L 8 AS 6504/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1982/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 6504/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte ein Zehntel. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der 1946 geborene Kläger zu 1 lebt mit seiner am 04.06.1950 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 2, in einer beiden Eheleuten gehörenden 68 m² großen 2-Zimmer-Wohnung in B.-B ... Sie müssen einschließlich einer Instandhaltungsrücklage monatliche Vorauszahlungen für Nebenkosten (ohne Heizung) in Höhe von 119 EUR erbringen; wegen Einzelheiten wird insoweit auf den von ihnen der Beklagten vorgelegten Wirtschaftsplan 2006 der Hausverwaltung vom 03.02.2006 (Bl. 174 der Verwaltungsakten) Bezug genommen. Für Heizkosten müssen sie monatlich 79 EUR an die Stadtwerke vorauszahlen. Zur Finanzierung der Wohnung nahmen die Eheleute im Jahre 1996 bei der D. Bank ein Hypothekendarlehen mit einer Darlehenssumme vom 130.000 DM auf. Im Darlehensvertrag wurde eine so genannte annuitätische Tilgung vereinbart, d.h. die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in Höhe eines gleich bleibenden Betrages, der sich aus Zins- und Tilgungsleistungen zusammensetzt. Da der Zins nur auf die rückläufige Restschuld zu zahlen ist, wird der Zinsanteil immer kleiner, der Tilgungsanteil entsprechend höher. Der Rückzahlungsbetrag belief sich anfänglich auf 1.000 DM monatlich, er beträgt spätestens seit 01.01.2005 monatlich 400 EUR. Der Zinsanteil für das zweite Halbjahr 2006 belief sich auf insgesamt 510 EUR.

Seit 01.01.2005 erhalten die Kläger Leistungen nach dem SGB II in unterschiedlicher Höhe, weil die Klägerin zu 2 aufgrund einer seit 01.04.1981 ausgeübten Beschäftigung über ein Einkommen verfügt, das bei der Bemessung der Leistungen bedarfsmindernd berücksichtigt wird, während der Kläger zu 1 kein Erwerbseinkommen hat. In der Zeit von Januar bis Juli 2006 erhielt die Klägerin zu 2 monatlich netto 302,08 EUR ausbezahlt und von August bis Oktober 2006 monatlich 298,22 EUR. Außer der Eigentumswohnung verfügen die Kläger über kein weiteres Vermögen.

Für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 28.02.2006 erhielten die Kläger monatliche Leistungen in Höhe von 758,42 EUR (Bescheid vom 13.12.2005) und für die Zeit vom 01.03.2006 bis zum 31.05.2006 betrugen die monatlichen Leistungen 747,28 EUR (Bescheid vom 15.02.2006). Dabei anerkannte die Beklagte als Kosten der Unterkunft die tatsächlich von den Klägern zu zahlenden monatlichen Vorauszahlungen für (kalte) Nebenkosten in Höhe von monatlich 116 EUR (bis einschließlich Februar 2006) bzw. 119 EUR (ab März 2006) und Heizung. Lediglich von den Vorauszahlungen für die Heizung zog sie einen Betrag von monatlich 8,90 EUR für die Zubereitung von Warmwasser ab, weil es sich dabei um Kosten handele, die bereits im Regelsatz enthalten seien und daher nicht mehr gesondert ersetzt werden müssten. Die von der Beklagten erstatteten Vorauszahlungen beliefen sich daher auf monatlich 59,10 EUR (bis Februar 2006) bzw. 70,10 EUR (ab März 2006). Die gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wurden von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Nachdem das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Beklagte mit Beschluss vom 19.04.2006 (S 13 AS 633/06 ER) im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hatte, den Klägern ab 01.01.2006 vorläufig - bis zur Entscheidung in der Hauptsache - weiterhin auch die Tilgungsraten für die Eigentumswohnung darlehensweise zu zahlen, ab 01.06.2006 allerdings gegen dingliche Sicherung, erließ die Beklagte den Bescheid vom 26.04.2006, mit dem sie der im Beschluss des SG ausgesprochenen Verpflichtung nachkam. Sie bewilligte nunmehr für die Zeit vom 01.01.2006 bis 28.02.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 1035,50 EUR und für die Zeit vom 01.03.2006 bis 30.06.2006 in Höhe von 1049,50 EUR. In der Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, die Gewährung der Tilgungsanteile für die Wohnung der Kläger erfolge als Darlehen nach § 23 SGB II. Die Gewährung erfolge durch Aufstockung der bisher als Schuldzins gekennzeichneten, anerkannten und gewährten Beträge bis zur monatlichen von den Klägern zu zahlenden Rate von 400 EUR. Die genaue Bestimmung der Zins- und Tilgungsanteile könne zur Zeit noch nicht erfolgen. Die Kläger wurden deshalb um Vorlage weiterer Unterlagen gebeten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 als unbegründet zurückgewiesen. In dem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte darauf hin, dass die Kläger durch den Umstand, dass eine genaue Aufteilung der Zins- und Tilgungsleitungen erst im Nachhinein erfolgen könne, keinerlei Nachteile hätten, da sie den Klägern die von diesen an die Bank zu zahlende Rate von monatlich 400 EUR, in der Zins- und Tilgungsleistungen zusammengefasst seien, ausbezahlt habe.

