Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 443/07 ER-B
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1044/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 22. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Ulm nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den von der Antragstellerin (Ast.) begehrten einstweiligen Rechtsschutz ist, wie das SG zutreffend erkannt hat, für die Absenkung vom 1. bis 31. Oktober 2006 die Bestimmung des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das vorliegende Rechtsschutzverlangen ist unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen. Denn durch den hier umstrittenen, auf die Sanktionsnorm (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1516 S. 47, 61) des § 31 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) gestützten Bescheid vom 18. September 2006 (Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2007) über die Absenkung der - mit Bescheid vom 6. April 2006 für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2006 bewilligten - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes um jeweils 30 v.H. ab 1. Oktober 2006 wird in die durch die Leistungsbewilligung erlangte Rechtsposition der Ast. eingegriffen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B - info also 2006, 132; ferner Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 9 AS 17/06 ER - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 1. Auflage, § 31 Rdnr. 123 f.; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 31 Rdnr. 66), und zwar unabhängig davon, ob es hierzu zusätzlich - wie die Antragsgegnerin meint - einer kassatorischen Entscheidung nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bedürfte oder ob § 31 SGB II den Bestimmungen der §§ 45 ff. SGB X grundsätzlich vorgeht (so Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage, § 31 Rdnr. 59; Eicher, a.a.O., § 39 Rdnr. 14; allerdings differenzierend im Hinblick auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II Rixen, a.a.O., § 31 Rdnr. 60; Eicher, SGb 2005, 553, 557). Im Gegensatz zur Leistungskürzung nach der vergleichbaren - indes als "Hilfenorm" (vgl. Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 67, 1, 5 f.; 98, 203, 204 f.) ausgelegten - Vorläuferregelung des § 25 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - (vgl. jetzt §§ 26, 39 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)) kann deshalb im Rahmen des § 31 SGB II interessengerechter Rechtsschutz regelmäßig nicht über die einstweilige Anordnung gesucht werden (zu Ausnahmen vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 a.a.O.; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, a.a.O.; ferner zu § 25 BSHG Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg - 7 S 2137/00 - (juris); Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2003 - 7 K 5775/02 - (nicht veröffentlicht); VG Aachen, Beschluss vom 12. August 2004 - 2 L 719/04 - (juris)). Da dem Widerspruch der Ast. gegen den Bescheid vom 18. September 2006 sowie ihrer (am 21. Februar 2007 rechtzeitig erhobenen) Klage kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; ferner Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 - L 8 AS 238/06 ER-B -; Eicher in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 39 Rdnrn. 2 f.), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Für die Absenkung betreffend die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2006 kommt dagegen - auch insoweit hat das SG die zutreffende Rechtsgrundlage herangezogen - allein eine einstweilige Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG in Betracht, denn für diesen Zeitraum wurden mit Bescheid vom 15. November 2006 lediglich abgesenkte Leistungen bewilligt. Damit wurde nicht in eine weitergehende Rechtsposition der Ast. eingegriffen.
Ein Anspruch der Ast. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (dazu unter 1.) besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (dazu unter 2.). Das SG hat daher den Antrag zu Recht insgesamt abgelehnt.
1.) Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt eine Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem SGB XII - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - a.a.O. und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des im Klageverfahren angefochtenen Bescheids. Ungeachtet der bislang noch nicht in allen Einzelheiten geklärten Zweifelsfragen zur Auslegung der Bestimmung des § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O. (m.w.N.)) ist hier die dreimonatige Absenkung des Arbeitslosengeldes II zum Oktober 2006 und somit mit Wirkung des Monats verfügt worden, der auf das Wirksamwerden des Absenkungsbescheids vom 18. September 2006 folgt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II liegen vor; die Ast. hat eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen. Die Ast. hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie zur Verrichtung der Arbeit im D. hof körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage war (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB II). Die der Ast. übertragenen Tätigkeiten stellten allesamt körperlich leichte Tätigkeiten dar. So hat sich die von der Ast. als "Einsatz bei der Außenbepflanzung" geschilderte Aufgabe im Einsetzen von 10 Pflanzen (fleißige Lieschen) erschöpft, die Tätigkeit in der Spülküche bestand in der Zuarbeit für den Spüldienst, nicht unter Zeitdruck, wie sich der Aussage der vom Senat als Zeugin schriftlich befragten Mitarbeiterin des D. hofes, Frau R. entnehmen lässt. Die der Ast. übertragene Aufgabe des Gießens der Balkonbepflanzung erfolgte nach Aussage der Zeugin mit einer 5 l - Gießkanne, wobei die Ast. auch eine kleinere Gießkanne zur Auswahl hatte. Darüber hinaus wird bestätigt, dass die Ast. während ihres Einsatzes zu keiner Zeit angegeben hat, ihr sei die Arbeit zu schwer. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Ast. ist zwar noch nicht vollständig ermittelt, es spricht jedoch wenig dafür, dass die Ast. leichte Tätigkeiten im hier streitigen Umfang von 25 Wochenstunden nicht ausüben konnte. In dem Attest des Allgemeinmediziners E. vom 21. September 2006 wird lediglich über Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme berichtet, weswegen die Ast. seit Juni 2006 nicht in der Lage sei, eine Arbeit aufzunehmen. Diese Bescheinigung enthält keinerlei Befunde, die eine derartige Einschränkung nachvollziehbar machen würden. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten "Ärztlichen Bericht" desselben Arztes vom 22. Februar 2007. Rezidivierende Kopfschmerzen sind ebenfalls nicht geeignet, eine vollständige Leistungsunfähigkeit zu begründen. Soweit ausgeführt wird, zwei Treppenstürze im Jahr 2006 lösten inzwischen Panikattacken aus, wodurch eine neurologische und psychiatrische Betreuung erforderlich geworden sei, bezieht sich dies ersichtlich auf die jüngste Zeit und ist somit für die Tätigkeitsaufgabe Ende Juni 2006 nicht relevant, wie sich auch daraus ergibt, dass insoweit Einschränkungen im Attest vom 21. September 2006 nicht aufgeführt sind. Die Ast. wurde auch über die Rechtsfolgen des Abbruchs der Maßnahme belehrt. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten hat sie nicht nachgewiesen.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass eine unbillige Härte vorliegen würde (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B - (juris)), die Ast. hat hierzu auch konkret nichts vorgetragen.
2.) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVw Z 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 259 (alle m.w.N.)).
Vorliegend ist schon ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, wobei auf die unter 1.) gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Darüber hinaus spricht viel dafür, dass auch ein Anordnungsgrund angesichts einer Nachzahlung in Höhe von 383,47 EUR im November 2006 (Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung rückwirkend ab April 2006) nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Ulm nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den von der Antragstellerin (Ast.) begehrten einstweiligen Rechtsschutz ist, wie das SG zutreffend erkannt hat, für die Absenkung vom 1. bis 31. Oktober 2006 die Bestimmung des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das vorliegende Rechtsschutzverlangen ist unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen. Denn durch den hier umstrittenen, auf die Sanktionsnorm (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1516 S. 47, 61) des § 31 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) gestützten Bescheid vom 18. September 2006 (Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2007) über die Absenkung der - mit Bescheid vom 6. April 2006 für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2006 bewilligten - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes um jeweils 30 v.H. ab 1. Oktober 2006 wird in die durch die Leistungsbewilligung erlangte Rechtsposition der Ast. eingegriffen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B - info also 2006, 132; ferner Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 9 AS 17/06 ER - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 1. Auflage, § 31 Rdnr. 123 f.; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 31 Rdnr. 66), und zwar unabhängig davon, ob es hierzu zusätzlich - wie die Antragsgegnerin meint - einer kassatorischen Entscheidung nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bedürfte oder ob § 31 SGB II den Bestimmungen der §§ 45 ff. SGB X grundsätzlich vorgeht (so Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage, § 31 Rdnr. 59; Eicher, a.a.O., § 39 Rdnr. 14; allerdings differenzierend im Hinblick auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II Rixen, a.a.O., § 31 Rdnr. 60; Eicher, SGb 2005, 553, 557). Im Gegensatz zur Leistungskürzung nach der vergleichbaren - indes als "Hilfenorm" (vgl. Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 67, 1, 5 f.; 98, 203, 204 f.) ausgelegten - Vorläuferregelung des § 25 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - (vgl. jetzt §§ 26, 39 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)) kann deshalb im Rahmen des § 31 SGB II interessengerechter Rechtsschutz regelmäßig nicht über die einstweilige Anordnung gesucht werden (zu Ausnahmen vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 a.a.O.; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, a.a.O.; ferner zu § 25 BSHG Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg - 7 S 2137/00 - (juris); Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart, Beschluss vom 20. März 2003 - 7 K 5775/02 - (nicht veröffentlicht); VG Aachen, Beschluss vom 12. August 2004 - 2 L 719/04 - (juris)). Da dem Widerspruch der Ast. gegen den Bescheid vom 18. September 2006 sowie ihrer (am 21. Februar 2007 rechtzeitig erhobenen) Klage kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; ferner Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 - L 8 AS 238/06 ER-B -; Eicher in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 39 Rdnrn. 2 f.), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Für die Absenkung betreffend die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2006 kommt dagegen - auch insoweit hat das SG die zutreffende Rechtsgrundlage herangezogen - allein eine einstweilige Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG in Betracht, denn für diesen Zeitraum wurden mit Bescheid vom 15. November 2006 lediglich abgesenkte Leistungen bewilligt. Damit wurde nicht in eine weitergehende Rechtsposition der Ast. eingegriffen.
