Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1842/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4371/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 07. September 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1948 geborene Klägerin, seit 1981 geschieden, hat eine dreijährige Lehre zur Herrenschneiderin durchlaufen, diesen Beruf jedoch nur für kurze Zeit ausgeübt. Vom 10. Juni 1968 bis 31. März 2002 war sie bei der S. AG in R. angestellt, wo sie ohne förmliche Ausbildung in die Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro mit allen dort anfallenden Aufgaben hineinwuchs (Zeugnis vom 31. März 2002). Zum 01. April 2002 wechselte sie in die Beschäftigung als kaufmännische Angestellte bei einem Steuerberater. Seit Mai 1999 war ein Grad der Behinderung von 30 wegen der Behinderungen Bluthochdruck und Wirbelsäulenbeschwerden mit Schulter-Arm-Syndrom festgestellt.
Am 23. Januar 2003 wurde die Klägerin wegen einer Lungenembolie im Zentrum für Innere Medizin des Klinikums K. aufgenommen, wo sie bis 10. Februar 2003 verblieb (Arztbrief vom 07. Februar 2003). Auf den Antrag vom 13. Februar 2003 durchlief die Klägerin vom 05. März bis 02. April 2003 eine Heilmaßnahme in der A.-S.-Klinik K. (Diagnosen: Lungenembolie, arterielle Hypertonie Stadium I, Adipositas), wo sie als arbeitsunfähig mit der Empfehlung stufenweiser Wiedereingliederung in den Beruf entlassen wurde (Entlassungsbericht Dr. L. vom 03. April 2003). Ab 06. März 2003 leistete die Barmer Ersatzkasse Krankengeld. Die Klägerin begab sich in psychiatrische Behandlung der Praxis Dr. E./Dr. M ... Dr. E. diagnostizierte eine mittelgradige depressive Episode überwiegend reaktiver Genese mit ängstlich somatischer Färbung der Affektstörung (Arztbrief vom 02. Oktober 2003).
Am 05. November 2003 beantragte sie Rente wegen Erwerbsminderung. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. erstattete das Gutachten vom 02. Februar 2004. Er fand ein depressives Zustandsbild mit Antriebsminderung, traurigem Affekt und leicht verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit; es handele sich um keine schwerere depressive Episode. Es bestünden derzeit Einschränkungen der Konzentrations- und Ausdauerleistungen; wegen chronischer Wirbelsäulenbeschwerden sollten keine schweren körperlichen Arbeiten verrichtet werden. In diesem Rahmen seien Arbeiten von sechs Stunden und mehr möglich. Orthopäde Dr. Er. gab im Befundbericht vom 15. Januar 2004 an, die letzte Behandlung habe bereits am 28. Mai 2001 stattgefunden. Durch Bescheid vom 18. März 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Beschäftigungen als kaufmännische Angestellte in Buchhaltung, Kreditorenbuchhaltung, Archiv und Registratur seien bei Meidung häufigen schweren Hebens und besonderen Zeitdrucks möglich. Die Klägerin erhob unter Vorlage befürwortender Bescheinigungen des Internisten Dr. K. vom 12. Mai 2004 und des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 13. Mai 2004 Widerspruch. Beide Ärzte wiesen auf das depressive Syndrom hin. Weitere medizinische Ermittlungen wurden nicht getätigt. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004.
