit erfolgt. Hingegen seien die betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Haupttätigkeiten des Betriebes nicht im Fachbereich Materialwirtschaft durchgeführt worden, sondern seien den Bereichen "Fachdirektor für Ökonomie" und "Hauptbuchhalter" zugeordnet gewesen. Die zentralisierte Aufgabenstellung habe eine aktive Mitwirkung bei der konstruktiven, technologischen und bilanzmethodischen Durchführung des Reproduktionsprozesses (Herstellung von Ersatzteilen, Baugruppen, Ratiomitteln usw.) verlangt. Der Kläger hat auch ein Schreiben seines früheren Vorgesetzten Dr. T eingereicht.
Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, ein Produktionsbetrieb könne nur vorliegen, wenn der jeweilig intendierte Hauptzweck des Unternehmens die Produktion gewesen sei. Hier habe es sich jedoch um einen Instandhaltungsbetrieb gehandelt. Sie hat dann mitgeteilt, mittlerweile auch davon auszugehen, dass es sich beim Kombinatsbetrieb Instandhaltung um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Allerdings habe es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Bereichsleiter für Materialwirtschaft nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz gehandelt. Er sei nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen und habe nicht, wie dies die Versorgungsordnung vorgesehen habe, den Produktionsprozess beeinflusst (Bezug auf Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 31. 3. 2004 – B 4 RA 31/03 R -). Erforderlich sei, dass sich die Beschäftigung nach Inhalt, Qualität und Umfang im Wesentlichen als Betätigung einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487) (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) (VO AVItech) genannten herausgehobenen beruflichen Qualifikation erweise (Bezug auf BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 – B 4 RA 36/01 R - GA Bl. 93). § 1 Abs. 1 der 2. DB mache deutlich, dass nicht alle, die die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führten, zur "technischen Intelligenz" im Sinne der AVItech gehörten, sondern nur diejenigen, die aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen seien, und Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig gewesen seien, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder in der Produktion, förderten (Bezug auf BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 – B 4 RA 31/03 R). Die Weiter- und Neuentwicklung von Gegenständen und Prozessen sei ein wichtiges Merkmal gewesen, durch das sich ingenieurtechnische Tätigkeit mit unmittelbarem Einfluss auf den Produktionsprozess ausgezeichnet habe. Weitere Merkmale seien eine bewusste, schöpferische Anwendung der Natur- und Gesellschaftswissenschaften sowie die Anwendung von praktischen Erfahrungen zur ständigen Erhöhung des Niveaus der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation, der Arbeitsgegenstände und der Arbeitsmittel und damit eine Einflussnahme auf die Effektivität des Produktionsprozesses gewesen. Der Kläger hier habe keine großen wissenschaftlichen und technischen Aufgaben durchführen und keinen Einfluss auf die allseitige Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik ausüben können. Er sei auch nicht in einer Abteilung beschäftigt gewesen, in der wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Lösung technischer Aufgaben möglich gewesen sei.