Mit Bescheid vom 16.06.2006 setzte die Beklagte die monatlichen Leistungen für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 auf 747,28 EUR fest. Tilgungsleistungen für das Darlehen waren in diesem Betrag nicht (mehr) enthalten, weil die Kläger den von der Beklagten angebotenen Darlehensvertrag nicht abgeschlossen haben und auch eine dingliche Sicherung für ein Darlehen nicht zustande gekommen ist. Sie zahlte den Klägern aber Zinsen in Höhe von monatlich 97,78 EUR für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 30.11.2006; im Übrigen zahlte sie Nebenkosten (119 EUR) und Kosten für die Heizung (70,10 EUR) im selben Umfang wie in der Zeit bis zum 30.06.2006. Der Widerspruch der Kläger gegen diesen Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Zusätzlich erhielten die Kläger nach Vorlage der Endabrechnung der Hausverwaltung für ihre Eigentumswohnung vom 03.02.2006 (Bl. 354 der Verwaltungsakten) mit einem Bescheid vom 02.08.2006 einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 263,04 EUR. Damit wurde ein noch offener Betrag für Nebenkosten aus dem Jahre 2005 vollständig übernommen.

Mit Bescheid vom 18.10.2006 wurde die monatliche Leistung für die Zeit vom 01.08.2006 bis 30.09.2006 auf 751,52 EUR und für die Zeit vom 01.10.2006 bis 30.11.2006 auf 750,52 EUR festgesetzt. Durch die Anrechnung des geänderten Nettoeinkommens der Klägerin zu 2 ergab sich eine Nachzahlung von 12,72 EUR.

Da die Klägerin zu 2 einer Meldeaufforderung (Einladung) zum 17.08.2006 und 25.08.2006 nicht nachgekommen war, wurde sie von der Beklagten im Schreiben vom 01.09.2006 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, das "Arbeitslosengeld II in einer weiteren Stufe um 10 Prozent" der nach § 20 SGB II maßgeblichen Regelleistung für die Dauer von 3 Monaten abzusenken. Gleichzeitig wurde sie zu einem weiteren Termin am 11.09.2006 eingeladen und auf die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn sie auch diesen Termin ohne wichtigen Grund versäumt, hingewiesen. Als Grund für die Einladung wurde angegeben, man wolle mit ihr über ihr Bewerberangebot bzw. ihre berufliche Situation sprechen. Auch zu dem Termin am 11.09.2006 erschien die Klägerin zu 2 nicht. Mit Bescheid vom 20.09.2006 und Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 senkte die Beklagte die der Klägerin zu 2 gewährte Regelleistung von 311,00 EUR um 31,00 EUR gemäß § 31 Abs. 2 SGB II ab mit der Begründung, die Klägerin zu 2 sei, ohne einen wichtigen Grund genannt zu haben, einer Einladung zur Vorsprache am 11.09.2006 nicht gefolgt. Der Bescheid vom 20.09.2006 führte als Adressaten den Kläger zu 1 auf, der Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 war an beide Kläger adressiert.

