Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1748/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 1274/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. Januar 2006 werden zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte zu 2 ein Drittel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte zu 1 ein höherer Anspruch auf Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zusteht.
Der.1948 geborene Kläger ist geschieden. Er bezog bis 31.12.2004 vom Beklagten zu 1 Arbeitslosenhilfe. Auf seinen Antrag vom 18.10.2004 wurden dem Kläger von der damaligen ARGE AA H. und Stadt H. mit Bescheid vom 02.12.2004 für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Alg II) in Höhe von monatlich 746,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung 401 EUR) bewilligt. Der Kläger wurde in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Miete nicht angemessen sei und dass nach Ablauf einer Frist von längstens 6 Monaten nur noch die angemessene Miete von monatlich 239,85 EUR berücksichtigt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 01.04.2005 Widerspruch. Er machte geltend, er sei mit der Leistungshöhe des Alg II nicht einverstanden. Seines Erachtens sei zu wenig bewilligt worden. Die Kraftfahrzeugversicherung und -steuer seien nicht erstattet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 wies die Beklagte zu 1 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe der Regelleistung betrage 345 EUR. Aufwendungen für Steuer und Versicherung eines Kraftfahrzeuges seien im Rahmen des § 21 SGB II als Leistungen für Mehrbedarfe gesetzlich nicht vorgesehen. Sie könnten nur im Rahmen des Versicherungspauschbetrages in Höhe von 30 EUR berücksichtigt werden, wenn der Kläger über Einkommen verfüge, was nicht zutreffe.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.06.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage (S 6 AS 1748/05). Er machte zur Begründung geltend, die bewilligten Leistungen reichten ihm für seinen Lebensunterhalt nicht aus. Er habe 18 Jahre gearbeitet und sei jetzt seit 4 1/2 Jahren arbeitslos. Es könne nicht gerecht sein, dass er jetzt so wenig Geld erhalte. Er fühle sich wie ein Bettler behandelt.
Mit Bescheid vom 23.05.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit H. (AA) dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.06.2005 Alg II in Höhe von 746,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 401 EUR) und für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 655,85 EUR (Regelleistung 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 310,85 EUR).
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 10.06.2005 bei der AA Widerspruch. Er machte geltend, das SGB II verstoße in großen Teilen gegen das Grundgesetz, wenn es nicht sogar insgesamt verfassungswidrig sei. Die Regelsätze gemäß § 20 SGB II stellten sein Existenzminimum nicht sicher. Es komme zu einer eindeutigen Bedarfsunterschreitung.
Mit Bescheid vom 29.06.2005 erließ die AA einen im Vergleich zum Bescheid vom 23.05.2005 inhaltsgleichen Bewilligungsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2005 wies die AA außerdem den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.05.2005 als unbegründet zurück. Der monatliche Gesamtbedarf des Klägers ohne die Kosten für Unterkunft und Heizung betrage 345 EUR. Ab dem 01.07.2005 seien die Kosten für Unterkunft und Heizung auf den angemessenen Betrag in Höhe von monatlich 310,85 EUR abzusenken. Für den Monat Juni 2005 ergebe sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 746 EUR und ab dem 01.07.2005 in Höhe von monatlich 655,85 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.07.2005 beim SG Klage (S 6 AS 2043/05), mit dem Ziel, ihm höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 31.01.2006 wurden die Klagen des Klägers gemeinsam verhandelt. Der Kläger machte geltend, er wolle Leistungen in Höhe von 1000 EUR haben.
Mit Urteil vom 31.01.2006 (S 6 AS 1748/05) wies das SG die Klage gegen den Bescheid vom 02.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 ab. Dem Kläger stünden höhere Leistungen nicht zu. Eine Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrten 1000 EUR monatlich gäbe es nicht. Eine Verfassungswidrigkeit liege nicht vor.
Mit weiterem Urteil vom 31.01.2006 (S 6 AS 2043/05) verurteilte das SG die Beklagten zu 1 und zu 2 gemeinschaftlich, dem Kläger weitere 130,15 EUR an Kosten der Unterkunft zu gewähren. Es ergäben sich Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 336,88 EUR. Dem Kläger stehe damit ein weiterer Anspruch in Höhe von monatlich 26,03 EUR zu. Für den hier streitigen Zeitraum von Juni bis November 2005 ergebe sich insgesamt ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 130,15 EUR. Darüber hinaus sei die Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nachdem der Kläger auf die Notwendigkeit der Kostensenkung hingewiesen worden sei, eine Kostensenkung gleichwohl nicht erfolgt sei, seien die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 SGB II erfüllt. Soweit der Kläger 1000 EUR monatlich an Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes begehre, fehle es hierfür an einer Rechtsgrundlage.
Beide Urteile vom 31.01.2006 wurden dem Kläger zeitgleich am 27.02.2006 zugestellt.
Am 03.03.2006 hat der Kläger beim SG persönlich vorgesprochen und Berufung eingelegt. Hierzu hat das SG einen vom Kläger genehmigten und unterschriebenen "Aktenvermerk" zum Verfahren S 6 AS 1748/05 gefertigt und die Berufung dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren streitig zur Frage der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft vorgetragen.