Das Sozialgericht Cottbus (SG) hat die Klage mit Urteil vom 13. September 2005 abgewiesen. Der Kläger habe als Bereichsleiter Materialwirtschaft keine Tätigkeit im Sinne der VO AVItech ausgeübt. Die 1. Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043 f.) habe den Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich als die technische Intelligenz bezeichnet, die konstruktiv und schöpferisch in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig sei und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge ausübe. Die 2. DB konkretisiere dieses Anliegen. Demnach habe eine Beschäftigung ausgeübt werden müssen, die nach ihrem Inhalt derjenigen eines Ingenieurs entsprochen habe. Die Beschäftigung müsse in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufes bestanden haben (Bezug auf BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 36/01 R -). Das BSG habe in einer weiteren Entscheidung vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R – deutlich gemacht, dass nicht alle, die die Berufsbezeichnung Ingenieur geführt hätten, zur technischen Intelligenz gehört hätten, sondern nur diejenigen, die aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen seien. Hierzu gehörten, wie sich aus der Präambel der VO AVItech ergebe, grundsätzlich nur solche Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit oder Technik zuständig gewesen seien, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den
Produktionsprozess gefördert hätten (GA Bl. 123 ff.). Zu diesem Personenkreis zähle der Kläger nicht. Als Bereichsleiter Materialwirtschaft sei er im Wesentlichen mit produktionsvorbereitenden und produktionssichernden Tätigkeiten, betriebswirtschaftlichen Aufgaben betraut gewesen. Allein die Erforderlichkeit von Kenntnissen über technische Abläufe in einem Produktionsprozess, welche Voraussetzung für die Durchführung seiner Tätigkeit gewesen sei, hätte jedoch nicht dazu geführt, dass er wie ein Ingenieur aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. Oktober 2005. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe die Materialwirtschaft im Rahmen des Produktionsprozesses ein dominierendes Element dargestellt und unmittelbaren Einfluss auf die Durchführung, Gestaltung und Effizienz der Produktion genommen. So habe sie gegenüber der Produktion ein Veto-Recht besessen. Wie bereits ausgeführt, habe sie nicht der Direktion Ökonomie unterstanden. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung sei kein klassischer Herstellungsbetrieb und nicht von der Produktion eines oder weniger Finalerzeugnisse und einer monotonen Fertigung geprägt gewesen, sondern sei auf die stetig wechselnde Bedarfsabsicherung ausgerichtet gewesen für den Rationalisierungsmittelbau, die Anlagentechnik zur Herstellung und Fertigung von Geräten, Anlagentechnik zur Sicherung von Exportaufgaben – unter anderem Erdöltrasse Sowjetunion – und Sonderbaumaßnahmen – unter anderem militärische Bereiche-, Ersatzteil- und Baugruppenfertigung sowie Konsumgüterproduktion (für den privaten Konsum). Die Aufgabenstellung und Leistungsinhalte des Kombinatsbetriebs Instandhaltung seien durch zentrale Beschlüsse des Ministeriums für Bauwesen der DDR festgeschrieben und mit allen üblichen Plankennziffern eines Produktionsbetriebes vorgegeben gewesen. Die Arbeitsvorbereitung und die Durchführung der Produktion seien im hohen Maße kompliziert gewesen, weil es sich um Einzelfertigungen bzw. um Kleinserien gehandelt habe. Die Delegierung produktionsspezifischer Maßnahmen in die Materialwirtschaft sei sinnvoll und habe sich zwangsläufig dadurch ergeben, dass der Widerspruch zwischen den staatlichen Planaufgaben und den zur Verfügung stehenden Materialien sich ständig vergrößert habe. Er hat ein Schreiben seines ehemaligen Betriebsdirektors vom 19. Mai 2006 eingereicht, das seine Ausführungen bestätigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2005 und des Bescheides der Beklagten vom 20. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 zu verpflichten, den Zeitraum vom 9. August 1970 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Zwar sei jedenfalls zum Stichtag 30. 6. 1990 davon auszugehen, dass keine Trennung des Hauptzweckes des strittigen Kombinatsbetriebes Instandhaltung vom Kombinat selbst mehr vorgenommen werden könne. Als Bereichsleiter Materialwirtschaft sei der Kläger verantwortlich für die bedarfs- und termingerechte Materialversorgung des Betriebes gewesen. Trotz der Notwendigkeit technischer Kenntnisse sei der Kläger damit aber nicht als Ingenieur in der Produktion tätig gewesen. Die Beklagte geht davon aus, dass dem vorliegenden Verfahren Mustercharakter zukomme. Im Urteil vom 7. 9. 2006 habe das BSG (Az. B 4 R 47/05 R) über den Fall eines Ingenieurökonomen zu entscheiden gehabt, der im Bereich Materialwirtschaft beschäftigt gewesen sei. Für Ingenieurökonomen seien danach die sachlichen Voraussetzungen des Versorgungssystems erfüllt, wenn sie nicht berufsfremd eingesetzt worden seien. Die Beklagte sei an der Klärung der Rechtsfrage interessiert, ob es hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen einen Unterschied zwischen Ingenieuren und Ingenieurökonomen gebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 AAÜG auf Feststellung der im Tenor aufgeführten Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG.
Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG ist gegeben. Der Kläger war zwar am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft in der AVItech im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine diesbezügliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. § 1 Abs. 1 AAÜG ist jedoch im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), welcher der Senat folgt, hängt der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von drei Voraussetzungen ab (vgl. u. a. BSG Urteil vom 12. Juni 2001 -B 4 RA 117/00 R-, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 -B 4 RA 10/02 R- SozR 3-8570 § 1 Nr. 5; Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Betroffene muss - berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeich¬nungen zu führen, und - eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar - für einen Arbeitgeber, der ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der In¬dustrie oder des Bauwesens oder der einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war.
Die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb der In¬dustrie oder des Bauwesens war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrika¬tion, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war. Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o.g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Senat ist nach der Auswertung der Unterlagen und Indizien sowie der glaubwürdigen Angaben des Klägers und der eingereichten Schreiben ehemaliger Vorgesetzter davon überzeugt, dass es sich beim VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung -ebenso wie beim Kombinat selbst, solange dieses selbst der Arbeitgeber des Klägers war- bis zum Stichtag 30. Juni 1990 um einen Betrieb gehandelt hat, dessen wesentliches Gepräge die industrielle Produktion von Sachgütern war. Entgegen dem Wortlaut des Namens hat es sich nicht um einen Reparaturbetrieb gehandelt. Der Betrieb war vielmehr jedenfalls maßgeblich auch von der Produktion von Baumaschinen, Ersatz- und Zusatzteilen, Hilfskonstruktionen und Konsumgütern (zum Beispiel Schubkarren) im erheblichen Umfang geprägt. Diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten jedenfalls für den Stichtag 30. Juni 1990 sogar Einigkeit. Die eigentliche Instandsetzung als Dienstleistung haben die Kombinatsbetriebe überwiegend selbst ausführen müssen. Indizien hierfür sind neben den unstreitigen Schilderungen des Klägers die Kennzahlen der vorgegebenen Planwerke und der Umstand, dass Produktionsleistungen auch für Dritte (außerhalb des Kombinats) erbracht wurden.
Zum Stichtag erfüllt der Kläger auch die sachliche Voraussetzung. Ingenieur im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB ist jedenfalls derjenige, der die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führte, als solcher beschäftigt und aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert war (BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 -B 4 RA 31/03 R- Juris Rn. 20). Er darf insbesondere nicht berufsfremd eingesetzt sein (BSG, Urteil vom 12. 6. 2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 Juris Rn. 26 und vom 7. 9. 2006 – B 4 RA 47/05 R – veröffentlich unter www.Bundessozialgericht.de- Rn. 19 jeweils zum Ingenieurökonomen). Die Beschäftigung muss in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufs bestehen (BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 a.a.O. Rn. 16 mit dem Erläuterungsbeispiel, ein als Pförtner eingesetzter Dipl.-Ingenieur lege keine Zugehörigkeitszeit zurück). Jedenfalls im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger nicht berufsfremd eingesetzt wurde. Er war darüber hinaus auch aktiv in den Produktionsprozess eingegliedert. Er setzte in gehobener Position seinen technischen Sachverstand nicht lediglich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Arbeit ein, sondern war in den technischen Produktionsprozess integriert. Hierfür sprechen neben der Betriebsstruktur, wonach der Bereich Materialwirtschaft nicht dem Bereich Ökonomie unterstanden hat, allgemein die Spezifika des konkreten Betriebes, der nicht primär Massenprodukte für den Endverbraucher hergestellt hat, sondern in Kleinserien oder in Einzelanfertigung produziert hat. Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass deshalb die Anforderungen an die Materialwirtschaft in technischer Hinsicht weitaus höher gewesen sind, als bei der Produktion eines standardisierten Massenproduktes. Glaubhaft ist auch die Aussage, dass die betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Haupttätigkeiten des Betriebes nicht im Fachbereich Materialwirtschaft durchgeführt worden, sondern den Bereichen "Fachdirektor für Ökonomie" und "Hauptbuchhalter" zugeordnet gewesen sind. Auch das Stellenprofil ("Verantwortlich für die lang- und mittelfristige sowie operative Materialplanung auf der Grundlage technisch begründeter Normative in enger Zusammenarbeit mit den Direktoren Technik und Produktion, Erarbeitung von technisch ökonomisch begründeten Normen und Normativen des Materialverbrauchs, Bilanzierung des Jahresmaterialbedarfs und Abstimmung mit den Bilanzorganen und den Lieferbetrieben, Erarbeitung des Richtsatzplanes und Überwachung der Bestandentwicklung, Vertragsgestaltung zur Versorgung der Struktureinheiten des Kombinats") spricht hierfür. Auf die die Beklagte interessierende Frage, ob der 4. Senat des BSG ausweislich seiner Entscheidung vom 7. September 2006 nicht nur für den im ökonomischen Bereich eingesetzen Ingenieurökonomen sondern nunmehr auch für Ingenieure auf die Forderung einer aktiven Eingliederung in den Produktionsprozess generell verzichtet, solange sie nicht (völlig) berufsfremd eingesetzt wurden, kommt es danach nicht an.