Mit Bescheid vom 21.11.2006 setzte die Antragsgegnerin die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf monatlich 643,84 EUR für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.2006 und auf monatlich 738,74 EUR für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2007 fest. Bei der Bemessung der Leistung berücksichtigte sie, dass sie den Klägern für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2006 bereits einen Zinsanteil in Höhe von 488,90 EUR ausbezahlt hatte. Sie gewährte daher für den Monat Dezember 2006 nur noch einen restlichen Anteil von 21,10 EUR (510 EUR – 488,90 EUR). Bei der Berechnung der Leistungen für die Zeit ab Januar 2007 ging sie von einem monatlichen Zinsanteil von 85 EUR aus. Außerdem verminderte sie den für den Monat Dezember 2006 zustehenden Betrag um den mit Bescheid vom 20.09.2006 festgesetzten Absenkungsbetrag von 31 EUR. Den von den Antragstellern, vertreten durch ihren Sohn, eingelegten Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 als unbegründet zurück.

Am 02.05.2006 haben die Kläger, vertreten durch ihren Sohn, Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. In der Klageschrift haben die Kläger zum Ausdruck gebracht, dass sie der Meinung sind, einen Anspruch auf Übernahme der Tilgungsleistungen nicht nur als Darlehen, sondern als Zuschuss zu haben. Als Anlage zur Klageschrift haben sie den Widerspruchsbescheid vom 11.04.2006 vorgelegt. Am 04.08.2006 haben die Kläger auch den Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 vorgelegt. Auf Nachfrage des SG haben die Kläger mit Schreiben vom 10.11.2006 mitgeteilt, sie möchten eine Umwandlung der seit 2003 als Darlehen ausgezahlten Tilgung in einen verlorenen Zuschuss, die Fortführung der Tilgungskostenübernahme ab dem 01.04.2006 in der Form des verlorenen Zuschusses und die vollständige Auszahlung der im Eilverfahren zugebilligten Tilgungskosten für die Monate Januar bis Mai 2006. Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2006 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 13.12.2005, 31.01.2006 und 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Klägern ab 01.01.2006 weiterhin auch die Tilgungsraten für ihre Eigentumswohnung darlehensweise zu zahlen, ab dem 01.06.2006 gegen dingliche Sicherung. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Am 28.12.2006 haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie halten an ihrem Vorbringen im Klageverfahren fest.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Dezember 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 13. Dezember 2005 und 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2006 und den Bescheid vom 18.10.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. November 2006 auch die Tilgungsraten für das bei der Dresdner aufgenommene Hypothekendarlehen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung am 16.03.2007 hat die Beklagte den Absenkungsbescheid vom 20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2006 zurückgenommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Der Bescheid vom 20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit dem die Beklagte die der Klägerin zu 2 gewährte Regelleistung von 311,00 EUR um 31,00 EUR gemäß § 31 Abs. 2 SGB II mit der Begründung absenkte, die Antragstellerin zu 2 sei, ohne einen wichtigen Grund genannt zu haben, einer Einladung zur Vorsprache am 11.09.2006 nicht gefolgt, ist nicht (mehr) Streitgegenstand, da sich der Rechtsstreit insoweit durch die Aufhebung dieses Bescheides erledigt hat.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 13.12.2005 und 15.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2006 und der Bescheid vom 18.10.2006. Allerdings sind der Bescheid vom 16.06.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006 entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Eine direkte Anwendung dieser Bestimmung scheidet aus, weil diese Bescheide die früheren, den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 betreffenden Bescheide, nicht abändern, sondern die Leistungen für einen anderen Bewilligungszeitraum regeln.