Der Rechtstreit ist in nichtöffentlicher Sitzung am 22.12.2006 mit den Beteiligten erörtert worden. In diesem Termin haben der Kläger und die Beklagte zu 2 einen Vergleich dahin geschlossen, dass sich die Beklagte zu 2 verpflichtet, dem Kläger Kosten der Unterkunft und Heizung seiner Wohnung für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von insgesamt monatlich 401,00 EUR zu zahlen und der Kläger und die Beklagte zu 2 den Rechtsstreit für erledigt erklären.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Urteile des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. Januar 2006 aufzuheben bzw. abzuändern und die Beklagte zu 1 unter Abänderung der Bescheide vom 2. Dezember 2004 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2005, vom 23. Mai 2005 und 29. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2005 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 1.000,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins könne nicht gesehen werden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, nachdem die Beklagte zu 2 und der Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung am 22.12.2006 hierüber zur Erledigung des Rechtsstreites einen Vergleich geschlossen haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie erfasst, entgegen dem "Aktenvermerk" des SG auch das zeitgleich ergangene und dem Kläger zeitgleich zugestellte Urteil des SG vom 31.01.2006 im Klageverfahren S 6 AS 2043/05. Dass der Kläger nur gegen das im Klageverfahren S 6 AS 1748/05 ergangene Urteil hat Berufung einlegen wollen, kann nach seinem erkennbaren Begehren nicht angenommen werden. Denn in beiden Urteilen vom 31.01.2006 hat das SG die vorliegend noch streitigen höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht zuerkannt. Dementsprechend hat der Kläger - durch seinen Vertreter - im Termin am 22.12.2006 klarstellend erklärt, dass er auch gegen das Urteil des SG im Klageverfahren S 6 AS 2043/05 Berufung hat einlegen wollen.
Die Berufungen des Klägers sind jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht zu.
Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Erwerbsfähige Hilfebedürftige - wie der Kläger - erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die - wie der Kläger - allein stehend sind, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 EUR.
Hiervon ausgehend steht dem Kläger eine Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II in Höhe von monatlich 345 EUR zu. Dem hat die Beklagte zu 1 in den angefochtenen Bescheiden für den streitigen Zeitraum durchgehend Rechnung getragen. Dass der Kläger zu dem Personenkreis gehört, der nach § 21 SGB II Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt hat, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht.
Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten und für Kfz-Versicherung und Kfz-Steuer besteht nicht. Kosten der Kfz-Versicherung können nach der eindeutigen Gesetzeslage gemäß § 11 Absatz 2 Nr. 3 SGB II nur einkommensmindernd berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung der Kosten der Kfz-Steuer sieht das SGB II allenfalls durch den (pauschalen) Abzug von Werbungskosten vom Einkommen vor. Dass der Kläger über Einkommen verfügt, ist aber nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens Einkommensbezieher im Vergleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstigt, liegt darin keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung. Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind durch unterschiedliche Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen) bedingt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.06.2005 - L 8 AS 2374/05 ER-B -; BVerwG Urteil vom 28.05.2003 - 5 C 8/02 - NJW 2004, 87, 88).
Die Regelungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II und zum zu berücksichtigenden Einkommen (§ 11 SGB II) verstoßen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere den in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsgrundsatz. Der davon abweichenden Ansicht des Klägers folgt der Senat nicht. Der Senat hat zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II und zum zu berücksichtigenden Einkommen (§ 11 SGB II) in seinem Urteil vom 16.12.2005 - L 8 AS 2764/05 - ausgeführt: "Der Sozialstaatsgrundsatz enthält zwar einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber. Angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit lässt sich daraus jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zwingend ist allerdings, dass der Staat die von Art 1 Abs. 1 GG geforderten Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (vgl. BVerfG Beschluss vom 29.05.1990 BVerfGE 82, 60, 85). Bei der Beurteilung des Mindestbedarfs steht nicht nur dem Verordnungsgeber (z.B. beim Erlass der Regelsatzverordnung nach § 22 BSHG a.F. bzw. § 28 Abs. 2 SGB XII), sondern auch dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht darauf, ob die Bemessung der Regelleistungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II auf ausreichende Erfahrungswerte gestützt werde kann (vgl. zur Regelsatzfestsetzung nach dem Statistikmodell im Rahmen der Sozialhilfe BVerwG Urt. v. 18.12.1996 - 5 C 47/95 -, BVerwGE 102,366 m.w.N.).
Dies ist nach Ansicht des Senats der Fall. Nach der Begründung im Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDRs 15/1516 S. 56) ergibt sich die monatliche Regelleistung für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind (so genannte Eckregelleistung), aus der vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobenen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998, die auf den Stand 01.07.2003 hochgerechnet wurde. Die dort dokumentierten Angaben werden jedoch nicht in vollem Umfang in Ansatz gebracht, sondern nur zu einem bestimmten Anteil (vgl. § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung - RSV - vom 03.06.2004, BGBl I S. 1067). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die unteren 20 % in der Einkommensschichtung (Däubler NZS 2005, 225, 228). Nach Ansicht des Senats stellt diese Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dar.
Bei dem hier im Streit stehenden Arbeitslosengeld II ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S. 2954) eine tiefgreifende Reform des sozialen Sicherungssystems vorgenommen hat. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt, soll die neu konzipierte Grundsicherung für Arbeitsuchende dazu beitragen, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können. Dies soll vor allem dadurch erreicht werden, dass die Hilfebedürftigen eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder beibehalten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Um diesen Ansatz verwirklichen zu können, ist es sachgerecht, sich bei der Bedarfsermittlung an den unteren Einkommensgruppen zu orientieren, weil dadurch der Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit größer ist als bei einer Orientierung im mittleren Bereich der Einkommensgruppen.
Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster unabweisbarer Bedarf dennoch nicht gedeckt werden, kommt die Gewährung eines Darlehens gemäß § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht. Den verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich aus der unterschiedlichen Regelung im SGB II einerseits - nur Darlehensgewährung bei unabweisbarem Bedarf (§ 23 Abs. 1 SGB II) - und dem SGB XII andererseits - individuelle Berücksichtigung des unabweisbaren Bedarfs abweichend vom Regelsatz (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) - herleiten (vgl. Däubler, NZS 2005, 225, 231; Bieback NZS 2005, 337, 339; O´Sullivan SGb 2005, 369, 372), könnte durch eine Modifizierung der durch § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eröffneten Aufrechnungsbefugnis begegnet werden (vgl. hierzu Lang in Eicher/Spellbrink aaO § 23 RdNr. 66)."