Für welche Zeiten konkret die Zugehörigkeit zum Versorgungswerk festzustellen ist, bemisst sich nach § 5 Abs. 1 AAÜG. Diese Norm ordnet die Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung an, in denen der "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung zu irgendeinem Zeitpunkt (notwendig vor dem 1. Juli 1990) ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 im AAÜG aufgelistet ist (so BSG, Urteil vom 26. 10. 2004 – B 4 RA 40/04 R – SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 6 Rn. 15 m. w. N.). "Ihrer Art nach von einem Versorgungssystem" erfasst ist diejenige entgeltliche Beschäftigung, für die §§ 1 und 5 der VO AVItech einschlägig sind (BSG, aaO, Rn. 16 ff.). Hier kann zur Überzeugung des Senats für die gesamte streitgegeständliche Zeit von einer Beschäftigung des Klägers in einem volkseigenen Produktionsbetrieb als Ingenieur in aktiver Beteiligung am Produktionsprozess ausgegangen werden. Er war von Anfang an -zunächst beim Kombinat und als Maschinenbauingenieur- in der Ersatzteilentwicklung und Herstellung tätig. Mit zunehmender Erfahrung ist er (lediglich) aufgestiegen, ohne dass sich am Charakter der Tätigkeit grundsätzlich etwas geändert hätte. Der Wechsel des Arbeitgebers (vom Kombinat in den eigenständigen Kombinatsbetrieb) bildet aufgrund der Besonderheiten des VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung –wie ausgeführt- keine relevante Zäsur.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zu entscheiden war über tatsächliche Fragen, die den konkreten Einsatz des Klägers bei seinen konkreten Arbeitgebern betrifft. Eine allgemeine Rechtsfrage lässt sich hieraus ebenso wenig ableiten wie generelle Aussagen zum Beruf eines "Leiter des Materialbereichs".
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) und die Feststellung der in diesen Zeiten erzielten Arbeitsentgelte. Er ist 1943 geboren und darf seit 18. Juli 1970 die Berufsbezeichnung Ingenieur führen. Er war von August 1970 bis Dezember 1980 beim VE Tiefbaukombinat C und von Januar 1981 bis Juni 1990 beim VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung tätig. Er arbeitete bis Dezember 1971 als Maschineningenieur, von Januar 1972 bis Dezember 1973 als Ingenieur für Ersatzteile, von Januar 1974 bis Dezember 1978 als Gruppenleiter Ersatzteilwirtschaft, von Januar bis Dezember 1979 als Abteilungsleiter Material/Wirtschaft, von Januar 1980 bis Dezember 1985 als Leiter Materialwirtschaft und von Januar 1986 bis Juni 1990 und weiter als Bereichsleiter Materialwirtschaft. Der Kläger beantragte im März 2000 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech). Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2003 ab. Beim Arbeitgeber VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2003 bestätigte sie diese Entscheidung.
