L 4 R 167/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1753/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 167/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 10. März 1963 geborene Kläger war seit 1981 als Lagerarbeiter bei der D. GmbH in R. beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Einfüllen von Säcken; auch ist er ohne formelle Ausbildung – als Staplerfahrer eingesetzt gewesen.

Wegen zunehmender Wirbelsäulenbeschwerden bestand vom 03. April bis 18. Mai 2003 und nach einem letzten Arbeitsversuch von wenigen Tagen durchgängig ab 23. Mai 2003 Arbeitsunfähigkeit in der letzten Beschäftigung. Auf Antrag vom Juni 2003 bewilligte die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, hier einheitlich als Beklagte bezeichnet) eine Heilmaßnahme in der Klinik "Am Kurpark" B. K., die vom 23. Juli bis 13. August 2003 dauerte. Bei den Diagnosen pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L5/S1, myalgisches Zervikozephalsyndrom wurde der Kläger als arbeitsfähig im Sinne eines Arbeitsversuchs für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, wobei Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, ständiges Bücken, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Laufen über lange Strecken zu vermeiden sei, entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen ohne besondere Gebrauchsfähigkeit der Hände, häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Gang- und Standsicherheit sowie Zwangshaltungen möglich (Entlassungsbericht Prof. Dr. R.-B. vom 21. August 2003).

Am 03. September 2003 stellte der Kläger Rentenantrag. Die Beklagte zog die sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) Dr. H., K., vom 14. April 2003, 12. Juni 2003 und 09. September 2003 bei. Nach den Ausführungen im Gutachten vom 09. September 2003 wurde Arbeitsunfähigkeit auch nach Ende der Heilmaßnahme bescheinigt. Einen Arbeitsversuch am 18. und 19. August 2003 brach der Kläger ab. In Kenntnis der Gutachten sowie des Entlassungsberichts der Heilmaßnahme erstattete Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. von der Ärztlichen Dienststelle S. die Stellungnahme nach Aktenlage vom 08. Oktober 2003. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung und unter den bereits genannten qualitativen Einschränkungen könnten sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Durch Bescheid vom 24. Oktober 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren hiergegen wurden vorgelegt der den Bandscheibenvorfall L5/S1 bestätigende Röntgenbefund des Radiologen Dr. Z. vom 28. April 2003, der Arztbrief des Neurologen Dr. A. vom 19. Dezember 2003, der eine konsequente Schmerzbehandlung und berufsbegleitende Komplextherapie des Bandscheibenvorfalls empfahl, und der Bericht des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. Bu. vom 27. Februar 2004, der auf ein eingeschränktes Hörvermögen und Sprachverständnis hinwies. Im Gutachten vom 23. März 2004 nach Untersuchung durch Ärztin Dr. S. nannte diese neben den wiederkehrenden Rückenbeschwerden bei Zustand nach Bandscheibenvorfall die mittels Hörgeräten ausgeglichene Schwerhörigkeit. Der Kläger könne körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Auch die berufliche Tätigkeit als Lagerist könne ohne Gefahr für die Restgesundheit weiter verrichtet werden. Auf dieser Grundlage erließ die Widerspruchsstelle der Beklagten den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2004, zur Post gegeben am 21. Juni 2004.