Die Rechtsprechung des Senats hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - bestätigt. Das BSG hat darin ausgeführt:
"Der Senat ist auch nach Würdigung des Vorbringens der Revision nicht der Überzeugung, dass die einschlägigen, einen Leistungsanspruch der Klägerin verneinenden Vorschriften verfassungswidrig sind.
a) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungskompetenz des Gesetzgebers und speziell hinsichtlich der Organisationsform der Arbeitsgemeinschaft hat der Senat nicht.
...
b) Es ist ferner nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Alhi nach den Vorschriften des SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ohne Übergangsregelung abgeschafft und durch andersartige Ansprüche nach dem SGB II ersetzt hat.
...
c) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen ferner nicht gegen die in § 20 Abs 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen. Der Senat folgt insbesondere nicht dem Vorbringen der Revision, die genannten Vorschriften gewährleisteten nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum und verstießen gegen die Menschenwürde sowie gegen fürsorgerechtliche Strukturprinzipien.
aa) Eine genaue Bestimmung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins begegnet angesichts sich ständig ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse und Entwicklungen erheblichen Schwierigkeiten, wie ua zahlreiche Entscheidungen des BVerfG zum steuerrechtlichen Existenzminimum belegen (vgl etwa BVerfGE 87, 153, 169 ff = NJW 1992, 3153; BVerfGE 99, 246, 259 ff = NJW 1999, 561). Demgemäß hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Gesetzen, die sich mit der Bestimmung des Existenzminimums befassen (zB Wohngeldgesetz, Einkommensteuergesetz), keineswegs eine einheitliche Definition gewählt (vgl Wunder/Diehm, SozSich 2006, 195, 197). Soweit dem Begriff der Sicherung der "Mindestvoraussetzungen" die Forderung nach einem Schutz vor Existenznot im Sinne einer Sicherung der physiologischen Existenz des Bürgers zu entnehmen ist (vgl Martinez Soria JZ 2005, 644, 648 mwN), bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber des SGB II diese Forderung erfüllt, indem er die in den §§ 14 ff SGB II vorgesehenen Leistungen zur Verfügung stellt und darüber hinaus Regelungen zur Einbeziehung der Hilfebedürftigen in den Schutz der Sozialversicherung trifft (zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - s §§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251, 252 SGB V; §§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI; vgl hierzu auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, juris, RdNr 29; Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 102 ff).
Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe anerkannt, dass die staatliche Gewährleistungspflicht nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz beschränkt ist, sondern auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie einen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung umfasst (vgl BVerwGE 87, 212 = NJW 1991, 2304; BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214). Auch diesen Anforderungen wird der Ge¬setzgeber bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich gerecht. Denn er hat die in der Rechtsprechung zur Sozialhilfe entwickelten Erwägungen mit der Regelung in § 20 Abs 1 SGB II aufgegriffen und präzisiert. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst schon nach dem Gesetzeswortlaut ua (neben zB Ernährung und Kleidung) "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben".
bb) Die Revision vermag auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Höhe der in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelleistung von 345 EUR pro Monat für ua allein stehende und allein erzie¬hende Personen durchzudringen. Die vom Gesetzgeber gewählte Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist grundsätzlich zulässig, Bedarfe gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen.
Durchgreifende Bedenken lassen sich entgegen verschiedenen Äußerungen im Schrifttum (etwa Rothkegel in Gagel, aaO, § 20 RdNr 31 f; Ockenga ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff) nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung (RSV) - herleiten. Der Senat hat insoweit berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl auch § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII). Der Senat hat auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Be¬gründung dem Bundesrat übermittelt wurde (BR-Drucks 206/04; vgl Ockenga, aaO, S 144), ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II der Vorentwurf einer RSV (Stand 21. Juli 2003, vgl im Internet unter www.sozialpolitik.de, Themenfelder "Sozialstaat, Soziale Sicherung") vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) abweicht. Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung der Regelleistungen lassen sich aus diesem zeitlichen Ablauf jedoch nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei der Ermittlung der - typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen hat (vgl Martens SozSich 2006, 182, 184) und erkennbarer Bezugspunkt für die Bemessung der Regelleistung mit 345 EUR die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca 297 EUR) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca 16 vH war (vgl hierzu ua LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 39/06 R; Brünner in LPK-SGB II § 20 Nr 4; Berlit info also 2003, 195, 202; Bieback NZS 2005, 337, 338).
Auch im Übrigen kann der Senat nicht feststellen, dass die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II höherrangigem Recht widerspricht. Bereits die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Sozialhilfe hat die Kontrolle für die Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung unter der Geltung des § 22 Abs 2 Satz 1 BSHG auf die Prüfung beschränkt, ob die den Bedarf bestimmenden Faktoren auf ausreichenden Erfahrungswerten beruhen und ob die der Festsetzung zu Grunde liegenden Wertungen vertretbar sind (vgl BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214; BVerwGE 102, 366 = NVwZ 1998, 285). Diese Prüfungsmaßstäbe zur Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem ermächtigenden Gesetz können denknotwendigerweise nicht glei¬chermaßen für die Überprüfung des § 20 Abs 2 SGB II gelten. Denn hierin hat der parlamentarische Gesetzgeber, der allein an das GG gebunden ist, die Höhe der Regelleistung unmittelbar bestimmt. Der Senat kann jedoch offen lassen, inwieweit sich die oben genannten Maßstäbe nicht nur aus dem BSHG, sondern auch aus dem GG herleiten lassen (vgl BVerfGE 82, 60, 80; Rothkegel, SGb 2006, 74, 76; gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2005 - L 3 AS 3/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 5/06 R). Denn selbst auf der Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine Bedenken. Die Prüfung des Senats ergibt unter Berücksichtigung der im Gesetzgebungsverfahren und im Zusammenhang mit dem Erlass der RSV dokumentierten Erwägungen, dass der Bestimmung der Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zu Grunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist.