In seiner Klage hiergegen hat der Kläger vorgebracht, bei seinem Arbeitgeber habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung sei mit den Aufgaben Produktion von Ersatzteilen, Produktion von Konsumgütern, Lastaufnahmemitteln, der Koordination und Vergabe von Generalinstandsetzungen sowie des komplexen Anlagenbaus betraut gewesen. Die eigentliche Instandsetzung als Dienstleistung hätten die Kombinatsbetriebe selbst ausführen müssen. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung habe sich nämlich auf Produktion konzentriert. Dies habe sich auch in den Kennzahlen der vorgegebenen Planwerke und in der Ist-Abrechnung niedergeschlagen. Der Betrieb habe auch Leistungen für Dritte bzw. für den Export, überwiegend in die damalige Sowjetunion, erbracht. Der Kläger selbst habe eine leitende Funktion bei der Produktion von Rationalisierungsmitteln eingenommen. Seine Tätigkeit sei entsprechend des Stellenplanes mit Qualifizierungsbeschreibung mit einem Hoch- bzw. Fachschulgehalt der Gehaltsgruppe I 5 klassifiziert und damit mit der höchsten Gehaltseinstufung bewertet gewesen. Die Tätigkeit als Bereichsleiter Materialwirtschaft, die mit der Aufgabenstellung eines Fachdirektors gleichzusetzen sei, habe nach Inhalt, Qualität und Umfang einer herausgehobenen beruflichen Qualifikation entsprochen und habe eine ingenieurtechnische Ausbildung mit Berufserfahrung vorausgesetzt. Unter den damaligen wirtschaftlichen Gegebenheiten sei eine enge Verknüpfung mit den Bereichen Produktion und Technik erfolgt. In allen Phasen, von der Planung bis zur Ausführung, sei eine kontinuierliche und ineinander übergreifende Zusammenarbeit erfolgt. Hingegen seien die betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Haupttätigkeiten des Betriebes nicht im Fachbereich Materialwirtschaft durchgeführt worden, sondern seien den Bereichen "Fachdirektor für Ökonomie" und "Hauptbuchhalter" zugeordnet gewesen. Die zentralisierte Aufgabenstellung habe eine aktive Mitwirkung bei der konstruktiven, technologischen und bilanzmethodischen Durchführung des Reproduktionsprozesses (Herstellung von Ersatzteilen, Baugruppen, Ratiomitteln usw.) verlangt. Der Kläger hat auch ein Schreiben seines früheren Vorgesetzten Dr. T eingereicht.
Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, ein Produktionsbetrieb könne nur vorliegen, wenn der jeweilig intendierte Hauptzweck des Unternehmens die Produktion gewesen sei. Hier habe es sich jedoch um einen Instandhaltungsbetrieb gehandelt. Sie hat dann mitgeteilt, mittlerweile auch davon auszugehen, dass es sich beim Kombinatsbetrieb Instandhaltung um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Allerdings habe es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Bereichsleiter für Materialwirtschaft nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz gehandelt. Er sei nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen und habe nicht, wie dies die Versorgungsordnung vorgesehen habe, den Produktionsprozess beeinflusst (Bezug auf Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 31. 3. 2004 – B 4 RA 31/03 R -). Erforderlich sei, dass sich die Beschäftigung nach Inhalt, Qualität und Umfang im Wesentlichen als Betätigung einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487) (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) (VO AVItech) genannten herausgehobenen beruflichen Qualifikation erweise (Bezug auf BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 – B 4 RA 36/01 R - GA Bl. 93). § 1 Abs. 1 der 2. DB mache deutlich, dass nicht alle, die die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führten, zur "technischen Intelligenz" im Sinne der AVItech gehörten, sondern nur diejenigen, die aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen seien, und Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig gewesen seien, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder in der Produktion, förderten (Bezug auf BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 – B 4 RA 31/03 R). Die Weiter- und Neuentwicklung von Gegenständen und Prozessen sei ein wichtiges Merkmal gewesen, durch das sich ingenieurtechnische Tätigkeit mit unmittelbarem Einfluss auf den Produktionsprozess ausgezeichnet habe. Weitere Merkmale seien eine bewusste, schöpferische Anwendung der Natur- und Gesellschaftswissenschaften sowie die Anwendung von praktischen Erfahrungen zur ständigen Erhöhung des Niveaus der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation, der Arbeitsgegenstände und der Arbeitsmittel und damit eine Einflussnahme auf die Effektivität des Produktionsprozesses gewesen. Der Kläger hier habe keine großen wissenschaftlichen und technischen Aufgaben durchführen und keinen Einfluss auf die allseitige Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik ausüben können. Er sei auch nicht in einer Abteilung beschäftigt gewesen, in der wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Lösung technischer Aufgaben möglich gewesen sei.