Mit der am 29. Juli 2004 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin vor, beide behandelnde Ärzte hielten sie nicht mehr für arbeitsfähig. Auch wenn sie nicht in regelmäßiger orthopädischer Behandlung sei, seien erhebliche Befunde an Wirbelsäule, linkem Knie und linker Schulter bekannt. Hinzu komme der Zustand nach schwerer Lungenembolie. Arbeiten in Archiv und Registratur dürften aufgrund des orthopädischen Befundes verwehrt sein, während Arbeiten in der Buchhaltung regelmäßig hohe Anforderungen an die Konzentration und unvermeidlichen Zeitdruck forderten. Auch leichtere Tätigkeiten wären nicht mehr ohne zusätzliche Pausen möglich. Da sie über die entsprechenden theoretischen und praktischen Kenntnisse einer ausgebildeten Buchhalterin/Lohnbuchhalterin verfüge, bestehe entsprechender Berufschutz. Sie hat das Zeugnis der Firma S. vom 31. März 2002 vorgelegt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Der seit November 2003 behandelnde Orthopäde Dr. P. nannte in seiner Zeugenaussage vom 19. Oktober 2004 aktuell Beschwerden im Bereich des rechten Vorfußes, was längere Gehstrecken und das Tragen schwerer Lasten ausschließe. Internist Dr. K. berichtete in der Zeugenaussage vom 20. Oktober 2004, dass bei vorbestehender arterieller Hypertonie es am 23. Januar 2003 zu starken Brustschmerzen und begleitender Atemnot als Symptome einer beidseitigen Lungenembolie mit langer und schwieriger Rekonvaleszenz gekommen sei, da nunmehr eine psychische Anpassungsstörung mit depressivem Bild manifest geworden sei. Beigefügt waren Berichte über die stationären Behandlungen der Lungenembolie, über die Nachsorge eines malignen Melanoms am Oberschenkel (1993) sowie die Arztbriefe des Dr. E. vom 02. Oktober 2003 und des Dr. M. vom 22. Januar 2004, der eine Anpassungsstörung im Sinne einer chronifizierten depressiven Verstimmung beschrieb.
Das SG beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin Dr. K.-H. mit einem nervenärztlich-psychosomatischen Fachgutachten, das nach Untersuchung am 07. März 2005 unter dem 30. Mai 2005 erstattet wurde. Die Ärztin nannte als Diagnose eine ängstlich-depressive Entwicklung, die sich auf dem Boden einer vorbestehenden erhöhten, allerdings latenten Angstdisposition und gewissen Persönlichkeitsakzentuierungen im Zusammenhang mit schwerwiegenden Belastungssituationen herausgebildet habe. Dies gehe mit Stimmungsminderung, Versagensängsten und Vermeidung von Anforderungssituationen einher. Möglich seien körperlich leichte, allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Haltung, in Tagesschicht ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere psychische Anspannung und ohne besondere Verantwortung, insbesondere Alleinverantwortung. Unter diesen Bedingungen sei Arbeit noch mindestens sechs Stunden ohne unübliche Pausen möglich. Bei regelmäßiger Therapie seien Stabilisierungstendenzen anzunehmen. Von einer mittelgradigen depressiven Episode könne nicht mehr gesprochen werden.
Die S. AG teilte in der Auskunft vom 20. Januar 2005 (ergänzt unter dem 14. Juli 2005 mit Verzeichnis der Tätigkeitsmerkmale) mit, die Fähigkeiten der Klägerin hätten aufgrund langjähriger Mitarbeit und schrittweiser Übernahme von zusätzlichen Aufgaben denjenigen nach dreijähriger kaufmännischer Ausbildung entsprochen.
Durch Urteil vom 07. September 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, im Rahmen der von der Sachverständigen Dr. K.-H. beschriebenen Einschränkungen sei sowohl eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro als auch als Registratorin möglich. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen das am 26. September 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Oktober 2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen (Schriftsatz vom 04. Mai 2006), im Gutachten der Dr. K.-H. seien die bei Depressionen üblichen wissenschaftlichen Testverfahren unzureichend genutzt worden. Es sei widersprüchlich, wenn die Sachverständige Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, besonderer psychischer Anspannung und besonderer Verantwortung ausschließe, dann jedoch noch Tätigkeiten als Sachbearbeiterin und auch Lohnbuchhalterin für möglich halte. Bereits beim Wechsel von der S. AG zum Steuerberater habe es erhebliche Umstellungsprobleme gegeben. Diese würden etwa bei Umstellung auf den Beruf der Registratorin verschärft. Hinzu kämen wieder die orthopädischen Befunde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 07. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2004 zu verurteilen, ihr ab 01. November 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält vorbehaltlich neuer medizinischer Erkenntnisse die ablehnenden Entscheidungen weiterhin für zutreffend.