Mit der am 22. Juli 2004 beim Sozialgericht Konstanz (SG) eingegangenen Klage trug der Kläger vor, wegen ganz erheblicher Schmerzzustände seien allenfalls nur kurzzeitige Tätigkeiten möglich. Eine Arbeitsaufnahme würde aufgrund des Wirbelsäulenbefundes zu häufigen Krankheitszeiten führen. Mittlerweile habe sich auch eine reaktive Depression eingestellt und die psychische Situation werde wegen eines quälenden Tinnitus zusätzlich belastet. Die Beklagte trat der Klage entgegen. HNO-Facharzt Dr. Bu. wies in der schriftlichen Zeugenaussage vom 20. Dezember 2004 auf eine chronisch entzündete Rachenschleimhaut und die Innenohrschwerhörigkeit beiderseits hin, auch könne ein psychosomatisches Krankheitsbild nicht ausgeschlossen werden. Internist Dr. M. nannte in der Aussage vom 03. Januar 2005 eine Neigung zu Herzrasen und stark wechselnden Blutdruckwerten, die im Rahmen einer Somatisierungstendenz verstanden werden müssten; sprachliche Verständigungsschwierigkeiten seien nicht aufgetreten. Facharzt für Neurologie, Psychiatrie Dr. Sc. nannte in seiner schriftlichen Aussage vom 07. Februar 2005 u. a. die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Der Kläger sei am angestammten Arbeitsplatz als voll arbeitsfähig anzusehen. Orthopäde Dr. R. erstattete gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten vom 07. Juni 2005. Neben den Beschwerden der Lendenwirbelsäule bestünden ein mäßiggradiges Halswirbelsäulensyndrom, eine leichte Schulterperiarthrose, Spreizfüße, eine leichtergradige Epicondylose beidseits, ein Verdacht auf beginnende Kniegelenksarthrose beidseits sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule ein chronifiziertes Schmerzsyndrom. Wegen letzteren Befundes sei weder ein langes Sitzen noch längeres Stehen noch wesentliches Bücken, Heben und Tragen möglich, so dass zur Zeit die regelmäßige Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht möglich sei. Jedenfalls seien zusätzliche Pausen erforderlich. Die Gehstrecke sei freilich nicht wesentlich eingeschränkt, auch Radfahren sei noch möglich. Nach Einwendungen der Beklagten gegen das Gutachtensergebnis (Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. Ko. vom 08. September 2005) holte das SG von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. Kn. vom 24. Oktober 2005 ein. Er diagnostizierte eine chronisch rezidivierende Lumboischialgie bei Wurzelteilkompressionssyndrom S 1 links nach Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links, eine linkslumbale Wirbelsäulenskoliose sowie anamnestisch ein cervikozephales Wirbelsäulensyndrom. Als Ausdruck der Nervenwurzelreizsymptomatik sei eine Abschwächung des Achillessehnenreflexes links festzustellen und es finde sich eine Hypästhesie, der distalen S 1 Dermatome beidseits und eine leichte Fußsenkerschwäche links. Es bestehe eine geringfügige Bewegungsbehinderung der Wirbelsäule bei Beugung und eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der gesamten Wirbelsäule (Finger-Fußboden-Abstand 43 cm). Es ergäben sich keine Hinweise für eine segmentale Instabilität. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm, Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft, anhaltendem Stehen, ausschließlichem Sitzen oder vornübergebeugter Körperhaltung. In diesem Rahmen seien Tätigkeiten vollschichtig möglich. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich.

Durch Urteil vom 13. Dezember 2005 wies das SG die Klage ab. Auf der Grundlage der Darlegungen des Sachverständigen Dr. Kn. vermöge das Gutachten des Orthopäden Dr. R. nicht zu überzeugen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Der Kläger hat am 12. Januar 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Sachverständige Dr. R. habe unter Berücksichtigung der Schmerzzustände eine Einzelfallbeurteilung getroffen, während sich Dr. Kn. offenbar sklavisch an allgemeine Richtlinien aus dem Leitfaden für die sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung gehalten habe. Auch habe Dr. R. die psychische Problematik herausgearbeitet. Sie habe inzwischen eine stationäre Behandlung im Zentrum für Psychiatrie R. erforderlich gemacht.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. September 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält aufgrund des Ergebnisses der gerichtlichen Ermittlungen die ablehnende Entscheidung weiterhin für zutreffend.