Eine Unvertretbarkeit der Festsetzung der Regelleistung durch den Gesetzgeber ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Schrifttum mangelnde Transparenz gerügt oder auf die angebliche Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen hingewiesen wird (vgl ua: Berlit info also 2003, 195, 202; derselbe info also 2005, 181-182; Frommann NDV 2004, 248, 252; Rothkegel ZfSH/SGB 2004, 396, 403 ff; Däubler, NZS 2005, 225, 228; Ockenga, ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff). Denn angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch unter Einbeziehung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sachgerecht zu bestimmen, können Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Angemessenheit und der Gewichtung einzelner Größen keine entscheidende Rolle spielen (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 83 f; vgl zusammenfassend Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 21 ff, 25, Stand 1. März 2006).
53 Bei der Vertretbarkeitsprüfung ist auch zu bedenken, dass die gegenwärtige Situation durch die Zunahme niedrig entlohnter Tätigkeiten und durch Einkommenseinbußen in breiten Bevölkerungskreisen geprägt ist, weshalb dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes maßgebliche Bedeutung zukommen muss (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - juris, RdNr 31). Diesem Gebot entspricht, dass in der Konsequenz der Festlegung der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die untersten 20 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der EVS ohne Einbeziehung der Hilfeempfänger (vgl § 2 Abs 3 RSV; Däubler NZS 2005, 225, 228). Vor allem ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten, dass der Gesetzgeber des SGB II den Hilfebedürftigen nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung stellt (vgl ua §§ 16, 21, 22, 23 SGB II; zur Möglichkeit, in Ausnahmefällen auch Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu beanspruchen, vgl Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R). Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat deshalb eine Unvertretbarkeit der Höhe der Regelleistung nicht zu erkennen. Ob und inwieweit den Gesetzgeber über die Anpassungsregelungen in § 20 Abs 4 SGB II hinaus eine besondere Beobachtungspflicht (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 13; BVerfGE 87, 348, 358; 88, 203, 309 ff) bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes trifft, kann der Senat schon im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum dahingestellt sein lassen.
cc) Die gemäß § 20 Abs 3 SGB II im konkreten Fall nur zu 90 % berücksichtigte Regelleistung (311 EUR) begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften "aus einem Topf" zu Kostenersparnissen führt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies typisierend berücksichtigt (vgl hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 - zu § 22b Abs 3 Fremdrentengesetz). Die Kostenersparnis bei gemeinsamer Haushaltsführung war schon der Grund für die gestaffelten Regelleistungen nach dem BSHG (s auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 37/06 R). Es bestehen ferner keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, bei der Klägerin könnte eine individuelle Sondersituation vorliegen, die eine andere Beurteilung erfordern würde.
d) Schließlich bestehen auch hinsichtlich der von der Revision angegriffenen Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 11 SGB II keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Regelungen sind zwar für die betroffenen Arbeitsuchenden ungünstiger als die bis Ende 2004 für die Bezieher von Alhi geltenden Bestimmungen (vgl insbesondere die Freibetragsregelung in § 194 Abs 1 SGB III). Die im Vergleich zum SGB III abweichenden Modalitäten der Einkommensanrechnung nach dem SGB II rechtfertigen sich indes aus der völlig anderen Zielsetzung der neu konzipierten Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl Knuth SF 2006, 160, 167 ff). Deshalb können auch die vom BVerfG entwickelten Maßstäbe zur Frage der Einkommensanrechnung unter Ehepartnern, die beide zuvor erwerbstätig waren (BVerfGE 87, 234, 255 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3), nicht von der Alhi auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen werden."
Nach alledem waren die Berufungen des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem das Bundessozialgericht zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des SGB II entschieden hat und der vorliegende Rechtsstreit sonst keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen trägt die Beklagte zu 2 ein Drittel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte zu 1 ein höherer Anspruch auf Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) zusteht.
Der.1948 geborene Kläger ist geschieden. Er bezog bis 31.12.2004 vom Beklagten zu 1 Arbeitslosenhilfe. Auf seinen Antrag vom 18.10.2004 wurden dem Kläger von der damaligen ARGE AA H. und Stadt H. mit Bescheid vom 02.12.2004 für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Alg II) in Höhe von monatlich 746,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung 401 EUR) bewilligt. Der Kläger wurde in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Miete nicht angemessen sei und dass nach Ablauf einer Frist von längstens 6 Monaten nur noch die angemessene Miete von monatlich 239,85 EUR berücksichtigt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 01.04.2005 Widerspruch. Er machte geltend, er sei mit der Leistungshöhe des Alg II nicht einverstanden. Seines Erachtens sei zu wenig bewilligt worden. Die Kraftfahrzeugversicherung und -steuer seien nicht erstattet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 wies die Beklagte zu 1 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe der Regelleistung betrage 345 EUR. Aufwendungen für Steuer und Versicherung eines Kraftfahrzeuges seien im Rahmen des § 21 SGB II als Leistungen für Mehrbedarfe gesetzlich nicht vorgesehen. Sie könnten nur im Rahmen des Versicherungspauschbetrages in Höhe von 30 EUR berücksichtigt werden, wenn der Kläger über Einkommen verfüge, was nicht zutreffe.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.06.2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage (S 6 AS 1748/05). Er machte zur Begründung geltend, die bewilligten Leistungen reichten ihm für seinen Lebensunterhalt nicht aus. Er habe 18 Jahre gearbeitet und sei jetzt seit 4 1/2 Jahren arbeitslos. Es könne nicht gerecht sein, dass er jetzt so wenig Geld erhalte. Er fühle sich wie ein Bettler behandelt.