Die frühere Berichterstatterin des Senat hat die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. K.-H. vom 15. Dezember 2006 eingeholt. Die Ärztin hat im Wesentlichen dargelegt, die Einbeziehung von Testverfahren hätte keine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung zur Folge gehabt, da die Gesamtheit der übrigen Befunde und gewonnenen Informationen ein eindeutiges Ergebnis erbracht habe. Eine schwerwiegende psychische Erkrankung habe nicht festgestellt werden können. Eine erneute Untersuchung sei nicht erforderlich. Es liege keine Störung der psychischen Basisfunktionen vor, die eine Minderung der Umstellungsfähigkeit begründen könnten. Es bestehe auch kein Widerspruch darin, dass Tätigkeiten als Angestellte - auch im Bereich der Lohnbuchhaltung - möglich seien, sofern der konkrete Arbeitsplatz nicht mit erhöhtem Zeitdruck oder Alleinverantwortung verbunden sei. Regelmäßige Therapie sei erforderlich.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (64 250448 L 503) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der Fassung des genannten Gesetzes Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Letztere Grenze liegt für die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei mindestens drei Stunden täglich (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Hierbei ist zu beachten, dass nach der weiterhin anerkannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur "konkreten Betrachtungsweise" (Beschlüsse des Großen Senats BSGE 30, 167; 43, 75) die teilweise Erwerbsminderung in die volle durchschlägt, wenn ein Arbeitsplatz tatsächlich nicht innegehabt wird und der Arbeitsmarkt für Teilzeitarbeit verschlossen ist. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1 SGB VI) steht zu, wenn die Erwerbsfähigkeit von Versicherten wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (vgl. Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sind nicht gegeben.
Unter dem "bisherigen Beruf" im gesetzlichen Sinne ist die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu verstehen, wenn sie die qualitativ höchste im Berufsleben war (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte den bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich und fachlich noch bewältigt werden kann. Nach dem - auch - für die Angestelltenberufe entwickelten Mehrstufenschema werden die Gruppen des unausgebildeten Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren und schließlich von hoher beruflicher Qualität unterschieden. Eine Verweisung zur Abwendung von Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigen Gruppe möglich. Erforderlich ist, dass Kenntnisse und Fähigkeiten in einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
Als "bisheriger Beruf" ist die jahrzehntelange Tätigkeit der Klägerin bei der S. AG anzusehen. Die Klägerin hat sich in dieser Beschäftigung die Kenntnisse und Fähigkeiten einer kaufmännischen Angestellten mit dreijähriger Ausbildung angeeignet und war vollwertig als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro tätig. Dies steht fest aufgrund des Zeugnisses vom 31. März 2002 sowie der Auskünfte des Unternehmens vom 20. Januar und 14. Juli 2005. Damit hat sich die Klägerin durch praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet, die sie befähigen, sich auch unter Ausgebildeten auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (zu den Arbeiterberufen BSGE 65, 169; SozR 2200 § 1246 Nr. 169). Demgemäß ist sie nicht berufsunfähig, wenn sie Tätigkeiten gleicher Wertigkeit oder auch nächstniedrige Gruppe - mit förmlicher Ausbildung bis zu zwei Jahren noch sechs Stunden täglich ausüben kann.
Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte, insbesondere im langjährig ausgeübten Bereich der Lohnbuchhaltung sind noch möglich, sofern der konkrete Arbeitsplatz nicht mit erhöhtem Zeitdruck oder Alleinverantwortung verbunden ist. Der Senat folgt dieser Einschätzung, wie sie im Gutachten der Fachärztin Dr. K.-H. vom 30. Mai 2005 - mit Ergänzung im Berufungsverfahren vom 15. Dezember 2006 - dargelegt worden ist. Diese Einschätzung beruht auf dem Befund einer ängstlich-depressiven Entwicklung, die sich auf dem Boden einer erhöhten, allerdings latenten Angstdisposition im Zusammenhang mit Belastungssituationen herausgebildet hatte. Sie geht einher mit Stimmungsminderung, Versagensängsten und Vermeidung von Anforderungssituationen. Es handelt sich zwar um eine chronifizierte ängstlich-depressive Entwicklung, nicht jedoch - wie von behandelnden Ärzten während der ersten Zeit der Arbeitsunfähigkeit und auch noch im Gutachten Dr. M. vom 02. Februar 2004 erwogen - eine dauernde mittelgradige depressive Episode. Bei regelmäßiger Therapie ist Stabilisierung zu erwarten. Auffällige Störungen des Tagesablaufs und der Haushaltstätigkeiten sind bei der gutachterlichen Untersuchung nicht berichtet worden. Die affektive Schwingungsbreite war nur endgradig eingeschränkt. Auffassungsgabe, Umstellungsfähigkeit, Konzentration und Gedächtnisfunktionen waren nicht krankheitswertig herabgemindert. Die Kränkungssituation aufgrund des Verlusts des Arbeitsplatzes bei der S. AG wirkte sich zwar schwerwiegend belastend aus, jedoch geben aktueller Befund und Lebensgestaltung nach der überzeugenden Auffassung der Sachverständigen zu erkennen, dass nicht von einem - auch zeitlich - aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden kann. Nachvollziehbar hat die Sachverständige auch dargelegt, dass unter regelmäßiger Psychotherapie, die bislang nicht stattfand, bzw. begleitender Psychopharmakatherapie, ggf. auch stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahmen, Stabilisierungstendenzen anzunehmen sind. Auf dieser Grundlage überzeugt auch die ergänzende Darlegung der Sachverständigen, der Ausfall einzelner testpsychologischer Untersuchungen wirke sich auf das eindeutige Gutachtensergebnis nicht aus.
Weitere Ermittlungen auf anderen medizinischen Fachgebieten waren nicht geboten. Soweit Verschleißerscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates bestehen, sind diese seit längerer Zeit, also schon während der Berufstätigkeit vorhanden gewesen und haben sich nicht verschlimmert; dies ist auch nicht geltend gemacht worden.
Ob der Beruf einer Registratorin ausgeübt werden kann, kann dahingestellt bleiben, nachdem durchaus anspruchsvolle kaufmännische Tätigkeiten im Rahmen des bisherigen Berufs weiterhin möglich sind.
Nachdem ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, entfällt auch ein solcher auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1948 geborene Klägerin, seit 1981 geschieden, hat eine dreijährige Lehre zur Herrenschneiderin durchlaufen, diesen Beruf jedoch nur für kurze Zeit ausgeübt. Vom 10. Juni 1968 bis 31. März 2002 war sie bei der S. AG in R. angestellt, wo sie ohne förmliche Ausbildung in die Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro mit allen dort anfallenden Aufgaben hineinwuchs (Zeugnis vom 31. März 2002). Zum 01. April 2002 wechselte sie in die Beschäftigung als kaufmännische Angestellte bei einem Steuerberater. Seit Mai 1999 war ein Grad der Behinderung von 30 wegen der Behinderungen Bluthochdruck und Wirbelsäulenbeschwerden mit Schulter-Arm-Syndrom festgestellt.
Am 23. Januar 2003 wurde die Klägerin wegen einer Lungenembolie im Zentrum für Innere Medizin des Klinikums K. aufgenommen, wo sie bis 10. Februar 2003 verblieb (Arztbrief vom 07. Februar 2003). Auf den Antrag vom 13. Februar 2003 durchlief die Klägerin vom 05. März bis 02. April 2003 eine Heilmaßnahme in der A.-S.-Klinik K. (Diagnosen: Lungenembolie, arterielle Hypertonie Stadium I, Adipositas), wo sie als arbeitsunfähig mit der Empfehlung stufenweiser Wiedereingliederung in den Beruf entlassen wurde (Entlassungsbericht Dr. L. vom 03. April 2003). Ab 06. März 2003 leistete die Barmer Ersatzkasse Krankengeld. Die Klägerin begab sich in psychiatrische Behandlung der Praxis Dr. E./Dr. M ... Dr. E. diagnostizierte eine mittelgradige depressive Episode überwiegend reaktiver Genese mit ängstlich somatischer Färbung der Affektstörung (Arztbrief vom 02. Oktober 2003).