Ein Anspruch der Ast. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (dazu unter 1.) besteht ebenso wenig wie ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (dazu unter 2.). Das SG hat daher den Antrag zu Recht insgesamt abgelehnt.
1.) Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt eine Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem SGB XII - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - a.a.O. und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des im Klageverfahren angefochtenen Bescheids. Ungeachtet der bislang noch nicht in allen Einzelheiten geklärten Zweifelsfragen zur Auslegung der Bestimmung des § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 12. April 2006 a.a.O. (m.w.N.)) ist hier die dreimonatige Absenkung des Arbeitslosengeldes II zum Oktober 2006 und somit mit Wirkung des Monats verfügt worden, der auf das Wirksamwerden des Absenkungsbescheids vom 18. September 2006 folgt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II liegen vor; die Ast. hat eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen. Die Ast. hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie zur Verrichtung der Arbeit im D. hof körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage war (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB II). Die der Ast. übertragenen Tätigkeiten stellten allesamt körperlich leichte Tätigkeiten dar. So hat sich die von der Ast. als "Einsatz bei der Außenbepflanzung" geschilderte Aufgabe im Einsetzen von 10 Pflanzen (fleißige Lieschen) erschöpft, die Tätigkeit in der Spülküche bestand in der Zuarbeit für den Spüldienst, nicht unter Zeitdruck, wie sich der Aussage der vom Senat als Zeugin schriftlich befragten Mitarbeiterin des D. hofes, Frau R. entnehmen lässt. Die der Ast. übertragene Aufgabe des Gießens der Balkonbepflanzung erfolgte nach Aussage der Zeugin mit einer 5 l - Gießkanne, wobei die Ast. auch eine kleinere Gießkanne zur Auswahl hatte. Darüber hinaus wird bestätigt, dass die Ast. während ihres Einsatzes zu keiner Zeit angegeben hat, ihr sei die Arbeit zu schwer. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Ast. ist zwar noch nicht vollständig ermittelt, es spricht jedoch wenig dafür, dass die Ast. leichte Tätigkeiten im hier streitigen Umfang von 25 Wochenstunden nicht ausüben konnte. In dem Attest des Allgemeinmediziners E. vom 21. September 2006 wird lediglich über Gelenk- und Wirbelsäulenprobleme berichtet, weswegen die Ast. seit Juni 2006 nicht in der Lage sei, eine Arbeit aufzunehmen. Diese Bescheinigung enthält keinerlei Befunde, die eine derartige Einschränkung nachvollziehbar machen würden. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten "Ärztlichen Bericht" desselben Arztes vom 22. Februar 2007. Rezidivierende Kopfschmerzen sind ebenfalls nicht geeignet, eine vollständige Leistungsunfähigkeit zu begründen. Soweit ausgeführt wird, zwei Treppenstürze im Jahr 2006 lösten inzwischen Panikattacken aus, wodurch eine neurologische und psychiatrische Betreuung erforderlich geworden sei, bezieht sich dies ersichtlich auf die jüngste Zeit und ist somit für die Tätigkeitsaufgabe Ende Juni 2006 nicht relevant, wie sich auch daraus ergibt, dass insoweit Einschränkungen im Attest vom 21. September 2006 nicht aufgeführt sind. Die Ast. wurde auch über die Rechtsfolgen des Abbruchs der Maßnahme belehrt. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten hat sie nicht nachgewiesen.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass eine unbillige Härte vorliegen würde (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006 - L 13 AS 1709/06 ER-B - (juris)), die Ast. hat hierzu auch konkret nichts vorgetragen.
2.) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVw Z 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 259 (alle m.w.N.)).
Vorliegend ist schon ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, wobei auf die unter 1.) gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Darüber hinaus spricht viel dafür, dass auch ein Anordnungsgrund angesichts einer Nachzahlung in Höhe von 383,47 EUR im November 2006 (Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung rückwirkend ab April 2006) nicht besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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