Mit Bescheid vom 23.05.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit H. (AA) dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 bis 30.06.2005 Alg II in Höhe von 746,00 EUR (Regelleistungen 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 401 EUR) und für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 655,85 EUR (Regelleistung 345 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 310,85 EUR).
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 10.06.2005 bei der AA Widerspruch. Er machte geltend, das SGB II verstoße in großen Teilen gegen das Grundgesetz, wenn es nicht sogar insgesamt verfassungswidrig sei. Die Regelsätze gemäß § 20 SGB II stellten sein Existenzminimum nicht sicher. Es komme zu einer eindeutigen Bedarfsunterschreitung.
Mit Bescheid vom 29.06.2005 erließ die AA einen im Vergleich zum Bescheid vom 23.05.2005 inhaltsgleichen Bewilligungsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2005 wies die AA außerdem den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.05.2005 als unbegründet zurück. Der monatliche Gesamtbedarf des Klägers ohne die Kosten für Unterkunft und Heizung betrage 345 EUR. Ab dem 01.07.2005 seien die Kosten für Unterkunft und Heizung auf den angemessenen Betrag in Höhe von monatlich 310,85 EUR abzusenken. Für den Monat Juni 2005 ergebe sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 746 EUR und ab dem 01.07.2005 in Höhe von monatlich 655,85 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.07.2005 beim SG Klage (S 6 AS 2043/05), mit dem Ziel, ihm höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 31.01.2006 wurden die Klagen des Klägers gemeinsam verhandelt. Der Kläger machte geltend, er wolle Leistungen in Höhe von 1000 EUR haben.
Mit Urteil vom 31.01.2006 (S 6 AS 1748/05) wies das SG die Klage gegen den Bescheid vom 02.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 ab. Dem Kläger stünden höhere Leistungen nicht zu. Eine Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrten 1000 EUR monatlich gäbe es nicht. Eine Verfassungswidrigkeit liege nicht vor.
Mit weiterem Urteil vom 31.01.2006 (S 6 AS 2043/05) verurteilte das SG die Beklagten zu 1 und zu 2 gemeinschaftlich, dem Kläger weitere 130,15 EUR an Kosten der Unterkunft zu gewähren. Es ergäben sich Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 336,88 EUR. Dem Kläger stehe damit ein weiterer Anspruch in Höhe von monatlich 26,03 EUR zu. Für den hier streitigen Zeitraum von Juni bis November 2005 ergebe sich insgesamt ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 130,15 EUR. Darüber hinaus sei die Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nachdem der Kläger auf die Notwendigkeit der Kostensenkung hingewiesen worden sei, eine Kostensenkung gleichwohl nicht erfolgt sei, seien die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 SGB II erfüllt. Soweit der Kläger 1000 EUR monatlich an Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes begehre, fehle es hierfür an einer Rechtsgrundlage.
Beide Urteile vom 31.01.2006 wurden dem Kläger zeitgleich am 27.02.2006 zugestellt.
Am 03.03.2006 hat der Kläger beim SG persönlich vorgesprochen und Berufung eingelegt. Hierzu hat das SG einen vom Kläger genehmigten und unterschriebenen "Aktenvermerk" zum Verfahren S 6 AS 1748/05 gefertigt und die Berufung dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren streitig zur Frage der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft vorgetragen.
Der Rechtstreit ist in nichtöffentlicher Sitzung am 22.12.2006 mit den Beteiligten erörtert worden. In diesem Termin haben der Kläger und die Beklagte zu 2 einen Vergleich dahin geschlossen, dass sich die Beklagte zu 2 verpflichtet, dem Kläger Kosten der Unterkunft und Heizung seiner Wohnung für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von insgesamt monatlich 401,00 EUR zu zahlen und der Kläger und die Beklagte zu 2 den Rechtsstreit für erledigt erklären.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Urteile des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. Januar 2006 aufzuheben bzw. abzuändern und die Beklagte zu 1 unter Abänderung der Bescheide vom 2. Dezember 2004 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2005, vom 23. Mai 2005 und 29. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2005 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 1.000,00 EUR zu gewähren.
Die Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins könne nicht gesehen werden.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung, nachdem die Beklagte zu 2 und der Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung am 22.12.2006 hierüber zur Erledigung des Rechtsstreites einen Vergleich geschlossen haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie erfasst, entgegen dem "Aktenvermerk" des SG auch das zeitgleich ergangene und dem Kläger zeitgleich zugestellte Urteil des SG vom 31.01.2006 im Klageverfahren S 6 AS 2043/05. Dass der Kläger nur gegen das im Klageverfahren S 6 AS 1748/05 ergangene Urteil hat Berufung einlegen wollen, kann nach seinem erkennbaren Begehren nicht angenommen werden. Denn in beiden Urteilen vom 31.01.2006 hat das SG die vorliegend noch streitigen höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht zuerkannt. Dementsprechend hat der Kläger - durch seinen Vertreter - im Termin am 22.12.2006 klarstellend erklärt, dass er auch gegen das Urteil des SG im Klageverfahren S 6 AS 2043/05 Berufung hat einlegen wollen.
Die Berufungen des Klägers sind jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2005 gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht zu.
Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Erwerbsfähige Hilfebedürftige - wie der Kläger - erhalten als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die - wie der Kläger - allein stehend sind, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 EUR.
Hiervon ausgehend steht dem Kläger eine Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II in Höhe von monatlich 345 EUR zu. Dem hat die Beklagte zu 1 in den angefochtenen Bescheiden für den streitigen Zeitraum durchgehend Rechnung getragen. Dass der Kläger zu dem Personenkreis gehört, der nach § 21 SGB II Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt hat, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht.
Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten und für Kfz-Versicherung und Kfz-Steuer besteht nicht. Kosten der Kfz-Versicherung können nach der eindeutigen Gesetzeslage gemäß § 11 Absatz 2 Nr. 3 SGB II nur einkommensmindernd berücksichtigt werden. Eine Berücksichtigung der Kosten der Kfz-Steuer sieht das SGB II allenfalls durch den (pauschalen) Abzug von Werbungskosten vom Einkommen vor. Dass der Kläger über Einkommen verfügt, ist aber nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht. Soweit die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens Einkommensbezieher im Vergleich zu einkommenslosen Leistungsempfängern begünstigt, liegt darin keine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung. Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind durch unterschiedliche Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen) bedingt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.06.2005 - L 8 AS 2374/05 ER-B -; BVerwG Urteil vom 28.05.2003 - 5 C 8/02 - NJW 2004, 87, 88).
Die Regelungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II und zum zu berücksichtigenden Einkommen (§ 11 SGB II) verstoßen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere den in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsgrundsatz. Der davon abweichenden Ansicht des Klägers folgt der Senat nicht. Der Senat hat zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II und zum zu berücksichtigenden Einkommen (§ 11 SGB II) in seinem Urteil vom 16.12.2005 - L 8 AS 2764/05 - ausgeführt: "Der Sozialstaatsgrundsatz enthält zwar einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber. Angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit lässt sich daraus jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zwingend ist allerdings, dass der Staat die von Art 1 Abs. 1 GG geforderten Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (vgl. BVerfG Beschluss vom 29.05.1990 BVerfGE 82, 60, 85). Bei der Beurteilung des Mindestbedarfs steht nicht nur dem Verordnungsgeber (z.B. beim Erlass der Regelsatzverordnung nach § 22 BSHG a.F. bzw. § 28 Abs. 2 SGB XII), sondern auch dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich in tatsächlicher Hinsicht darauf, ob die Bemessung der Regelleistungen in § 20 Abs. 2 und 3 SGB II auf ausreichende Erfahrungswerte gestützt werde kann (vgl. zur Regelsatzfestsetzung nach dem Statistikmodell im Rahmen der Sozialhilfe BVerwG Urt. v. 18.12.1996 - 5 C 47/95 -, BVerwGE 102,366 m.w.N.).
Dies ist nach Ansicht des Senats der Fall. Nach der Begründung im Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDRs 15/1516 S. 56) ergibt sich die monatliche Regelleistung für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind (so genannte Eckregelleistung), aus der vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobenen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998, die auf den Stand 01.07.2003 hochgerechnet wurde. Die dort dokumentierten Angaben werden jedoch nicht in vollem Umfang in Ansatz gebracht, sondern nur zu einem bestimmten Anteil (vgl. § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung - RSV - vom 03.06.2004, BGBl I S. 1067). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die unteren 20 % in der Einkommensschichtung (Däubler NZS 2005, 225, 228). Nach Ansicht des Senats stellt diese Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis keinen Verstoß gegen die Pflicht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dar.
Bei dem hier im Streit stehenden Arbeitslosengeld II ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S. 2954) eine tiefgreifende Reform des sozialen Sicherungssystems vorgenommen hat. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt, soll die neu konzipierte Grundsicherung für Arbeitsuchende dazu beitragen, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können. Dies soll vor allem dadurch erreicht werden, dass die Hilfebedürftigen eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder beibehalten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Um diesen Ansatz verwirklichen zu können, ist es sachgerecht, sich bei der Bedarfsermittlung an den unteren Einkommensgruppen zu orientieren, weil dadurch der Anreiz zur Aufnahme einer Tätigkeit größer ist als bei einer Orientierung im mittleren Bereich der Einkommensgruppen.
Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster unabweisbarer Bedarf dennoch nicht gedeckt werden, kommt die Gewährung eines Darlehens gemäß § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht. Den verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich aus der unterschiedlichen Regelung im SGB II einerseits - nur Darlehensgewährung bei unabweisbarem Bedarf (§ 23 Abs. 1 SGB II) - und dem SGB XII andererseits - individuelle Berücksichtigung des unabweisbaren Bedarfs abweichend vom Regelsatz (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) - herleiten (vgl. Däubler, NZS 2005, 225, 231; Bieback NZS 2005, 337, 339; O´Sullivan SGb 2005, 369, 372), könnte durch eine Modifizierung der durch § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eröffneten Aufrechnungsbefugnis begegnet werden (vgl. hierzu Lang in Eicher/Spellbrink aaO § 23 RdNr. 66)."
Die Rechtsprechung des Senats hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - bestätigt. Das BSG hat darin ausgeführt:
"Der Senat ist auch nach Würdigung des Vorbringens der Revision nicht der Überzeugung, dass die einschlägigen, einen Leistungsanspruch der Klägerin verneinenden Vorschriften verfassungswidrig sind.
a) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungskompetenz des Gesetzgebers und speziell hinsichtlich der Organisationsform der Arbeitsgemeinschaft hat der Senat nicht.
...
b) Es ist ferner nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Alhi nach den Vorschriften des SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ohne Übergangsregelung abgeschafft und durch andersartige Ansprüche nach dem SGB II ersetzt hat.
...
c) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen ferner nicht gegen die in § 20 Abs 2 und 3 SGB II gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen. Der Senat folgt insbesondere nicht dem Vorbringen der Revision, die genannten Vorschriften gewährleisteten nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum und verstießen gegen die Menschenwürde sowie gegen fürsorgerechtliche Strukturprinzipien.
aa) Eine genaue Bestimmung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins begegnet angesichts sich ständig ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse und Entwicklungen erheblichen Schwierigkeiten, wie ua zahlreiche Entscheidungen des BVerfG zum steuerrechtlichen Existenzminimum belegen (vgl etwa BVerfGE 87, 153, 169 ff = NJW 1992, 3153; BVerfGE 99, 246, 259 ff = NJW 1999, 561). Demgemäß hat der Gesetzgeber in den jeweiligen Gesetzen, die sich mit der Bestimmung des Existenzminimums befassen (zB Wohngeldgesetz, Einkommensteuergesetz), keineswegs eine einheitliche Definition gewählt (vgl Wunder/Diehm, SozSich 2006, 195, 197). Soweit dem Begriff der Sicherung der "Mindestvoraussetzungen" die Forderung nach einem Schutz vor Existenznot im Sinne einer Sicherung der physiologischen Existenz des Bürgers zu entnehmen ist (vgl Martinez Soria JZ 2005, 644, 648 mwN), bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber des SGB II diese Forderung erfüllt, indem er die in den §§ 14 ff SGB II vorgesehenen Leistungen zur Verfügung stellt und darüber hinaus Regelungen zur Einbeziehung der Hilfebedürftigen in den Schutz der Sozialversicherung trifft (zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - s §§ 5 Abs 1 Nr 2a, 251, 252 SGB V; §§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a, 59 Abs 1 Satz 1 SGB XI; vgl hierzu auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 -, juris, RdNr 29; Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 102 ff).
Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe anerkannt, dass die staatliche Gewährleistungspflicht nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz beschränkt ist, sondern auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie einen Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung umfasst (vgl BVerwGE 87, 212 = NJW 1991, 2304; BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214). Auch diesen Anforderungen wird der Ge¬setzgeber bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich gerecht. Denn er hat die in der Rechtsprechung zur Sozialhilfe entwickelten Erwägungen mit der Regelung in § 20 Abs 1 SGB II aufgegriffen und präzisiert. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst schon nach dem Gesetzeswortlaut ua (neben zB Ernährung und Kleidung) "in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben".
bb) Die Revision vermag auch nicht mit ihren Einwendungen gegen die Höhe der in § 20 Abs 2 SGB II festgelegten Regelleistung von 345 EUR pro Monat für ua allein stehende und allein erzie¬hende Personen durchzudringen. Die vom Gesetzgeber gewählte Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist grundsätzlich zulässig, Bedarfe gruppenbezogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen.
Durchgreifende Bedenken lassen sich entgegen verschiedenen Äußerungen im Schrifttum (etwa Rothkegel in Gagel, aaO, § 20 RdNr 31 f; Ockenga ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff) nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren und nicht aus dem nachfolgenden Verfahren zur Vorbereitung der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII - Regelsatzverordnung (RSV) - herleiten. Der Senat hat insoweit berücksichtigt, dass nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56) für die Leistungshöhe eine vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobene Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 1. Juli 2003 maßgebend sein und dass sich die Regelleistung hinsichtlich Höhe und Neubemessung auch an der RSV orientieren sollte (vgl auch § 20 Abs 4 Satz 2 SGB II iVm § 28 Abs 3 Satz 5 SGB XII). Der Senat hat auch berücksichtigt, dass die RSV bis zur Verabschiedung des SGB II durch den Bundestag im Dezember 2003 noch nicht erlassen war und dass erst mit Schreiben der Bundesregierung vom 10. März 2004 der RSV-Entwurf und dessen Be¬gründung dem Bundesrat übermittelt wurde (BR-Drucks 206/04; vgl Ockenga, aaO, S 144), ferner, dass vor dem Gesetzesbeschluss zum SGB II der Vorentwurf einer RSV (Stand 21. Juli 2003, vgl im Internet unter www.sozialpolitik.de, Themenfelder "Sozialstaat, Soziale Sicherung") vorlag, der im Detail von der späteren RSV vom 3. Juni 2004 (BGBl I 1067) abweicht. Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung der Regelleistungen lassen sich aus diesem zeitlichen Ablauf jedoch nicht ableiten, da der Gesetzgeber bei der Ermittlung der - typisierten - Bedarfe wie schon bei der Sozialhilfe auf das Statistikmodell zurückgegriffen hat (vgl Martens SozSich 2006, 182, 184) und erkennbarer Bezugspunkt für die Bemessung der Regelleistung mit 345 EUR die Höhe der bis dahin geltenden Regelsätze (ca 297 EUR) zuzüglich eines an der damaligen Bewilligungspraxis bezüglich einmaliger Leistungen gemessenen Anteils in Höhe von ca 16 vH war (vgl hierzu ua LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 39/06 R; Brünner in LPK-SGB II § 20 Nr 4; Berlit info also 2003, 195, 202; Bieback NZS 2005, 337, 338).