Am 05. November 2003 beantragte sie Rente wegen Erwerbsminderung. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. erstattete das Gutachten vom 02. Februar 2004. Er fand ein depressives Zustandsbild mit Antriebsminderung, traurigem Affekt und leicht verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit; es handele sich um keine schwerere depressive Episode. Es bestünden derzeit Einschränkungen der Konzentrations- und Ausdauerleistungen; wegen chronischer Wirbelsäulenbeschwerden sollten keine schweren körperlichen Arbeiten verrichtet werden. In diesem Rahmen seien Arbeiten von sechs Stunden und mehr möglich. Orthopäde Dr. Er. gab im Befundbericht vom 15. Januar 2004 an, die letzte Behandlung habe bereits am 28. Mai 2001 stattgefunden. Durch Bescheid vom 18. März 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Beschäftigungen als kaufmännische Angestellte in Buchhaltung, Kreditorenbuchhaltung, Archiv und Registratur seien bei Meidung häufigen schweren Hebens und besonderen Zeitdrucks möglich. Die Klägerin erhob unter Vorlage befürwortender Bescheinigungen des Internisten Dr. K. vom 12. Mai 2004 und des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 13. Mai 2004 Widerspruch. Beide Ärzte wiesen auf das depressive Syndrom hin. Weitere medizinische Ermittlungen wurden nicht getätigt. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004.
Mit der am 29. Juli 2004 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin vor, beide behandelnde Ärzte hielten sie nicht mehr für arbeitsfähig. Auch wenn sie nicht in regelmäßiger orthopädischer Behandlung sei, seien erhebliche Befunde an Wirbelsäule, linkem Knie und linker Schulter bekannt. Hinzu komme der Zustand nach schwerer Lungenembolie. Arbeiten in Archiv und Registratur dürften aufgrund des orthopädischen Befundes verwehrt sein, während Arbeiten in der Buchhaltung regelmäßig hohe Anforderungen an die Konzentration und unvermeidlichen Zeitdruck forderten. Auch leichtere Tätigkeiten wären nicht mehr ohne zusätzliche Pausen möglich. Da sie über die entsprechenden theoretischen und praktischen Kenntnisse einer ausgebildeten Buchhalterin/Lohnbuchhalterin verfüge, bestehe entsprechender Berufschutz. Sie hat das Zeugnis der Firma S. vom 31. März 2002 vorgelegt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Der seit November 2003 behandelnde Orthopäde Dr. P. nannte in seiner Zeugenaussage vom 19. Oktober 2004 aktuell Beschwerden im Bereich des rechten Vorfußes, was längere Gehstrecken und das Tragen schwerer Lasten ausschließe. Internist Dr. K. berichtete in der Zeugenaussage vom 20. Oktober 2004, dass bei vorbestehender arterieller Hypertonie es am 23. Januar 2003 zu starken Brustschmerzen und begleitender Atemnot als Symptome einer beidseitigen Lungenembolie mit langer und schwieriger Rekonvaleszenz gekommen sei, da nunmehr eine psychische Anpassungsstörung mit depressivem Bild manifest geworden sei. Beigefügt waren Berichte über die stationären Behandlungen der Lungenembolie, über die Nachsorge eines malignen Melanoms am Oberschenkel (1993) sowie die Arztbriefe des Dr. E. vom 02. Oktober 2003 und des Dr. M. vom 22. Januar 2004, der eine Anpassungsstörung im Sinne einer chronifizierten depressiven Verstimmung beschrieb.
Das SG beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin Dr. K.-H. mit einem nervenärztlich-psychosomatischen Fachgutachten, das nach Untersuchung am 07. März 2005 unter dem 30. Mai 2005 erstattet wurde. Die Ärztin nannte als Diagnose eine ängstlich-depressive Entwicklung, die sich auf dem Boden einer vorbestehenden erhöhten, allerdings latenten Angstdisposition und gewissen Persönlichkeitsakzentuierungen im Zusammenhang mit schwerwiegenden Belastungssituationen herausgebildet habe. Dies gehe mit Stimmungsminderung, Versagensängsten und Vermeidung von Anforderungssituationen einher. Möglich seien körperlich leichte, allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Haltung, in Tagesschicht ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere psychische Anspannung und ohne besondere Verantwortung, insbesondere Alleinverantwortung. Unter diesen Bedingungen sei Arbeit noch mindestens sechs Stunden ohne unübliche Pausen möglich. Bei regelmäßiger Therapie seien Stabilisierungstendenzen anzunehmen. Von einer mittelgradigen depressiven Episode könne nicht mehr gesprochen werden.