Der Senat hat die als "psychiatrisches Gutachten" bezeichnete gutachterliche Äußerung vom 29. August 2006 des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin Prof. Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Psychotherapeutische Medizin des Zentrums für Psychiatrie R., vorbereitet durch Stationsarzt B., eingeholt. Die Ärzte haben über die stationäre Behandlung vom 10. Januar bis 10. März 2006 (ab 06. März 2006 tagesklinisch) berichtet. Es bestehe eine depressive Störung mit somatischen Symptomen bei unselbstständiger/abhängiger und unreifer Persönlichkeit. Nach Besserung des Zustandes könnten mäßig weiter bestehende Beschwerden im Rahmen einer psychotherapeutischen Begleitung bewältigt werden. Leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von etwa sechs Stunden täglich seien möglich, sofern die durch die Behandlung erreichte Stabilität aufrecht erhalten bleibe.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (24 100363 P 018) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Es besteht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl. I Seite 1827, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der Fassung des genannten Gesetzes Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Letztere Grenze liegt für die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei mindestens drei Stunden täglich (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Hierbei ist zu beachten, dass nach der weiterhin anerkannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur "konkreten Betrachtungsweise" (vgl. Beschlüsse des Großen Senats, BSGE 30, 167; 43, 75) die teilweise Erwerbsminderung in die volle durchschlägt, wenn ein Arbeitsplatz tatsächlich nicht innegehabt wird und der Arbeitsmarkt für Teilzeitarbeit verschlossen ist. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt für den – nicht vor dem 02. Januar 1961 geborenen – Kläger, der im Übrigen allenfalls kurzfristig angelernte Arbeiten ausgeübt hat, nicht in Betracht (vgl. § 240 Abs. 1 SGB VI). Demgemäß kann er zur Abwendung von Erwerbsminderung auf alle ungelernten Tätigkeiten des Arbeitsmarktes verwiesen werden.

Es sind weder die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung gegeben.

Der Kläger leidet an Verschleißerscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates, die sich wesentlich in einem im April 2003 erkannten Bandscheibenvorfall L 5/S 1 manifestiert haben. Zu den seither auftretenden wiederkehrenden Beschwerden der Lendenwirbelsäule sind solche der Halswirbelsäule hinzugekommen. Deshalb mag die bisherige Beschäftigung mit Heben schwerer Lasten auf Dauer nicht mehr möglich sein. Leichtere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten (über zehn kg), ständiges Bücken, auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Einfluss von Kälte, Nässe oder Zugluft sind jedoch mindestens sechsstündig täglich möglich. Dies haben zunächst die Ärzte der Klinik "Am Kurpark" B. K. im Entlassungsbericht vom 21. August 2003 nach der Heilmaßnahme vom 23. Juli bis 13. August 2003 formuliert. Hierbei war der Kernspintomographie-Befund des Radiologen Dr. Z. vom 28. April 2003 bekannt. Nach der Darlegung des Neurologen Dr. A. im Arztbrief vom 19. Dezember 2003 hat sich diese Einschätzung bestätigt und eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit als "nicht vertretbar" erwiesen. Demgemäß war es nicht zu beanstanden, wenn Ärztin Dr. S. in Kenntnis der Befunde von einer eigenen Untersuchung abgesehen hat und sich mit der Stellungnahme nach Aktenlage vom 08. Oktober 2003 begnügt hat. Die im Widerspruchsverfahren getätigte ambulante Begutachtung vom 23. März 2004 hat dieses Vorgehen bestätigt.

Der Befund auf orthopädischem Gebiet ist zuletzt im Gutachten des Facharztes Dr. Kn. vom 24. Oktober 2005 vollständig beschrieben worden. Danach besteht neben dem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 eine Vorwölbung L 4/L 5, die mit einer leichten Funktionseinschränkung einhergeht. Es besteht eine Nervenwurzelreizsymptomatik, die eine Hypästhesie der distalen S 1 Dermatome beidseits und eine leichte Fußsenkerschwäche links bedingt. Im Bereich der Halswirbelsäule finden sich allenfalls leichte Bewegungseinschränkungen. Die Wirbelsäule ist insgesamt geringfügig bewegungsbehindert bei Beugung mit eingeschränkter Entfaltbarkeit. Eine Instabilität (Wirbelgleiten) besteht nicht. Hiervon ausgehend sind Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Lasten über zehn kg, unter Einfluss von Kälte, Nässe oder Zugluft, anhaltendes Stehen, ausschließliches Sitzen oder vornübergebeugte Körperhaltung ungeeignet. Eine zeitliche Leistungseinschränkung besteht nicht.