Das Sozialgericht Cottbus (SG) hat die Klage mit Urteil vom 13. September 2005 abgewiesen. Der Kläger habe als Bereichsleiter Materialwirtschaft keine Tätigkeit im Sinne der VO AVItech ausgeübt. Die 1. Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043 f.) habe den Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich als die technische Intelligenz bezeichnet, die konstruktiv und schöpferisch in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig sei und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge ausübe. Die 2. DB konkretisiere dieses Anliegen. Demnach habe eine Beschäftigung ausgeübt werden müssen, die nach ihrem Inhalt derjenigen eines Ingenieurs entsprochen habe. Die Beschäftigung müsse in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufes bestanden haben (Bezug auf BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 36/01 R -). Das BSG habe in einer weiteren Entscheidung vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R – deutlich gemacht, dass nicht alle, die die Berufsbezeichnung Ingenieur geführt hätten, zur technischen Intelligenz gehört hätten, sondern nur diejenigen, die aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen seien. Hierzu gehörten, wie sich aus der Präambel der VO AVItech ergebe, grundsätzlich nur solche Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit oder Technik zuständig gewesen seien, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den
Produktionsprozess gefördert hätten (GA Bl. 123 ff.). Zu diesem Personenkreis zähle der Kläger nicht. Als Bereichsleiter Materialwirtschaft sei er im Wesentlichen mit produktionsvorbereitenden und produktionssichernden Tätigkeiten, betriebswirtschaftlichen Aufgaben betraut gewesen. Allein die Erforderlichkeit von Kenntnissen über technische Abläufe in einem Produktionsprozess, welche Voraussetzung für die Durchführung seiner Tätigkeit gewesen sei, hätte jedoch nicht dazu geführt, dass er wie ein Ingenieur aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. Oktober 2005. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe die Materialwirtschaft im Rahmen des Produktionsprozesses ein dominierendes Element dargestellt und unmittelbaren Einfluss auf die Durchführung, Gestaltung und Effizienz der Produktion genommen. So habe sie gegenüber der Produktion ein Veto-Recht besessen. Wie bereits ausgeführt, habe sie nicht der Direktion Ökonomie unterstanden. Der Kombinatsbetrieb Instandhaltung sei kein klassischer Herstellungsbetrieb und nicht von der Produktion eines oder weniger Finalerzeugnisse und einer monotonen Fertigung geprägt gewesen, sondern sei auf die stetig wechselnde Bedarfsabsicherung ausgerichtet gewesen für den Rationalisierungsmittelbau, die Anlagentechnik zur Herstellung und Fertigung von Geräten, Anlagentechnik zur Sicherung von Exportaufgaben – unter anderem Erdöltrasse Sowjetunion – und Sonderbaumaßnahmen – unter anderem militärische Bereiche-, Ersatzteil- und Baugruppenfertigung sowie Konsumgüterproduktion (für den privaten Konsum). Die Aufgabenstellung und Leistungsinhalte des Kombinatsbetriebs Instandhaltung seien durch zentrale Beschlüsse des Ministeriums für Bauwesen der DDR festgeschrieben und mit allen üblichen Plankennziffern eines Produktionsbetriebes vorgegeben gewesen. Die Arbeitsvorbereitung und die Durchführung der Produktion seien im hohen Maße kompliziert gewesen, weil es sich um Einzelfertigungen bzw. um Kleinserien gehandelt habe. Die Delegierung produktionsspezifischer Maßnahmen in die Materialwirtschaft sei sinnvoll und habe sich zwangsläufig dadurch ergeben, dass der Widerspruch zwischen den staatlichen Planaufgaben und den zur Verfügung stehenden Materialien sich ständig vergrößert habe. Er hat ein Schreiben seines ehemaligen Betriebsdirektors vom 19. Mai 2006 eingereicht, das seine Ausführungen bestätigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 13. September 2005 und des Bescheides der Beklagten vom 20. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2003 zu verpflichten, den Zeitraum vom 9. August 1970 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Zwar sei jedenfalls zum Stichtag 30. 6. 1990 davon auszugehen, dass keine Trennung des Hauptzweckes des strittigen Kombinatsbetriebes Instandhaltung vom Kombinat selbst mehr vorgenommen werden könne. Als Bereichsleiter Materialwirtschaft sei der Kläger verantwortlich für die bedarfs- und termingerechte Materialversorgung des Betriebes gewesen. Trotz der Notwendigkeit technischer Kenntnisse sei der Kläger damit aber nicht als Ingenieur in der Produktion tätig gewesen. Die Beklagte geht davon aus, dass dem vorliegenden Verfahren Mustercharakter zukomme. Im Urteil vom 7. 9. 2006 habe das BSG (Az. B 4 R 47/05 R) über den Fall eines Ingenieurökonomen zu entscheiden gehabt, der im Bereich Materialwirtschaft beschäftigt gewesen sei. Für Ingenieurökonomen seien danach die sachlichen Voraussetzungen des Versorgungssystems erfüllt, wenn sie nicht berufsfremd eingesetzt worden seien. Die Beklagte sei an der Klärung der Rechtsfrage interessiert, ob es hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen einen Unterschied zwischen Ingenieuren und Ingenieurökonomen gebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 AAÜG auf Feststellung der im Tenor aufgeführten Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG.
Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG ist gegeben. Der Kläger war zwar am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft in der AVItech im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine diesbezügliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. § 1 Abs. 1 AAÜG ist jedoch im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), welcher der Senat folgt, hängt der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von drei Voraussetzungen ab (vgl. u. a. BSG Urteil vom 12. Juni 2001 -B 4 RA 117/00 R-, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 -B 4 RA 10/02 R- SozR 3-8570 § 1 Nr. 5; Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Betroffene muss - berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeich¬nungen zu führen, und - eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar - für einen Arbeitgeber, der ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der In¬dustrie oder des Bauwesens oder der einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war.
Die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb der In¬dustrie oder des Bauwesens war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrika¬tion, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war. Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o.g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Senat ist nach der Auswertung der Unterlagen und Indizien sowie der glaubwürdigen Angaben des Klägers und der eingereichten Schreiben ehemaliger Vorgesetzter davon überzeugt, dass es sich beim VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung -ebenso wie beim Kombinat selbst, solange dieses selbst der Arbeitgeber des Klägers war- bis zum Stichtag 30. Juni 1990 um einen Betrieb gehandelt hat, dessen wesentliches Gepräge die industrielle Produktion von Sachgütern war. Entgegen dem Wortlaut des Namens hat es sich nicht um einen Reparaturbetrieb gehandelt. Der Betrieb war vielmehr jedenfalls maßgeblich auch von der Produktion von Baumaschinen, Ersatz- und Zusatzteilen, Hilfskonstruktionen und Konsumgütern (zum Beispiel Schubkarren) im erheblichen Umfang geprägt. Diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten jedenfalls für den Stichtag 30. Juni 1990 sogar Einigkeit. Die eigentliche Instandsetzung als Dienstleistung haben die Kombinatsbetriebe überwiegend selbst ausführen müssen. Indizien hierfür sind neben den unstreitigen Schilderungen des Klägers die Kennzahlen der vorgegebenen Planwerke und der Umstand, dass Produktionsleistungen auch für Dritte (außerhalb des Kombinats) erbracht wurden.