Die S. AG teilte in der Auskunft vom 20. Januar 2005 (ergänzt unter dem 14. Juli 2005 mit Verzeichnis der Tätigkeitsmerkmale) mit, die Fähigkeiten der Klägerin hätten aufgrund langjähriger Mitarbeit und schrittweiser Übernahme von zusätzlichen Aufgaben denjenigen nach dreijähriger kaufmännischer Ausbildung entsprochen.
Durch Urteil vom 07. September 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, im Rahmen der von der Sachverständigen Dr. K.-H. beschriebenen Einschränkungen sei sowohl eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro als auch als Registratorin möglich. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen das am 26. September 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Oktober 2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen (Schriftsatz vom 04. Mai 2006), im Gutachten der Dr. K.-H. seien die bei Depressionen üblichen wissenschaftlichen Testverfahren unzureichend genutzt worden. Es sei widersprüchlich, wenn die Sachverständige Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, besonderer psychischer Anspannung und besonderer Verantwortung ausschließe, dann jedoch noch Tätigkeiten als Sachbearbeiterin und auch Lohnbuchhalterin für möglich halte. Bereits beim Wechsel von der S. AG zum Steuerberater habe es erhebliche Umstellungsprobleme gegeben. Diese würden etwa bei Umstellung auf den Beruf der Registratorin verschärft. Hinzu kämen wieder die orthopädischen Befunde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 07. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2004 zu verurteilen, ihr ab 01. November 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält vorbehaltlich neuer medizinischer Erkenntnisse die ablehnenden Entscheidungen weiterhin für zutreffend.
Die frühere Berichterstatterin des Senat hat die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. K.-H. vom 15. Dezember 2006 eingeholt. Die Ärztin hat im Wesentlichen dargelegt, die Einbeziehung von Testverfahren hätte keine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung zur Folge gehabt, da die Gesamtheit der übrigen Befunde und gewonnenen Informationen ein eindeutiges Ergebnis erbracht habe. Eine schwerwiegende psychische Erkrankung habe nicht festgestellt werden können. Eine erneute Untersuchung sei nicht erforderlich. Es liege keine Störung der psychischen Basisfunktionen vor, die eine Minderung der Umstellungsfähigkeit begründen könnten. Es bestehe auch kein Widerspruch darin, dass Tätigkeiten als Angestellte - auch im Bereich der Lohnbuchhaltung - möglich seien, sofern der konkrete Arbeitsplatz nicht mit erhöhtem Zeitdruck oder Alleinverantwortung verbunden sei. Regelmäßige Therapie sei erforderlich.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (64 250448 L 503) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der Fassung des genannten Gesetzes Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Letztere Grenze liegt für die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei mindestens drei Stunden täglich (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Hierbei ist zu beachten, dass nach der weiterhin anerkannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur "konkreten Betrachtungsweise" (Beschlüsse des Großen Senats BSGE 30, 167; 43, 75) die teilweise Erwerbsminderung in die volle durchschlägt, wenn ein Arbeitsplatz tatsächlich nicht innegehabt wird und der Arbeitsmarkt für Teilzeitarbeit verschlossen ist. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1 SGB VI) steht zu, wenn die Erwerbsfähigkeit von Versicherten wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (vgl. Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sind nicht gegeben.