Eine analoge Anwendung des § 96 SGG ist bei Klagen auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig nicht möglich (BSG Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - und B 7b AS 14/06 R). Es fehlt in diesen Verfahren bereits an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) konnte der Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gemacht werden, in dem der Träger der Sozialhilfe den Hilfefall geregelt hat. Das war regelmäßig der Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. BVerwGE 25, 307 (308 f.); 39, 261 (264 ff.)), und galt grundsätzlich auch für (wiederkehrende) Leistungen der Eingliederungshilfe (siehe Urteile vom 16. Januar 1986 - BVerwG 5 C 36.84 - (Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr. 5) und vom 30. April 1992 - BVerwG 5 C 1.88 - (Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr. 12). Aus dieser zeitlichen Begrenzung des sozialhilferechtlichen Streitgegenstandes folgte, dass für die gerichtliche Überprüfung ablehnender Leistungsbescheide in der Regel die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (siehe etwa BVerwGE 90, 160 (162); 96, 152 (154); st. Rspr.). Diese zeitliche Fixierung galt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung durch die Zeit bis zum Erlass des letzten Behördenbescheides begrenzt ist, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann, wenn die Behörde den Hilfefall für einen längeren Zeitraum geregelt hat (vgl. BVerwGE 39, 261 (265); 89, 81 (85); siehe ferner Urteile vom 16. Januar 1986 und 30. April 1992 a.a.O. S. 11 f. und S. 4 f.). Dies trifft vorliegend für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 zu, weil die Beklagte mit den Bescheiden vom 13.12.2005 und 15.02.2006 über diesen Zeitraum entschieden hat. Diese zum Sozialhilferecht ergangene Rechtsprechung des BVerwG ist auf Ansprüche nach § 20 SGB II zu übertragen. Die Einbeziehung des Zeitraums bis zum 30.06.2006 ist folglich nur deshalb möglich, weil die Beklagte selbst hierüber eine Entscheidung getroffen hat. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 41 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB II deutlich gemacht hat, dass der Bewilligungszeitraum im Regelfall 6 Monate und unter bestimmten Voraussetzungen 12 Monate betragen kann. Die Festlegung von Bewilligungszeiträumen, an die die Verwaltung und die Gerichte gebunden sind, führt auch zu einer Begrenzung des Streitgegenstandes. Für eine analoge Anwendung des § 96 SGG auf nachfolgende Bewilligungszeiträume ist von vornherein kein Raum. Im Übrigen ist im Hinblick auf die sich häufig wechselnden Bedarfssituationen eine Einbeziehung weiterer Bescheide alles andere als prozessökonomisch.

Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2006 ist aber deshalb Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden, weil der Kläger seine Klage durch Einreichung des Widerspruchsbescheides konkludent erweitert hat und das SG über diesen Bescheid mit entschieden hat. Da der Bescheid vom 18.10.2006 den Bescheid vom 16.06.2006 für den Zeitraum von August bis November 2006 ersetzt hat, ist dieser Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des (durch die Klageänderung geänderten) Klageverfahrens geworden. Zwar hat das SG diesen Bescheid übergangen, doch betrachtet es der Senat im vorliegenden Fall als zulässig, dennoch im Berufungsverfahren über diesen Bescheid mit zu entscheiden. Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG war auch der Bescheid vom 20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit dem die der Klägerin zu 2 zustehende monatliche Leistung für die Zeit von Oktober 2006 bis Dezember 2006 um 31 EUR abgesenkt wurde, weil auch mit dieser Entscheidung der Bescheid vom 16.06.2006 für die Zeit ab 01.10.2006 abgeändert worden ist.

Nicht (zulässiger) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2006. Mit diesem Bescheid und dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 hat die Beklagte Leistungen für die Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007 bewilligt. Diese Bescheide haben insbesondere auch den Bescheid vom 20.09.2006 nicht abgeändert, sondern die darin festgesetzte Absenkung der Leistung lediglich übernommen.

Beteiligte des Klage- und Berufungsverfahrens sind der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2. Sie bilden gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Nur die Kläger – und nicht die Bedarfsgemeinschaft – sind berechtigt (aktiv legitimiert), Ansprüche auf höhere Leistungen nach dem SGB II für sich geltend zu machen. Denn diese Ansprüche stehen nicht der Bedarfsgemeinschaft zu, sondern nur den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R). Der Sohn der Kläger, der Klage erhoben und Berufung eingelegt hat, konnte in vermuteter Vertretung (§ 73 Abs. 2 SGG) für beide Elternteile handeln. Richtige Beklagte ist die für die Kläger örtlich zuständige Arbeitsgemeinschaft, deren Beteiligtenfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren inzwischen anerkannt ist (BSG aaO).

Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Diese Voraussetzungen sind beiden Klägern als erfüllt zu betrachten. Da die Kläger höhere Leistungen nach dem SG II begehren und nicht Leistungen nach dem SGB XII geltend machen, kann nicht unterstellt werden, dass sie selbst sich als nicht erwerbsfähig im Sinne des SGB II betrachten, weil dies dazu führen würde, dass ihnen gar keine Leistungen zustehen. Die Beklagte wiederum hat die Erwerbsfähigkeit der Kläger ebenfalls nicht in Abrede gestellt. Im Hinblick auf die Regelung in § 44a SGB II ist der Senat ohnehin der Ansicht, dass bis zu einer zweifelsfreien Klärung der Erwerbsfähigkeit in dem in § 44a SGB II vorgesehenen Verfahren im Verhältnis zum Hilfebedürftigen dessen Erwerbfähigkeit iSd § 8 SGB II fingiert werden müsste, obwohl die Pflicht zur einstweiligen Leistungserbringung bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle, wie dies in § 44a Satz 3 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung bestimmt war, durch den Wegfall dieser Bestimmung infolge der Neuregelung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I Seite 1706) ab 01.08.2006 nicht mehr ausdrücklich im Gesetz enthalten ist. Andernfalls ginge die mit § 44a SGB II auch in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung bezweckte Verfahrenskonzentration weitgehend ins Leere (vgl zu § 44a SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung BSG Urteil vom 07.11.2006 B 7b AS 10/06R).

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II (Alg II) u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung bzw. § 19 Satz 1 SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung). Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Höhere Unterkunftskosten stehen den Klägern nicht zu. Dabei ist im vorliegenden Verfahren nur streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Tilgungsraten für die Abzahlung ihrer Eigentumswohnung zuzubilligen. Dies ist nicht der Fall. Denn die Tilgungsraten dienen der Vermögensbildung und es ist mit dem Zweck der steuerfinanzierten Leistungen zur Grundsicherung nicht vereinbar, den Vermögensaufbau der Hilfeempfänger zu finanzieren. (BSG aaO; vgl. zur Sozialhilfe nach dem Recht des Bundessozialhilfegesetzes bereits BVerwG Urteil vom 10.09.1992 – 5 C 25/88 – ZfSH/SGB 1993, 586). Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen sind, kann offen bleiben. Im Fall der Kläger kommt eine Abweichung von dem Grundsatz, dass Tilgungskosten nicht zu übernehmen sind, nicht in Betracht. Die Klägern haben nach dem Beschluss des SG vom 19.04.2006 und dem Gerichtsbescheid vom 01.12.2006 die Möglichkeit erhalten, die Tilgungskosten als Darlehen zu erhalten. Von dieser Möglichkeit haben sie keinen Gebrauch gemacht. Auch haben sie nicht ausreichend dargetan, dass eine Änderung der Darlehensvereinbarung (z. B. Verringerung der Tilgungsleistung) mit der Bank nicht möglich ist. Den Zinsanteil für das von den Klägern aufgenommene Darlehen hat die Beklagte im streitigen Zeitraum auf der Grundlage der von der Bank erteilten Auskünfte in der tatsächlich angefallenen Höhe übernommen.

Höhere Kosten für die Heizung stehen den Klägern ebenfalls nicht zu. Die geltend gemachten Kosten wurden von der Beklagten ausdrücklich als angemessen bezeichnet und in voller Höhe übernommen (vgl. Widerspruchsbescheid vom 01.08.2006). Abgezogen wurden lediglich ein Betrag von 8,90 EUR für die Zubereitung von Warmwasser. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Kosten für die Warmwasserzubereitung zum hauswirtschaftlichen Bedarf rechnen und in der Regelleistung bereits enthalten sind (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.08.2005 - L 12 AS 2023/05). Die Höhe der Kaltnebenkosten wurden dem von den Klägern vorgelegten Wirtschaftsplan 2006 der Hausverwaltung entnommen; sie werden ebenfalls in der angefallenen Höhe erstattet.

Soweit die Kläger sich im Verwaltungsverfahren bzw. Vorverfahren ursprünglich auch gegen die Berechnung der Freibeträge in Bezug auf das von der Klägerin zu 2 erzielte Einkommen wandten, betraf dies nur die Anrechnung des Einkommens für die Zeit vor dem 01.01.2006, wie die Kläger im Schreiben vom 23.02.2006 (Bl. 216 der Verwaltungsakten) ausdrücklich erklärten. Damit sind nur die Kosten der Unterkunft und Heizung Streitgegenstand, nicht die Höhe der Regelleistung. Eine derartige Aufspaltung des Streitgegenstands ist zulässig (BSG 07.11.06 - B 7 B AS 8/06 - R). Auch die Absenkung der Regelleistung nach § 31 SGB II ist zu trennen von der Frage der Bemessung der Regelleistung im Übrigen. Es handelt sich auch insoweit um eine eigenständige Regelung, die durch einen geänderten Bescheid verfügt werden muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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