Zum Stichtag erfüllt der Kläger auch die sachliche Voraussetzung. Ingenieur im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB ist jedenfalls derjenige, der die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führte, als solcher beschäftigt und aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert war (BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 -B 4 RA 31/03 R- Juris Rn. 20). Er darf insbesondere nicht berufsfremd eingesetzt sein (BSG, Urteil vom 12. 6. 2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 Juris Rn. 26 und vom 7. 9. 2006 – B 4 RA 47/05 R – veröffentlich unter www.Bundessozialgericht.de- Rn. 19 jeweils zum Ingenieurökonomen). Die Beschäftigung muss in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufs bestehen (BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 a.a.O. Rn. 16 mit dem Erläuterungsbeispiel, ein als Pförtner eingesetzter Dipl.-Ingenieur lege keine Zugehörigkeitszeit zurück). Jedenfalls im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger nicht berufsfremd eingesetzt wurde. Er war darüber hinaus auch aktiv in den Produktionsprozess eingegliedert. Er setzte in gehobener Position seinen technischen Sachverstand nicht lediglich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Arbeit ein, sondern war in den technischen Produktionsprozess integriert. Hierfür sprechen neben der Betriebsstruktur, wonach der Bereich Materialwirtschaft nicht dem Bereich Ökonomie unterstanden hat, allgemein die Spezifika des konkreten Betriebes, der nicht primär Massenprodukte für den Endverbraucher hergestellt hat, sondern in Kleinserien oder in Einzelanfertigung produziert hat. Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass deshalb die Anforderungen an die Materialwirtschaft in technischer Hinsicht weitaus höher gewesen sind, als bei der Produktion eines standardisierten Massenproduktes. Glaubhaft ist auch die Aussage, dass die betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Haupttätigkeiten des Betriebes nicht im Fachbereich Materialwirtschaft durchgeführt worden, sondern den Bereichen "Fachdirektor für Ökonomie" und "Hauptbuchhalter" zugeordnet gewesen sind. Auch das Stellenprofil ("Verantwortlich für die lang- und mittelfristige sowie operative Materialplanung auf der Grundlage technisch begründeter Normative in enger Zusammenarbeit mit den Direktoren Technik und Produktion, Erarbeitung von technisch ökonomisch begründeten Normen und Normativen des Materialverbrauchs, Bilanzierung des Jahresmaterialbedarfs und Abstimmung mit den Bilanzorganen und den Lieferbetrieben, Erarbeitung des Richtsatzplanes und Überwachung der Bestandentwicklung, Vertragsgestaltung zur Versorgung der Struktureinheiten des Kombinats") spricht hierfür. Auf die die Beklagte interessierende Frage, ob der 4. Senat des BSG ausweislich seiner Entscheidung vom 7. September 2006 nicht nur für den im ökonomischen Bereich eingesetzen Ingenieurökonomen sondern nunmehr auch für Ingenieure auf die Forderung einer aktiven Eingliederung in den Produktionsprozess generell verzichtet, solange sie nicht (völlig) berufsfremd eingesetzt wurden, kommt es danach nicht an.
Für welche Zeiten konkret die Zugehörigkeit zum Versorgungswerk festzustellen ist, bemisst sich nach § 5 Abs. 1 AAÜG. Diese Norm ordnet die Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung an, in denen der "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung zu irgendeinem Zeitpunkt (notwendig vor dem 1. Juli 1990) ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 im AAÜG aufgelistet ist (so BSG, Urteil vom 26. 10. 2004 – B 4 RA 40/04 R – SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 6 Rn. 15 m. w. N.). "Ihrer Art nach von einem Versorgungssystem" erfasst ist diejenige entgeltliche Beschäftigung, für die §§ 1 und 5 der VO AVItech einschlägig sind (BSG, aaO, Rn. 16 ff.). Hier kann zur Überzeugung des Senats für die gesamte streitgegeständliche Zeit von einer Beschäftigung des Klägers in einem volkseigenen Produktionsbetrieb als Ingenieur in aktiver Beteiligung am Produktionsprozess ausgegangen werden. Er war von Anfang an -zunächst beim Kombinat und als Maschinenbauingenieur- in der Ersatzteilentwicklung und Herstellung tätig. Mit zunehmender Erfahrung ist er (lediglich) aufgestiegen, ohne dass sich am Charakter der Tätigkeit grundsätzlich etwas geändert hätte. Der Wechsel des Arbeitgebers (vom Kombinat in den eigenständigen Kombinatsbetrieb) bildet aufgrund der Besonderheiten des VE Tiefbaukombinat C Kombinatsbetrieb Instandhaltung –wie ausgeführt- keine relevante Zäsur.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zu entscheiden war über tatsächliche Fragen, die den konkreten Einsatz des Klägers bei seinen konkreten Arbeitgebern betrifft. Eine allgemeine Rechtsfrage lässt sich hieraus ebenso wenig ableiten wie generelle Aussagen zum Beruf eines "Leiter des Materialbereichs".
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