Auch im Übrigen kann der Senat nicht feststellen, dass die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 SGB II höherrangigem Recht widerspricht. Bereits die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Sozialhilfe hat die Kontrolle für die Regelsatzfestsetzung durch Rechtsverordnung unter der Geltung des § 22 Abs 2 Satz 1 BSHG auf die Prüfung beschränkt, ob die den Bedarf bestimmenden Faktoren auf ausreichenden Erfahrungswerten beruhen und ob die der Festsetzung zu Grunde liegenden Wertungen vertretbar sind (vgl BVerwGE 94, 326 = NVwZ 1994, 1214; BVerwGE 102, 366 = NVwZ 1998, 285). Diese Prüfungsmaßstäbe zur Vereinbarkeit einer Rechtsverordnung mit dem ermächtigenden Gesetz können denknotwendigerweise nicht glei¬chermaßen für die Überprüfung des § 20 Abs 2 SGB II gelten. Denn hierin hat der parlamentarische Gesetzgeber, der allein an das GG gebunden ist, die Höhe der Regelleistung unmittelbar bestimmt. Der Senat kann jedoch offen lassen, inwieweit sich die oben genannten Maßstäbe nicht nur aus dem BSHG, sondern auch aus dem GG herleiten lassen (vgl BVerfGE 82, 60, 80; Rothkegel, SGb 2006, 74, 76; gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BVerwG: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. November 2005 - L 3 AS 3/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 5/06 R). Denn selbst auf der Grundlage dieser Maßstäbe bestehen keine Bedenken. Die Prüfung des Senats ergibt unter Berücksichtigung der im Gesetzgebungsverfahren und im Zusammenhang mit dem Erlass der RSV dokumentierten Erwägungen, dass der Bestimmung der Regelleistung ausreichende Erfahrungswerte zu Grunde liegen und dass der dem Gesetzgeber zuzubilligende Einschätzungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten ist.
Eine Unvertretbarkeit der Festsetzung der Regelleistung durch den Gesetzgeber ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Schrifttum mangelnde Transparenz gerügt oder auf die angebliche Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen hingewiesen wird (vgl ua: Berlit info also 2003, 195, 202; derselbe info also 2005, 181-182; Frommann NDV 2004, 248, 252; Rothkegel ZfSH/SGB 2004, 396, 403 ff; Däubler, NZS 2005, 225, 228; Ockenga, ZfSH/SGB 2006, 143, 144 ff). Denn angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein auch unter Einbeziehung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sachgerecht zu bestimmen, können Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Angemessenheit und der Gewichtung einzelner Größen keine entscheidende Rolle spielen (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 83 f; vgl zusammenfassend Mrozynski, Praxishandbuch zu SGB II und SGB XII, unter II.8 RdNr 21 ff, 25, Stand 1. März 2006).
53 Bei der Vertretbarkeitsprüfung ist auch zu bedenken, dass die gegenwärtige Situation durch die Zunahme niedrig entlohnter Tätigkeiten und durch Einkommenseinbußen in breiten Bevölkerungskreisen geprägt ist, weshalb dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes maßgebliche Bedeutung zukommen muss (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 1093/05 - juris, RdNr 31). Diesem Gebot entspricht, dass in der Konsequenz der Festlegung der Regelleistung in § 20 Abs 2 SGB II der Hilfeempfänger weniger konsumieren kann als die untersten 20 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der EVS ohne Einbeziehung der Hilfeempfänger (vgl § 2 Abs 3 RSV; Däubler NZS 2005, 225, 228). Vor allem ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu beachten, dass der Gesetzgeber des SGB II den Hilfebedürftigen nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung stellt (vgl ua §§ 16, 21, 22, 23 SGB II; zur Möglichkeit, in Ausnahmefällen auch Leistungen nach Maßgabe des SGB XII zu beanspruchen, vgl Urteil des 7b. Senats des BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R). Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte vermag der Senat deshalb eine Unvertretbarkeit der Höhe der Regelleistung nicht zu erkennen. Ob und inwieweit den Gesetzgeber über die Anpassungsregelungen in § 20 Abs 4 SGB II hinaus eine besondere Beobachtungspflicht (vgl BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 13; BVerfGE 87, 348, 358; 88, 203, 309 ff) bei der praktischen Umsetzung des Gesetzes trifft, kann der Senat schon im Hinblick auf den hier streitigen Zeitraum dahingestellt sein lassen.
cc) Die gemäß § 20 Abs 3 SGB II im konkreten Fall nur zu 90 % berücksichtigte Regelleistung (311 EUR) begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da bei zwei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft ein Wirtschaften "aus einem Topf" zu Kostenersparnissen führt, ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies typisierend berücksichtigt (vgl hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2006 - 1 BvR 2383/04 - zu § 22b Abs 3 Fremdrentengesetz). Die Kostenersparnis bei gemeinsamer Haushaltsführung war schon der Grund für die gestaffelten Regelleistungen nach dem BSHG (s auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. August 2006 - L 8 AS 467/05 -, Revision anhängig unter B 11b AS 37/06 R). Es bestehen ferner keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, bei der Klägerin könnte eine individuelle Sondersituation vorliegen, die eine andere Beurteilung erfordern würde.
d) Schließlich bestehen auch hinsichtlich der von der Revision angegriffenen Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 11 SGB II keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Regelungen sind zwar für die betroffenen Arbeitsuchenden ungünstiger als die bis Ende 2004 für die Bezieher von Alhi geltenden Bestimmungen (vgl insbesondere die Freibetragsregelung in § 194 Abs 1 SGB III). Die im Vergleich zum SGB III abweichenden Modalitäten der Einkommensanrechnung nach dem SGB II rechtfertigen sich indes aus der völlig anderen Zielsetzung der neu konzipierten Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl Knuth SF 2006, 160, 167 ff). Deshalb können auch die vom BVerfG entwickelten Maßstäbe zur Frage der Einkommensanrechnung unter Ehepartnern, die beide zuvor erwerbstätig waren (BVerfGE 87, 234, 255 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3), nicht von der Alhi auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen werden."
Nach alledem waren die Berufungen des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem das Bundessozialgericht zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des SGB II entschieden hat und der vorliegende Rechtsstreit sonst keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.
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