Unter dem "bisherigen Beruf" im gesetzlichen Sinne ist die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu verstehen, wenn sie die qualitativ höchste im Berufsleben war (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte den bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und gesundheitlich und fachlich noch bewältigt werden kann. Nach dem - auch - für die Angestelltenberufe entwickelten Mehrstufenschema werden die Gruppen des unausgebildeten Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren und schließlich von hoher beruflicher Qualität unterschieden. Eine Verweisung zur Abwendung von Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigen Gruppe möglich. Erforderlich ist, dass Kenntnisse und Fähigkeiten in einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
Als "bisheriger Beruf" ist die jahrzehntelange Tätigkeit der Klägerin bei der S. AG anzusehen. Die Klägerin hat sich in dieser Beschäftigung die Kenntnisse und Fähigkeiten einer kaufmännischen Angestellten mit dreijähriger Ausbildung angeeignet und war vollwertig als Sachbearbeiterin im Lohn- und Gehaltsbüro tätig. Dies steht fest aufgrund des Zeugnisses vom 31. März 2002 sowie der Auskünfte des Unternehmens vom 20. Januar und 14. Juli 2005. Damit hat sich die Klägerin durch praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet, die sie befähigen, sich auch unter Ausgebildeten auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (zu den Arbeiterberufen BSGE 65, 169; SozR 2200 § 1246 Nr. 169). Demgemäß ist sie nicht berufsunfähig, wenn sie Tätigkeiten gleicher Wertigkeit oder auch nächstniedrige Gruppe - mit förmlicher Ausbildung bis zu zwei Jahren noch sechs Stunden täglich ausüben kann.
Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte, insbesondere im langjährig ausgeübten Bereich der Lohnbuchhaltung sind noch möglich, sofern der konkrete Arbeitsplatz nicht mit erhöhtem Zeitdruck oder Alleinverantwortung verbunden ist. Der Senat folgt dieser Einschätzung, wie sie im Gutachten der Fachärztin Dr. K.-H. vom 30. Mai 2005 - mit Ergänzung im Berufungsverfahren vom 15. Dezember 2006 - dargelegt worden ist. Diese Einschätzung beruht auf dem Befund einer ängstlich-depressiven Entwicklung, die sich auf dem Boden einer erhöhten, allerdings latenten Angstdisposition im Zusammenhang mit Belastungssituationen herausgebildet hatte. Sie geht einher mit Stimmungsminderung, Versagensängsten und Vermeidung von Anforderungssituationen. Es handelt sich zwar um eine chronifizierte ängstlich-depressive Entwicklung, nicht jedoch - wie von behandelnden Ärzten während der ersten Zeit der Arbeitsunfähigkeit und auch noch im Gutachten Dr. M. vom 02. Februar 2004 erwogen - eine dauernde mittelgradige depressive Episode. Bei regelmäßiger Therapie ist Stabilisierung zu erwarten. Auffällige Störungen des Tagesablaufs und der Haushaltstätigkeiten sind bei der gutachterlichen Untersuchung nicht berichtet worden. Die affektive Schwingungsbreite war nur endgradig eingeschränkt. Auffassungsgabe, Umstellungsfähigkeit, Konzentration und Gedächtnisfunktionen waren nicht krankheitswertig herabgemindert. Die Kränkungssituation aufgrund des Verlusts des Arbeitsplatzes bei der S. AG wirkte sich zwar schwerwiegend belastend aus, jedoch geben aktueller Befund und Lebensgestaltung nach der überzeugenden Auffassung der Sachverständigen zu erkennen, dass nicht von einem - auch zeitlich - aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden kann. Nachvollziehbar hat die Sachverständige auch dargelegt, dass unter regelmäßiger Psychotherapie, die bislang nicht stattfand, bzw. begleitender Psychopharmakatherapie, ggf. auch stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahmen, Stabilisierungstendenzen anzunehmen sind. Auf dieser Grundlage überzeugt auch die ergänzende Darlegung der Sachverständigen, der Ausfall einzelner testpsychologischer Untersuchungen wirke sich auf das eindeutige Gutachtensergebnis nicht aus.
Weitere Ermittlungen auf anderen medizinischen Fachgebieten waren nicht geboten. Soweit Verschleißerscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates bestehen, sind diese seit längerer Zeit, also schon während der Berufstätigkeit vorhanden gewesen und haben sich nicht verschlimmert; dies ist auch nicht geltend gemacht worden.
Ob der Beruf einer Registratorin ausgeübt werden kann, kann dahingestellt bleiben, nachdem durchaus anspruchsvolle kaufmännische Tätigkeiten im Rahmen des bisherigen Berufs weiterhin möglich sind.
Nachdem ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, entfällt auch ein solcher auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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