Der Leistungsbeurteilung durch den Sachverständigen Dr. Kn. ist der Vorzug zu geben vor den bei im Wesentlichen gleichem Befund abweichenden Auffassungen des auf Antrag des Klägers gehörten Orthopäden Dr. R. in dessen Gutachten vom 07. Juni 2005. Diesem hat bereits der beratende Arzt der Beklagten Dr. Ko. in der Stellungnahme vom 08. September 2005 entgegengehalten, dass Funktionsstörungen der Kreuz-Darmbein-Gelenke oder der Halswirbelsäule nach dem mitgeteilten Untersuchungsbefund letztlich nicht objektivierbar sind. Immerhin sei dem Kläger auch Radfahren noch möglich. Dann aber erschließt sich nicht, weshalb ein Wechsel der Körperhaltung so häufig sein müsse ("jeweils maximal zehn bis 15 Minuten"), dass – zusätzlich mit der Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen – eine regelmäßige Erwerbstätigkeit völlig ausgeschlossen sein soll. Die Gehfähigkeit ist nach übereinstimmender Darlegung aller gehörten Ärzte nicht merklich eingeschränkt. Ein Schmerzsyndrom, das über die beim gesicherten Wirbelsäulenbefund zu erwartende Störung hinausgehen würde, ist nicht überzeugend belegt. Die Wurzelreizsymptomatik hat, wie Dr. Kn. schlüssig dargetan hat, geringfügigen Charakter.

Das Gutachten des Dr. R. vermag die Feststellung einer Erwerbsminderung nicht zu stützen. Dr. R. hält eine regelmäßige Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf Grund der lumbalen Störungen "zur Zeit" nicht für möglich. Seiner Auffassung nach entspricht die lumbale Problematik einer Arbeitsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit sind die bestehenden Gesundheitsstörungen zunächst mit den zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten anzugehen. Nach den Ausführungen des Dr. R. ist die lumbale Problematik nicht ausreichend behandelt worden. Gegen eine erhebliche Leistungseinschränkung sprechen auch die Feststellungen des Dr. R., dass die kräftige beidseitige Beinmuskulatur, die Fußbeschwielung und die vorgefundene Abnutzung der Schuhe eine andauernd stark gestörte Gehfunktion nicht belegen, auch nicht in dem bei der Untersuchung wiederholt demonstrierten asymmetrisch hinkenden Sinne.

Die Leistungsbeurteilung wird bestätigt durch die Stellungnahme vom 29. August 2006 des Chefarztes Prof. Dr. Sch. und Stationsarztes B. im Anschluss an die stationäre Behandlung des Klägers vom 10. Januar bis 10. März 2006 im Zentrum für Psychiatrie Reichenau. Der orthopädische Befund war den dortigen Ärzten bekannt. Diese haben demgegenüber aus eigener Fachkompetenz eine überzeugende Abgrenzung dahingehend vollzogen, dass der Kläger auf ein somatisches Krankheitsbild mit diversen körperlichen Beschwerden (Bauch-, Rücken- und Kopfschmerzen) fixiert war, dies aber als Ausfluss einer depressiven Störung mit somatischen Symptomen bei unselbstständiger/abhängiger und unreifer Persönlichkeit zu werten ist. Durch die stationäre Behandlung konnte der Kläger eine erreichte Besserung seines Zustandes und dadurch gewonnene Lebenszufriedenheit wahrnehmen und schätzen trotz "mäßig weiter bestehender Beschwerden", die im Rahmen einer zu empfehlenden psychotherapeutischen Begleitung bewältigt werden können. Auf dieser Grundlage überzeugt die Einschätzung der Ärzte, leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden könnten bei Aufrechterhaltung der durch die Behandlung erreichten Stabilität ausgeübt werden. Einwendungen gegen diese Prognose sind nicht erhoben worden.

Die in dem Brief des HNO-Arztes Dr. Bu. vom 27. Februar 2004 genannte Schwerhörigkeit ist mittels Hörgeräten ausgeglichen, sodass diese zu keiner weiteren Leistungseinschränkung führt.

Soweit eine Schmerzstörung weiterhin als bestehend angenommen wird, führt dies zu den bereits mehrmals aufgezeigten qualitativen Einschränkungen. Diesbezüglich liegt aber der Ausnahmefall einer Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Behinderung (vgl. Großer Senat BSGE, 80, 24), der die konkrete Benennung einer Tätigkeit fordern würde, nicht vor.

Der medizinische Sachverhalt ist als geklärt anzusehen. Die aus den Aussagen der behandelnden Ärzte bekannten Befunde haben zu weiteren Begutachtungen auf anderen medizinischen Fachgebieten nicht zu veranlassen vermocht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved